TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/23 95/02/0311

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Veröffentlicht am 23.02.1996
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Index

L46109 Tierhaltung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §64 Abs1;
AVG §64 Abs2;
TierschutzG Wr 1987 §12 Abs1;
TierschutzG Wr 1987 §4 Abs1;
VStG §19;
VVG §1;
VVG §5;
VVG §7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Mai 1995, Zl. MA 58 - AB 5/95, betreffend Tierhaltungsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk, vom 14. Dezember 1994 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. Nr. 39/1987, der Umgang mit sämtlichen Tieren und das Halten von Tieren, insbesondere von Haus- und Heimtieren im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 leg. cit., auf unbestimmte Zeit verboten.

Aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 24. Mai 1995, mit dem die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wurde. In der Begründung führte die belangte Behörde u. a. aus, es seien die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes erfüllt, weil über den Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Mai 1991 (auch) wegen Tierquälerei gemäß § 222 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten verhängt worden sei. Es liege somit eine Bestrafung wegen schwerwiegender Übertretung tierschutzrechtlicher Bestimmungen im Sinne des § 12 Abs. 1 leg. cit. vor. Hinsichtlich der "auf unbestimmte Zeit" festgesetzten Dauer des Verbotes verwies die belangte Behörde primär auf die genannte strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers, aus der hervorgehe, daß der Beschwerdeführer an verschiedenen Tierarten Tierquälerei begangen habe, man ihm insgesamt 16 verschiedene Taten habe nachweisen können, und die Art der Begehung laut Gerichtsurteil auf eine geistig-seelische Abartigkeit höheren Grades hingewiesen habe. Aus dem Umstand, daß die Delikte bereits vier Jahre zurückliegen würden, könne nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß der Beschwerdeführer mittlerweile seine Einstellung geändert hätte, zumal er im Jahre 1994 abermals in psychiatrischer Behandlung gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes hat die Behörde Personen, die wegen einer schwerwiegenden oder wegen wiederholter Übertretung tierschutzrechtlicher Vorschriften bestraft wurden, das Halten von Tieren und den Umgang mit Tieren zu verbieten. Die Dauer und der Umfang des Verbotes sind entsprechend den Erfordernissen des Tierschutzes festzusetzen.

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, daß mit dem angefochtenen Bescheid die Frage der Zulässigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung im Hinblick auf die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides als "obsolet" bezeichnet und dadurch sein Recht auf Entscheidung dieser Frage verletzt worden sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch in der Berufung gerügt, daß dem erstinstanzlichen Bescheid nicht zu entnehmen sei, "worin" Gefahr im Verzug bestehe. Ein solcher Ausspruch hätte zu unterbleiben gehabt, weil das Tierhaltungsverbot als Rechtsgestaltungsbescheid einer Vollstreckung gar nicht zugänglich sei.

Dem ist grundsätzlich entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde durch Abweisung der Berufung und gleichzeitiger Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides auch diesbezüglich eine für den Beschwerdeführer negative Entscheidung getroffen hat. Der Vorwurf der Nichterledigung dieses Berufungspunktes trifft daher - trotz der von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang gewählten mißverständlichen Formulierung - nicht zu.

Wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend hinweist, ist auch der rechtsgestaltende Bescheid, mit dem ein Tierhaltungsverbot erlassen wird, einer Vollstreckung z.B. gemäß § 5 oder § 7 VVG zugänglich, sodaß - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - in einem solchen Fall auch die Möglichkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG gegeben ist.

Da aufgrund des Beschwerdevorbringens und der Aktenlage nicht erkennbar ist, inwiefern der Beschwerdeführer durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in seinen Rechten verletzt war, erübrigt sich ein Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0011).

Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß die Berücksichtigung der strafgerichtlichen Verurteilung und der dieser zugrundeliegenden einzelnen Sachverhalte im Verfahren betreffend die Erlassung eines Tierhaltungsverbotes gegen das "Doppelverwertungsverbot" verstoßen würde. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß es sich beim Tierhaltungsverbot nach § 12 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltungsgesetzes nicht um eine Strafe oder Nebenstrafe, sondern um eine administrative Sicherungsmaßnahme im öffentlichen Interesse des Tierschutzes handelt, sodaß ein "Doppelverwertungsverbot" nicht besteht. Aus diesem Grunde knüpft der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 leg. cit. an eine entsprechende "Bestrafung" der mit einem Tierhaltungsverbot zu belegenden Person an.

Die im Zusammenhang mit der Darstellung des Verfahrensganges vorgebrachte allgemeine Rüge, es sei "unerfindlich und ... jedenfalls nicht aktenkundig", worin das "angebliche Ermittlungsverfahren" bestanden haben soll, trifft nicht zu und zeigt angesichts der in bezug auf die einschlägige Verurteilung des Beschwerdeführers durchgeführten Ermittlungen und des diesbezüglich gewährten Parteiengehörs keinen Verfahrensmangel auf.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, der angefochtene Bescheid enthalte keine Begründung, weshalb das Verbot "unbegrenzt" gelten solle. Es werde lediglich festgestellt, daß vier Jahre (seit der strafgerichtlichen Verurteilung) nicht ausreichen würden, um einen Sinneswandel des Beschwerdeführers anzunehmen.

Gemäß § 12 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes sind die Dauer und der Umfang des Verbotes "entsprechend den Erfordernissen des Tierschutzes" festzusetzen. Diese Erfordernisse werden insbesondere durch die in § 4 Abs. 1 leg. cit. enthaltenen Grundsätze des Tierschutzes verdeutlicht. Danach darf niemand ein Tier in qualvoller Weise oder mutwillig töten, ihm unnötige Schmerzen, Qualen, Verletzungen oder sonstige Schäden zufügen oder es unnötig in schwere Angst versetzen. Die Tötung eines Tieres ist dann mutwillig, wenn der damit angestrebte Zweck den guten Sitten zuwiderläuft.

Gerade die große Anzahl der vom Beschwerdeführer an verschiedenen Tieren begangenen Tierquälereien, die vom Strafgericht als erwiesen angesehen wurden und auch zu einer entsprechend schwerwiegenden Verurteilung führten, sowie die vom Strafgericht festgestellte "geistig-seelische Abartigkeit hohen Grades" rechtfertigen im Beschwerdefall - selbst wenn bereits vier Jahre seit der strafgerichtlichen Verurteilung vergangen sind - die Erlassung eines unbefristeten Verbotes gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, daß der in diesem Zusammenhang ausgeführte Teilsatz "zumal er (gemeint der Beschwerdeführer) im Jahre 1994 abermals in psychiatrischer Behandlung gewesen ist" unverständlich ist, da von der belangten Behörde nicht näher ausgeführt wird, weshalb dieser Vorgang für die Erlassung eines unbefristeten Verbotes nach § 12 Abs. 1 leg. cit. relevant sein sollte. Jedoch wurde in diesem Zusammenhang - vom Beschwerdeführer unbestritten - bereits von der Behörde erster Instanz im Bescheid vom 14. Dezember 1994 ausgeführt, daß anläßlich der Einlieferung des Beschwerdeführers in ein Krankenhaus im Jahre 1994 bei ihm ein näher bezeichneter Hund vorgefunden wurde, der zunächst in polizeiliche Verwahrung genommen wurde und anschließend zur Betreuung in das Tierschutzhaus gebracht werden mußte. Auch dieser, erst kurze Zeit zurückliegende Vorgang deutet auf eine mangelnde Fähigkeit des Beschwerdeführers, sich um eine dem Tierschutz entsprechende Haltung von Tieren zu kümmern, hin, sodaß in der Erlassung eines unbefristeten Verbotes nach § 12 Abs. 1 leg. cit. keine Rechtswidrigkeit erblickt werden kann.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründung Allgemein Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrecht AVG VStG VVG VwGG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995020311.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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