Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
LuftfahrtG 1958 §44 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. April 1994, Zl. VwSen - 120014/15/Br, betreffend Übertretung des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe am 17. Oktober 1992 mit dem Luftfahrzeug N 61 ST, Type Cessna 172, auf dem Flughafen Wels als Fluglehrer Grundschulungsflüge außerhalb einer österreichischen Zivilluftfahrerschule durchgeführt, wobei in der Zeit von 10:11 Uhr bis 11:03 Uhr und von 13:55 Uhr bis 14:18 Uhr S D (15 Platzrunden) und in der Zeit von 11:35 Uhr bis 12:33 Uhr R T (10 Platzrunden) als Flugschüler fungiert hätten. Er habe dadurch eine Übertretung des § 42 Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957 (LFG), in Verbindung mit § 146 Abs. 1 leg. cit. begangen, wofür eine Geldstrafe in Höhe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 LFG ist ein Übungsbereich ein allseits umgrenzter Luftraum, in dem die Führung von Luftfahrzeugen im Fluge durch Personen zulässig ist, die nicht Inhaber des hiefür erforderlichen Luftfahrerscheines (§ 29) sind. Zur Führung von Luftfahrzeugen im Fluge durch Personen, die nicht Inhaber des hiefür grundsätzlich erforderlichen Luftfahrerscheines sind, innerhalb von Übungsbereichen allein an Bord bzw. außerhalb von Übungsbereichen in Form von Übungsflügen mit einem Zivilfluglehrer am Doppelsteuer berechtigt gemäß § 14 Abs. 1 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung, BGBl. Nr. 219/1958, der (österreichische) Flugschülerausweis (vgl. Halbmayer/Wiesenwasser, Anm. 4 zu § 7 LFG).
Gemäß § 42 Satz 1 LFG ist die Ausbildung von Zivilluftfahrern nur im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen zulässig. Gemäß § 42 Satz 2 LFG ist zur Führung von Zivilluftfahrerschulen eine Ausbildungsbewilligung erforderlich. Gemäß § 44 Abs. 1 LFG darf der Betrieb einer Zivilluftfahrerschule erst aufgenommen werden, wenn eine Betriebsaufnahmebewilligung vorliegt; gemäß § 44 Abs. 2 LFG zählt zu den Voraussetzungen einer derartigen Bewilligung, daß die für den Schulbetrieb erforderlichen und geeigneten Zivilfluglehrer zur Verfügung stehen. Gemäß § 47 Abs. 1 LFG ist zur Betätigung als Zivilfluglehrer eine Erlaubnis (Zivilfluglehrerdiplom) erforderlich. Gemäß § 51 LFG bedürfen Personen, die sich der Ausbildung zum Zivilluftfahrer unterziehen wollen, für die praktische Ausbildung an Bord eines Luftfahrzeuges im Fluge einer Erlaubnis.
Im Rahmen der vorstehend genannten Regelungen ist in Österreich die Ausbildung zum Zivilluftfahrer zulässig. Aus diesen Regelungen ergibt sich, daß - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - in Österreich jedenfalls die praktische Ausbildung zum Zivilluftfahrer nicht außerhalb des vom LFG vorgesehenen Ausbildungssystems zulässig ist. Aus diesem Grunde ist jede praktische Ausbildung zum Zivilluftfahrer in Österreich nur im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen erlaubt.
Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht angenommen habe, er hätte im Luftfahrzeug der Type Cessna 172 mit S D und R T Flüge durchgeführt, die objektiv dem Charakter einer Schulung gehabt hätten und somit einem Ausbildungszweck gedient hätten. In Wahrheit hätte der Beschwerdeführer diesen beiden Personen nur Informationen über die Erlangung einer Luftfahrtausbildung in den USA erteilt und ihnen gezeigt, in welcher Form diese Ausbildung in den USA stattfinden werde. Dies habe er in Form der ihm nunmehr vorgeworfenen Flüge demonstriert. Eine derartige Demonstration könne nicht als Ausbildung verstanden werden, da sie keinerlei Ausbildungszweck habe. Der alleinige Zweck der Flüge sei die Erteilung einer entsprechenden Information gewesen. Die entgegenstehenden Feststellungen der belangten Behörde seien durch keinerlei Zeugenaussagen belegt.
In der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde sagte der Polizeibeamte C als Zeuge aus, der Beschwerdeführer sei vor Flugantritt mit den beiden Begleitern (R T und S D) zu ihm (Flugsicherungshilfsstelle) gekommen und habe den Flug als Schulflug angemeldet. C habe nicht gewußt, ob der Beschwerdeführer Lehrer sei, und habe daher im Zuge der luftfahrtbehördlichen Abfertigung die Vorlage seiner Papiere verlangt. Der Beschwerdeführer habe daraufhin seinen amerikanischen Pilotenschein vorgelegt und die Flugschülerausweise der beiden Flugschüler. Da es sich um amerikanische Scheine gehandelt habe, die der Zeuge nicht kenne, habe er sie kopiert. Der Beschwerdeführer sei sodann mit dem Flugzeug gestartet. Er habe in der Folge per Funk um Rollanweisung hereingerufen und angegeben, wer der Lehrer und wer der Schüler sei. Diese Angaben habe der Zeuge in der Abflug- und Landeliste festgehalten. Nach zehn Platzrunden sei das Luftfahrzeug wieder auf die Abstellfläche zurückgerollt. Ca. eine halbe Stunde später habe der Beschwerdeführer über Funk den nächsten Schüler angemeldet und in diesem Zusammenhang den anderen Schüler, nämlich die Frau, angeführt. Nach weiteren 20 Minuten sei abermals eine zwanzigminütige "Session" von S D geflogen worden. Nach den Aufzeichnungen des Zeugen habe zunächst S D 10 Platzrunden, sodann R T weitere 10 Platzrunden und schließlich wiederum S D fünf Platzrunden geflogen. S D sagte bei der Berufungsverhandlung als Zeuge im wesentlichen aus, es sei zu den Flügen gekommen, weil er sich die Sache einmal anschauen habe wollen. Über Details der Fluganmeldung könne er sich nicht mehr erinnern. Er sei jedenfalls eine Runde mit dem Flugzeug mitgeflogen, es könnten auch mehrere Platzrunden gewesen sein. Er sei links gesessen. Er habe das Steuer halten dürfen, den Gashebel aber nicht angerührt. Er habe Fragen gestellt, wie dieses und jenes funktioniere. Es könne sein, daß auch einmal ein "touch and go" dabeigewesen sei; es sei ihm aber nicht mehr erinnerlich, wie die Flüge damals abgelaufen seien. Es könne sein, daß am Schluß darüber gesprochen worden sei, den Flug als Schulflug anzumelden, damit die Landegebühr sich verbillige. R T gab als Zeugin im wesentlichen an, sie könne sich nicht mehr erinnern, wohin damals der Flug gegangen sei. Sie könne auch nicht mehr sagen, wie viele Flüge es gewesen seien und ob sich diese nur im Platzrundenbereich gehalten hätten. Sie wisse nicht mehr, an welcher Stelle der Beschwerdeführer und an welcher Stelle S D gesessen sei. Ob S D die Kontrolle über das Luftfahrzeug wenigstens teilweise übernommen habe, könne sie auch nicht mehr sagen.
Die belangte Behörde hat als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer am 17. Oktober 1992 mit dem Luftfahrzeug der Type Cessna 172 insgesamt 25 Flüge vom Flugplatz Wels aus durchgeführt habe. Das genannte Flugzeug sei mit einem sogenannten "Doppelsteuer" ausgerüstet. Die Flugüberwachungsinstrumente seien linksseitig angeordnet, rechtsseitig befänden sich die Motorüberwachungsinstrumente. Der Beschwerdeführer sei Inhaber einer amerikanischen Zivilluftfahrerberechtigung. Mit R T und S D sei die Zusammenkunft in Wels zwecks Durchführung dieser Flüge geplant gewesen. Bevor die Flüge mit dem in Wels hangarierten und vom Beschwerdeführer gemieteten Luftfahrzeug gestartet worden seien, habe der Beschwerdeführer bei der Flugsicherungshilfsstelle Wels Grundschulungsflüge angemeldet und diesbezüglich über Verlangen auch die amerikanischen Flugschülerausweise von R T und S D dem diensthabenden Beamten der Flugsicherungshilfsstelle Wels (Gruppeninspektor C) vorgewiesen. Nach der flugbetrieblichen Abfertigung habe der Beschwerdeführer zuerst mit S D, welcher am linken Pilotensitz gesessen sei, 10 Platzrunden mit sogenannten "touch and go landings" (Platzrunde mit anschließender Landung, wobei mit dem Luftfahrzeug, ohne die Piste zu verlassen und die Landebewegung zu beenden, sogleich wieder in die Startbewegung und den Abflug übergegangen werde) durchgeführt. S D habe dabei wenigstens teilweise das Flugzeug gesteuert und sich mit diversen Funktionen eines Luftfahrzeuges im Fluge vertraut gemacht. Nach zehn derartigen "touch and go"s" sei mit dem Luftfahrzeug auf die Abstellfläche des Flugplatzes Wels zurückgerollt worden. Etwa eine halbe Stunde später seien zehn derartige Flüge mit R T und sodann weitere fünf wiederum mit S D durchgeführt worden. Der Flugverkehr sei in der bei einer Schulung üblichen Form unter namentlicher Nennung des jeweiligen Flugschülers abgewickelt worden. Diesen Flügen sei daher der Charakter einer Schulung mit der Aneignung von fliegerischen Fertigkeiten hinsichtlich der damaligen Pilotenlizenzanwärter S D und R T zugekommen. Seit 1993 seien S D und R T Inhaber einer amerikanischen Privatpilotenlizenz. Die belangte Behörde stützte dieses Beweisergebnis vor allem auf die Angaben des Zeugen Gruppeninspektor C, die in sich widerspruchsfrei seien und sich mit den im Akt befindlichen Unterlagen deckten. Zudem habe der Zeuge S D eingeräumt, daß er das Flugzeug auch gesteuert habe. Im übrigen würde es der Verkehrspraxis widersprechen, daß ein grundsätzliches Kennenlernen des Fliegens für einen Interessierten in Form einer so großen Zahl von Platzrunden erfolgen würde und der Passagier anläßlich eines derartigen Fluges auf der linken Seite sässe, welche doch - mit Ausnahme bei Schulungs-, Übungs-, Checkflügen und dergleichen - vom verantwortlichen Piloten eingenommen werde. Ferner ergebe sich ein weiterer schlüssiger Hinweis für eine beabsichtigt gewesene Schulung auch daraus, daß einerseits ein Schulflug bei der Flugsicherungshilfsstelle angemeldet worden sei und andererseits die nach den jeweiligen Flugschülerwechseln eingeschobenen Pausen wohl für eine Nachbesprechung mit den Flugschülern genützt worden seien. Es sei unglaubwürdig, daß die Zeugin R T sich gleichsam an überhaupt nichts mehr erinnern könne. Ein nahezu völliges Vergessen von 25 Starts und Landungen am Flugplatz Wels könne die belangte Behörde nicht nachvollziehen. Tatsache sei, daß Frau R T seinerzeit im Besitz eines Flugschülerausweises gewesen sei. Bei bloßen Rundflügen sei es nach Ansicht der belangten Behörde undenkbar, daß einem Passagier das Steuer eines Flugzeuges überlassen würde.
Das Beschwerdevorbringen vermag Zweifel an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht zu erwecken. Es besteht im wesentlichen darin, aus den Aussagen der Zeugen S D und R T ergebe sich, daß ein Flug mit einem Ausbildungszweck nicht stattgefunden habe; dieses Vorbringen berücksichtigt aber weder die Aussage des Zeugen C noch den Umstand, daß der Zeuge S D nach eigener Aussage das Steuer des Flugzeuges gehalten habe.
In der Beschwerde wird weiters - wie bereits im Verwaltungsverfahren - vorgebracht, der Beschwerdeführer habe von dem in Österreich bestehenden "Schulzwang" keine Kenntnis gehabt; es wird somit ein Verbotsirrtum geltend gemacht. Diesem Vorbringen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht entgegengehalten, daß, wer in Österreich eine Unterrichtstätigkeit auf dem Gebiet des Zivilflugwesens entfaltet, sich über die einschlägigen in Österreich geltenden Bestimmungen hiezu zu informieren hat, sodaß ein allfälliger Rechtsirrtum nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG unverschuldet ist. In diesem Zusammenhang ist es nicht relevant, ob der Polizeibeamte C eine entsprechende Rechtskenntnis gehabt hätte oder nicht, zumal dieser nicht praktischen Flugunterricht erteilt hat.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, im Falle der Vernehmung der weiteren von ihm beantragten Zeugen wäre hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer von den Behörden die Auskunft erhalten habe, daß eine Schulung mit einem amerikanischen Luftfahrzeug zur Erlangung eines amerikanischen Luftfahrerscheines zulässig gewesen wäre. Zu Recht verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine derartige Auskunftserteilung nicht behauptet hat, diese somit einerseits nicht Beweisthema in bezug auf die beantragten Zeugeneinvernahmen gewesen ist und sich andererseits aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes als unbeachtliches Sachverhaltsvorbringen erweist. Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen, daß die Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen das sich aus § 42 Satz 1 LFG ergebende Gebot der Ausbildung im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen, nicht aber wegen der Verwendung eines bestimmten Luftfahrzeuges erfolgt ist.
Soweit der Beschwerdeführer als Verfahrensfehler rügt, daß im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung die
"A Gesellschaft m.b.H." unberechtigterweise Fragen an den Beschwerdeführer gestellt habe, genügt es darauf hinzuweisen, daß die Beschwerde die Relevanz eines allfälligen Verfahrensfehlers nicht dartut.
In Anbetracht des von § 146 Abs. 1 LFG vorgegebenen Strafrahmens (300.000,-- S) vermag die Beschwerde auch nicht aufzuzeigen, daß die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Strafbemessung nicht dem Gesetz entspreche.
Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994030124.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
23.10.2015