TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 95/06/0097

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Veröffentlicht am 28.03.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
50/01 Gewerbeordnung;
72/07 Geistes- und naturwissenschaftliche Studienrichtungen;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
Studienrichtung geisteswissenschaftlich naturwissen §14 Abs1;
Studienrichtung geisteswissenschaftlich naturwissen §2 Abs3 Z32;
VwRallg;
ZivTG 1993 §3;
ZivTG 1993 §5 Abs1;
ZivTG 1993 §6 Abs1 Z1;
ZivTG 1993 §6 Abs1 Z3;
ZivTG 1993 §7;
ZivTG 1993 §9 Abs1;
ZivTG 1993 §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des L in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Februar 1995, Zl. 91.514/130-III/7/95, betreffend Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 2. September 1994 bei der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Tirol und Vorarlberg eingelangten Antrag vom 30. August 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung für das Fachgebiet "Technische Geologie". Mit Erledigung vom 5. Oktober 1994 leitete die Kammer das Ansuchen mit "8 Beilagen" der belangten Behörde mit dem Hinweis weiter, es sei festgestellt worden, daß die Voraussetzungen für die Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung, Fachgebiet Technische Geologie, nach dem Ziviltechnikergesetz, BGBl. Nr. 156/1993, erfüllt seien. In den Akten der belangten Behörde befindet sich ein Aktenvermerk, wonach der Beschwerdeführer am 13. Oktober 1994 telefonisch von der Rechtslage in Kenntnis gesetzt worden sei, wonach nur eine Zulassung für (das Fachgebiet) Erdwissenschaften erfolgen könne. Er habe sich Bedenkzeit erbeten. In einem weiteren Aktenvermerk vom 7. November 1994 ist festgehalten, der Beschwerdeführer habe "heute" mitgeteilt, daß er sein Ansuchen um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung aus "Technischer Geologie" aufrecht halte und nicht auf "Erdwissenschaften" abändern werde.

Hierauf hat die belangte Behörde (weitere Verfahrensschritte sind nicht aktenkundig) mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag gemäß § 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 des Ziviltechnikergesetzes 1993 (ZTG) abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 9 Abs. 2 ZTG habe die belangte Behörde über die Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung zu entscheiden und die Zuweisung zu einer Prüfungskommission zu verfügen. Gemäß § 3 ZTG würden Ziviltechnikerbefugnisse für Fachgebiete verliehen, die Gegenstand eines Diplomstudiums einer technischen oder naturwissenschaftlichen oder montanistischen oder einer STUDIENRICHTUNG (im Original unterstrichen) der Bodenkultur an einer inländischen Universität seien.

Mit Schreiben vom 30. August 1994, bei der belangten Behörde am 6. Oktober 1994 eingelangt, habe der Beschwerdeführer um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung aus dem Fachgebiet "Technische Geologie" angesucht. In diesem Zusammenhang habe er das Zeugnis über die Absolvierung der zweiten Diplomprüfung der Studienrichtung "Erdwissenschaften", Studienzweig "Geologie", und den Nachweis der Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften nach Zurücklegung des Studiums "Doktor der Naturwissenschaften" an der Technischen Universität Graz vorgelegt. In einem Telefonat vom 13. Oktober 1994 sei der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt worden, daß aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen die Ziviltechnikerbefugnisse nur für Fachgebiete verliehen würden, die Gegenstand eines Diplomstudiums einer STUDIENRICHTUNG (im Original unterstrichen) seien, nicht jedoch für Fachgebiete, die Gegenstand eines Studiums eines Studienzweiges seien. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer telefonisch mitgeteilt, daß er sein Ansuchen um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung aus dem Fachgebiet "Technische Geologie" aufrecht erhalte.

Hierüber habe die belangte Behörde erwogen, daß gemäß § 3 ZTG Ziviltechnikerbefugnisse nur für Fachgebiete verliehen würden, die Gegenstand eines Diplomstudiums einer technischen oder naturwissenschaftlichen oder montanistischen STUDIENRICHTUNG oder einer STUDIENRICHTUNG (im Original jeweils unterstrichen) der Bodenkultur an einer Technischen Universtät seien. Für Fachgebiete, die Gegenstand eines Studiums eines Studienzweiges seien, sei die Verleihung einer Befugnis im Ziviltechnikergesetz nicht vorgesehen. Dem Beschwerdeführer könnte daher, von den Erfordernissen des Studiums aus gesehen, nur die Befugnis für das Fachgebiet "Erdwissenschaften" verliehen werden.

Nach dem inneren Zusammenhang der Bestimmungen über die Prüfungszulassung und die Befugnisverleihung - und nach dem logischen Sinn der Bestimmungen - könne die Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung nur für ein Fachgebiet verfügt werden, für das generell und auch im besonderen Fall des Zulassungswerbers eine Befugnis verliehen werden könne. Wenn der Antragsteller nun darauf beharre, für das Fachgebiet "Technische Geologie" zugelassen zu werden, müsse seinem Antrag der Erfolg versagt bleiben, weil einerseits die "Technische Geologie" ein Studienzweig der Studienrichtung "Erdwissenschaften" sei und andererseits der Beschwerdeführer gar nicht diesen Studienzweig, sondern den Studienzweig "Geologie" absolviert habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen des Bundesgesetzes über Ziviltechniker (Ziviltechnikergesetz 1993 - ZTG), BGBl. Nr. 156/1993, bedeutsam:

"Befugnisse

§ 3. Ziviltechnikerbefugnisse werden für Fachgebiete verliehen, die Gegenstand eines Diplomstudiums einer technischen oder naturwissenschaftlichen oder montanistischen oder einer Studienrichtung der Bodenkultur an einer inländischen Universität oder eines entsprechenden Doktoratsstudiums an einer inländischen Universität sind. Weiters an Absolventen des "studium irregulare" Ingenieurgeologie an der Universität Wien, der TU Wien und der BOKU Wien.

§ 4. (1) Ziviltechniker sind, sofern bundesgesetzlich nicht eine besondere Berechtigung gefordert wird, auf dem gesamten von ihrer Befugnis umfaßten Fachgebiet zur Erbringung von planenden, prüfenden, überwachenden, beratenden, koordinierenden und treuhänderischen Leistungen, insbesondere zur Vornahme von Messungen, zur Erstellung von Gutachten, zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechtes, ferner zur Übernahme von Gesamtplanungsaufträgen, sofern wichtige Teile der Arbeiten dem Fachgebiet des Ziviltechnikers zukommen, berechtigt.

...

§ 5. (1) Die Befugnis eines Ziviltechnikers ist österreichischen Staatsbürgern und ihnen durch zwischenstaatliche Vereinbarungen gleichgestellten Personen zu verleihen, wenn die für die Ausübung erforderliche fachliche Befähigung (§ 6) nachgewiesen wurde und kein Ausschließungsgrund vorliegt.

...

Fachliche Befähigung

§ 6. (1) Die fachliche Befähigung (§ 5 Abs. 1) ist nachzuweisen durch:

1.

die Absolvierung des der angestrebten Befugnis entsprechenden Studiums,

2.

die praktische Betätigung

3.

und die erfolgreiche Ablegung der Ziviltechnikerprüfung.

(2) Studienabschlüsse an ausländischen Universitäten bedürfen der Nostrifizierung gemäß § 40 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966, in der jeweils geltenden Fassung.

§ 7. Die Voraussetzung gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 ist erfüllt, wenn das Fachgebiet, für das eine Befugnis angestrebt wird, der absolvierten Studienrichtung entspricht.

...

Ziviltechnikerprüfung

§ 9. (1) Die Ziviltechnikerprüfung (§ 6 Abs. 1 Z 3) kann nach Absolvierung der geforderten praktischen Betätigung (§ 8) abgelegt werden.

(2) Der Antrag auf Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung ist unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei der Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer einzureichen, in deren Bereich der Bewerber seinen Wohnsitz hat, mangels eines inländischen Wohnsitzes bei der Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer seiner Wahl. Diese hat unter Anschluß eines Gutachtens das Ansuchen innerhalb von acht Wochen dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vorzulegen, welcher über die Zulassung entscheidet und die Zuweisung zu einer Prüfungskommission verfügt.

...

Verleihung der Befugnis

§ 12. (1) Die Befugnis wird über Antrag vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nach Anhörung der Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer für einen bestimmten Sitz der Kanzlei verliehen.

(2) Bewerber um die Verleihung einer Befugnis haben den Antrag unter Anschluß der erforderlichen Unterlagen bei der Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer, in deren Bereich der Sitz der Kanzlei begehrt wird, einzubringen. Diese hat den Antrag binnen drei Monaten unter Anschluß eines Gutachtens an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten weiterzuleiten, der darüber entscheidet."

Weiters ist im Beschwerdefall das Bundesgesetz über geisteswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Studienrichtungen, BGBl. Nr. 326/1971 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 272/1994 (GN-StG), anzuwenden.

§ 2 dieses Gesetzes lautet auszugsweise (in der Stammfassung):

"§ 2. S t u d i e n r i c h t u n g e n

u n d S t u d i e n z w e i g e

(1) Diplomstudien gemäß § 1 Abs. 2 lit. a Z. 1 und 2 haben die Kombination einer Studienrichtung (eines Studienzweiges) gemäß Abs. 3 mit weiteren Studien gemäß den Bestimmungen des § 3 zu umfassen.

(2) Studienzweige sind:

a)

Gruppen von Wahlfächern, die innerhalb einer Studienrichtung gemeinsam zu wählen sind;

b)

Studien, die zwar dasselbe Gebiet der Wissenschaften betreffen, aber ein anderes Ziel der wissenschaftlichen Berufsvorbildung zum Gegenstand haben.

(3) Studienrichtungen und Studienzweige der Diplomstudien sind:

...

32.

die Studienrichtung "Erdwissenschaften" mit den Studienzweigen:

a)

"Mineralogie-Kristallographie",

b)

"Petrologie",

c)

"Geochemie und Lagerstättenlehre",

d)

"Technische Mineralogie",

e)

"Geologie",

f)

"Technische Geologie",

g)

"Montangeologie",

h)

"Paläontologie" (Z. 33 lit. f);

...

(7) Umfaßt eine Studienrichtung mehrere Studienzweige, so sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Studienrichtungen auf den jeweils vom ordentlichen Hörer gewählten Studienzweig anzuwenden."

Festzuhalten ist, daß nicht alle der in Abs. 3 aufgezählten Studienrichtungen auch Studienzweige umfassen (in Studienzweige aufgegliedert sind).

Der V. Abschnitt dieses Gesetzes, "Doktoratsstudien", enthält den § 14. Dieser lautet (Stammfassung):

"§ 14.

(1) Voraussetzung für die Zulassung zum Doktoratsstudium ist die Ablegung der zweiten Diplomprüfung auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder die Ablegung der abschließenden Prüfung eines gleichwertigen an einer inländischen oder ausländischen Hochschule absolvierten Studiums (§ 21 Abs. 1 und 5 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz).

(2) Das Doktoratsstudium besteht aus einem Studienabschnitt, der mit einem Rigorosum abzuschließen ist. Hiebei gelten für Absolventen der Diplomstudien gemäß § 2 Abs.1 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes hinsichtlich der gemäß § 14 Abs.7 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes festzusetzenden Studiendauer der Doktoratsstudien.

(3) Das Thema der Dissertation ist den auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eingerichteten Studien zu entnehmen, sofern das Fach, dem die Dissertation zuzurechnen ist, an der betreffenden Hochschule durch einen Hochschulprofessor, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 25 Abs. 2 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes auch durch einen emeritierten Hochschulprofessor, einen Honorarprofessor oder einen Hochschuldozenten, vertreten ist.

(4) Die Dissertation ist innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu begutachten (§ 26 Abs. 9 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz). Hiebei ist die Bestimmung des Abs. 2 zweiter Satz zu berücksichtigen.

(5) Prüfungsfächer des Rigorosums sind:

a)

ein Teilgebiet des Faches, dem das Thema der Dissertation zuzuordnen ist;

b)

ein Teilgebiet eines Faches, das unter Beachtung des thematischen Zusammenhanges mit der Dissertation vom Kandidaten zu wählen ist. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Wahl obliegt dem Präses der zuständigen Prüfungskommission.

(6) Das Rigorosum ist als Gesamtprüfung in Form einer kommissionellen Prüfung durch den gesamten Prüfungssenat mündlich abzuhalten."

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe § 3 ZTG verkürzt zitiert; dem Gesetz nach würden Ziviltechnikerbefugnisse auch für Fachgebiete verliehen, die Gegenstand eines entsprechenden Doktoratsstudiums an einer inländischen Universität seien. Er habe seinem Antrag das der Beschwerde gleichfalls beigeschlossene Rigorosenzeugnis vom 17. Dezember 1990 über den Abschluß des Doktoratsstudiums der "Naturwissenschaften/Technische Geologie" beigeschlossen. Aufgrund dieses Doktoratsstudiums sei er jedenfalls zur Ziviltechnikerprüfung zuzulassen. Im übrigen wäre der Umstand, daß eine Ziviltechnikerbefugnis nur auf dem Fachgebiet der "Erdwissenschaften" verliehen werden könne, kein Grund zur Abweisung des Gesuches um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung. Die Frage, ob und unter welcher Bezeichnung ihm seinerzeit eine Ziviltechnikerbefugnis zu verleihen sein werde, könne für die Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung dahingestellt bleiben.

Auch sei die Beurteilung der belangten Behörde, daß ihm nur eine Ziviltechnikerbefugnis auf dem Fachgebiet "Erdwissenschaften" verliehen werden könne, verfehlt; die Behörde messe dem Begriff der "Studienrichtung" in § 3 ZTG eine Bedeutung zu, die ihm nicht zukomme. Der Regelungszweck dieser Bestimmung sei, jene Fachgebiete, für welche Ziviltechnikerbefugnisse verliehen würden, von anderen Fachgebieten abzugrenzen. Das Gesetz stelle in diesem Zusammenhang klar, daß Ziviltechnikerbefugnisse nur auf technischen, naturwissenschaftlichen, montanistischen Fachgebieten oder solchen der Bodenkultur verliehen werden könnten (und nicht auf Fachgebieten etwa der Medizin, der Geisteswissenschaft, der Theologie usw.). Aus dieser Bestimmung ergebe sich weiters, daß das Fachgebiet auf einer inländischen Universität Gegenstand eines Diplomstudiums bzw. eines Doktoratsstudiums sein müsse. Die "Betonung dieser Bestimmung" liege auf der Bezeichnung der Fachgebiete und auf dem Begriff "inländische Universität". Aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über die hier in Frage kommenden Studienrichtungen (beispielsweise das Bundesgesetz über geisteswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Studienrichtungen) ergebe sich, daß einzelne Studienrichtungen mehrere Studienzweige umfaßten, während dies bei anderen Studienrichtungen nicht der Fall sei. Daraus ergebe sich aber lediglich, daß ein Studienzweig die engere Bezeichnung eines bestimmten Hochschulstudiums - gegenüber dem weiteren Begriff "Studienrichtung" - darstelle. Tatsächlich umfasse das Hochschulstudium aber nicht die gesamte Studienrichtung, sondern stets nur einen (von mehreren) Studienzweigen. Die Bestimmung des § 3 ZTG könne vernünftigerweise nur derart verstanden werden, daß sich die Ziviltechnikerbefugnis mit einem inländischen Diplom- oder Doktoratsstudium decken müsse. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff "Studienrichtung" sei dabei nicht in dem von der belangten Behörde unterstellten Sinn zu verstehen. Dies würde nämlich dazu führen, daß die Bezeichnung der Ziviltechnikerbefugnis in irreführender Weise mehrere Fachgebiete, nämlich mehrere Studienzweige, umfassen würde, obwohl der Ziviltechniker nur auf dem einem Studiengebiet entsprechenden Teilfachgebiet befähigt sei. Dem Gesetzgeber dürfe aber nicht unterstellt werden, eine Regelung beabsichtigt zu haben, welche geeignet sei, das Publikum in Irrtum zu führen. Folgte man der Rechtsauffassung der belangten Behörde, wäre nämlich der Absolvent des Studienzweiges "Paläontologie" berechtigt, eine Ziviltechnikerbefugnis auf dem Fachgebiet "Erdwissenschaften" zu erlangen und damit dem Publikum vorzutäuschen, daß er auch auf dem Fachgebiet der "Petrologie" oder der "Technischen Geologie" befähigt sei.

    Dem hält die belangte Behörde (in der Gegenschrift)

entgegen, daß dem Antrag des Beschwerdeführers das nun

vorgelegte Rigorosenzeugnis nicht beigelegt gewesen sei, was

sich auch aus den Verwaltungsakten ergebe. Auch habe der

Gesetzgeber die Verleihung von Ziviltechnikerbefugnissen für

Fachgebiete, die Gegenstand eines Studienzweiges seien, im

Ziviltechnikergesetz nicht vorgesehen, was insbesondere aus der

Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung deutlich werde. Mit

Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1988 sei die

Bundesregierung ersucht worden, "dem Nationalrat eine

Regierungsvorlage zur Änderung bzw. Neugestaltung des

Ziviltechnikergesetzes zuzuleiten, mit der insbesondere auch

die Festlegung der Fachgebiete der Ziviltechniker der

diesbezüglichen flexibleren Regelung der Fachgebiete der

Technischen Büros in der GewO 1973 angeglichen wird". Die

Regelung, an die das Ziviltechnikergesetz angeglichen werden

sollte, laute wie folgt: "Der Bewilligungspflicht unterliegen

die Beratung, ... auf einschlägigen Fachgebieten, die einer

STUDIENRICHTUNG einer inländischen Universität ... entsprechen"

(in der Gegenschrift unterstrichen).

Die im § 3 ZTG aufscheinende Wendung "oder eines entsprechenden Doktoratsstudiums" sei vom Gesetzgeber dazu bestimmt worden, jenen Absolventen eines Studiums, das mangels eines Diplomstudienganges nur als Doktoratsstudium habe absolviert werden können, den Zugang zum Ziviltechnikerberuf zu ermöglichen. Der Gesetzgeber habe mit dieser Wendung zwar die Zugangsmöglichkeit zum Ziviltechnikerberuf, nicht jedoch den durch die genannten Studienrichtungen determinierten Katalog an Fachgebieten, für die eine Ziviltechnikerbefugnis verliehen werde, erweitern wollen. Diese Wendung sei nicht derart zu verstehen, daß den Absolventen eines Diplomstudiums einer der genannten Studienrichtungen, die daran ein Doktoratsstudium anschlössen, die Möglichkeit offenstehe, zwischen einer Befugnis auf dem Fachgebiet der absolvierten Studienrichtung oder auf dem Fachgebiet dem das Doktoratsstudium zuzuordnen sei, zu wählen. Da ein Doktoratsstudium einem Dissertationsfach bzw. dem studienrechtlich vorgesehenen Sammelbegriff, wie "Technische Wissenschaften" oder "Geistes- und Naturwissenschaften" zuzuordnen sei, finde der Begriff der "Studienrichtung" auf Doktoratsstudien keine Anwendung. Dem entspreche auch, daß das Bundesgesetz über geistes- und naturwissenschaftliche Studienrichtungen den Begriff "Studienrichtung" nur im Zusammenhang mit dem Begriff "Diplomstudium" verwende, nicht jedoch im Zusammenhang mit dem "Doktoratsstudium" im Sinne des obzitierten Gesetzes. Demnach sei ein Doktoratsstudium einem Fach (Dissertationsfach) und nicht einer Studienrichtung zuzuordnen. Ungeachtet des Umstandes, daß der Bescherdeführer nunmehr ein Rigorosenzeugnis vorgelegt habe, "in welchem aus pragmatischen Gründen, nämlich zum Zwecke der Zuordnung des Dissertationsfaches", der Begriff der "Technischen Geologie" in einem den studienrechtlichen Bestimmungen nicht entsprechenden Zusammenhang aufscheine, stehe zweifelsfrei fest, daß er das Studium der Studienrichtung "Erdwissenschaften", Studienzweig "Geologie" und nicht das Studium der Studienrichtung "Technische Geologie" absolviert habe, weil die "Technische Geologie" nicht als eigene Studienrichtung eingerichtet sei.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Der Beschwerdeführer hat die Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung aus dem Fachgebiet "Technische Geologie" beantragt. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles ist der Beurteilung der belangten Behörde beizutreten, daß eine Zulassung (unter anderem) nur in Betracht kommt, wenn für dieses Fachgebiet überhaupt eine Ziviltechnikerbefugnis verliehen werden kann.

Aus den wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen ergibt sich, daß das Studium der "Technischen Geologie" Gegenstand eines Diplomstudiums einer naturwissenschaftlichen Studienrichtung an einer inländischen Universität ist, und zwar des Studienzweiges "Technische Geologie" der Studienrichtung "Erdwissenschaften" (§ 2 Abs. 3 Z. 32 GN-StG). Daraus ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß es sich bei der "Technischen Geologie" um ein Fachgebiet handelt, das im Sinne des § 3 ZTG Gegenstand einer Studienrichtung ist, weil das, was Gegenstand eines Studienzweiges ist, damit auch - soweit für den Beschwerdefall erheblich - Gegenstand der übergeordneten Studienrichtung ist (hier: Erdwissenschaften). Auch die von der belangten Behörde in der Gegenschrift dargelegte Entstehungsgeschichte gibt keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung. Diesen Ausführungen ist auch entgegenzuhalten, daß anläßlich der Novellierung des § 4 des Ziviltechnikergesetzes BGBl. Nr. 146/1957 durch die Novelle BGBl. Nr. 143/1978 auf die Gewerbeordnung 1973 Bedacht genommen wurde, wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen, 763 Blg. NR XIV.GP, ergibt (siehe die Erläuterungen zu Art. I Z. 1, nämlich § 3 Abs. 2 - Seite 7 der Beilagen). Zur vorgesehenen (und in der weiteren Folge auch dementsprechend erfolgten) Novellierung des Kataloges des § 4 heißt es in den Erläuternden Bemerkungen, diese Bestimmung enthalte den Katalog jener Fachrichtungen, für die eine Ziviltechnikerbefugnis verliehen werden könne, "dabei sind, so wie bisher, nur solche technische Fachgebiete berücksichtigt, für die eine Studienrichtung bzw. ein Studienzweig an einer inländischen Universität besteht oder bestanden hat". In § 4 des Ziviltechnikergesetzes BGBl. Nr. 146/1957 ist auch unter lit. B)s) das Fachgebiet "Technische Geologie" aufgezählt (schon damals nicht eine Studienrichtung, sondern ein Studienzweig). In der Regierungsvorlage zum Ziviltechnikergesetz 1993, 498 Blg. NR XVIII.GP, heißt es zu § 3 lediglich: "Ziviltechnikerbefugnisse werden für jene Fachgebiete verliehen, für die technische oder naturwissenschaftliche oder montanistische oder Studienrichtungen der Bodenkultur an inländischen Universitäten vorgesehen sind"; diese - verkürzte - Wiedergabe des Textes des Entwurfes gebietet keinesfalls eine Beurteilung im Sinne der belangten Behörde, zumal das Abgehen vom Wortlaut der zu erläuternden Norm nicht begründet wird. Es gebietet aber auch vorliegendenfalls eine verfassungskonforme Auslegung, nämlich im Sinne des Gleichheitssatzes, den Ausdruck Studienrichtung im Fall, daß eine Studienrichtung in Studienzweige aufgegliedert ist, einem Studienzweig gleichzuhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag entgegen der Beurteilung der belangten Behörde dem Gesetz auch nicht zu entnehmen, daß die Wendung in § 3 ZTG "oder eines entsprechenden Doktoratsstudiums" sich nur auf die Absolventen jener Studien beziehen sollte, die mangels eines Diplomstudienganges nur als Doktoratsstudium absolviert werden konnten. Bedenkt man, daß das absolvierte Studium hier nicht allein für die Frage der Bezeichnung des Fachgebietes bedeutsam ist, vielmehr dieses Studium dem künftigen Ziviltechniker vor allem das erforderliche Wissen vermitteln soll (vgl. § 6 Abs. 1 Z. 1 iVm § 7 ZTG), wäre das vom Beschwerdeführer behauptete Doktoratsstudium der Technischen Geologie dann "entsprechend" im Sinne des § 3 ZTG, wenn es (auch unter Bedachtnahme auf das vorangegangene Diplomstudium) geeignet war, ein dem Diplomstudium "Technische Geologie" entsprechendes Wissen zu vermitteln (d.h., auch § 7 ZTG ist in diesem Sinne zu verstehen).

Dadurch, daß die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtwidrigkeit. Richtig ist zwar, daß den Verwaltungsakten das vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegte Rigorosenzeugnis (in welchem die Rubrik "Doktoratsstudium, Studienrichtung" mit "Doktorat der Naturwissenschaften/Technische Geologie" ausgefüllt ist; in der Promotionsurkunde ist von der "Zurücklegung des Studiums der Naturwissenschaften" die Rede, der Begriff "Technische Geologie" findet sich dort nicht) weder im Original noch in Ablichtung angeschlossen ist, dem kommt aber vorliegendenfalls keine entscheidene Bedeutung zu (sodaß auch dahingestellt bleiben kann, ob dieses Zeugnis in Verstoß geraten ist oder dem Antrag - allenfalls versehentlich - gar nicht angeschlossen wurde). Nach dem Gesagten wäre die belangte Behörde vielmehr verpflichtet gewesen, auf eine entsprechende Vervollständigung zu dringen, was sie aber, von ihrer im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung ausgehend, unterließ.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine Ziviltechnikerbefugnis aus dem Fachgebiet "Erdwissenschaften" verliehen werden könnte, ist im Beschwerdefall nicht zu lösen, weil der Beschwerdeführer derartiges nicht beantragt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995060097.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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