Entscheidungsdatum
29.03.2022Norm
StVO 1960 §42 Abs3aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des Herrn A, geb. am ***, ***, *** (Slowakei), vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 28.04.2021, GZ. ***, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die Strafe wird mit € 218,- (48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) festgesetzt. Die im angefochtenen Straferkenntnis angeführte Strafnorm „§ 99 Abs. 2b StVO 1960“ wird durch die Strafnorm „§ 99 Abs. 2a StVO 1960“ ersetzt. Die Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens werden auf € 21,80 berichtigt. Der Beschwerdeführer hat keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 50 und 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§§ 19, 45 Abs. 1 Z , 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt € 239,80.
Die beiliegende Zahlungsinformation ist zu beachten.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (in weiterer Folge als Verwaltungsbehörde bezeichnet) vom 28.04.2021, GZ. ***, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, dass er am 22.11.2020, 21:11 Uhr, im Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. ***, Fahrtrichtung ***, das Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** samt Sattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen *** gelenkt hätte, obwohl an Samstagen von 15.00Uhr bis 24.00 Uhr, an Sonntagen und an gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit LKWs, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten sei und das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen sei. Der Beschwerdeführer hätte dadurch die Rechtsvorschriften des § 42 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 2b StVO 1960 verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG in der Höhe von € 30,- vorgeschrieben.
Begründend führte dazu die Verwaltungsbehörde zusammenfassend aus, dass sich das Straferkenntnis auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie auf die Anzeige der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich vom 02.12.2020 gründe. Der im Spruch angeführte strafbare Verwaltungstatbestand könne durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers als erwiesen angenommen werden.
Von Beamten der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich sei zur Tatzeit am Tatort dienstlich wahrgenommen worden, dass der Beschwerdeführer das im Spruch angeführte Sattelzugfahrzeug samt Sattelanhänger mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t an einem Sonntag zwischen 00.00 Uhr und 22.00 Uhr gelenkt hätte, obgleich gemäß § 42 Abs. 2 StVO 1960 das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in diesem Zeitraum verboten sei.
Laut Anzeige seien bei der Ladung 6 Waren mit einem Haltbarkeitsdatum von 04.01.- 25.02.2021 wahrgenommen worden, deren Haltbarkeit mehr als ein Monat betrage und die nicht unter die Ausnahmeregelung fallen würden.
Es handelte sich daher um eine Mischbeladung von Gütern, die vom Fahrverbot ausgenommen seien und anderen Gütern. Eine Mischbeladung sei nicht erlaubt.
Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung gehe aus der Anzeige hervor und bestehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der in der Anzeige enthaltenen Daten zu zweifeln. Mangels Entlastungsbeweises sei hinsichtlich des Verschuldens gemäß § 5 Abs.1 VStG zumindest Fahrlässigkeit zu vermuten.
Im Rahmen der Strafbemessung führte die Verwaltungsbehörde aus, dass keine Umstände mildernd oder erschwerend gewertet worden seien Im Hinblick auf das geschätzten Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers (€ 1.000,- netto Monatseinkommen), sei die verhängte Geldstrafe angemessen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In seiner durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Beschwerde vom 02.06.2021 beantragte der Beschwerdeführer, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer einzustellen.
Begründend führte der Beschwerdeführer dazu zusammenfassend aus, dass die transportierte Ware von der Ausnahmeregelung des § 42 Abs. 3a StVO umfasst sei.
Ladegut sei Frischware gewesen. Transportiert worden seien frische Lebensmittel der C, nämlich Milch, Milchprodukte und Frischteige zur Belieferung des Frischedienstlagers der D AG und der E AG.
Der Kontrollbeamte habe in der Anzeige lediglich auf das Haltbarkeitsdatum von 6 transportierten Produkten verwiesen und sich am Begriff der „leicht verderblichen Lebensmittel“ orientiert. Der Passus „leicht verderbliche Lebensmittel“ sei im Zuge der Änderung der StVO, BGBl. I Nr. 116/2010, ausgegeben am 30.12.2010, in § 42 Abs. 3 StVO gestrichen worden und bestehe nach aktueller Rechtslage nicht mehr.
Der nunmehrige Ausnahmetatbestand bzw. der § 42 Abs. 3a StVO, in der geltenden Fassung, in seiner Gesamtheit sei weiter so zu sehen, da dieser dem Wortlaut folgend nun nicht mehr bloß auf die kurzfristige Genießbarkeit abstelle.
Der Beschwerdeführer sei unbescholten, es lägen keine Erschwerungsgründe vor, das Verhalten des Beschwerdeführers sei als geringfügige Verfehlung zu werten, die keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hätte. Im Hinblick auf die geringe Unwertgesamtheit sei eine Ermahnung gerechtfertigt.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 02.06.2021 legte die Verwaltungsbehörde den gesamten Verwaltungsstrafakt zur Zl. *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor, dies mit der Mitteilung, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beraumte für 21.03.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, welche nach ausdrücklichem schriftlichem Verzicht des Beschwerdeführers auf Durchführung einer Verhandlung mit Schriftsatz vom 11.03.2021 vom LVwG wieder abberaumt wurde.
Vom erkennenden Gericht wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zu ***.
4. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer A lenkte am Sonntag, den 22.11.2020, 21:11 Uhr, im Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. *** in Fahrtrichtung *** das Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** samt Sattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen *** mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, als dieser durch Beamte der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich einer Fahrzeugkontrolle unterzogen wurde.
In diesem Fahrzeug waren verschiedene Milchprodukte und Frischteige geladen, wobei sechs Produkt-Chargen Haltbarkeitsdaten zwischen dem 04.01.2021 und dem 25.02.2021 aufwiesen. Die Haltbarkeitsdaten wurden von den einschreitenden Beamten dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Lieferschein entnommen. Dieser Lieferschein bzw. Frachtbrief vom 19.11.2020 ist in Kopie auch im vorgelegten Strafakt enthalten.
5. Beweiswürdigung:
Festzuhalten ist zunächst, dass im Wesentlichen die Ausführungen des Beschwerdeführers mit dem unbedenklichen Akteninhalt in Einklang zu bringen und der festgestellte Sachverhalt demnach als unstrittig zu beurteilen ist.
Im Konkreten ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer am Sonntag, den 22.11.2020, um 21:11 Uhr, am Tatort das verfahrensgegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, es sich diesbezüglich um einen Lastkraftwagen bzw. um ein Sattelkraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t gehandelt hat und der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt durch Beamte der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich einer Fahrzeugkontrolle unterzogen wurde.
Unstrittig ist auch, dass zu diesem Zeitpunkt das Fahrzeug mit Milchprodukten und Frischteigen beladen war. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Anzeige bzw. dem vorgelegten Frachtbrief und wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Aus dem Inhalt der Anzeige ergibt sich zudem auch vom Beschwerdeführer unbestritten, dass eben sechs Chargen der geladenen Produkte ein Haltbarkeitsdatum von mehr als einem Monat aufwiesen, nämlich ein solches zwischen dem 04.01.2021 und dem 25.02.2021.
Dass nicht zuletzt diese Haltbarkeitsdaten den Lieferscheinen zu entnehmen waren, ergibt sich ebenso aus dem Inhalt der Anzeige und den damit korrespondierenden Ausführungen des Beschwerdeführers.
6. Rechtslage:
§ 42 Abs. 1, 2 und 3a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) lauten:
„(1) An Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr ist das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt.
(2) In der im Abs. 1 angeführten Zeit ist ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
(3a) Von den in Abs. 1 und 2 angeführten Verboten sind Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von frischem Obst und Gemüse, frischer Milch und frischen Milcherzeugnissen, frischem Fleisch und frischen Fleischerzeugnissen, frischem Fisch und frischen Fischerzeugnissen, lebenden Fischen, Eiern, frischen Pilzen, frischen Back- und Konditorwaren, frischen Kräutern als Topfpflanzen oder geschnitten, und von genussfertigen Lebensmittelzubereitungen dienen sowie damit verbundene Leerfahrten oder Rückfahrten zur Beförderung von Transporthilfsmitteln und Verpackungen der vorgenannten Gütergruppen. Bei der Beförderung ist ein Frachtbrief bzw. eine Ladeliste für die einzelnen Entladestellen mitzuführen und bei Kontrollen vorzuweisen. Der Status der Beladung (Menge) hat zu Beginn und während einer Beförderung jederzeit nachvollziehbar zu sein.“
§ 99 Abs. 2a StVO lautet:
„(2a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.“
§ 99 Abs. 2b StVO lautet:
„(2b) Wer als Lenker eines Fahrzeuges die in Abs. 2a genannte Verwaltungsübertretung innerhalb von 2 Stunden ab Beginn des jeweiligen Fahrverbotes begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.“
7. Erwägungen:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zunächst, dass der Beschwerdeführer ein Sattelkraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t zur Tatzeit, sohin an einem Sonntag zwischen 00.00 Uhr und 22.00 Uhr, auf einer Straße im Bundesgebiet lenkte, dies sohin entgegen des „Wochenendfahrverbotes“ gemäß § 42 Abs. 1 iVm Abs. 2 StVO.
Der Beschwerdeführer rechtfertigt dies jedoch primär damit, dass diese Fahrt unter Berücksichtigung der transportierten Ladung unter die Ausnahmebestimmung des
§ 42 Abs. 3a StVO falle. Eben diese Bestimmung nimmt – für das gegenständliche Verfahren relevant – Fahrten aus, die der Beförderung von frischer Milch und frischen Milcherzeugnissen dient.
Die Bestimmung des § 42 Abs. 3a ist mit 30.12.2010 (BGBl. 116/2010) in Kraft getreten. Die bis dahin in Geltung stehende Bestimmung des § 42 Abs. 3 StVO definierte die Ausnahmebestimmung in diesem Punkt als „Milch oder andere leicht verderbliche Lebensmittel“. Vom Gesetzgeber nicht näher definiert wurde, was unter „leicht verderbliche Lebensmittel“ in der Bestimmung des § 42 Abs. 3 StVO alter Fassung bzw. als „frische Milch und frische Milcherzeugnisse“ in der Bestimmung des § 42 Abs. 3a StVO in der geltenden Fassung zu verstehen sei.
Vom Verwaltungsgerichtshof wurde dazu noch unter Zugrundelegung des § 42 Abs. 3 StVO aF festgehalten, dass unter den Begriff „leicht verderbliche Lebensmittel“ dieser Bestimmung nur jene Güter fallen, deren Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren, Austrocknen usw. negativ beeinträchtigt werden kann. Wie das Wort „leicht“ bereits ausdrückt, fallen darunter naturgemäß nur solche Lebensmittel, deren Genießbarkeit bloß kurzfristig erhalten bleibt (VwGH 2004/02/0271).
Aus der Begründung des parlamentarischen Initiativantrages, Nr. 1321/A (XXIV. GP), ergibt sich, dass die Genießbarkeit von Lebensmitteln durch Verfaulen, Frieren oder Austrocknen beeinträchtigt wird. Regelungszweck der Bestimmung des § 42 Abs. 3a StVO idgF soll sein, dass unter Berücksichtigung der Gesamtkette „Produktion“ - „Veredelung“ - „Verteilung“ - „Verzehr“ Lebensmittel angeboten werden können, deren Genießbarkeit sonst nicht mehr gegeben ist. Lebensmittel, die in Form von Konservendosen oder einer nach einer zugelassenen Konservierungsmethode in verschiedenen Verpackungsformen (z.B. Glas, Kunststoff, Karton etc.) angeboten werden und deren Haltbarkeit mehr als ein Monat beträgt, sollen nicht unter diese Regelung fallen.
Nach den Gesetzesmaterialien (1020 Blg. XXIV.GP) besteht der Zweck der Ausnahme gemäß § 42 Abs 3a StVO 1960 idF BGBl. I Nr. 116/2010 vom Wochenendfahrverbot darin, Lebensmittel zur Verarbeitung, zum Vertrieb oder zum Verzehr anbieten zu können, die ohne diese Ausnahme wegen ihrer besonders schnellen Verderblichkeit nicht mehr weiterverarbeitet, verteilt oder verzehrt werden könnten, weil sie ungenießbar geworden sind. Wäre also die Genießbarkeit von Lebensmitteln nicht mehr gegeben, wenn sie während eines Zeitraums, der dem Wochenendfahrverbot entspricht (Samstag 15:00 Uhr bis Sonntag 22:00 Uhr bzw. an gesetzlichen Feiertagen von 00:00 Uhr bis 22:00 Uhr), nicht zur Produktion, zur Veredelung, zur Verteilung oder zum Verzehr transportiert werden könnten, die Lebensmittel also ohne Transport während dieser Zeit nicht mehr verarbeitet, verteilt oder verzehrt werden könnten, handelt es sich um Lebensmittel, die von der Ausnahme gemäß § 42 Abs. 3a StVO umfasst sind.
Jedenfalls nicht umfasst sind nach den Materialien konservierte Lebensmittel (vgl. VwGH Ra 2016/02/0085). Demnach handelt es sich (nur) dann um Lebensmittel, die von der gesetzlichen Ausnahme des § 42 Abs. 3a StVO umfasst sind, wenn deren Genießbarkeit nicht mehr gegeben wäre, würden sie ohne Transport während des jeweiligen Wochenendfahrverbotes nicht mehr verarbeitet, verteilt oder verzehrt werden können.
Produkte, die vom Tatzeitpunkt an gerechnet noch ein Mindesthaltbarkeitsdatum von mehr als einem Monat aufweisen, sind nicht umfasst (vgl. VwGH Ro 2016/02/0005).
Von der Rechtsprechung zu § 42 Abs. 3 StVO, wonach der Gesetzeswortlaut ("ausschließlich") für eine zulässige "Mitbeförderung" (von nicht der Ausnahme vom Wochenendfahrverbot unterliegenden Produkten mit solchen, welche der in Rede stehenden gesetzlichen Ausnahme unterliegen), keinen Raum lässt, abzugehen, bietet der vorliegende Fall im Hinblick auf die diesbezüglich gleichlautende Formulierung in § 42 Abs. 3a StVO geltende Fassung, keinen Anlass.
Aus der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum § 42 Abs. 3 StVO aF, aus den rechtlichen Bestimmungen selbst, aus dem parlamentarischen Initiativantrag und aus dem Ausschussbericht ergibt sich, dass die Ausnahmebestimmungen des § 42 Abs. 3 StVO aF genauso wie des § 42 Abs. 3a StVO in der geltenden Fassung nur Beförderungen von den Verboten des Abs. 1 und des Abs. 2 ausnimmt, die ausschließlich der Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel oder der eben im § 42 Abs. 3a StVO in der geltenden Fassung genannten Lebensmittel betrifft.
Andererseits geht auch daraus (insbesondere aus den o.a. Gesetzesmaterialien) eindeutig hervor, dass bei einer Haltbarkeit von mehr als einem Monat die Ausnahmeregelung des § 42 Abs. 3a StVO eben nicht zur Anwendung kommen soll.
Da sich aus dem festgestellten Sachverhalt nunmehr jedoch ergibt, dass die vom Beschwerdeführer transportierten Erzeugnisse zumindest teilweise ein Haltbarkeitsdatum von mehr als einem Monat nach dem Tatzeitpunkt aufwiesen, sind diese nicht unter die Definition „frische Milch und frische Milcherzeugnisse“ des § 42 Abs. 3a StVO zu subsumieren.
Unter Bezugnahme darauf, dass sich nun aus dem festgestellten Sachverhalt jedoch ebenso ergibt, dass ein Großteil der transportierten Ware frische Milch und frische Milcherzeugnisse waren, ist festzuhalten, dass sich aus der gesetzlichen Bestimmung des § 42 Abs. 3a StVO in eindeutiger Weise ergibt, dass nur dann die Ausnahmebestimmung greift, wenn ausschließlich die Fahrt der Beförderung von unter diese Ausnahmebestimmung fallenden Produkte dient. Es besteht somit für eine zulässige „Mitbeförderung“ von anderen Gütern von Vornherein kein Raum, sodass es auch weder auf die Quantität derselben noch auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit (oder beides kumulativ) ankommt (siehe VwGH 2007/02/0012).
Zusammenfassend hat somit der Beschwerdeführer das objektive Tatbild des § 42 Abs. 2 StVO erfüllt.
Bei eben dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, wonach sohin zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand eine Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Der Beschwerdeführer konnte nun im gesamten Verfahr nicht glaubhaft machen, dass ihn der Verwirklichung des objektiven Tatbildes der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.
Selbst wenn die Beladung nicht durch den Beschwerdeführer selbst erfolgte sein sollte, war doch vom Beschwerdeführer durch bloße Einsichtnahme in die Lieferscheine zu erkennen, dass ein Teil der Ladung ein Haltbarkeitsdatum von mehr als einem Monat aufgewiesen hat. Zudem müssen dem Beschwerdeführer als Berufskraftfahrer die maßgeblichen Bestimmungen hinsichtlich des „Wochenendfahrverbotes“ bekannt sein. Demnach war dem Beschwerdeführer auch sehr wohl die Einhaltung dieser Bestimmungen zumutbar.
Insgesamt ist somit von zumindest ahrlässigem Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen und dem Beschwerdeführer daher auch subjektiv die Übertretung vorzuwerfen.
8. Zur Strafhöhe:
Das „Wochenendfahrverbot“ des § 42 Abs. 1 und 2 StVO dient insbesondere der Verkehrssicherheit und der Lärmvermeidung. Angesichts der besonderen Verkehrsdichte an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen würde der Verkehr von Lastkraftwagen an diesen Tagen vor allem wesentlich zu Kolonnenbildungen beitragen (VwGH 2004/02/0271).
Die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind somit erheblich.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde allerdings von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
§ 45 Abs. 1 Z.4 VStG stellt dabei nicht nur auf die konkrete Tat, sondern außerdem auf die abstrakte Bedeutung des Rechtsgutes ab. Eine Einstellung oder Ermahnung scheidet demzufolge – wie im gegenständlichen Fall - von Vorneherein aus, wenn das geschützte Rechtsgut bedeutsam ist, mag es im konkreten Fall auch kaum beeinträchtigt worden sein.
Von der Verwaltungsbehörde wurde die Strafe unter Zugrundelegung des § 99 Abs. 2b StVO verhängt. Der Tatbestand dieser Strafnorm („Verwaltungsübertretung innerhalb von 2 Stunden ab Beginn des jeweiligen Fahrverbotes“) ist jedoch im Hinblick auf die festgestellte Tatzeit nicht erfüllt.
Eine Bestrafung kann daher nur auf der Grundlage des § 99 Abs. 2a StVO erfolgen.
Demnach ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.
Bei der Strafbemessung sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (in sinngemäßer Anwendung der §§ 32 bis 35 StGB), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und kommt dem Ausmaß des Verschuldens zentrale Bedeutung zu. Schließlich haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in der Strafbemessung Berücksichtigung zu finden (§ 19 Abs. 2 VStG).
Im Hinblick darauf, dass die von der Verwaltungsbehörde angenommenen Verhältnisse im Verfahren vom Beschwerdeführer nicht beanstandet wurden, kann von den diesbezüglichen Annahmen (Einkommen von € 1.000,-) ausgegangen werden. Mildernd war die – im Straferkenntnis nicht berücksichtigte - bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, erschwerend dagegen nichts zu werten. Bei der nunmehr festgesetzten Geld- und der als adäquat dazu zu sehenden Ersatzfreiheitsstrafe sind die Strafbemessungsgründe sowie die allseitigen Verhältnisse bereits im bestmöglichen Ausmaß zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt, stellt doch die festgesetzte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe unter Zugrundelegung des § 99 Abs. 2a StVO dar.
Auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 20 VStG liegen nicht vor, kann doch von einem beträchtlichen Überwiegen von Milderungsgründen gegenüber den Erschwerungsgründen keine Rede sein. Ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe durch außerordentliche Strafmilderung kommt daher ebenfalls nicht in Betracht.
Die festgesetzte Strafe erscheint somit tat-, täter- und schuldangemessen.
Zudem erscheint die festgesetzte Strafe in dieser Höhe – gerade noch – geeignet, um dem Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt seiner Taten vor Augen zu führen und ihn in Hinkunft von einem gleichartigen, auf derselben schädlichen Neigung beruhenden Verhalten abzuhalten. Gleichzeitig ist die verhängte Strafe gerade noch hoch genug, um auch generalpräventive Wirkung zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
9. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Fahrverbot; Ausnahme;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.1365.001.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2022