TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/23 95/05/0273

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.1996
beobachten
merken

Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134a lite idF 1992/034;
BauO Wr §134a;
BauO Wr §60 Abs1 litd idF 1992/034;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Juli 1995, Zl. MD-VfR - B VIII - 6, 7 u. 8/95, betreffend eine Abbruchbewilligung (mitbeteiligte Partei: Bund, Bundesbaudirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, erteilte mit Bescheid vom 3. Mai 1995 dem mitbeteiligten Bauwerber die Abbruchbewilligung für das bestehende Objekt in Wien nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne. Unter einem wurden insgesamt 19 Auflagen vorgeschrieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die u.a. vom Beschwerdeführer erhobene Berufung als unzulässig zurück. Der Beschwerdeführer gehöre zwar als Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft zum Personenkreis des § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien. Er habe nicht nur in der Verhandungsschrift gegen den Abbruch keine Einwendungen erhoben, sondern es komme auch eine Verletzung der im § 134a leg. cit. erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte durch die Bewilligung des Abbruches eines Gebäudes nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß der geplante Abbruch in seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingreife. Es würden Immissionen auf sein Nachbargrundstück erfolgen. Die Entfernung eines bestehenden Gebäudes könne genauso wie ein Neubau das Nachbargrundstück beeinträchtigen, sei es durch Staub und Lärm, noch mehr aber durch Beeinträchtigung der gegebenen Stützungen des Nachbarbauwerkes. Ein Abbruch führe zu Immissionen und Belästigungen und sei eben zwingend mit einem Neubau verbunden. Mit dem Neubau werde auch die Entfernung eines gesetzlich geschützten Baumes auf dieser Liegenschaft erfolgen. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, daß die belangte Behörde über die behaupteten Immissionen kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Einwand des Beschwerdeführers, die Verhandlungsschrift sei unvollständig, nicht beachtet habe.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gegenstand des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Bescheides war nicht etwa eine Baubewilligung für ein Vorhaben gemäß § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien (i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 34/1992; im folgenden: BO), sondern die Bewilligung zum Abbruch eines Gebäudes gemäß § 60 Abs. 1 lit. d BO. Gemäß § 134 Abs. 3 BO sind im Baubewilligungsverfahren die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen i. S.d. § 134a gegen die geplante Bauführung erheben.

§ 134a BO, der die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn taxativ festlegt, lautet wie folgt:

"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a)

Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

b)

Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

c)

Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d)

Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

e)

Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden."

Während der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 134a BO noch ausgesprochen hat, daß eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte in einem Verfahren über die Erteilung einer Abbruchbewilligung dann erfolgen könnte, wenn die belangte Behörde bestimmte, zum Schutz der Beschwerdeführer in ihrer Eigenschaft als Nachbarn der von dem Abbruch betroffenen Liegenschaft erlassene baurechtliche Normen außer acht gelassen hätte (Erkenntnis vom 7. Juli 1988, Zl. 88/05/0097, BauSlg. Nr. 1154), kommt eine solche Rechtsverletzung nach der geltenden Rechtslage nicht in Betracht, weil für derartige Vorhaben eine den Nachbarn schützende baurechtliche Norm nicht mehr besteht und davon auszugehen ist, daß der Landesgesetzgeber im § 134 Abs. 3 i. V.m. § 134a BO die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren abschließend regeln wollte. § 134a lit. e BO erlaubt die Wahrnehmung von Immissionsbeeinträchtigungen nämlich nur dann, wenn sich diese Immissionen AUS DER WIDMUNGSGEMÄßEN BENÜTZUNG EINES GEBÄUDES ODER EINER BAULICHEN ANLAGE ergeben können; mit der vorliegenden Bewilligung wurde aber nicht die Errichtung eines später zu benützenden Gebäudes, sondern ein Abbruch bewilligt. Auch hinsichtlich der behaupteten Beeinträchtigungen der gegebenen Stützungen des Nachbarbauwerks läßt sich aus § 134a BO kein öffentliches Recht des Nachbarn ableiten; diesbezüglich muß der Beschwerdeführer im Zivilrechtsweg Abhilfe suchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 91/05/0030).

Somit war der beschwerdeführende Nachbar, der sich auf keines der in § 134a BO genannten Rechte stützen kann, nicht Partei des Baubewilligungsverfahrens. Da die BO den Kreis der zur Berufung Berechtigten nicht erweitert, erwies sich die Berufung der Nichtpartei als unzulässig und war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückzuweisen (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 590 f i.V.m. 630). Der dagegen erhobenen Beschwerde steht der Zurückweisungsgrund des Mangels der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde (§ 34 Abs. 1 VwGG) nicht entgegen, weil die im Berufungsbescheid allein behandelte Frage der Parteistellung einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich sein muß. Allerdings ließ der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, sodaß die Beschwerde gem. § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050273.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten