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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §13 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/08/0045Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, 1. über den Antrag des Dr. S in W, vertreten durch Dr. T, RA in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den VwGH gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des AMS Wien vom 29. Dezember 1995, Zl. Abt. 12/7022/7100 B, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, und 2. über die Beschwerde gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 29. Dezember 1995 wird wegen Verspätung zurückgewiesen.
Begründung
Mit einem (einheitlichen) am 24. Februar 1996 zur Post gegebenen Schriftsatz mit Datum 23. Februar 1996 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. Dezember 1995 (Abschnitt I des Schriftsatzes) und erhob gleichzeitig wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes Beschwerde gegen diesen Bescheid (Abschnitt II), mit der er ferner den Antrag verband, ihr gemäß Art. 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof am 20. Jänner 1996 geendet habe. Die Beschwerde sei vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers rechtzeitig verfaßt worden. Am Abend des 20. Jänner 1996 habe dieser seine Konzipientin, Frau M, angewiesen, die Beschwerde zur Post zu bringen. Die Konzipientin habe die Beschwerde zwar an sich genommen, jedoch in der Folge auf die Weisung vergessen. Erst als sie um 0.03 Uhr zu Hause angekommen sei, habe sie bemerkt, daß sie vergessen habe, die Beschwerde zur Post zu bringen. Die genannte Konzipientin sei schon über ein Jahr beim Rechtsvertreter des Beschwerdeführers tätig und habe bisher alle Weisungen gewissenhaft ausgeführt. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe sich daher darauf verlassen können, daß die Beschwerde fristgerecht zur Post gebracht werde, sodaß ihn keine Überwachungspflichten getroffen hätten. Das erstmalige Versehen der Konzipientin könne nur auf ihre derzeitige Arbeitsüberlastung zurückgeführt werden. Es werde daher gemäß § 46 VwGG der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
Dem Schriftsatz war eine eidesstättige Erklärung der Konzipientin angeschlossen, die folgenden Inhalt aufweist:
"Ich bin seit über einem Jahr bei Herrn Rechtsanwalt
Dr. ... als Rechtsanwaltsanwärter beschäftigt. Am Abend des 20.1.1996 erteilte mir Herr Dr. ... die Weisung, eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Landesgeschäftsstelle vom 29.12.1995 noch am selben Tag zur Post zu bringen. Ich nahm die Beschwerde entgegen, vergaß jedoch in der Folge auf die Weisung. Erst als ich um 0.03 Uhr zu Hause ankam, fiel mir auf, daß ich vergessen hatte, die Beschwerde zur Post zu bringen. Es ist dies das erste Mal, daß mir ein solches Versehen unterlief.
Wien, am 23. Februar 1996
Unterschrift"
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a und lit. e VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei gemäß § 46 Abs. 1 VwGG auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 30. Jänner 1984, VwSlg. 11.312/A).
Einem Wiedereinsetzungsbegehren, in dem entgegen der Vorschrift des § 46 Abs. 3 VwGG keine Angaben über dessen Rechtzeitigkeit enthalten sind, fehlt der Charakter eines dem Gesetz entsprechenden Wiedereinsetzungsantrages. Es handelt sich dabei um einen nicht verbesserungsfähigen Inhaltsmangel, weshalb ein solches Begehren zurückzuweisen ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 672 wiedergegebene ständige Rechtsprechung).
Da dem vorliegenden Antrag ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit im Sinne der genannten Rechtsprechung fehlen, mußte bereits dies zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages führen. Solche Angaben wären im gegenständlichen Fall schon deshalb erforderlich gewesen, da sowohl im Wiedereinsetzungsantrag als auch in der eidesstättigen Erklärung ausdrücklich davon ausgegangen wird, daß die Beschwerdefrist am 20. Jänner 1996 geendet und die Konzipientin am 21. Jänner 1996 um 0,03 Uhr festgestellt habe, daß sie die Beschwerde nicht zur Post gebracht habe. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist hätte daher an sich schon am 4. Februar 1996 geendet. Der am 24. Februar 1996 zur Post gegebene Antrag erwiese sich daher als verspätet, es sei denn, die Konzipientin hätte dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ihr Versehen zunächst verschwiegen und erst später davon Mitteilung gemacht. Ein solches Vorbringen ist im Wiedereinsetzungsantrag allerdings nicht enthalten. Da die Frist für die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach den Ausführungen im Antrag am 9. Jänner 1996 zu laufen begonnen hat, könnte allerdings auch ein Irrtum über das Ausmaß der Beschwerdefrist (die danach erst am 20. Februar 1996 geendet hätte) oder ein auf einem Versehen beruhender Schreibfehler bezüglich des Monates der Zustellung oder des Monates, in dem die Beschwerdefrist endete, vorliegen. Diesfalls fehlen dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag aber konkrete Angaben dazu, aus welchem Grund der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers an der (rechtzeitigen) Einbringung der Beschwerde zwischen dem 21. Jänner und dem 20. Februar 1996 gehindert gewesen ist.
Aufgrund dieser Erwägungen war der Antrag zurückzuweisen.
2. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Schlagworte
Verbesserungsauftrag Ausschluß WiedereinsetzungsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996080044.X00Im RIS seit
03.04.2001