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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des CV in F, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 18. Jänner 1995, Zl. KUVS-1404/5/94, betreffend Baueinstellung gemäß § 31 Kärntner Bauordnung (weitere Partei: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau richtete an den Beschwerdeführer folgendes Schreiben vom 2. August 1994:
"Betrifft: Errichtung einer Almhütte
auf dem Grundstück .132, KG X;
Herrn
CV
XY Nr. 4
NN X
Sehr geehrter Herr V
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X wurde Ihnen die Bewilligung für den Wiederaufbau einer Almhütte auf dem Grundstück Nr. .132 KG X erteilt.
Wie nunmehr, nach eingehenden Vermessungen, festgestellt wurde, wird diese Hütte nicht auf dem Grundstück Nr. .132 KG X, sondern auf dem Grundstück Nr. 1086 KG Z, welches sich in der Gemeinde O befindet, errichtet.
Da zwischen den Grundstücken Nr. .132 KG X bzw. 758 KG X und 1086 KG Z die Gemeindegrenze verläuft, kommt die Bestimmung des § 1 Abs. 2 letzter Satz der Kärntner Bauordnung 1992, zur Geltung. Demnach sind von der Regelung des Abs. 1 leg. cit. Akte der Vollziehung betreffend Vorhaben ausgenommen, die sich auf das Gebiet zweier oder mehrerer Gemeinden erstrecken, oder bei welchen bei der Durchführung des ERMITTLUNGSVERFAHRENS BENACHBARTE GRUNDFLÄCHEN EINZUBEZIEHEN SIND, die in einer oder mehreren anderen Gemeinden gelegen sind. Dies trifft in der gegenständlichen Angelegenheit zu.
Der Eigentümer des Grundstückes 1086 KG Z führt nunmehr Beschwerde dahingehend, daß die gegenständliche Almhütte ohne seine Zustimmung auf seinem Grundstück errichtet wird.
Aufgrund des Umstandes, daß in der gegenständlichen Bauangelegenheit die Zuständigkeit bei der Bezirksverwaltungsbehörde liegt, wurde die baupolizeiliche Bewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde X von einer unzuständigen Behörde ausgesprochen. Für die gegenständliche Almhütte liegt demnach keine Baubewilligung vor.
Gemäß § 30 der Kärntner Bauordnung 1992 hat die Behörde darüber zu wachen, daß Vorhaben nach § 4 leg. cit. nicht ohne Baubewilligung ausgeführt oder verwendet werden.
Da im Gegenstande keine baupolizeiliche Bewilligung vorliegt - mit dem Bau bereits begonnen wurde - wird gemäß § 31 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1992 die sofortige
EINSTELLUNG DER BAUARBEITEN
verfügt.
Für den Bezirkshauptmann:
Dr. K
ERGEHT NACHRICHTLICH AN:
... "
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Maßnahmebeschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung wird im wesentlichen damit begründet, daß es sich bei dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 2. August 1994 um einen Bescheid handle, der im ordentlichen Rechtswege bekämpfbar sei und auch bekämpft worden sei. Ein Bescheid im Sinne des Verwaltungsrechtes sei ein individueller, hoheitlicher, im Außenverhältnis ergehender normativer Verwaltungsakt. Für das Vorliegen eines Bescheides sei u.a. der "Wille" der Behörde maßgeblich, "hoheitliche Gewalt" zu üben. Die Qualifikation eines Verwaltungsaktes als Bescheid nach den angeführten Begriffsmerkmalen erfordere eine Betrachtung des Inhaltes des betreffenden Verwaltungsaktes. Der Inhalt der vorliegenden Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau stelle sich in eindeutiger Weise als Entscheidung dar. Der Mangel der ausdrücklichen Bezeichnung dieser Erledigung als Bescheid für sich allein könne dieser Erledigung den rechtlichen Charakter eines Bescheides nicht nehmen. Der Wortlaut und die sprachliche Gestaltung der in Frage stehenden Erledigung lasse keinen Zweifel darüber aufkommen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt habe. Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt seien Vollzugsakte von Verwaltungsbehörden ohne bescheidmäßige Deckung. Nachdem die dem Verfahren zugrunde liegende Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau betreffend die Einstellung der Bauarbeiten als Bescheid zu werten sei, könne dieser Verwaltungsakt kein verfahrensfreier Verwaltungsakt sein. Dieser von der belangten Behörde als Bescheid zu beurteilende Verwaltungsakt sei vom Beschwerdeführer auch bereits mittels Berufung bekämpft worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere durch die Nichterlassung einer Sachentscheidung in Rechten verletzt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 1 Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 64/1992 (im folgenden: Kärntner Bauordnung 1992), haben von der Behörde hiezu besonders ermächtigte Organe, wenn sie an Ort und Stelle einen Grund zur Beanstandung nach § 30 feststellen, sofort und ohne weiteres Verfahren die Arbeiten oder eine von der Baubewilligung abweichende Verwendung einzustellen (Baueinstellung). Die Behörde hat den Unternehmer und seinen Auftraggeber von der Baueinstellung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verständigen. Die Baueinstellung verliert ihre Wirksamkeit, wenn die Behörde nicht unverzüglich, längstens aber binnen zwei Wochen nach ihrer Erlassung die getroffenen Anordnungen gemäß Abs. 2 bescheidmäßig verfügt (Einstellungsverfügung).
Ergibt die Überwachung einen Grund zur Beanstandung nach § 30, so hat die Behörde gemäß § 31 Abs. 2 leg. cit. die Einstellung der Bauarbeiten oder die Beendigung der von der Baubewilligung abweichenden Verwendung bescheidmäßig zu verfügen (Einstellungsverfügung). Berufungen gegen die Einstellungsverfügung kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. § 67c AVG trifft nähere Regelungen für diese sogenannten Maßnahmebeschwerden.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß das angeführte Schreiben der Bezirkshaupmtannschaft Spittal an der Drau vom 2. August 1994 nicht als Bescheid gedeutet werden könne. Dem stehe entgegen, daß im Bescheid derselben Behörde vom 17. August 1994, in dem dem Eigentümer des Grundstückes Nr. 1086, KG Z, diverse Maßnahmen aufgetragen worden seien, ausgeführt werde, daß die Einstellung der Bauarbeiten seitens der zuständigen Baubehörde mit Schreiben vom 2. August 1994 erfolgt sei. Daraus ergebe sich, daß die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau bei Verfassung des Schreibens keinen Bescheiderlassungswillen gehabt habe. Dieses Schreiben enthalte, abgesehen von der Unterschrift des Behördenorganes, keines der wesentlichen sonstigen äußeren Merkmale eines Bescheides gemäß § 58 AVG. Es liege keine Bescheidbezeichnung vor, kein Spruch und keine Rechtsmittelbelehrung. Aus dem Inhalt des Schreibens könne kein Bescheidcharakter abgeleitet werden. Eine Baueinstellung gemäß § 31 Abs. 1 Kärntner Bauordnung 1992 müsse zwangsläufig inhaltliche Ausführungen enthalten. § 31 Kärntner Bauordnung 1992 unterscheide aber ausdrücklich zwischen einer nicht bescheidmäßigen Baueinstellung und deren bescheidmäßiger Verfügung innerhalb einer 14tägigen Frist. Wenn sich daher das Schreiben ausdrücklich auf § 31 Abs. 1 Kärntner Bauordnung beziehe, in dem die nicht bescheidmäßige Baueinstellung behandelt werde, so könne der in Frage stehende Verwaltungsakt nicht als Bescheid gedeutet werden. Die Zurückweisung der Beschwerde sei daher unzulässig.
In dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/07/0126, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen ein normativer Verwaltungsakt einer Behörde als Bescheid zu qualifizieren ist, wenn der Gesetzgeber alternativ ein Vorgehen mittels Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zuläßt. Unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 20. September 1983, Slg. Nr. 11.153/A, wurde die Auffassung vertreten, daß, wenn nach den Gegebenheiten des Falles das rechtstechnische Mittel des Bescheides oder jenes der Weisung (oder - wie im Fall des hg. Erkenntnisses Zl. 93/07/0126 - jenes der faktischen Amtshandlung) in Betracht kommen, einer behördlichen Erledigung nur dann Bescheidcharakter beizumessen ist, wenn sie ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist. Gleiches muß auch für den vorliegenden Fall gelten, in dem § 31 Abs. 1 und 2 Kärntner Bauordnung 1992 die Einstellung der Bauarbeiten mittels faktischer Amtshandlung gemäß § 31 Abs. 1 erster Satz leg. cit. oder mittels Bescheid gemäß § 31 Abs. 2 leg. cit. (sog. Einstellungsverfügung) ermöglicht (vgl. zur Qualifikation der Baueinstellung gemäß § 31 Abs. 1 erster Satz leg. cit. als faktische Amtshandlung die in Hauer - Leukauf, Kärntner Baurecht2, 1992, 176 in E. 3 zu § 31 Kärntner Bauordnung angeführte Judikatur). Die vorliegende, mit Schreiben vom 2. August 1994 angeordnete Verfügung der Baueinstellung ist daher - mangels ausdrücklicher Bezeichnung als Bescheid nicht als solcher zu beurteilen. Die belangte Behörde hat sich bei der Frage, ob der verfahrensgegenständliche Verwaltungsakt als Bescheid zu qualifizieren ist, zu Unrecht im Sinne des hg. Beschlusses eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9.458/A, auf das Vorliegen des Merkmales eines Bescheidwillens bezogen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates Zl. 93/07/0126 ausgeführt hat, können die in Slg. Nr. 9.458/A herausgearbeiteten inhaltlichen Merkmale zur Abgrenzung eines Bescheides vom Nichtbescheid nichts zur Abgrenzung zwischen Bescheid und faktischer Amtshandlung beitragen, da das Merkmal der Normativität auch im Falle der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt. Es kommt vielmehr darauf an, welchen Akt die Behörde erlassen wollte, was sich in formellen Merkmalen, insbesondere in der Bezeichnung, aber auch in der sonstigen Gestaltung äußert. In einem Zweifelsfall - wie im vorliegenden Fall -, wenn weder der Wille der Behörde zur Erlassung einer faktischen Amtshandlung noch der Wille der Behörde zur Erlassung eines Bescheides eindeutig erkennbar ist, ist davon auszugehen, daß ein solcher Verwaltungsakt nur bei ausdrücklicher Bescheidbezeichnung (vgl. § 58 Abs. 1 AVG) als Bescheid anzusehen ist. Ein deutlicher Hinweis darauf, daß die erstinstanzliche Behörde mit dem Schreiben vom 2. August 1994 eine faktische Amtshandlung setzen wollte, ist im übrigen die Anführung des § 31 Abs. 1 Kärntner Bauordnung 1992, in dem primär die Baueinstellung in der Form einer faktischen Amtshandlung geregelt ist.
Die belangte Behörde hat daher die Beschwerde gemäß § 67 Abs. 1 lit. a AVG zu Unrecht mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da neben den in der angeführten Verordnung bestimmten Pauschalbeträgen kein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer gebührt.
Schlagworte
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ECLI:AT:VWGH:1996:1995050069.X00Im RIS seit
03.05.2001