TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/25 92/10/0046

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Veröffentlicht am 25.03.1996
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Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
NatSchG Tir 1975 §13 Abs2;
NatSchG Tir 1975 §13 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Tauernkraftwerke AG in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Juli 1991, Zl. U-11.180/53, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 7. September 1989 ersuchte die beschwerdeführende Partei unter Vorlage von Projektsunterlagen um die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für verschiedene Baumaßnahmen am Kraftwerk Gerlos. So seien an der im Jahre 1943 errichteten Sperre Gmünd verschiedene Sanierungsmaßnahmen erforderlich geworden. Dabei sei unter anderem beabsichtigt, die als Gewölbemauer errichtete Sperre in eine Schwergewichtsmauer umzubauen. Zu diesem Zweck solle in erster Linie die 1964 errichtete Verstärkung der Sperre aufbetoniert werden. Als weitere Maßnahmen seien die Erneuerung des Grundablasses, eine Verbesserung des Hochwasserüberfalles und die Errichtung eines Tosbeckens vorgesehen. Gleichzeitig mit dem Umbau der Sperre solle auch das Stauziel von derzeit Kote 1190,23 m um 1,02 m auf Kote 1191,25 m angehoben werden. Diese Maßnahmen seien auch beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (Oberste Wasserrechtsbehörde) zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereicht worden. Ein Teil der vorgesehenen Maßnahmen solle im Gewässerschutzbereich des Stausees Gmünd bzw. des Gerlosbaches durchgeführt werden. Im Bereich des Stausees Gmünd seien vor allem Geländeaufschüttungen im Stauwurzelbereich vorgesehen. Im Bereich des Gerlosbaches seien Maßnahmen zur Hangsicherung und die Errichtung eines Tosbeckens geplant.

Dem Antrag waren ein technischer Bericht sowie mehrere Detailpläne (Anlagen C 1 bis 16) angeschlossen.

Die belangte Behörde holte zunächst einen naturschutzfachlichen Befund samt Gutachten ein. Danach wurde gegen die geplanten Baumaßnahmen und Schüttungen kein Einwand erhoben, sofern eine völlige Begrünung der Flächen sichergestellt und sämtliche Bauabfälle nach Bauabschluß entfernt würden.

Der Amtssachverständige für Limnologie erstattete mit Datum 29. Jänner 1990 ein Gutachten, wonach sich bei der Errichtung der Sperre Gmünd keine weiteren Veränderungen oder Belastungen des Gerlosbaches ergäben als die bisher schon vorhandenen. Um die Vernichtung oder schwere Schädigung der Bodentierwelt des Resteinzugsgebietes bzw. die jährlich öfter auftretenden Wasserschwälle zu mildern, seien aus der Sicht der Limnologie folgende Vorschreibungen notwendig, bei deren Einhaltung keine weiteren nachhaltigen Schädigungen der Lebenswelt des Gerlosbaches eintreten würden: 1. Während der Bauzeit an der Sperre dürften keine durch die Bauarbeiten verunreinigte Wässer in den Gerlosbach gelangen. 2. Ferner sei das Tosbecken in seiner Dimension so zu gestalten, daß bei auftretenden Spülungen oder Wasserschwällen ein Teil des mitgeführten Materials sich im Becken absetze und der auftretende Spülschwall zurückgehalten und langsam aus dem Becken abgegeben werde.

Aus einem Aktenvermerk vom 9. März 1990 ist ersichtlich, daß die Errichtung eines Tos- und zugleich Schwallschutzbeckens aus der Sicht der Limnologie notwendig erscheine, um bei den jährlich notwendigen Spülungen des Speichers Gmünd das "Ausräumen" des Gerlosbaches durch eine Vergleichmäßigung der Spülschwälle zu verhindern. Da das im Plan dargestellte Tosbecken flußaufwärts des Spülstollens zu liegen komme, könne es die Funktion der Vergleichmäßigung der Spülschwälle allerdings nicht erfüllen. Aus der Sicht des Wasserbaues erscheine auch die Anlage eines eigenen Schwallschutzbeckens wegen der Enge und Steilheit des Bachbettes in der Schluchtstrecke fast nicht durchführbar. Bei der Errichtung eines solchen Beckens oder auch von "Bremssteinen" würden in der Schluchtstrecke Verklausungen befürchtet. Aus der Sicht des Wasserbaues werde daher die Errichtung eines solchen Beckens abgelehnt, da eine Verlangsamung der Abflüsse nicht möglich sei. Dies liege an der Steilheit des Gerlosbaches in der Schluchtstrecke, in der auch schon kleinere Wasserschwälle in Form von Flutwellen abrinnen würden. Der Zweck der Verlangsamung der Abflüsse und damit eine Verhinderung des Ausräumens des Bachbettes der Gerlosbaches könne deshalb mit einem Schwallschutzbecken nicht erreicht werden. Seitens des Amtssachverständigen für Limnologie wurde daher unter den gegebenen Umständen auf eine solche Vorschreibung verzichtet.

Nach Lage der Verwaltungsakten wurde der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. März 1991 die wasserrechtliche Bewilligung für die in den Projektsunterlagen "Umbau der Sperre Gmünd" dargestellten Maßnahmen unter Vorschreibung einer Reihe von Bedingungen und Auflagen erteilt. In der Begründung wird unter anderem darauf hingewiesen, daß durch die Stauzielerhöhung lt. vorgelegter Tabelle zur Wasser- und Energiewirtschaft das nicht nutzbare Dargebot im Mittel um ca. 0,9 hm3 vermindert werde. Damit würden auch die bisher der Restwasserstrecke verbliebenen "Beaufschlagungen" durch kleine Hochwässer reduziert. Im Hinblick auf die Erhaltung einer ökologisch annehmbaren Flußstrecke wäre bis zur Betriebsaufnahme der neuen Sperre von der beschwerdeführenden Partei ein Vorschlag für eine Dotierwassermenge vorzulegen. Die dafür notwendigen Baumaßnahmen seien jedoch bereits beim Umbau des Grundablasses II mit Einbau eines Abzweiges und eines Ventiles vorzusehen.

Diesen Ausführungen entspricht folgende Vorschreibung, die im Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft im Abschnitt "B) Bedingungen und Auflagen" enthalten ist:

"28. Beim Umbau des Grundablasses II. ist der Einbau eines Abzweiges und eines Absperrorganes vorzunehmen."

Von der belangten Behörde wurde daraufhin eine neuerliche limnologische Begutachtung veranlaßt. Der Sachverständige verwies in seinem Gutachten vom 3. Juni 1991 darauf, daß der Gerlosbach unterhalb der Sperre Gmünd seit dem Jahre 1943 (Errichtung der Sperre) eine nichtpflichtwasserdotierte Restwasserstrecke darstelle. Der Bach weise in seinem Verlauf zwischen der Sperre Gmünd und der Mündung in den Ziller einen schluchtartigen Charakter auf, der immer wieder von steileren Abstürzen unterbrochen werde. Im Rahmen der Umbauarbeiten an der Sperre Gmünd werde es auch zu einer Erhöhung des Stauzieles kommen, wobei die derzeit noch vorhandene Restwasserführung in der Entnahmestrecke des Gerlosbaches in den Sommermonaten noch mehr geschmälert werde. Dies werde dadurch verursacht, daß aufgrund der Stauzielerhöhung nunmehr auch kleinere sommerliche Hochwässer im Speicher Gmünd zurückgehalten würden und nicht mehr wie bisher über die Staukrone in das Bachbett abfließen und diesen auch im Sommer fallweise dotieren würden. Aufgrund des bisherigen Betriebsablaufes sei es einmal oder mehrmals jährlich aufgrund von Geschiebeeinstößen zu Zeiten sommerlichen Hochwassers zu Stauraumspülungen gekommen, in deren Verlauf der Gerlosbach hinsichtlich seiner Gewässerlebenswelt "ausgeräumt" worden sei. Im Zuge des Umbaues der Sperre Gmünd würden sich keine weiteren Veränderungen oder Belastungen des Gerlosbaches ergeben, außer daß auch im Sommer die derzeit vorhandene Restwasserführung durch Rückhalt von kleineren Hochwässern noch mehr geschmälert werde. Um die derzeit große Belastung bzw. Vernichtung oder auch schwere Schädigung der Bodentierwelt des Resteinzugsgebietes hintanzuhalten, seien seitens der Limnologie bzw. der Gewässerökologie Vorschreibungen notwendig, um auch weitere nachhaltige Schäden hintanzuhalten. Auch der Amtssachverständige für Wasserbau habe im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung Forderungen hinsichtlich einer allfälligen Pflichtwasserabgabe erhoben. In erster Linie wäre daher für die Restwasserstrecke des Gerlosbaches zwischen der Sperre Gmünd und der Einmündung in den Ziller eine jahresdurchgängige Restwassermenge vorzusehen. Diese Restwassermenge sollte auf jeden Fall so bemessen sein, daß sich während des Jahres eine entsprechende Bachbettfauna aufbauen könne. Entsprechend der Bachmorphologie sowie des steilen und schluchtartigen Charakters wäre eine jahresdurchgängige Pflichtwassermenge in der Größenordnung von 50 bis 100 l/sec sicher ausreichend, um eine entsprechende Bachbettfauna zu gewährleisten. Damit würden nachhaltige Schäden an der Bachökologie vermieden bzw. gegenüber dem derzeitigen Zustand nicht mehr auftreten. Seitens des Sachverständigen würden bei Einhaltung bestimmter Auflagen keine weiteren nachhaltigen Beeinträchtigungen der Gewässerokologie im Gerlosbach erwartet. Im Beschwerdefall ist dabei folgende Auflage von Bedeutung:

"3. Entsprechend den Auflagen des wasserbautechnischen Sachverständigen ist an der Sperre Gmünd jahresdurchgängig eine Wassermenge von 80 l/sec in das Bachbett des Gerlosbaches abzugeben."

Die beschwerdeführende Partei erstattete dazu eine Stellungnahme vom 12. Juni 1991, in der sie die Erforderlichkeit einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Umbaumaßnahmen an der Sperre Gmünd verneinte. Die Erhöhung des Stauzieles des Speichers Gmünd um 1,02 m sei aufgrund der Begriffsbestimmungen des Naturschutzgesetzes in der Fassung vor der Novelle 1990 (LGBL. Nr. 52/1990) nicht als "Errichtung einer baulichen Anlage" zu verstehen. Es handle sich vielmehr um eine Änderung der Anlage, die nicht bewilligungspflichtig sei. Somit fehle es auch an einer Verpflichtung zur Abgabe einer Restwassermenge. Eine solche Verpflichtung sei auch im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid nicht enthalten. In Auflage Punkt 28) dieses Bescheides sei lediglich der Einbau eines "Abzweiges" und Absperrorganes für eine allfällige künftige Wasserabgabe vorgeschrieben worden. Zu den Feststellungen des Gutachters, daß aufgrund der Stauzielerhöhung nunmehr auch kleinere sommerliche Hochwässer im Speicher zurückgehalten und nicht mehr wie bisher über die Staukrone in das Bachbett des Gerlosbaches abfließen würden, sei zu sagen, daß der Speicher für eine entscheidende Hochwasserrückhaltung zu klein sei. Durch die Stauzielerhöhung werde der Speicher nur um 0,11 hm3 größer, sodaß nur ein kleiner Teil einer Hochwasserwelle zurückgehalten und abgearbeitet werden könne. Bei gleicher Betriebsführung wie bisher werde die Anzahl der überströmenden Hochwässer auch nach der Stauzielerhöhung gleichbleiben. Hinsichtlich der Häufigkeit und Menge der überlaufenden Hochwässer werde auf eine angeschlossene Tabelle verwiesen. Zur Stauraumspülung sei zu bemerken, daß diese mindestens einmal jährlich aufgrund des wasserrechtlichen Genehmigungsbescheides durchgeführt werden müsse. Die im Gutachten enthaltene Feststellung, daß einmal oder mehrmals jährlich aufgrund von Geschiebeeinstößen zu Zeiten sommerlichen Hochwassers Stauraumspülungen durchgeführt würden, sei unrichtig. Die Stauraumspülung könne nur bei "gelegtem Stau" erfolgen.

Die belangte Behörde führte am 26. Juni 1991 mit Vertretern der beschwerdeführenden Partei und dem Amtssachverständigen für Gewässerkunde eine mündliche Verhandlung durch. Der Sachverständige vertrat die Auffassung, daß sich aus den vorliegenden Daten über die Stauraumvergrößerung und die Häufigkeit und Menge überlaufender Hochwässer ergebe, daß kleinere Hochwässer sehr stark "gekappt" werden könnten. Es sei klar, daß es dabei auch auf den Abarbeitungsmodus ankomme. Es erscheine andererseits nicht gerechtfertigt, keinerlei Auswirkungen der Stauzielerhöhung auf die "Beaufschlagung der Ausleitungsstrecke" zu postulieren. Die Forderung im Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, eine Dotierwasserabgabe vorzusehen, sei allerdings nicht in die wasserrechtlichen Bescheidauflagen aufgenommen worden. Lediglich die dafür notwendigen Baumaßnahmen erschienen im Auflagenkatalog. Die Forderung einer angemessenen Pflichtwasserabgabe im Sinne der Erhaltung der ökologischen Funktion und des natürlichen Charakters einer Ausleitungsstrecke müsse, wenn dies auch nicht im wasserrechtlichen Verfahren durchgedrungen sei, wesentlicher Bestandteil des naturschutzrechtlichen Verfahrens sein. Es werde daher vorgeschlagen, daß zur Festlegunge einer allfälligen Dotierwasserabgabe Dotierversuche mit verschiedenen Durchflüssen (50, 100 und 150 l/sec) durchgeführt würden.

In einer Stellungnahme vom 1. Juli 1991 wiederholte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen ihr Vorbringen vom 12. Juni 1991. Werde der Umbau der Sperre Gmünd als naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig angesehen, so hätte sich die Beurteilung lediglich auf die gegenständlichen Maßnahmen des Umbaues und allenfalls daraus resultierende Auswirkungen - ohne Einbeziehung des Altbestandes - zu beschränken. Der Amtssachverständige für Limnologie habe in seinem Gutachten vom 29. Jänner 1990 festgestellt, daß sich durch den Umbau der Sperre keine weiteren Veränderungen oder Belastungen des Gerlosbaches als die bisher schon vorhandenen ergeben würden. Die Vorschreibung einer jahresdurchgängigen Dotierwassermenge von 80 l/sec würde zu einer Mindererzeugung elektrischer Energie von 3,36 Mio kWh/Jahr führen, was dem Strombedarf von 1.500 Einwohnern entspreche. Die Wirtschaftlichkeit des Umbaues der Sperre Gmünd würde dadurch in Frage gestellt. Der Festlegung einer Dotierwasserabgabe im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Umbau werde daher nicht zugestimmt, sondern vorgeschlagen, dies im Zusammenhang mit dem naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren für das Projekt Gerlos II zweite Ausbaustufe zu behandeln.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag der beschwerdeführenden Partei nach dem Tiroler Naturschutzgesetz, LGBL. Nr. 15/1975 (in der Folge: TNSchG), unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen Folge gegeben. Der Bescheid weist u.a. folgenden Inhalt auf:

"B E S C H E I D

Die Tauernkraftwerke Aktiengesellschaft, ... , hat für

folgende Maßnahmen um die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung bei der Tiroler Landesregierung angesucht:

Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen der Sperre Gmünd in Gerlos soll die 1964 errichtete Verstärkung der Sperre aufbetoniert werden. Als weitere Maßnahmen sind vorgesehen die Erneuerung des Grundablasses, eine Verbesserung des Hochwasserüberfalles und die Errichtung eines Tosbeckens. Gleichzeitig mit dem Umbau der Sperre Gmünd soll auch das Stauziel von der derzeit Kote 1190,23 m um 1,02 m auf Kote 1191,25 m angehoben werden. Im Bereich des Stausees Gmünd sind Geländeaufschüttungen im Stauwurzelbereich vorgesehen. Im Bereich des Gerlosbaches sind Maßnahmen zur Hangsicherung und die Errichtung eines Tosbeckens vorgesehen.

Die Tiroler Landesregierung entscheidet über diesen Antrag nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wie folgt:

S p r u c h :

I. A) Diesem Antrag wird unter

      Nebenbestimmungen/Vorschreibungen   F o l g e

      g e g e b e n .

I. B) Dem Antrag hinsichtlich der Aufbetonierung (Umbau) der

      Sperre wird nur dem Grunde nach unter

      Nebenbestimmungen/Vorschreibungen   F o l g e

      g e g e b e n .

      Der TKW wird die naturschutzrechtliche

      Ausnahmebewilligung zur Durchführung der beantragten

      Maßnahmen nach Maßgabe des Befundes und des

      Einreichprojektes (Anlagen C1 bis inklusive 16, das ist

      Planoperat vom September 1989, TS-Wa/WH - die

      wesentlichen Bestandteile dieses Bescheides sind) nach

      §§ 5 Abs. 1 lit. a, 6 Abs. 3 lit. a, b in Verbindung mit

      Abs. 5 und § 13 Abs. 1 lit. a und b, Abs. 2 des Tiroler

      Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 15/1975, erteilt.

Die N e b e n b e s t i m m u n g e n lauten:

1.

Mit der Begrünung ist sofort nach Erreichen der Planie zu beginnen und spätestens bis zur der darauf nächstfolgenden Vegetationsperiode ist eine völlige Begrünung der Fläche sicherzustellen.

2.

Sämtliche Bauabfälle sind unverzüglich nach Bauabschluß zu entfernen.

Die Nebenbestimmungen betreffend der Bauarbeiten an der Sperre Gmünd selbst:

3. a) Während der Bauzeit an der Sperre Gmünd dürfen keine durch die Bauarbeiten verunreinigten Wässer (z.B. mit Betonmilch belastete Wässer oder Abwässer aus dem Bereich des Baulagers) in den Gerlosbach gelangen.

b)

Während des Einbaues des Massenbetons und einer Nachlaufzeit von einem Monat ist der pH-Wert unterhalb der Baustelle (das ist ca. im Bereich der ersten Viehtriebbrücke unterhalb der Einmündung des Weißbaches) kontinuierlich durch einen Fachmann zu registrieren.

aa)

Beim Überschreiten des pH-Wertes 8,50 (in Worten: acht, fünfzig) hat eine solche Dotierung der Ausleitung zu erfolgen, daß dieser Wert unterschritten wird.

bb)

Werden jedoch die Abwässer unterhalb der Sperrenbaustelle von der TKW-AG gefaßt und in den Speicher zurückgepumpt, dann darf die unter b) erwähnte Registrierung entfallen.

4. a)

Zur Festlegung einer allfälligen "Dotierwasserabgabe" (vergleiche zu diesem Begriff Heft 80 der Schriftenreihe des ÖWWV, Wien 1990, Seite 68) ist im Herbst 1991 einmal ein Dotierversuch mit Einstellung von drei Pflichtwasserdurchflüssen (50, 100, 150 l/sec) von der TKW-AG - unter Beisein und Anleitung eines Amtssachverständigen für Limnologie - durchzuführen.

b)

Dieser Amtssachverständige ist von der TKW-AG rechtzeitig zum Termin dieses Versuches einzuladen.

c)

Über diesen Versuch ist eine entsprechende fotografische Dokumentation zu erstellen.

d)

Diese Dokumentation ist der Naturschutzbehörde (Abteilung Umweltschutz) unaufgefordert und unverzüglich vorzulegen.

II. Die Frage der Höhe der "Dotierwasserabgabe" im
gegenständlichen Fall wird der gesonderten
naturschutzrechtlichen Entscheidung (zweiter Teilbescheid) vorbehalten."

Im Spruchpunkt III. des Bescheides wurden Kommissionsgebühren und Verwaltungsabgaben festgesetzt.

In der Begründung werden zunächst die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auszugweise wiedergegeben. Danach geht die belangte Behörde auf die anzuwendende Rechtslage ein: Da der gegenständliche Antrag vor dem 1. Dezember 1990 eingebracht worden sei, kämen aufgrund von Art. III Abs. 8 der Novelle zum TNSchG, LGBl. Nr. 52/1990, die Bestimmungen des TNSchG in der Fassung LGBL. Nr. 15/1975 zur Anwendung. Die beschwerdeführende Partei habe nur die Bewilligungspflicht für den Umbau der Sperre Gmünd bestritten. Die Bewilligungspflicht ergebe sich jedoch aus § 5 Abs. 1 lit. a bzw. § 6 Abs. 1 lit. c TNschG. Unter einer baulichen Anlage sei dabei "eine mit dem Erdboden verbundene Anlage, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich" seien, zu verstehen. Der Begriff "Errichtung" bringe zum Ausdruck, daß eine feste Verbindung mit Grund und Boden hergestellt werde. Der Umbau der Sperre bestehe darin, die 1964 errichtete Verstärkung aufzubetonieren. Es werde also ein Teil der alten Sperranlage entfernt und darauf ein neuer aufbetoniert, damit man den alten Bestand und eine Erhöhung um 1,02 m erreiche. Dies bedeute, daß eine Sperre entstehe, die sich aus zwei untrennbaren Teilen (dem alten und dem neuen) zusammensetze. Insofern liege hier "ein unteilbares Ganzes" vor. Der neue, zur Errichtung vorgesehene Teil der Sperrenanlage, sei eine "mit dem Erdboden verbundene Anlage". Eine wörtliche Auslegung des Begriffes "Errichtung" in dem Sinne, daß die Anlage direkt mit dem Erdboden verbunden sein müsse, erscheine nicht zielführend. Der Naturschutzgesetzgeber habe Anlagen im Gewässerschutzbereich eines Sees umfassend regeln wollen.

Sei keine Bewilligungspflicht nach dem TNSchG gegeben, so ergebe sich im übrigen aus folgenden Überlegungen eine Bewilligungspflicht aufgrund der Novelle LGBl. Nr. 52/1990:

Nichtbewilligungspflichtige Vorhaben könnten - rechtlich gesehen - nicht vor dem 1. September 1990 bei der Naturschutzbehörde anhängig werden (vgl. Art. III Abs. 8). Würden Lebenssachverhalte nach dem 1. September 1990, dem Inkrafttreten der Novelle zum TNSchG, gesetzt, so unterlägen sie den Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991, LGBl. Nr. 29. Nach § 7 Abs. 4 lit. a dieses Gesetzes bedürfe die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern das äußere Erscheinungsbild der Anlage erheblich verändert werde oder die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt würden, einer Bewilligung.

Zur Frage der Beeinträchtigung der Natur durch den Umbau der Sperre und die Stauzielerhöhung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß der Umbau nach dem eingeholten Sachverständigengutachten eine Beeinträchtigung, insbesondere der Lebensgemeinschaften von Tieren und Pflanzen des Gewässers, mit sich brächte. Die belangte Behörde gehe auch davon aus, daß es sich bei dem Umbau um eine Maßnahme handle, die ein "unteilbares Ganzes" erzeuge. Für die belangte Behörde sei maßgeblich, welche Auswirkungen auf Natur und Landschaft im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 1 TNSchG vom zukünftigen beabsichtigten gesamten Sperrenbauwerk verursacht würden. Diese gesamtheitlichen Auswirkungen seien von dem Amtssachverständigen erfaßt worden. Da der Umbau für sich alleine nicht technisch Bestand haben könne, sei die gesamte Anlage auf die naturschutzrechlichen Auswirkungen hin zu prüfen gewesen. Dabei sei unbestritten geblieben, daß durch die Dammerhöhung Auswirkungen auf die Natur verursacht würden. Diese könnten bei Abgabe von Dotierwasser beachtlich gemindert werden. Dem amtlichen Sachverständigengutachten sei auch nicht mit Gegengutachten begegnet worden, was zur Folge habe, daß im Beschwerdefall eine Dotierwasserabgabe zu erfolgen habe. Die Frage der Dotierwasserabgabe sei in die Abschnitte "dem Grunde nach" und "der Höhe nach" teilbar. Nach Ansicht der belangten Behörde sei es daher zulässig, über die Höhe einer allfälligen Dotierwasserabgabe mit einem zweiten Bescheid in Zukunft zu entscheiden. Diese Entscheidung könne frühestens nach dem Vorliegen der Dotierversuche (vgl. die Nebenbestimmung 4.a) erfolgen. In diesem Verfahren werde auch eine Interessenabwägung zu erfolgen haben.

Die beschwerdeführende Partei hat gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 2. Dezember 1991, B 913/91-3, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 5, 6 und 13 TNSchG lauten auszugsweise:

"§ 5

Allgemeine Bewilligungspflicht

(1) Einer Bewilligung bedarf, soweit hiefür nicht eine Bewilligung nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes oder nach einer in seiner Durchführung erlassenen Verordnung erforderlich ist:

a) die Errichtung von baulichen Anlagen mit einer Bauhöhe von mehr als 20 Metern;

...

§ 6

Schutz der Gewässer und ihrer Uferbereiche

(1) ...

(2) ...

(3) Im Bereich eines 500 Meter breiten, vom Ufer landeinwärts zu rechnenden Geländestreifens der im Abs. 1 bezeichneten stehenden Gewässer ist verboten:

a)

die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;

b)

die Vornahme von Geländeabtragungen und -aufschüttungen außerhalb eingefriedeter Hausgärten;

...

(5) Für die Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von den Verboten nach Abs. 1, 2, 3 und 4 gilt § 13. Die Entscheidung obliegt der Landesregierung.

§ 13

Bewilligungen

(1) Eine Bewilligung, die in einer Bestimmung dieses Abschnittes oder in einer aufgrund einer solchen Bestimmung erlassenen Verordnung vorgesehen ist - mit Ausnahme einer Bewilligung für eine Werbeeinrichtung (§ 5 Abs. 1 lit. b Z. 8) -, ist zu erteilen,

a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt noch den Erholungswert der Landschaft, noch das Landschaftsbild in seiner Eigenart oder Schönheit, noch die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Tieren oder Pflanzen in einer Weise beeinträchtigt, die dem öffentlichen Interesse, das durch die Festsetzung der Bewilligungspflicht geschützt werden soll, zuwiderläuft oder

b) wenn öffentliche, wie etwa regionalwirtschaftliche oder wissenschaftliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Beeinträchtigungen der in lit. a erwähnten Art übersteigen. ...

(2) Eine Bewilligung ist befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der im Abs. 1 lit. a erwähnten Art auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.

..."

Artikel III Abs. 8 der Novelle zum TNSchG, LGBl. Nr. 52/1990, bestimmt:

"(8) Verwaltungsverfahren aufgrund des Tiroler Naturschutzgesetzes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängig sind, sind nach den gesetzlichen Bestimmungen, wie sie beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung standen, weiterzuführen."

1. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich zunächst in ihrem Recht auf Zurückweisung ihres Antrages (vom 7. September 1989) mangels einer naturschutzrechtlichen Bewilligungspflicht für die beantragten Maßnahmen verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes vertritt sie im wesentlichen die Auffassung, daß die Verstärkung der bestehenden Staumauer und deren Erhöhung um etwa 1 m weder der Bewilligungspflicht nach § 5 Abs. 1 lit. a noch nach § 6 Abs. 3 lit. a TNSchG unterliege. Danach sei im wesentlichen lediglich die "Errichtung" von baulichen Anlagen bewilligungspflichtig. Die bloße Verstärkung einer Staumauer und deren Erhöhung um knapp 3 % könne nicht als "Errichtung" bezeichnet werden. Erst das Naturschutzgesetz 1991 habe unter bestimmten Voraussetzungen die "Änderung von Anlagen" einer Bewilligungspflicht unterworfen. Die belangte Behörde habe entgegen Art. III Abs. 8 der Novelle zum TNSchG, LGBl. Nr. 52/1990, die Bestimmungen des Naturschutzgesetzes 1991 angewendet.

1.1. Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde die Bewilligungspflicht auf keine Bestimmung des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 gestützt hat. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt sich vielmehr, daß die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung unter Berufung auf die §§ 5, 6 und 13 TNSchG erteilt worden ist. Lediglich in der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde hilfsweise die Auffassung vertreten, daß bei einer Verneinung der Bewilligungspflicht nach dem TNSchG die belangte Behörde das im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Tiroler Naturschutzgesetz 1991 anzuwenden hätte.

1.2. Insoweit sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Zurückweisung ihres Antrages vom 7. September 1989 als verletzt erachtet, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden:

Nach Lage der Verwaltungsakten ist davon auszugehen, daß sie mit dem genannten Antrag um die naturschutzrechtliche Bewilligung für den Umbau der Sperrmauer ersucht hat; daß sie dabei die Auffassung vertreten hätte, es bestehe keine Bewilligungspflicht für ihr Vorhaben, ist nicht ersichtlich. Diesem Antrag wurde - unter Vorschreibung von Auflagen - stattgegeben. Es kann dabei im Beschwerdefall dahinstehen, ob die Bewilligungspflicht des Antrages zu Recht auf die §§ 5 Abs. 1 lit. a bzw. § 6 Abs. 3 lit. a und b gestützt worden ist oder nicht etwa eine Bewilligungspflicht nach § 5 Abs. 1 lit. b

Z. 1 TNSchG gegeben war. (Nach dieser Vorschrift bedarf einer naturschutzrechtlichen Bewilligung außerhalb geschlossener Ortschaften die Errichtung oder erhebliche Änderung von baulichen Anlagen mit einer zusammenhängend bebauten Flächen von mehr als 2.500 m2). Die Bewilligungspflicht ist gegeben; ein Recht auf Zurückweisung ihres Antrages kam der beschwerdeführenden Partei nicht zu.

2. Soweit sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für den Umbau der Sperre ohne den Vorbehalt einer Dotierwasservorschreibung bzw. dem Recht auf Entscheidung über die allfällige Festsetzung der Dotierwassermenge als verletzt erachtet, kommt ihr allerdings Berechtigung zu. In Ausführung dieser Beschwerdepunkte bringt sie folgendes vor: Nach § 13 Abs. 1 lit. a TNSchG sei eine Bewilligung zu erteilen, wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, keine Beeinträchtigungen im Sinne des Naturschutzgesetzes nach sich ziehe. Es komme also nur auf jene Beeinträchtigungen an, die durch das Vorhaben verursacht würden. Im Beschwerdefall handle es sich bei dem Vorhaben um die Änderung einer bereits bestehenden Anlage. Es komme daher nur auf die Auswirkungen an, die von dieser Änderung ausgingen. Aus dem von der belangten Behörde angeführten Umstand, daß durch die zur Bewilligung beantragten Änderungsmaßnahmen ein unteilbares Ganzes (neue Sperre) erzeugt werde, folge lediglich, daß bei diesem Vergleich hinsichtlich des Zustandes, wie er nach Durchführung der Änderung vorliege, auf jene Auswirkungen abzustellen sei, die vom gesamten Sperrenbauwerk ausgingen. Die belangte Behörde übersehe aber, daß daraus noch keineswegs folge, daß alle vom gesamten Sperrenbauwerk ausgehenden Auswirkungen auf Natur und Landschaft auch von der Änderung verursacht worden wären. Nach dem Sachverständigengutachten würden auf Grund der Stauzielerhöhung nunmehr auch kleinere sommerliche Hochwässer im Speicher zurückgehalten und nicht mehr - wie bisher - über die Staukrone in das Bachbett des Gerlosbaches abfließen und diesen auch im Sommer fallweise dotieren. Der Sachverständige sage jedoch nicht, daß sich daraus Beeinträchtigungen für Tiere und Pflanzen des Gewässers ergeben, sondern stelle im Gegenteil klar, daß die von ihm vorgeschlagenen Vorschreibungen dazu dienen würden, die derzeit vorhandenen großen Belastungen hintanzuhalten bzw. daß sich eine entsprechende Bachbettfauna aufbauen könne. Durch den Hinweis, daß der Gerlosbach in der Entnahmestrecke mehrmals jährlich hinsichtlich seiner Gewässerlebewelt ausgeräumt werde, gebe der Gutachter im Prinzip zu, daß schon derzeit in der Entnahmestrecke des Gerlosbaches gar keine Gewässerlebewelt vorhanden sei, die durch das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt worden sei, beeinträchtigt werden könne. Soweit nach dem Gutachten die Vorschreibungen nötig seien, um weitere nachhaltige Schäden hintanzuhalten, bleibe offen, ob diese weiteren nachhaltigen Schäden durch den Altbestand oder durch die Erhöhung der Sperre verursacht würden. Schließlich könne die Entscheidung über die Höhe der Dotierwasserabgabe schon deshalb nicht von der Bewilligung trennbar sein, weil von ihrer Höhe die Wirtschaftlichkeit einer Ausnützung der naturschutzrechtlichen Bewilligung abhängen.

2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei (u.a.) die naturschutzrechtliche Bewilligung zum Umbau der Sperre erteilt. Als Auflage wurde dabei die Abgabe einer Dotierwassermenge (dem Grunde nach) vorgesehen. Der Hinweis auf eine Schrift des Österreichischen Wasserwirtschaftsfonds, in der dieser Begriff näher definiert ist, macht den Bescheid allerdings noch nicht - wie die beschwerdeführende Partei meint - rechtswidrig. Diese Auflage, eine pflichtbegründende Nebenbestimmung des an sich begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. dazu die Ausführungen bei Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2 (1986), S. 512 f), ergibt sich implizit aus Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides. Danach wird die Frage der HÖHE der Dotierwasserabgabe einer gesonderten naturschutzrechtlichen Entscheidung (zweiter Teilbescheid) VORBEHALTEN, somit eine Dotierwasserabgabe dem Grunde nach vorgesehen.

Da die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides erkennbar davon ausgeht, daß die naturschutzrechtliche Bewilligung ohne diese Nebenbestimmung gar nicht hätte erteilt werden dürfen und dementsprechend auch von ihr nicht erteilt worden wäre, sind die Bewilligung und die mit ihr verbundene Nebenbestimmung als eine untrennbare Einheit zu behandeln, was ihre Bekämpfbarkeit anlangt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. Dezember 1993, Zl. 92/17/0056, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Die beschwerdeführende Partei war daher berechtigt, die unter Auflagen erteilte naturschutzrechtliche Bewilligung mit einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 2. März 1955, VwSlg. Nr. 3672/A).

2.2. In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß es sich beim Umbau um eine Maßnahme handle, die ein "unteilbares Ganzes" erzeuge. Es wurde daher geprüft, welche Auswirkungen auf Natur und Landschaft im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. a TNschG vom gesamten Sperrenbauwerk verursacht würden. Nach den eingeholten Sachverständigengutachten bestehen diese Auswirkungen im wesentlichen darin, daß aufgrund der Stauzielerhöhung nunmehr auch kleinere sommerliche Hochwässer im Speicher Gmünd zurückgehalten würden und nicht mehr wie bisher über die Staukrone in das Bachbett des Gerlosbaches abfließen und diesen auch im Sommer fallweise dotieren würden. Dabei gehen die Gutachten einerseits davon aus, daß die früheren Hochwässer den Gerlosbach (wohl nachteilig) "ausgeräumt" hätten. Andererseits wird auch eine derzeit vorhandene Restwasserführung im Sommer angenommen, die durch den Rückhalt von kleineren Hochwässern noch mehr geschmälert würde. Inwieweit durch die derzeit bestehende Anlage in naturschutzrechtlicher Sicht positive oder negative Auswirkungen auf die Gewässerlebenswelt des Gerlosbaches ausgehen, bleibt aber ebenso unklar wie die Frage, welche nachteiligen Auswirkungen letztlich vom Umbau der Anlage ausgehen. Der mangelhafte Befund und die unschlüssige Begutachtung konnten von der beschwerdeführenden Partei ohne Vorlage eines Privatgutachtens bekämpft werden.

2.3. Im übrigen erweist sich auch der Vorbehalt der Erlassung eines (zweiten) Teilbescheides hinsichtlich der Frage der Höhe der Dotierwasserabgabe als rechtswidrig: Die Zulässigkeit eines Teilbescheides setzt nach dem Gesetz nämlich voraus, daß JEDER der getrennten Bescheidpunkte für sich allein und ohne inneren Zusammenhang mit anderen Punkten einem besonderen Abspruch zugänglich ist. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn - wie im Beschwerdefall - ein Bescheidpunkt die notwendige Grundlage (Vorstufe) für den weiteren Bescheidinhalt darstellt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 4. September 1995, Zl. 95/10/0061). Nach Auffassung der belangten Behörde soll nämlich mit einem zweiten Bescheid gesondert die Auflage einer bestimmten DotierwasserMENGE erlassen werden. Im Hinblick darauf, daß die beschwerdeführende Partei in ihrer Stellungnahme vom 1. Juli 1991 darauf hingewiesen hat, daß eine Dotierwassermenge von 80 l/s die Wirtschaftlichkeit des Umbaus der Sperre in Frage stellen würde, wäre es geboten gewesen, über diese Frage bereits mit dem angefochtenen Bescheid zu entscheiden. § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG ist im Beschwerdefall nicht anwendbar, weil im Falle der Vorschreibung einer Auflage nach § 13 Abs. 2 TNSchG dem Verpflichteten schon im Hinblick auf die Ausführungsfristen gemäß § 13 Abs. 4 leg. cit. ein Anspruch darauf zusteht, daß ihm die Auflage nicht nur dem Grunde nach auferlegt wird. Dem Antragsteller ist es nämlich nicht zumutbar, ohne genaue Kenntnis der von ihm einzuhaltenden Auflagen mit dem Vorhaben zu beginnen (vgl. zu dieser Problematik auch das Erkenntnis vom 13. November 1990, Zlen. 89/07/0079, 90/07/0069).

Da die belangte Behörde die Dotierwasserabgabe dem Grunde nach im Spruchpunkt II. vorgesehen und gleichzeitig einer gesonderten naturschutzrechtlichen Entscheidung vorbehalten hat, belastete sie ihren Bescheid diesbezüglich mit

Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Aufhebung wegen

Rechtswidrigkeit des Inhaltes geht dabei einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 7. November 1983, Zl. 83/10/0038).

3. Aufgrund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. und wegen des untrennbaren Zusammenhanges mit den erteilten Bewilligungen auch hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz konnte nur für zwei Beschwerdeausfertigungen und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zugesprochen werden.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchInhalt des Spruches DiversesRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992100046.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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