TE Vwgh Beschluss 2022/12/19 Ra 2020/06/0131

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Veröffentlicht am 19.12.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13
AVG §39
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §7 Abs3
VwRallg
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. AVG § 39 heute
  2. AVG § 39 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 39 gültig von 20.04.2002 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  4. AVG § 39 gültig von 01.01.1999 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  5. AVG § 39 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des H Z in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 17. März 2020, 405-3/667/1/4-2020, betreffend Zurückweisung von Anträgen in einer baurechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist seit 2011 Eigentümer des Grundstücks Nr. X, KG S, an das südlich das Baugrundstück Nr. Y grenzt, welches in der Schutzzone I. nach dem Salzburger Altstadterhaltungsgesetz liegt. Von der M.-Hauptstraße gelangt man über eine in einem für das charakteristische Gepräge des Stadtbildes von Bedeutung stehenden Bauteil des Baugrundstücks Nr. Y gelegene Hausdurchfahrt im östlichen Bereich zum Grundstück Nr. X.

2        Mit Ansuchen vom 2. Mai 1996 beantragte Herr P. (im Folgenden: Bewilligungswerber) unter Vorlage von Einreichunterlagen die Erteilung der (nachträglichen) baubehördlichen Bewilligung für den Einbau eines am nördlichen Ende der Hausdurchfahrt auf dem Grundstück Nr. Y hofseitig errichteten elektrischen Drehtores mit 2,5 m Breite und 1,5 m Höhe.

3        Nachdem die Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung (SVK) zum Einreichprojekt ein negatives Gutachten erstattet hatte, beantragte der Bewilligungswerber mit Eingabe vom 14. Juli 1997 die Genehmigung von Austauschplänen für den Umbau des bestehenden elektrischen Drehtores. Nach den dazu vorgelegten neuen Planunterlagen sollte das Drehtor in den Durchgang verlegt und auf eine Höhe von 1,2 m reduziert werden, wobei das Drehtor nach innen in den Durchgang aufschlagen sollte. Die SVK erstattete dazu ein positives Gutachten.

4        Die belangte Behörde (Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg) führte am 3. September 1997 eine Baubewilligungsverhandlung und gleichzeitig eine Überprüfungsverhandlung durch, zu der auch die damaligen Grundeigentümer des Grundstücks Nr. Y geladen worden waren. Nach dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen sei das Tor anstelle der eingereichten Höhe von 1,20 m um 90 cm erhöht und es erfolge die Aufgehrichtung des Tores in den Hofbereich anstelle in den Durchgangsbereich. Beide Änderungen würden nachträglich zur Kenntnis genommen. Mit im Anschluss an die Bauverhandlung mündlich verkündetem Bescheid vom 3. September 1997 erteilte die belangte Behörde dem Bewilligungswerber die Baubewilligung für den Umbau eines elektrischen Drehtores auf dem Grundstück Nr. Y. Die vom bautechnischen Amtssachverständigen beschriebenen Änderungen der Höhe des Tores und der Aufgehrichtung wurden handschriftlich in das Einreichprojekt eingetragen. Eine Zustellung des Bescheides an die damalige Grundeigentümerin des Grundstücks Nr. X (Rechtsvorgängerin des Revisionswerbers), die auch zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden war, erfolgte nicht.

5        Mit Eingabe vom 23. Juli 2019 an den Magistrat Salzburg, Raumplanung und Baubehörde, stellte der Revisionswerber den „Antrag auf Bescheidaufhebung des Bescheides vom 03.09.1997 (...) sowie um Erlassung eines Beseitigungsauftrages“. Mit dem genannten Bescheid sei eine nachträgliche Baubewilligung für ein Gittertor auf dem Grundstück Nr. Y ohne Zustimmung seiner Rechtsvorgängerin oder seine Zustimmung erteilt worden. Das bewilligte Gittertor sei nicht wie beantragt nach innen, sondern nach außen aufgehend bewilligt worden, ohne dass seine Rechtsvorgängerin als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks Nr. X in das Bewilligungsverfahren eingebunden worden wäre. Ihm werde seit Jahren ein Funkgerät für das Gittertor verwehrt. Das im Vorfeld ohne Baubewilligung errichtete Tor sei mit dem genannten Bescheid unter Negierung der Vorgaben der SVK und „unter Missachtung der betroffenen Eigentumsverhältnisse der angrenzenden Nachbarliegenschaften“ baubewilligt worden.

6        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 2019 wurden gemäß § 68 Abs. 1, 2 und 7 AVG die Anträge des Revisionswerbers „auf amtswegige Aufhebung“ des Bescheides der belangten Behörde vom 3. September 1997 sowie „um Erlassung eines Beseitigungsauftrages“ als unzulässig zurückgewiesen.

7        Begründend führte die belangte Behörde im Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG aus, dass (seit Erlassung des Bescheides vom 3. September 1997) ein neuer Sachverhalt weder eingewandt worden noch erkennbar sei und sich auch die Rechtsgrundlage nicht geändert habe. Der Umbau eines elektrischen Drehtores zum Stichtag 3. September 1997 habe eine baubewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 3 und Z 4 Salzburger Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG 1997) dargestellt, für die (zum genannten Stichtag) § 7 BauPolG 1997 keine Parteistellung von Nachbarn vorgesehen habe. Das BauPolG 1997 habe auch keine Verpflichtung über eine etwaige Beibringung eines Nachweises betreffend die Zustimmung der Eigentümer der von der Baumaßnahme betroffenen Grundstücke normiert. § 68 Abs. 2 AVG gelange nicht zur Anwendung, weil dem Bewilligungswerber aus dem Bescheid vom 3. September 1997 „das Recht auf Baubewilligung“ erwachsen sei. Eine Anwendung des § 68 Abs. 3 und des Abs. 4 AVG komme aus näher genannten Gründen nicht in Betracht. Gemäß § 68 Abs. 7 AVG stehe auf die Ausübung der der Behörde gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG eingeräumten Abänderungs- und Behebungsbefugnis niemandem ein subjektives Recht zu. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes diene die der Behörde in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG eingeräumte Aufsichtsgewalt nicht dem Schutz irgendeines subjektiven Rechts, sondern der Wahrung öffentlicher Interessen. Der Einschreiter nehme an diesem Verfahren nicht als „Partei“ im Sinne des § 8 AVG teil.

8        Gegen diesen Bescheid erhob der - nunmehr rechtsanwaltlich vertretene - Revisionswerber Beschwerde. Er brachte darin vor, seine Rechtsvorgängerin als damalige Eigentümerin des Grundstücks Nr. X sei im Verfahren zur Erteilung der (nachträglichen) Baubewilligung (vom 3. September 1997) im Rahmen der baubehördlichen Überprüfung übergangen worden. Auf das seinerzeitige Verfahren hätte noch die Rechtslage vor der Baurechtsreform 1996, LGBl. Nr. 39/1997, angewendet werden müssen. Nach der Übergangsbestimmung des Art. V. Abs. 3 seien Verfahren, die zu dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt (1. Juli 1997) anhängig seien, nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen. § 7 Abs. 1 erster Satz Salzburger Baupolizeigesetz (BauPolG) habe noch die Parteistellung des Grundeigentümers vorgesehen. Als Grundeigentümer könne der Revisionswerber nach Maßgabe dieser Rechtslage seine Parteistellung unbefristet geltend machen, wenn ein Parteistellung genießender Grundeigentümer im Bauverfahren übergangen worden sei. Das Drehtor nehme entgegen der ursprünglichen Planung das Eigentum der Rechtsvorgängerin des Revisionswerbers bzw. nunmehr sein Eigentum in Anspruch.

Die belangte Behörde habe verkannt, dass der Revisionswerber nicht die Abänderung oder Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheides gemäß § 68 AVG begehrt, sondern seine Rechtsstellung als übergangene Partei (Grundeigentümer gemäß § 7 Abs. 1 BauPolG in der Fassung vor LGBl. Nr. 39/1997) geltend gemacht habe. Der Antrag hätte daher nicht unter Hinweis auf § 68 AVG zurückgewiesen werden dürfen, sondern es „hätte sich die belangte Behörde in der Sache mit der Rechtmäßigkeit der erteilten Baubewilligung“ wegen Übergehens des betroffenen Grundeigentümers auseinandersetzen müssen. Die Baubewilligung, deren (ersatzlose) Behebung der Revisionswerber mit dem gegenständlichen Antrag begehrt habe, hätte versagt bzw. aufgehoben werden müssen. Er beantragte mit seinem Hauptantrag, der Beschwerde Folge zu geben und in der Sache zu entscheiden, sohin die Baubewilligung vom 3. September 1997 aufzuheben bzw. diese für das ausgeführte Gittertor zu versagen.

9        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 2019 abgewiesen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

10       In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht fest, nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur könne eine übergangene Partei eines Mehrparteienverfahrens, sobald der Bescheid gegenüber einer Partei erlassen ist, bereits vor der Zustellung des Bescheides an sie ein „Rechtsmittel“ (wenn vorgesehen Berufung an die Berufungsinstanz, sonst Beschwerde an das Verwaltungsgericht) erheben, wobei sie dabei freilich zu erkennen gebe, auf die Zustellung des Bescheides zu verzichten.

11       Der Revisionswerber wäre dann eine „übergangene Partei“ (mit der Konsequenz, dass von ihm als Rechtsnachfolger die Parteirechte seiner Rechtsvorgängerin noch geltend gemacht werden könnten), wenn seiner Rechtsvorgängerin als Grundstückseigentümerin nach den im Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides geltenden Rechtsvorschriften Parteistellung zugekommen und sie am Baubewilligungsverfahren nicht beteiligt worden sei.

12       Es werde dem Revisionswerber (mit näherer Begründung) beigepflichtet, dass die belangte Behörde bei der Erteilung der Baubewilligung die Rechtslage des BauPolG „idF vor LGBl. Nr. 39/1996“ anzuwenden gehabt habe. Nach dieser Rechtslage habe gemäß § 7 Abs. 1 BauPolG 1973 auch der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die bauliche Maßnahme errichtet werden solle, Parteistellung im Baubewilligungsverfahren gehabt und seine fehlende Zustimmung zum Bauvorhaben habe gemäß § 9 Abs. 1 lit. e leg. cit. einen Versagungsgrund für die beantragte Baubewilligung dargestellt. Die Parteistellung des Grundeigentümers im Baubewilligungsverfahren und der Versagungsgrund seiner fehlenden Zustimmung seien mit dem am 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Baurechtsreformgesetz 1996 weggefallen.

13       Daraus sei jedoch für den Revisionswerber nichts zu gewinnen. Nach der seinerzeitigen Beantragung der baubehördlichen Bewilligung zum Einbau des Drehtores auf dem auf dem Grundstück Nr. Y gelegenen Gebäude seien die damaligen Grundeigentümer dieser Baufläche dem Bewilligungsverfahren beigezogen worden; sie hätten dem Bauvorhaben auch zugestimmt. Durch die anlässlich der Bauverhandlung am 3. September 1997 erfolgte Planänderung in Bezug auf die Aufschlagsrichtung des Drehtores nach außen auf das Grundstück Nr. X, das damals im Eigentum der Rechtsvorgängerin des Revisionswerbers gestanden sei, sei - entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers - das Grundstück Nr. X aber nicht zum „Baugrundstück“ geworden. Das Drehtor sei nicht sonderrechtsfähig. Der Umstand, dass es beim Aufschlagen teilweise über die Grundgrenze rage, bedeute nicht, dass es in seiner Gesamtheit oder auch nur hinsichtlich des überragenden Teiles im Eigentum/Miteigentum der Eigentümer jenes Grundstücks stünde, über welches es rage. Eigentümer des Drehtores seien die Eigentümer des Gebäudes, in das es eingebaut sei; daran vermöge der Umstand, dass es beim Öffnen auch auf ein Nachbargrundstück rage, nichts zu ändern (Verweis auf VwGH 9.9.2008, 2008/06/0066).

14       Die vom Revisionswerber nach dem BauPolG „in der Rechtslage vor LGBl Nr 39/1996“ geltend gemachte Parteistellung seiner Rechtsvorgängerin als Grundeigentümerin im Baubewilligungsverfahren für das Drehtor sei somit nicht vorgelegen, sodass sie auch keine „übergangene Partei“ gewesen sei. Auch eine Parteistellung als „übergangener Nachbar“ scheide (aus näher angeführten Gründen) aus.

15       Unbeschadet davon stellten die vom Revisionswerber in seiner Eingabe vom 23. Juli 2019 an die belangte Behörde gestellten Anträge auf Aufhebung des Baubewilligungsbescheides vom 3. September 1997 und Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich des Drehtores keine „Rechtsmittel“ an das Verwaltungsgericht dar. Sein Vorbringen und Begehren richte sich eindeutig auf die nachträgliche Aufhebung des Bescheides durch die belangte Behörde mit gleichzeitiger Erlassung eines Beseitigungsauftrages und nicht auf die Überprüfung des Baubescheides und Aufhebung durch die übergeordnete Rechtsmittelinstanz. Gegenteiliges sei auch nicht in der Beschwerde vorgebracht worden.

16       Der belangten Behörde sei daher im Ergebnis nicht entgegen zu treten, wenn sie die Anträge des Revisionswerbers vom 23. Juli 2019 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen habe.

17       Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung habe ungeachtet des Antrags des Revisionswerbers gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen können, weil seine verfahrenseinleitenden Anträge zurückzuweisen gewesen seien. Zudem sei der Sachverhalt unbestritten und es lasse die mündliche Erörterung einer weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

18       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

19       Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof beantragte die belangte Behörde in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision und die Zuerkennung von Kostenersatz.

20       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

21       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

22       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23       In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis zitierte Rechtsprechung (VwGH 9.9.2008, 2008/06/0066) sei auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar, weil die Sachlage im vorliegenden Fall eine völlig andere und die Rechtslage nach dem BauPolG 1973 nicht mit der im zitierten Erkenntnis maßgeblichen Rechtslage vergleichbar sei (wird näher ausgeführt). Die Errichtung des Drehtores beziehe sich auf das Grundstück Nr. X, das nunmehr im Eigentum des Revisionswerbers stehe. Da seine Rechtsvorgängerin im Grundeigentum dem Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen worden sei, könne er als Rechtsnachfolger die Parteistellung als übergangene Partei unbefristet geltend machen. Sein Antrag auf Aufhebung der Baubewilligung hätte nicht als unzulässig zurückgewiesen werden dürfen.

24       Das Verwaltungsgericht habe auch gegen das Überraschungsverbot verstoßen, das Recht auf Gehör verletzt und das Verhandlungsgebot missachtet, weil mit der Entscheidung im Hinblick auf die Frage der Parteistellung des Revisionswerbers in Bezug auf die Übertragung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 2008, 2008/06/0066, auf den gegenständlichen Sachverhalt ein bislang im Verfahren nicht erörterter Gesichtspunkt in der Frage der Ausführung des Drehtores auf seinem Grundstück zugrunde gelegt worden sei. In einer (vom Revisionswerber beantragten) Verhandlung hätte der Revisionswerber darlegen können, dass seine Eingabe vom 23. Juli 2019 als Geltendmachung seiner Rechtsstellung als übergangene Partei zu verstehen sei. Der Antrag habe ein Aufhebungsbegehren enthalten, „was ja im Fall eines Rechtsmittels der Berufung oder auch Beschwerde“ die Erfordernisse erfülle, das Fehlen der Bezeichnung des Rechtsmittels schade nicht. Eine Unzuständigkeit zur Entscheidung „über dieses Rechtsmittel“ hätte das Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrnehmen müssen. In einer Verhandlung hätte sich der Revisionswerber dazu äußern können, dass das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht der belangten Behörde eine Ausführung des Drehtores auf dem Grundstück des Revisionswerbers nicht erkannt und eine bisher im Verfahren nicht zugrunde gelegte und nicht erörterte Rechtsansicht zur Parteistellung des Grundeigentümers nach dem BauPolG 1973 angewandt habe.

25       Die Revision ist nicht zulässig.

26       Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung somit vor, dass seine Eingabe vom 23. Juli 2019 auf die Geltendmachung seiner Rechtstellung als „übergangene Partei“ gerichtet gewesen sei.

27       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine „übergangene Partei“ gemäß § 7 Abs. 3 VwGVG auch dann zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid, der ihr zur Kenntnis gelangt ist, an das Verwaltungsgericht legitimiert, wenn der Bescheid ihr gegenüber nicht erlassen worden ist (VwGH 15.6.2018, Ro 2017/11/0006, 0053, 0160, mwN).

28       Nun hatte der Revisionswerber in seiner - an die Baubehörde gerichteten - nicht näher bezeichneten Eingabe vom 23. Juli 2019 die Aufhebung des Bescheides vom 3. September 1997 und die Erlassung eines Beseitigungsauftrages beantragt. Diese Anträge wurden von der belangten Behörde mit Bescheid vom 13. Dezember 2019, gestützt auf § 68 AVG, als unzulässig zurückgewiesen.

29       In seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid argumentierte der - zu diesem Zeitpunkt bereits rechtsanwaltlich vertretene - Revisionswerber mit seiner Rechtsstellung als „übergangene Partei“ und führte aus, die belangte Behörde habe verkannt, dass er nicht die Abänderung oder Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheides gemäß § 68 AVG begehrt habe. Ausdrücklich wurde jedoch vorgebracht, „die belangte Behörde“ hätte sich mit der Rechtmäßigkeit der erteilten Baubewilligung auseinandersetzen müssen. Die Beschwerde enthält hingegen kein Vorbringen, wonach der Revisionswerber mit seiner Eingabe vom 23. Juli 2019 eine an das Verwaltungsgericht gerichtete Beschwerde (bzw. gegebenenfalls eine „Berufung“) gegen den Bescheid vom 3. September 1997 erheben habe wollen.

30       In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision führt der Revisionswerber zunächst lediglich in allgemeiner Form aus, dass „im Fall eines Rechtsmittels der Berufung oder auch Beschwerde“ ein Aufhebungsbegehren in einem Antrag „die Erfordernisse erfüllt“, um in weiterer Folge vorzubringen, das Verwaltungsgericht hätte „von Amts wegen“ eine Unzuständigkeit zur Entscheidung über „dieses Rechtsmittel“ wahrnehmen müssen.

31       Damit wird in der Revision vom Revisionswerber erstmals, von den unbedenklichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts abweichend vorgebracht, er habe mit dem Schreiben vom 23. Juli 2019 ein (nicht näher definiertes) „Rechtsmittel“ erhoben. Ein konkretes Vorbringen, dass der Revisionswerber mit seiner Eingabe vom 23. Juli 2019 Beschwerde an das Verwaltungsgericht (oder „Berufung“) gegen den Bescheid vom 3. September 1997 erhoben habe, enthält auch die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht (zu dem für die Stadt Salzburg ab 1. Jänner 2014 geltenden Ausschluss des gemeindeinternen Instanzenzuges gegen Bescheide des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, die in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fallen, vgl. im Übrigen § 3 der Gemeinde-Instanzenzug-Verordnung).

32       Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangt auch die Offizialmaxime nicht, Anbringen, die nach ihrem objektiven Erklärungswert eindeutig sind, einen anderen - wenngleich zweckmäßigen - Inhalt zu geben. Dies liefe auf eine Umdeutung eines Anbringens hinaus und widerspräche der hg. Judikatur zur Auslegung von Anbringen (vgl. VwGH 14.6.2022, Ra 2020/10/0123, mwN).

33       Vor diesem Hintergrund erweisen sich die - im angefochtenen Erkenntnis die sonstigen Erwägungen ergänzenden, zusätzlichen - Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die vom Revisionswerber in seiner Eingabe vom 23. Juli 2019 gestellten Anträge stellten keine „Rechtsmittel“ an das Verwaltungsgericht dar, sein Vorbringen richte sich eindeutig auf die nachträgliche Aufhebung des Bescheides durch die belangte Behörde mit gleichzeitiger Erlassung eines Beseitigungsauftrages, Gegenteiliges sei auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, keinesfalls als unvertretbar. In seiner Zulässigkeitsbegründung wendet sich der Revisionswerber auch nicht konkret gegen diese verwaltungsgerichtliche Beurteilung. Ferner legt er nicht dar, auf welcher (allenfalls anderen) Rechtsgrundlage (als § 68 AVG) die belangte Behörde die Aufhebung des Bescheides vom 3. September 1997 verfügen hätte sollen.

34       Aufgrund dieser tragfähigen Alternativbegründung des angefochtenen Erkenntnisses für die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Anträge des Revisionswerbers durch die belangte Behörde (vgl. dazu auch § 68 Abs. 7 AVG) erweist sich die Revision bereits deshalb als unzulässig (vgl. VwGH 24.6.2022, Ra 2019/06/0165, mwN).

35       Aus diesem Grund hängt das Schicksal der vorliegenden Revision vom weiteren Zulässigkeitsvorbringen nicht ab. Auch den Entfall der mündlichen Verhandlung konnte das Verwaltungsgericht vertretbar auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG stützen, zumal der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag des Revisionswerbers zurückzuweisen war und das Verwaltungsgericht - im hier maßgeblichen Zusammenhang - weder den Sachverhalt ergänzt noch seine Entscheidung auf Umstände gestützt hat, die nicht Teil des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren und die die Parteien nicht kannten (vgl. dazu VwGH 13.12.2021, Ra 2021/04/0190, mwN).

36       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

37       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Dezember 2022

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020060131.L00

Im RIS seit

23.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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