Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. Juni 1995, GZ: UVS-01/19/00101/94, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste am 17. April 1992 von Ungarn kommend illegal nach Österreich ein. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Asyl vom 9. April 1992 wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. April 1992 abgewiesen; die dagegen erhobene Berufung vom 7. Mai 1992 wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 18. Jänner 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. April 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 FrG die Schubhaft verhängt.
Mit Bescheid derselben Behörde vom 27. April 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt; einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.
Mit Schreiben vom 20. Mai 1994 erhob der Beschwerdeführer eine auf § 51 FrG gestützte Schubhaftbeschwerde, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juni 1994 mit der Begründung abgewiesen wurde, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestanden habe und allfällige Verpflichtungserklärungen Dritter nicht zur Aufhebung der Schubhaft hätten führen können.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juni 1994 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 1522/94, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner ergänzten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragte die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde hinsichtlich einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (richtig wohl: Verletzung von Verfahrensvorschriften) damit, daß die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine notarielle Verpflichtungserklärung, eine Lohnbestätigung und einen Mietvertrag des R in der Begründung des angefochtenen Bescheides unberücksichtigt gelassen habe; bei dessen Berücksichtigung hätte sich aber ergeben, daß ausreichende Vorsorge für Unterhalt und Unterkunft dargetan worden wäre und die Schubhaft damit rechtswidrig gewesen sei.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183) sind Urkunden für den vom Fremden initiativ zu erbringenden Nachweis des Besitzes der erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt vorzulegen. Ein solcher Nachweis schließt auch die Bonität der Person ein, die eine diesbezügliche Verpflichtungserklärung abgibt, dies etwa durch Bekanntgabe hiefür relevanter konkreter Tatsachen, wie der Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfälliger Unterhaltspflichten und sonstiger finanzieller Verpflichtungen untermauert durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen, wobei sich solcherart belegte Auskünfte auf einen längeren Zeitraum zu beziehen haben. Darüber hinaus ist auch eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen. Diesen Anforderungen wurde in mehrfacher Hinsicht nicht entsprochen. Abgesehen davon, daß sich die vorgelegte Lohnbestätigung nicht auf einen längeren Zeitraum bezieht, wurde eine persönliche Bindung zwischen dem Beschwerdeführer und der die Erklärung abgebenden Person nicht glaubhaft gemacht, weil das Schreiben des Beschwerdeführers, es gebe gemeinsame Großeltern, ohne nähere Konkretisierung als nicht ausreichend erachtet werden kann. Vor allem aber wurden darüber hinaus keine Angaben über finanzielle Verpflichtungen, Vermögen oder allfällige Unterhaltspflichten gemacht. Solcherart ist die Annahme einer Gefahr, daß sich der Beschwerdeführer dem behördlichen Zugriff entziehen werde, im Sinne der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - trotz der vorgelegten Urkunden - nicht entkräftet.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich rügt, die belangte Behörde hätte keine mündliche Verhandlung durchgeführt und dadurch keine geeigneten Erhebungen wie etwa die Ladung des R oder durch die Einvernahme des Beschwerdeführers weitere Feststellungen zur Sicherung der Unterkunft und des Unterhaltes durchführen können, so vermag der Beschwerdeführer die Relevanz dieses behaupteten Verstoßes nicht darzutun, weil es an ihm gelegen gewesen wäre, "initiativ" Behauptungen aufzustellen und den erforderlichen Nachweis zu erbringen (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183), sodaß die Behörde zu keinen weiteren Ermittlungen verhalten war.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995020040.X00Im RIS seit
20.11.2000