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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. J in M, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 3. Oktober 1995, Zl. 02/04/15, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Forchtenstein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Eingabe vom 15. Juni 1994 die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Biotops, eines Hartplatzes und Gestaltung des Vorplatzes vor der Volksschule auf dem Grundstück Nr. nn/2 der Liegenschaft EZ n1, KG X.
In der am 30. Juni 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde in Anwesenheit des Beschwerdeführers das Projekt u.a. wie folgt umschrieben:
"Zum Anrainer Dr. J ... wird unmittelbar an der Grundstücksgrenze ein ca. 4 m hoher Ballschutz in Form einer Metallkonstruktion mit Maschendraht errichtet. Im Bereich des Biotops - unmittelbar zum Anrainer Dr. J - wird das derzeitige aufgeschüttete Gelände muldenförmig abgesenkt. Die Mulde selbst wird straßenseitig erweitert und die Absenkung erfolgt auf das Grundstücksniveau. Die Oberflächenentwässerung erfolgt in Form eines Gegengefälles - wegführend von der Mauer Dr. J - und wird muldenmittig in Richtung Straßenseite auf eigenem Grund versickert. Die Versickerungsmulde ist so auszuführen, daß das ständige Funktionieren gewährleistet ist."
Der Beschwerdeführer brachte in der Verhandlung, zu der er nachweislich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde, vor, daß er von der Geländegestaltung zeitgerecht schriftlich zu verständigen sei und das für die Geländegestaltung nicht erforderliche "Anschüttungsmaterial" entfernt werden solle.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 15. Juli 1994 wurde die beantragte baubehördliche Bewilligung unter "Bedingungen und Auflagen" erteilt.
Der Bescheid enthält u.a. folgende Auflagen:
"...
9.
Ausführung laut Plan und Baubeschreibung
10.
Im Zuge der Festlegung der Geländegestaltung (Höhenlage) ist der Anrainer Dr. J beizuziehen."
In der vor dem Gemeindeamt Forchtenstein am 19. Juli 1994 aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, daß er mit der derzeitigen Geländegestaltung nicht einverstanden sei. Die widerrechtlich erfolgte Anschüttung bestehe zum größten Teil immer noch, sodaß durch die Niveauerhöhung ein Einblick über die bestehende Einfriedungsmauer in seinen Garten auf breiter Fläche gegeben sei. Er erwarte, daß im großen und ganzen die vor der widerrechtlichen Aufschüttung bestehenden Geländeverhältnisse wiederhergestellt würden.
Mit Schreiben vom 27. Juli 1994 beantragte der Beschwerdeführer von der mitbeteiligten Partei die "unverzügliche Zustellung einer Ausfertigung des Genehmigungsbescheides betreffend die Aufschüttung des Geländes im Schulgarten der Volksschule Forchtenstein auf Höhe der bestehenden Umgrenzungsmauer seines Hauses". Sollte eine diesbezügliche Verhandlung nicht durchgeführt und kein Bescheid erlassen worden sein, verlange er die Durchführung einer kommissionellen Verhandlung innerhalb einer Frist von 4 Wochen. Gleichzeitig beantragte der Beschwerdeführer die Zustellung des obzitierten Baubewilligungsbescheides vom 15. Juli 1994.
In der nach Zustellung am 18. August 1994 gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, auf einem Areal, das ohne kommissionelle Verhandlung und ohne Bewilligung in einem Ausmaß von 50 m x 25 m auf eine Niveauerhöhung von ca. 1,5 m aufgeschüttet worden sei, solle ein "Feuchtbiotop" errichtet werden. Das Niveau des Geländes erreiche durch diese Aufschüttung, durch welche teilweise auch seine Einfriedungsmauer zugeschüttet werde, die Höhe seiner Einfriedungsmauer. Es sei dazu der gesamte Mauerschutz von Lärm- und Staubemissionen sowie der Sichtschutz in seinen Garten aufgehoben. Weiters sei die in der Verhandlungsschrift festgehaltene Zusage, das Aufschüttungsmaterial wieder zu entfernen, in den Bewilligungsbescheid nicht aufgenommen worden.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 10. März 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die Aufschüttung beim Grundstück des Beschwerdeführers sei entfernt worden. In der mündlichen Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer weder Lärm- noch Staubemissionen geltend gemacht. Der "Sichtschutz" sei kein Ausfluß eines Nachbarrechtes.
In der dagegen erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen sein Berufungsvorbringen.
In dem von der Vorstellungsbehörde eingeholten Gutachten vom 17. Juli 1995 führt der hochbautechnische Amtssachverständige aus, daß auf dem Gelände der Volksschule der mitbeteiligten Partei Anschüttungen durchgeführt worden seien. An Hand der vorgelegten Lichtbilder und des Lage- und Höhenplanes vom 21. Mai 1990 des Zivilingenieurbüros P könne festgestellt werden, daß das derzeitige Geländeniveau entlang der Grundgrenze bzw. der Einfriedungsmauer zum Grundstück des Beschwerdeführers mit dem damaligen Niveau "größtenteils" ident sei. Für die Anschüttungen der übrigen hier gegenständlichen Flächen könnten mangels Sachverhaltsgrundlagen keine Aussagen gemacht werden.
In einer vor der belangten Behörde am 2. August 1995 abgegebenen Stellungnahme beantragte der Beschwerdeführer die Beiziehung eines Geologen zur Feststellung, welche Anschüttungen "insbesondere bei der Errichtung des Turnsaales" stattgefunden hätten. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 25. September 1995 ergänzte der Beschwerdeführer, daß ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich der gerügten Aufschüttung "das gegenständliche konsenswerbende Projekt in Wahrheit nicht abschließend beurteilbar" sei. Der Höhenunterschied zwischen ursprünglichem und derzeitigem Niveau vor dem asphaltierten Platz könne laut Lage- und Höhenplan an Hand der Fotos bzw. des Lage- und Höhenplanes nicht festgestellt werden. Die gegenständlichen Aufschüttungen könnten nur durch Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Geologie festgestellt werden.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 3. Oktober 1995 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Der Ansicht des Beschwerdeführers, die Aufschüttung sei nicht Gegenstand der Bauverhandlung gewesen und somit konsenslos, könne nicht gefolgt werden. In der Baubeschreibung werde nämlich ausgeführt, daß das Niveau hinsichtlich der Nachbargrenzen unverändert bleibe; in den Bauplänen seien die entsprechenden Höhenkoten eingezeichnet. Sowohl in der Verhandlungsschrift als auch im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei werde festgehalten, daß im Bereich des Biotops, unmittelbar zum Grundstück des Beschwerdeführers, das derzeit aufgeschüttete Gelände muldenförmig abgesenkt werde. Die Baubewilligung umfasse somit auch die bestehende Aufschüttung zum Grundstück des Beschwerdeführers. Hinsichtlich der befürchteten Lärm- und Staubemissionen sei der Beschwerdeführer präkludiert. Der Sichtschutz stelle kein Nachbarrecht nach der burgenländischen Bauordnung dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Schutz vor Lärm- und Staubemissionen sowie Sichtschutz" verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 94 Abs. 1 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (BO), sind Nachbarn im Verfahren gemäß § 92 Parteien (§ 8 AVG 1950). Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß er durch das Vorhaben in seinem subjektiven Recht verletzt wird. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung können öffentlich-rechtliche Einwendungen insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, geschützt werden.
Da der Begriff "Nachbar" in der Burgenländischen Bauordnung nicht näher umschrieben wird, kann Nachbar jeder Eigentümer eines Grundstückes sein, bezüglich dessen eine Beeinträchtigung der Rechtsspähre möglich ist (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1994, Zl. 93/05/0249).
Das Mitspracherecht des Nachbarn im baurechtlichen Bewilligungsverfahren besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, u.v.a.).
Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nur vor, wenn das Vorhaben die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat, wenn also dem Parteivorbringen die Verletzung eines bestimmten Rechtes entnommen werden kann. Sowohl die Berufungsbehörde als auch die Aufsichtsbehörde und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes haben die Rechtsfolgen der durch die nicht rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen eingetretenen Präklusion zu berücksichtigen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0184).
Gegenstand des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Baubewilligungsverfahrens war die Errichtung eines Biotops, eines Hartplatzes sowie die Vorplatzgestaltung vor der Volksschule auf dem Grundstück Nr. nn/2, KG X, der mitbeteiligten Partei. Diesem Vorhaben lag - wie sich der Verhandlungsschrift vor der Baubehörde erster Instanz sowie dem Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 15. Juli 1994 und dem vorgelegten Verwaltungsakt entnehmen läßt - der genehmigte Einreichplan M 1:250 des Architekten Mag. H zugrunde. Diesem Einreichplan sind auch Höhenkoten zu entnehmen, aus welchen, ausgehend von den vor der gegenständlichen Bewilligung bestehenden Örtlichkeiten, die Höhenlage der nunmehr bewilligten baulichen Maßnahmen entnommen werden kann. Entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. nn/7 des Beschwerdeführers werden in diesem Plan 4 Höhenkoten angegeben (an der Nordseite bei Grundstück
Nr. 307/127 + 7,97, am nördlichsten Eckpunkt des Grundstückes
Nr. 307/7 + 6,01, am südlichsten Eckpunkt dieses Grundstückes zu Grundstück Nr. nn/2 - 2,50 und annähernd in der Mitte der Grundstücksgrenze zwischen diesen beiden Grundstücken + 4,11). Gegen diese Höhenangaben hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung keine Einwendungen vorgebracht. Die Bewilligung der beantragten baulichen Maßnahmen durch die Baubehörden erfolgte somit aufgrund des diesen Bescheiden zugrundeliegenden Einreichplanes mit den darin enthaltenen, nachvollziehbaren und hinreichend bestimmten Höhenangaben.
Ob die bereits früher durchgeführte Aufschüttung Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, ist für das gegenständliche Verfahren daher ohne Bedeutung. Entgegen den Beschwerdeausführungen wird auch nicht eine allenfalls früher "konsenslos durchgeführte Aufschüttung" nachträglich bewilligt, vielmehr wird das von der mitbeteiligten Partei eingereichte, durch den Einreichplan auch in seiner Höhengestaltung konkretisierte Projekt bewilligt. Dagegen hat der Beschwerdeführer aber keine Einwendungen i.S.d. oben dargestellten Rechtslage erhoben.
Einwendungen bezüglich Lärm- und Staubemissionen sowie eingeschränkten "Sichtschutzes" wurden vom Beschwerdeführer erstmals in der Niederschrift vom 19. Juli 1994 bzw. in der Berufung, daher jedenfalls verspätet erhoben. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer somit präkludiert. Nähere Feststellungen zu den im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits bestandenen "Aufschüttungen" waren von den Baubehörden nicht zu treffen. Mit seinem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen vermag der Beschwerdeführer daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Gegenstand der Ladung zur mündlichen Verhandlung war der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Bewilligung der "Errichtung eines Biotopes, eines Hartplatzes und Gestaltung des Vorplatzes vor der Volksschule". In dieser Ladung, welche dem Beschwerdeführer am 17. Juni 1994 zugestellt worden ist, wurde ausdrücklich auch darauf hingewiesen, daß "die auf das Bauvorhaben bezughabenden Pläne und sonstigen Unterlagen (...) zur Einsichtnahme bis zum Verhandlungstage während der Amtsstunden im Gemeindeamt" aufliegen. Dem Beschwerdeführer wurde die Ladung zur Bauverhandlung entsprechend § 41 AVG, insbesonders auch unter Androhung der Rechtsfolgen des § 42 AVG, zur Kenntnis gebracht. Die gegenteiligen Beschwerdeausführungen sind durch das im vorgelegten Verwaltungsakt dokumentierte Verfahrensgeschehen widerlegt.
Die Beschwerde erweist sich somit ingesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050301.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009