TE Lvwg Erkenntnis 2023/1/12 LVwG-AV-1263/001-2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2023
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Entscheidungsdatum

12.01.2023

Norm

KFG 1967 §20 Abs5
StVO 1960 §26
  1. KFG 1967 § 20 heute
  2. KFG 1967 § 20 gültig ab 01.11.2021 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 190/2021
  3. KFG 1967 § 20 gültig von 16.12.2020 bis 31.10.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2020
  4. KFG 1967 § 20 gültig von 01.07.2020 bis 15.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 104/2019
  5. KFG 1967 § 20 gültig von 07.03.2019 bis 30.06.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2019
  6. KFG 1967 § 20 gültig von 27.07.2017 bis 06.03.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2017
  7. KFG 1967 § 20 gültig von 09.06.2016 bis 26.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2016
  8. KFG 1967 § 20 gültig von 10.07.2015 bis 08.06.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2015
  9. KFG 1967 § 20 gültig von 17.12.2014 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2014
  10. KFG 1967 § 20 gültig von 26.02.2013 bis 16.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013
  11. KFG 1967 § 20 gültig von 19.08.2009 bis 25.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2009
  12. KFG 1967 § 20 gültig von 01.01.2008 bis 18.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 6/2008
  13. KFG 1967 § 20 gültig von 01.08.2007 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2007
  14. KFG 1967 § 20 gültig von 27.06.2006 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2006
  15. KFG 1967 § 20 gültig von 28.10.2005 bis 26.06.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2005
  16. KFG 1967 § 20 gültig von 31.12.2004 bis 27.10.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2004
  17. KFG 1967 § 20 gültig von 11.08.2004 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2004
  18. KFG 1967 § 20 gültig von 13.08.2003 bis 10.08.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 60/2003
  19. KFG 1967 § 20 gültig von 25.05.2002 bis 12.08.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2002
  20. KFG 1967 § 20 gültig von 20.08.1997 bis 24.05.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  21. KFG 1967 § 20 gültig von 01.08.1997 bis 19.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  22. KFG 1967 § 20 gültig von 01.10.1994 bis 31.07.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
  23. KFG 1967 § 20 gültig von 24.08.1994 bis 30.09.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
  24. KFG 1967 § 20 gültig von 31.12.1982 bis 23.08.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 631/1982
  1. StVO 1960 § 26 heute
  2. StVO 1960 § 26 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2022
  3. StVO 1960 § 26 gültig von 01.10.1994 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 518/1994
  4. StVO 1960 § 26 gültig von 01.07.1983 bis 30.09.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 174/1983

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde der B AG, ***, ***, (***), gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 19. September 2022, Zl. ***, betreffend Erteilung einer Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit Blaulicht und eines Tonfolgehorns nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), zu Recht:

I.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

„Auf Grund der §§ 20 Abs. 5 lit. b und 22 Abs. 4 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) wird der B AG die örtlich eingeschränkte Bewilligung auf das Gebiet der Bundesländer Niederösterreich, Wien und Burgenland zur Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht und eines Folgetonhorns für das Kraftfahrzeug Mercedes Benz Sprinter, (Fahrzeugidentifikationsnummer ***, Kennzeichen ***) und deren Verwendung unter nachstehenden Bedingungen und Auflagen erteilt:

1.   Das Fahrzeug darf nur von Personen, die im Besitz der entsprechenden Lenkberechtigung sind und darüber hinaus ein eintägiges Fahrsicherheitstraining für Lenker von Einsatzfahrzeugen in einem Fahrtechnikzentrum erfolgreich absolviert haben, gelenkt werden. Dieses Fahrsicherheitstraining hat zumindest

?    ein Handling-Programm (Fahrmanöver einschließlich Zurückschieben, Slalomfahrt…),

?    ein Fahrprogramm für innerstädtische Strecken und Freilandstrecken unter Beobachtung der Blicktechnik und der sicherheitsrelevanten Fahrerreaktionen (mit Kamerabeobachtung, Videoanalyse und einem Feedbackgespräch mit dem Instruktor) zu umfassen, wobei unter Stress die für LenkerInnen von Einsatzfahrzeugen typischen Situationen zu simulieren sind.

2.   Signale dürfen nur bei Gefahr in Verzug, zum Beispiel bei Fahrten zum und am Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes, verwendet werden. Bei der Beurteilung, ob das zutrifft, ist ein strenger Maßstab anzulegen.

3.   Das Fahrzeug muss zumindest mit einer Antiblockiervorrichtung gemäß
§ 6 Abs. 7a StVO 1960 und einem System zur Regelung der Fahrdynamik (elektronisches Stabilisierungssystem bzw. –Programm) ausgestattet sein, welches einer instabilen Gierbewegung des Fahrzeuges entgegen wirkt.

4.   Ein Fahrzeuglenker darf nur Einsatzfahrten mit einer erwarteten Dauer von maximal 4 (vier) Stunden oder einer Länge der Fahrtstrecke von höchstens 300 km zurücklegen. Bei größeren Distanzen hat ein Lenkerwechsel zu erfolgen.

5.   Diese Bewilligung und der Nachweis über das absolvierte Fahrsicherheitstraining sind im Original oder als Kopie bei Fahrten mit Blaulicht bzw. Tonfolgehorn mitzuführen und den Organen der Straßenaufsicht sowie der Kraftfahrbehörde auf Verlangen vorzuweisen.

6.   Über die Blaulicht- und Tonfolgehorneinsätze sind unmittelbar nach dem Einsatz Aufzeichnungen zu führen, aus denen folgende Daten ersichtlich sind:

a.   Datum, Beginn und Ende der Einsatzfahrt

b.   Zweck der Einsatzfahrt

c.   Veranlasser der Einsatzfahrt

d.   Route der Einsatzfahrt

e.   LenkerIn des Einsatzfahrzeuges

f.   Fortlaufende Nummer der Einsatzfahrt

7.   Die Aufzeichnungen sind fünf Jahre lang nach erfolgter Einsatzfahrt aufzubewahren und der Kraftfahrbehörde und Gerichten auf Verlangen zur Einsichtnahme auszuhängen.

8.   Alle wesentlichen Änderungen des Fahrzeuges bzw. seines Verwendungszweckes sind der Kraftfahrbehörde unverzüglich anzuzeigen.

Für diese Bewilligung hat die Antragstellerin Verwaltungsabgaben gemäß Tarifpost 287 (für Blaulicht) und Tarifpost 288 (für Tonfolgehorn) der Bundesverwaltungs-abgaben-Verordnung 1983 (BVwAbgV), BGBl. Nr. 24/1983 idF BGBl. II Nr. 190/1997, in Höhe von je € 13,--, insgesamt sohin € 26,--, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung an die Kraftfahrbehörde zu entrichten (§ 59 Abs. 2 AVG).“

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985
(VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Die Landeshauptfrau von Niederösterreich als Kraftfahrbehörde hat mit Bescheid vom 19. September 2022, Zl. ***, den Antrag der B AG vom 30. August 2022 auf Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht und eines Tonfolgehorns am Mercedes Benz Sprinter, Fahrzeugidentifikationsnummer ***, polizeiliches Kennzeichen ***, als unbegründet abgewiesen.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf die höchstgerichtliche Judikatur und führte wie folgt aus:

„Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Judikatur betont, dass eine restriktive Handhabung des § 20 Abs. 5 KFG 1967 unter dem Gesichtspunkt der Effizienz der Warneinrichtungen (und nicht zuletzt auch der Verkehrssicherheit) geboten ist (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Mai 1996, 96/11/0049, und vom 25. Juni 1996, 95/11/0263).

Die Erteilung der angestrebten Bewilligungen ist an das Vorliegen von drei Voraussetzungen geknüpft:

1.   öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht

2.   Fehlen von Bedenken vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit

3.   Verwendung der Fahrzeuge für den öffentlichen Hilfsdienst

Im Erkenntnis vom 21. August 2014, Ro 2014/11/0068, hielt der Verwaltungsgerichtshof Folgendes fest:

„Vor dem Hintergrund der besonderen Regeln für Einsatzfahrzeuge in der StVO 1960 wird davon auszugehen sein, dass ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht (und wegen des Verweises in § 22 Abs. 4 auf § 20 Abs. 5 erster Satz lit. c KFG 1967 auch von Tonfolgehorn) nur dann gegeben ist, wenn das Fahrzeug, für das die Bewilligung angestrebt wird, nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt ist, bei denen Gefahr im Verzug iSd. § 26 Abs. 1 StVO 1960 vorliegt, bei denen also […] anzunehmen ist, dass die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit von Menschen abzuwenden.“

Die vorstehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes beziehen sich auf ein Fahrzeug, das für den Einsatz im Rettungsdienst iSd. § 20 Abs. 5 erster Satz lit. c KFG 1967 bestimmt ist. Diese lassen sich auf Fahrzeuge, die zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst iSd. § 20 Abs. 5 erster Satz lit. b KFG 1967 bestimmt sind, sinngemäß übertragen (siehe dazu das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 10. Oktober 2016, LVwG-AV-649/001-2015).

In der Eingabe vom 30. August 2022 hat die B AG angegeben, dass sie – gestützt auf die Bewilligung vom 18. Jänner 2011, ***, – nicht ein einziges Mal von Blaulicht und/oder Tonfolgehorn Gebrauch gemacht hat. Dies rechtfertigt somit nicht die Annahme, dass hier die Verwendung von Blaulicht im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Für das Vorgängerfahrzeug wurde eine Blaulichtgenehmigung erteilt, von der aber in einem Zeitraum von mehr als 10 Jahren nicht ein einziges Mal Gebrauch gemacht wurde. Das Vorliegen eines öffentlichen Interesses, das aber gerade an die Häufigkeit von Einsätzen abstellt, kann daher nicht nachvollzogen werden. Auch hat die Antragstellerin in keiner Weise dargetan, dass sich an der Verwendung bzw. am Einsatz des Kraftfahrzeuges, für das nunmehr die Anträge auf Bewilligung zur Anbringung von Blaulicht und Tonfolgehorn gestellt wurden, im Vergleich zum alten Fahrzeug etwas ändern würde.

Es war sohin – ohne Prüfung der übrigen Voraussetzungen des § 20 Abs. 5 KFG 1967 – spruchgemäß zu entscheiden.“

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Die Antragstellerin erhob gegen diese behördliche Entscheidung fristgerecht Beschwerde und beantragte den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Bewilligung der beantragten Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht und eines Tonfolgehorns erteilt werde; in eventu der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werde.

Begründet wurden diese Anträge wie folgt:

„Die Beschwerde richtet sich gegen die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheids, da der Antrag trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abgewiesen wurde.

Der gegenständliche Bescheid weist den Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht sowie eines Tonfolgehorns am betreffenden Fahrzeug mit der Begründung ab, dass die Verwendung des Blaulichtes durch APG nicht im öffentlichen Interesse stehe, da seit der Erteilung der Bewilligung vom 18.01.2011 keine Fahrt unter Blaulicht und/oder Tonfolgehorn von APG mit dem damaligen Fahrzeug erfolgt ist.

In der Begründung stützt sich die Behörde auf ein Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0068. Dieses Erkenntnis betrifft jedoch den Einsatz von Fahrzeugen für den Rettungsdienst iSd § 20 Abs 5 KFG 1967 („Rettungswagen“) und kann somit nicht analog auf Fahrzeuge für den öffentlichen Hilfsdienst, insbesondere auf solche von Energieversorgungsunternehmen („EVU“) und kritischer Infrastruktur übertragen werden. Zu dieser grundlegenden Verschiedenheit des Sachverhalts ist festzuhalten, dass APG als Energieversorgungsunternehmen und Übertragungsnetzbetreiber im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben, insbesondere die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit u.a. gem. § 23 Abs 2 EIWOG 2010 und entsprechender landesgesetzlicher Bestimmungen, im gesamten Bundesgebiet erbringt und somit als öffentlicher Hilfsdienst gem. § 20 Abs 5 lit b KFG 1967 zu qualifizieren ist. Überdies gehört APG als Übertragungsnetzbetreiberin bzw. als Betreiberin des überregionalen Höchstspannungsnetzes zu jenen Unternehmen, welche als „nationale (APCIP) und europäische (EPCIP) kritische Infrastruktur“ eingestuft und gemeldet sind.

Entsprechend ihrer wichtigen gemeinwirtschaftlichen Funktion, ist APG weiters mit dem 15.11 2019 vom Bundeskanzleramt als Betreiberin wesentlicher Dienste gemäß § 16 Abs 1, 2 und 4 Z 1 Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz (NISG) eingestuft worden. Als wesentlicher Dienst gilt ein Dienst, der in einem der in § 2 NISG genannten Sektoren erbracht wird und der eine wesentliche Bedeutung insbesondere für die Aufrechterhaltung u.a. der öffentlichen Versorgung mit Energie hat und dessen Verfügbarkeit von Netz- und Informationssystemen abhängig ist. Der von APG betriebene wesentliche Dienst besteht in dem Betrieb eines Stromübertragungsnetzes gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit c Netz- und Informationssystemsicherheitsverordnung (NISV).

Rettungsfahrzeuge (Transport schwerkranker Personen), wie sie vom zitierten Erkenntnis umfasst sind, haben einen völlig anderen und divergierenden Einsatzbereich, Einsatzgrund und vor allem eine stark abweichende und nicht vergleichbare Einsatzhäufigkeit, als das im gegenständlichen Fall eingesetzte Spezialfahrzeug eines öffentlichen Hilfsdienstes (EVU). Die Tatsache, dass seit der Bewilligung aus dem Jahr 2011 vom Fahren mit Verwendung von Blaulicht kein Gebrauch gemacht wurde lässt lediglich darauf schließen, dass die Antragstellerin ihren Aufgaben iSd Versorgungssicherheit verantwortungsvoll nachgekommen ist und daher Großstörungen in diesem Zeitraum, welche eine Blaulichtfahrt unbedingt erforderlich gemacht hätten, vermieden werden konnten.

Vielmehr zeigt die Nichtverwendung von Blaulicht in diesem Zeitraum, dass APG bewusst sehr restriktiv mit dem Einsatz von Fahrten unter Blaulicht und/oder Tonfolgehorn umgeht und nur in dringlichen Ausnahmefällen und bei Gefahr im Verzug davon Gebrauch macht. Dieser bewusste und verhältnismäßige Umgang mit Blaulichtfahrten kann und darf nicht zum Anlass genommen werden, um den Antrag unter der Begründung, dass die Verwendung nicht im öffentlichen Interesse liege, abgewiesen werden. Dass das APG-Fahrzeug in den letzten Jahren ohne Einsatz geblieben ist, ändert nichts am öffentlichen Interesse an der Funktionsfähigkeit des Übertragungsnetzes (kritischen Infrastruktur) und daran, dass Großstörungen schnellstmöglich behoben und somit ein "Blackout“ verhindert werden muss. Eine kritische Netzsituation bis hin zum „Blackout“ kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden und in diesem Sinne unvorhergesehen zu einem beliebigen Zeitpunkt eintreten. Sollte in diesem Fall kein Blaulichteinsatz möglich sein, könnte sich ein notwendiger Einsatz zur Störungsbehebung in kritischem Ausmaß verzögern. Daher dienen die Einsatzfahrten der APG dazu, drohende Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit von Menschen abzuwenden.

Die Einschätzung der abweisenden Behörde, dass eine entsprechende Häufigkeit an Einsatzfahrten in einem der Antragstellung vorausgehenden Zeitraum in Bezug auf öffentliche Hilfsdienste Voraussetzung für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Verwendung des Blaulichtes und Tonfolgehorn gem. § 20 Abs 5 KFG 1967 wäre, ist nicht zutreffend. Die Anzahl der Einsatzfahrten in einem bestimmten dem Antrag vorausgehenden Zeitraum gibt im vorliegenden Fall keinen Aufschluss darüber, ob die Verwendung von Blaulicht und Tonfolgehorn im öffentlichen Interesse gelegen ist. Die Häufigkeit der zu erwartenden dringenden Einsätze, nicht aber die Häufigkeit des Einsatzes in der Vergangenheit ist das wesentliche Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses. Die Häufigkeit der Nutzung in der Vergangenheit hat nur insoweit eine Indizwirkung auf die Zukunft, als es sich nach wie vor um den gleichen Sachverhalt handelt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass sich insbesondere in den letzten Jahren die Gesamtsituation im österreichischen Stromnetz generell drastisch verschärft hat. Dies zeigt sich durch die deutliche Ausreizung aller verfügbaren Sicherheitsmargen im Netz und häufig drohenden Engpässe auf den Stromleitungen mit erforderlichem Abruf von Notmaßnahmen etc. Weiters könnten aufgrund der angespannten Situation auf den Energiemärkten eventuelle Mangellagen bei Gas und Strom Flächenabschaltungen gemäß Energielenkungsnetz notwendig machen. Dies kann zu unvorhersehbaren Netzsituationen und Netzstörungen führen, die dringende Blaulichtfahrten zur Wiederherstellung der öffentlichen Versorgung erfordern würden. Dementsprechend kann im konkreten Fall mangels vergleichbarem Sachverhalt aus der Einsatzhäufigkeit in der Vergangenheit kein Rückschluss auf das Bestehen eines öffentlichen Interesses gezogen werden.

Die Behörde hat die derzeitige, geänderte Situation entsprechend der nach der Entscheidungspraxis des VwGH (Ra 2019/11/0034, Ro 2014/11/0068) geforderten Einzelfallbeurteilung zu würdigen. Eine solche Einzelfallbeurteilung ist aber nicht erfolgt, weil lediglich in pauschaler Weise auf das Erkenntnis des VwGH vom 21.08.2014 verwiesen wird. Bei ordnungsgemäßer rechtlicher Beurteilung der – wie oben bereits ausgeführt wurde – angespannten Situation hinsichtlich der Belastungsgrenzen des Übertragungsnetzes ist im Ergebnis eine entsprechende Häufigkeit der Nutzung der Blaulichtanlage und des Tonfolgehorns zu erwarten.

Durch die Annahme der belangten Behörde, dass das bloße Nichtverwenden des Blaulichtes und/oder des Tonfolgehorns in der Vergangenheit ein öffentliches Interesse iSd § 20 Abs 5 KFG 1967 ausschließe, belastet die belangte Behörde den bekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Schlussendlich ist auch darauf hinzuweisen, dass das Blaulicht und Tonfolgehorn von der Antragstellerin keinesfalls für Fahrten über längere Distanzen verwendet wird. Der Einsatz erfolgt unter Einhaltung der Regelungen für Einsatzfahrzeuge gemäß § 26 StVO 1960. Das Fahrzeug wird im Rahmen des Betriebs, der Instandhaltung und Erneuerung von Hochspannungsleitungen in Niederösterreich, Wien und Burgenland eingesetzt. Es ist nicht beabsichtigt, dass unter Einsatz von Blaulicht längere Strecken, etwa von einem Bundesland zum anderen, zurückgelegt werden sollen.“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt zur Zl. ***, sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zl. LVwG-AV-649/001-2015 (Antrag der B AG auf Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht sowie eines Tonfolgehorns am Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***), Beweis erhoben.

Auf Aufforderung des erkennenden Gerichtes teilte die Rechtsmittelwerberin mit Schriftsatz vom 05. Dezember 2022 ergänzend Folgendes mit:

„Wir nehmen Bezug auf das von Ihnen am 30. November 2022 übermittelte Auskunftsbegehren zu der von B („B“) eingebrachten Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid mit der AZ *** geführt wird. Wir antworten innerhalb der kalendierten Frist hierzu wie folgt:

B AG (B) ist der österreichische Strom Übertragungsnetzbetreiber und stellt die bundesländerübergreifende Stromversorgung sicher. Dabei stellen sich aus Sicht von APG die Bundesländer als einzelne „Versorgungskunden“ dar. Schwerwiegende Störungen im Stromnetz der B können daher Rückwirkungen auf Teile oder die Gesamtheit eines oder mehrerer Bundesländer haben. Derartige Ereignisse treten in der Regel aufgrund von vorgelagerten, komplexen Prozessen in der anlagen- und Netzbetriebsführung zwar selten auf. Gerade jedoch in diesen Fällen, die in den letzten Jahren vor allem aufgrund von Umwelteinflüssen auch eine Zunahme erfahren haben, ist eine rasche Störungsbehebung im Sinne der Versorgungssicherheit grundlegend. Dazu ist der B Störungsdienst 24/7 und 365 Tage im Jahr im Einsatz und ist im Anlassfall, z.B. bei beschädigten Leitungsmasten, Waldbränden oder Unwettergroßereignissen, zur Ermöglichung eines sicheren Rettungs,- Lösch- oder Aufräumeinsatzes anderer Blaulichtorganisationen im Nahbereich von hochspannungsanlagen unmittelbar erforderlich.

Die gegenständlich behandelte Instandhaltungs-Region Ost beinhaltet 2 mit Personal besetzte Standorte in *** und ***. Von diesen beiden Standorten werden B Anlagen in den Bundesländern Niederösterreich, Wien und Burgenland im Störungsfall angefahren.

Auf B sind derzeit insgesamt 29 Fahrzeuge für die Betriebsregion Wien, Niederösterreich und Burgenland zugelassen. Zu 10 Fahrzeugen wurden Blaulichtbewilligung gemäß § 20 Abs. 5 KFG mit dem örtlichen Geltungsbereich Niederösterreich, Burgenland und Wien erlassen, die nach wie vor aufrecht sind (ausgenommen das beschwerdegegenständliche Fahrzeug). Die Fahrzeugart, -modell, Kennzeichen und der örtliche Zuständigkeitsbereich der Fahrzeuge, die über eine aufrechte Blaulichtbewilligung für Niederösterreich, Burgenland und Wien verfügen, sind aus der diesem Schreiben als Anlage ./1 beigefügten Tabelle ersichtlich.

Die Notwendigkeit unterschiedlicher Fahrzeugtypen (Geländewagen, PKW, Materialtransporter, LKW) mit Blaulicht ergibt sich daraus, dass jedes dieser Fahrzeuge bzw. Fahrzeugtype je nach Art des Störfalls (bspw. gekapptes Hochspannungsseil, umgekippter Leitungsmast, Großausfall, Blackout) und Ort (bspw. offenes Gelände) jeweils unterschiedliche Funktionen wahrnehmen und deren Funktion untereinander aufgrund unterschiedlicher Ausrüstung nicht substituiert werden kann. Die Schwerfahrzeuge sind dabei durchwegs mit Kränen zum Lastentransport ausgerüstet. Klein- bzw. Materialtransporter sind vorwiegend mit Kleinmaterial zur Störungsbehebung, Erdungsgarnituren und Werkszeugen ausgestattet, PKW bzw. geländegängige Pick-Ups führen ebenfalls Werkezeug und leichte Erdungsgarnituren, um Erstmaßnahmen vor Ort umsetzen zu können.

Keines der Fahrzeuge, welche über eine Blaulichtbewilligung verfügen, wird als Reservefahrzeug genutzt. Das beschwerdegegenständliche Fahrzeug wird ebenso nicht als Reservefahrzeug genutzt.

Beim beschwerdegegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen so genannten Materialtransporter (Kleintransporter Mercedes Sprinter). Neben dem beschwerdegegenständlichen Materialtransporter verfügt B noch über zwei weitere Materialtransporter mit aufrechter Blaulichtbewilligung. Die Materialtransporter unterscheiden sich von den anderen Fahrzeugtypen vorwiegend hinsichtlich ihres örtlichen Zuständigkeitsbereichs und hinsichtlich ihrer Ladefähigkeit bzw. Ausrüstung, die sie jeweils für unterschiedliche Einsatzzwecke prädestinieren. Im Regelfall decken zwei Materialtransporter das südliche Niederösterreich und Burgenland ab. Der dritte Materialtransporter deckt das nördliche und westliche Niederösterreich ab. Im Großstörungsfall kann es dazukommen, dass alle drei Materialtransporter gebündelt und an einen Einsatzort entsendet werden müssen, daher ist die Bewilligung für die genannten drei Bundesländer notwendig. Weiters müssen die Fahrzeuge auch Gleichzeitigkeiten abdecken können, so z.B., wenn innerhalb einer massiven Unwetterfront mehrere Einsatzstellen geografisch verteilt mit entsprechenden Fahrzeiten auftreten.

Die höchste zeitliche Kritikalität ist bei (i) Beschädigungen von Leitungsanlagen (bspw. Sturmereignisse, Waldbrände nahe von Leitungstrassen, Lawinen, menschliches Versagen) und (ii) im Falle eines Blackouts oder einer Großstörung gegeben.

Zu (i): Bei Beschädigungen von Leitungsanlagen dürfen die Einsatzkräfte erst nach elektrotechnischer Absicherung durch B-Personal die Unfall- oder Einsatzstelle betreten (bspw. Bergung von Verletzten, Brandbekämpfung). Es ist daher unbedingt erforderlich, dass der B-Einsatzleiter bzw. das sich im Bereitschaftsdienst befindliche Betriebspersonal im besten Fall gleichzeitig oder zumindest äußerst zeitnah mit den Rettungskräften am Unfallort eintrifft. Der beschwerdegegenständliche Materialtransporter ist entsprechend der Ausrüstungsausstattung zur möglichst schnellen Unfallstellensicherung und zur darauffolgend möglichst schnellen Wiederaufnahme der Stromversorgung notwendig.

Zu (ii): Im Falle eines Blackouts oder einer Großstörung im Übertragungsnetz ergibt sich die zeitliche Kritikalität aus dem Stopp aller von Elektrizität abhängigen wesentlichen Einrichtungen (essential facilities) und der enormen volkswirtschaftlichen Schäden durch den Ausfall eines wesentlichen Teils aller Produktionszweige. Die Wiederaufnahme des Betriebs nach einem Blackout/Großstörung kann die Vornahme manueller Arbeiten an den Leitungs- oder Umspannwerksanlagen durch Betriebspersonal erfordern. Dementsprechend wäre eine schnellstmögliche Verteilung einer Vielzahl von Personen auf unterschiedliche Betriebsstandorte notwendig, die nur durch eine ausreichende Anzahl an Fahrzeugen sichergestellt werden kann. Der beschwerdegegenständliche Materialtransporter ist entsprechend seiner Ausrüstungsausstattung zur möglichst schnellen Wiederherstellung des Betriebs des Übertragungsnetzes im Falle eines Blackouts oder Großstörung notwendig.“

Die dem Schreiben angeschlossene Tabelle weist folgenden Inhalt auf:

Region  Standort Werks-/Leitungsteam Fahrzeugart Fahrzeugname Kennzeichen Blauchlicht ja/nein Einschränkung

Ost      ***      Leitung          LKW KLKW Mercedes Sprinter ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Leitung          LKW KLKW Mercedes Sprinter ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Leitung          LKW LKW/S Steyr 19S31          ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Leitung          PKW      Toyota Hilux          ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Leitung          LKW LKW/S Unimog           ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Leitung          LKW      MAN TGM          ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Werk              LKW LKW/S MAN               ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Werk              PKW      Skoda Oktavia ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Werk              PKW      Skoda Oktavia ***               ja                W, NÖ, Bgld.

Ost      ***      Werk              PKW      Skoda Oktavia ***               ja                W, NÖ, Bgld.“

Die belangte Behörde gab zu diesen ergänzenden Angaben folgende Stellungnahme ab:

„Die Erteilung der angestrebten Bewilligungen ist an das Vorliegen von drei Voraussetzungen geknüpft:

1.   öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht

2.   Fehlen von Bedenken vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit

3.   Verwendung des Fahrzeuges für den öffentlichen Hilfsdienst

Die Beschwerdeführerin liegt in der Eingabe vom 5. Dezember 2022 dar, warum es sich hier um ein Fahrzeug gemäß § 20 Abs. 5 lit. b KFG 1967 handelt, also warum die dritte Voraussetzung als erfüllt anzusehen ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist davon auszugehen, dass „ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht (und wegen des Verweises in § 22 Abs. 4 auf § 20 Abs. 5 erster Satz lit. c KFG 1967 auch von Tonfolgehorn) nur dann gegeben ist, wenn das Fahrzeug, für das die Bewilligung angestrebt wird, nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt ist, bei denen Gefahr im Verzug iSd. § 26 Abs. 1 StVO 1960 vorliegt, bei denen also […] anzunehmen ist, dass die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit von Menschen abzuwenden.“

Ausführungen zur ersten Voraussetzung finden sich in der Eingabe vom
5. Dezember 2022 nicht, vielmehr wird insofern lediglich auf 10 Fahrzeuge verwiesen, für die Blaulichtbewilligungen mit dem örtlichen Geltungsbereich Niederösterreich, Burgenland und Wien aufrecht sind.

Die beigeschlossene Auflistung weist nur die 10 Fahrzeuge auf, enthält allerdings keine Ausführungen zu den damit getätigten Blaulichtfahrten. In der Eingabe vom
30. August 2022 hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich angegeben, dass sie – gestützt auf die Bewilligung vom 18. Jänner 2011, ***, – nicht ein einziges Mal von Blaulicht und/oder Tonfolgehorn Gebrauch gemacht hat („Mit dem im o.a. Bescheid angeführten Fahrzeug pol. Kennzeichen *** wurde im gesamten Zeitraum keine Blaulichtfahrt durchgeführt. Es waren mehrere Störungseinsätze zu verzeichnen, jedoch war die Verkehrssituation immer so gegeben, dass kein Blaulichteinsatz erforderlich wurde.“).

Die Beschwerdeführerin hat damit das Vorliegen des öffentlichen Interesses an der Verwendung von Blaulicht i.S.d. Judikatur des VwGH nach wie vor nicht hinreichend dargetan.“

4.   Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist der österreichische Stromübertragungsnetzbetreiber und stellt die bundesländerübergreifende Stromversorgung sicher. Schwerwiegende Störungen im Stromnetz der Rechtsmittelwerberin können Rückwirkungen auf Teile oder die Gesamtheit eines oder mehrerer Bundesländer haben, sodass Großstörungen schnellstmöglich behoben werden müssen, um ein „Blackout“ zu verhindern. In den letzten Jahren hat sich die Gesamtsituation im österreichischen Stromnetz generell drastisch verschärft. Dies zeigt sich durch die deutliche Ausreizung aller verfügbaren Sicherheitsmargen im Netz und häufig drohenden Engpässen auf den Stromleitungen mit erforderlichem Abruf von Notmaßnahmen.

Weiters könnten aufgrund der angespannten Situation auf den Energiemärkten eventuelle Mangellagen bei Gas und Strom Flächenabschaltungen notwendig machen, die zu unvorhersehbaren Netzsituationen und Netzstörungen führen können, die dringende Fahrten zur Wiederherstellung der öffentlichen Versorgung notwendig machen. Auch aufgrund von Umwelteinflüssen erfolgte eine Zunahme an Störungsfällen, zB im Zusammenhang von beschädigten Leitungsmasten, Waldbränden und Unwettergroßereignissen, wobei die antragstellende Partei hier einen 24/7 Störungsdienst eingerichtet hat, um einen sicheren Rettungs-, Lösch- oder Aufräumeinsatz anderer Blaulichtorganisationen zu ermöglichen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. Jänner 2011, ***, wurde der B AG die Bewilligung – eingeschränkt auf das Gebiet der Bundesländer Niederösterreich, Wien und Burgenland – erteilt, am Lastkraftwagen mit den Kennzeichen ***, Marke Mercedes Benz, Fahrzeugnummer ***, für Warnleuchten mit blauem Licht sowie ein Tonfolgehorn anzubringen. In Auflage 3 dieses Bescheides wurde vorgeschrieben, dass Blaulicht und Tonfolgehörner nur bei Einsatzfahrten (§ 26 StVO) im Rahmen des öffentlichen Hilfsdienstes (§ 20 Abs. 5 lit b KFG 1967) verwendet werden dürfen.

Im Zuge der Erneuerung des Fuhrparkes soll das bisher zu Einsatzfahrten des öffentlichen Hilfsdienstes herangezogene Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikations-nummer ***, welches wie festgestellt bescheidkonform mit Blaulicht und Folgetonhorn ausgestattet ist, durch das Kraftfahrzeug Mercedes Benz Sprinter, Fahrzeugidentifikationsnummer ***, ausgetauscht werden und wurde mit Schreiben vom 30. August 2022 die Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht und eines Tonfolgehorns beantragt.

Das nunmehr verfahrensgegenständliche Fahrzeug verfügt über dieselbe Ausrüstung wie der zuvor im Einsatz befindliche Lastkraftwagen und ist der Instandhaltungs-Region Ost zugeordnet. Neben diesem als Materialtransporter dienenden Kraftfahrzeug verfügt die Antragstellerin noch über zwei weitere Materialtransporter mit aufrechter Blaulichtbewilligung für diese Versorgungsregion, bestehend aus den Bundesländern Niederösterreich, Wien und Burgenland. Grundsätzlich decken zwei Materialtransporter das südliche Niederösterreich und Burgenland ab, der dritte das nördliche und westliche Niederösterreich. Im Großstörungsfall kann es dazu kommen, dass alle drei Materialtransporter gebündelt und an einen Einsatzort entsendet werden müssen bzw. bei massiven Unwetterfronten kann ein gleichzeitiger Einsatz dieser Fahrzeuge notwendig sein. Bei Beschädigungen von Leitungsanlagen ist eine möglichst schnelle Unfallstellensicherung und eine möglichst schnelle Wiederaufnahme der Stromversorgung notwendig.

Im Falle eines „Blackouts“ oder einer Großstörung im Übertragungsnetz kann die Wiederaufnahme des Betriebes die Vornahme manueller Arbeiten an den Leitungs- und Umspannwerksanlagen durch Betriebspersonal der Antragstellerin erfordern. Hier wäre eine schnellmögliche Verteilung einer Vielzahl von Personen auf unterschiedliche Betriebsstandorte notwendig, welche den Einsatz des beschwerdegegenständlichen Materialtransporters entsprechend seiner Ausrüstungsausgestaltung zur möglichst schnellen Wiederherstellung des Betriebes des Übertragungsnetzes in solchen Fällen bedingen.

Bei dem zur Zl. *** von der Antragstellerin gehaltenen Vorläufer- Kraftfahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer *** ist es seit der Erteilung der Bewilligung im Jahr 2011 zu keiner Einsatzfahrt mit Blaulicht bzw. Tonfolgehorn iSd § 26 StVO 1960 gekommen.

5.   Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen beruhen auf dem unbedenklichen Inhalt des Aktes der Verwaltungsbehörde, insbesondere den inne liegenden Bewilligungen, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und werden von den Parteien auch nicht in Abrede gestellt.

Strittig ist im verfahrensgegenständlichen Fall vielmehr die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen für Fahrzeuge des öffentlichen Hilfsdienstes ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Warnleuchten mit blauem Licht und eines Tonfolgehorns besteht, wobei die belangte Behörde – auch in ihrer Stellungnahme – nur auf getätigte Blaulichtfahrten in der Vergangenheit abstellt.

6.   

Rechtslage:

§ 28 VwGVG regelt Folgendes:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 17 VwGVG sieht vor:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die relevante Bestimmung des § 20 Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) lautet auszugsweise wie folgt:

  1. (1) Außer den im § 14 Abs. 1 bis 7 und in den §§ 15 und 17 bis 19 angeführten Scheinwerfern, Leuchten und Rückstrahlern dürfen ohne Bewilligung gemäß Abs. 4 an Kraftfahrzeugen und Anhängern nur angebracht werden:
    1. 1.
      Leuchten für die Beleuchtung des Wageninneren, der dem Betrieb dienenden Kontrollgeräte, der Zeichen für Platzkraftwagen (Taxi-Fahrzeuge), der Fahrpreisanzeiger und von Zeichen für die im Abs. 5 lit. d und e angeführten Fahrzeuge von ärztlichen Bereitschaftsdiensten oder Ärzten;
    2. 2.
      Freizeichen, Linienzeichen, Zielschilder und dergleichen, Parkleuchten sowie Leuchten oder Rückstrahler, mit denen rotes oder gelbrotes Licht aus- oder rückgestrahlt werden kann und mit denen die Lage einer geöffneten Fahrzeugtüre angezeigt werden kann, und Leuchten und Rückstrahler, deren Anbringen gemäß § 33 Abs. 1 nicht angezeigt werden muß;
    3. 3.
      Nebelscheinwerfer, Suchscheinwerfer, Rückfahrscheinwerfer, Arbeitsscheinwerfer, Nebelschlußleuchten und Seitenleuchten;
    4. 4.
      Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei
      1. a)
        Fahrzeugen, die zur Verwendung im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes bestimmt sind,
      2. b)
        Fahrzeugen, die im Bereich des militärischen Eigenschutzes sowie des Entminungsdienstes zur Verwendung kommen,
      3. c)
        Fahrzeugen, die zur Verwendung von Organen des Amtes für Betrugsbekämpfung und des Zollamtes Österreich bestimmt sind,
      4. d)
        Feuerwehrfahrzeugen sowie Kommando- und Mannschaftsfahrzeugen der Feuerwehr,
      5. e)
        Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften,
      6. f)
        Fahrzeugen im Besitz der in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002 namentlich genannten Einrichtungen, oder Fahrzeugen der Bergrettung, der Höhlenrettung oder der Wasserrettung, die für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet werden,
      7. g)
        Fahrzeugen, die von gemäß § 97 Abs. 2 StVO beeide
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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