TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/9 95/19/0449

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Veröffentlicht am 09.11.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. April 1995, Zl. 110.369/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 28. April 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 7 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die Beschwerdeführerin am 30. November 1990 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei, weshalb der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 AufG kann eine Bewilligung Fremden unter Beachtung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt.

Eine Bewilligung darf Fremden gemäß § 5 Abs. 1 AufG nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.

§ 10 Abs. 1 Z. 7 FrG sieht vor, daß die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen ist, wenn sich der Sichtvermerkswerber nach Umgehung der Grenzkontrolle im Bundesgebiet aufhält.

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe ihr kein Parteiengehör zur Frage der "illegalen Einreise" gewährt.

Die belangte Behörde hat tatsächlich erstmals von diesem Abweisungsgrund Gebrauch gemacht.

"Sache" des Berufungsverfahrens (§ 66 Abs. 4 AVG) ist der Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz, soweit der darüber ergangene Bescheid mit Berufung angefochten wurde. In dem durch den Begriff der "Sache" abgesteckten Rahmen kann die Berufungsbehörde auch von der Vorinstanz nicht herangezogene Gründe aufgreifen, SOFERN DAS PARTEIENGEHÖR IM ERFORDERLICHEN UMFANG GEWÄHRT WIRD (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 94/18/1137).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, im Falle, daß man ihr Parteiengehör gewährt hätte, hätte sie darlegen können, daß ihre Einreise "nicht illegal" gewesen sei.

Da die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zu dem erstmalig gebrauchten Abweisungsgrund nicht gehört hat und nicht auszuschließen ist, daß sie bei einem Unterbleiben dieses Versäumnisses zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Auf das weitere Beschwerdevorbringen war bei diesem Stand des Verfahrens noch nicht einzugehen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei jedoch ein solcher für Bundesstempel nur in dem zur Rechtsverfolgung notwendigen Umfang zugesprochen werden konnte.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190449.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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