TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/30 LVwG-2018/44/0232-31

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2022
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.09.2022

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §41
  1. WRG 1959 § 41 heute
  2. WRG 1959 § 41 gültig ab 01.10.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  3. WRG 1959 § 41 gültig von 01.07.1990 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt bzw fasst durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerden (1.) der AA und des BB, beide Adresse 1, **** Z, vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 2, **** Y, (2.) des DD, Adresse 3, **** Z, (3.) der EE, des FF und der GG, Adresse 4, **** Z, sowie (4.) des JJ, Adresse 4, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.12.2017, Zahl ***, betreffend der wasser-, forst- und naturschutzrechtlichen Bewilligung eines Schutz- und Regulierungswasserbaus (Konsenswerberin: Gemeinde Z), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

I.

zu Recht:

1.       Den Beschwerden der AA, des BB, der EE, des FF und des JJ gegen die wasserrechtliche Bewilligung wird insofern Folge gegeben, als das Vorhaben auf den Grundstücken **1, **2, **3, **4, **5, **6, **7, **8, **9, **10, **11, **12, KG Z, nach Maßgabe der signierten Projektänderung vom 04.04.2019, Projekt Nr ***, bewilligt wird.

2.       Für diese Projektänderung werden folgende zusätzliche Nebenbestimmungen vorgeschrieben:

1.) Die Gewässersohle ist so auszuführen, dass auf einer Seite eine 15 cm tiefe Wasserrinne als Fischlebensraum erhalten bleibt.

2.) Vor Beginn der Bauarbeiten auf den Grundstücken Nr **4 und **5 hat die Konsensinhaberin mit den Eigentümern dieser Grundstücke und dem bauausführenden Unternehmen eine Baubesprechung durchzuführen, in der die Neigung der Ufermauer zu fixieren ist. Sofern es die Platzverhältnisse auf diesen zwei Grundstücken zulassen, ist eine Neigung von unter 1:1 ausführen und in diesen Abschnitten die Grobsteinschlichtung abweichend von der Nebenbestimmung D/II/13 nicht in Beton, sondern in Trockenbauweise auszuführen.

3.) Die bisher über den Bach führende Zufahrt zum Grundstück Nr **5 muss erhalten bleiben oder gleichwertig wiedererrichtet werden. Während der Bauarbeiten ist als Ersatz zumindest ein kinderwagentauglicher Zugang sicherzustellen.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II.

den Beschluss:

1.       Die Beschwerden der GG und des DD gegen den angefochtenen Bescheid werden als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Die übrigen Beschwerden gegen die forst- und naturschutzrechtliche Bewilligung in den Spruchpunkten B und C des angefochtenen Bescheides werden als unzulässig zurückgewiesen.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Gemeinde die wasser-, forst- und naturschutzrechtliche Bewilligung für den Schutz- und Regulierungswasserbau „Projekt KK“ erteilt. Für diese bewilligte Verbauungsmaßnahme ist unter anderem die Inanspruchnahme

1.     des Grundstücks Nr **7, KG Z, von AA und BB,

2.     des Grundstücks Nr **4, KG Z, von DD sowie

3.     des Grundstücks Nr **5, KG Z, von EE, FF und JJ

erforderlich.

Gegen die Bewilligung wurden folgende Rechtsmittel erhoben:

1.     AA und BB haben zusammengefasst vorgebracht, dass der Inhalt des angefochtenen Bescheides nicht mit dem Dienstbarkeitsvertrag vom 04.04.2017 (abgeschlossen zwischen ihnen und der Konsenswerberin) übereinstimme. Mit diesem Dienstbarkeitsvertrag hätten sie nicht den bewilligten, sondern anderen Maßnahmen zugestimmt. Obwohl sich die Konsenswerberin verpflichtet habe, ihren wasserrechtlichen Antrag entsprechend dieser Dienstbarkeitsvereinbarung abzuändern, finde sich davon im angefochtenen Bescheid nichts. Dem bewilligten Vorhaben fehle daher ihre Zustimmung als betroffene Grundeigentümer. Sie haben daher beantragt, das Bewilligungsansuchen zurück- bzw abzuweisen; in eventu den Bescheid um die Inhalte des abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrages vom 04.04.2017 zu ergänzen.

2.     DD hat zusammengefasst vorgebracht, dass er über eine Dienstbarkeit zur Erreichung des LLbachs über das Gst Nr **5 verfüge. Dieser Bachzugang sei ihm aufgrund des beantragten Vorhabens nicht mehr gefahrenfrei möglich. Der ihn betreffende Abschnitt sei so breit wie möglich und mit flacher Böschung bzw mit Stufen auszuführen, sodass das Fließgewässer bei Niedrigwasser gefahrenfrei auch von der orographisch linken Seite aus betreten werden könne. Außerdem sei die Bachverbauung so fischfreundlich wie möglich auszuführen.

3.     GG, FF und EE haben zusammengefasst vorgebracht, dass im Bereich der Gste Nr **13, **4, und **5 entgegen der Nebenbestimmung D/II/13 des angefochtenen Bescheides („Das grobgeschlichtete Trapezprofil des Ortsgerinnes ist als in Beton verlegter Grobsteinschlichtung zu errichten“) eine Grobsteinschlichtung ohne Beton zugesagt worden sei.

4.     JJ hat zusammengefasst vorgebracht, dass entgegen der Nebenbestimmung D/II/13 immer von einer Grobsteinschlichtung ohne Beton die Rede gewesen sei. Es sei auch nicht klar, wie mit seiner Zufahrt (Brücke) während und nach den Bauarbeiten umgegangen werde. Aus dem Bescheid gehe auch nicht hervor, wie mit den zahlreichen Fischen im Bach umgegangen werde; diese Lebewesen seien zu schützen.

Nach mehreren Projektänderungen vor dem Landesverwaltungsgericht stellt die „Projektänderung 07.03.2018“ den letzten Antragsgegenstand im vorliegenden Verfahren dar. Diese Projektänderung berührt die Grundstücke **1, **2, **3, **4, **5, **6, **7, **8, **9, **10, **11, **12, KG Z. Die Gemeinde hat schriftliche Zustimmungserklärungen sämtlicher betroffenen Grundeigentümer vorgelegt. Am 08.08.2022 hat das Landesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der wildbachtechnische Sachverständige hat erklärt, dass keine Einwände gegen das Änderungsprojekt bestehen. Auch die Beschwerdeführer haben keine Einwände erhoben. DD, FF und JJ haben jedoch die unter Spruchpunkt I/2 vorgeschriebenen Auflagen gefordert.

II.      Erwägungen:

Teilweise wird das beantragte Vorhaben auf Grundstücken der Beschwerdeführer ausgeführt. In der mündlichen Verhandlung der Wasserrechtsbehörde habe sie ihre Zustimmung zur Grundinanspruchnahme an bestimmte Bedingungen gebunden (geänderte Bauplanung, Abschluss von Dienstbarkeitsvereinbarungen). Sie haben damit im wasserrechtlichen Verfahren zulässige und rechtzeitige Einwendung erhoben, weshalb keine Präklusion iSd § 42 Abs 1 AVG eingetreten ist. Außerdem lag dem damals verhandlungsgegenständlichen Projekt eine Ufersicherung mit „trocken verlegten Wasserbausteinen“ zugrunde, während gemäß dem angefochtenen Bescheid eine in Beton verlegte Grobsteinschlichtung zu errichten ist. Nunmehr liegt mit der „Projektänderung 07.03.2018“ eine Planung vor, der alle Beteiligten und der Amtssachverständige zugestimmt haben.

Auch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist gemäß § 13 Abs 8 AVG grundsätzlich jederzeit eine Antragsänderung zulässig. Da auf den Grundstücken der Beschwerdeführer nunmehr eine einvernehmliche Planung gefunden wurde und auch alle sonst Betroffenen zugestimmt haben, ist die wasserrechtliche Bewilligung abzuändern.

Zur Beschwerde des DD ist festzuhalten, dass er in seinem Rechtsmittel die Beeinträchtigung einer Wegdienstbarkeit geltend gemacht hat. Der angefochtene Bescheid spricht hinsichtlich dieser Dienstbarkeit jedoch keine Duldungspflicht aus, sodass sich daraus auch keine Parteistellung ableiten lässt (VwGH 27.05.2003, 2002/07/0100). Weiters hat DD den Schutz des Fischbestandes geltend gemacht. Da er aber kein betroffener Fischereiberechtigter ist, kann er keine Maßnahmen zum Schutz der Fischerei iSd § 15 Abs 1 WRG 1959 begehren. Mit seiner Beschwerde macht er somit keine subjektiv-öffentlichen Rechte geltend, weshalb sie zurückzuweisen ist.

Auch die Beschwerde der GG ist zurückzuweisen. In ihrem Rechtsmittel hat sie im Wesentlichen vorgebracht, dass im Bereich der Gste Nr **13, **4, und **5 eine Grobsteinschlichtung in Beton bewilligt worden sei, obwohl eine Grobsteinschlichtung ohne Beton zugesagt worden sei. Das Gst Nr **13 wurde im Jahr 2016 dem Gst Nr **5 angeschlossen und existiert nicht mehr. GG ist weder Eigentümerin der Gste Nr **4 und **5, noch scheint sie als Adressatin des angefochtenen Bescheides auf. Es findet somit keine Berührung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte statt.

Zur Bewilligung nach dem TNSchG 2005 ist klarzustellen, dass den Grundeigentümern aus dem naturschutzrechtlichen Bescheid keine öffentlich-rechtlichen Duldungspflichten erwachsen. Die Möglichkeit zivilrechtlicher Gegenwehr wird durch die öffentlich-rechtliche Bewilligung in keiner Weise berührt oder gar ausgeschlossen. Den Beschwerdeführern kommt somit im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zu, weshalb ihre diesbezüglichen Rechtsmittel mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen sind (VwGH 22.04.2015, 2012/10/0016).

Mit dem angefochtenen Bescheid werden weder Rodungen auf den Grundstücken der Beschwerdeführer, noch Rodungen auf ihren Nachbargrundstücken bewilligt. Gemäß § 19 Forstgesetz 1975 kommt ihnen somit im forstrechtlichen Verfahren keine Parteistellung zu. Ihre Rechtsmitte gegen die Rodungsbewilligung sind daher ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen.

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Schutz- und Regulierungswasserbau
Projektänderung
zusätzliche Nebenbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2018.44.0232.31

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten