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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des F R in R, vertreten durch Dr. Othmar Knödl, Mag. Manfred Soder, Rechtsanwälte in 6240 Rattenberg, Hassauerstraße 75, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 10. Juni 2022, LVwG-2022/25/1411-1, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Straßengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Ramsau im Zillertal; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde R. (Behörde) vom 19. April 2022, mit welchem der Gemeinde R. als Straßenverwalterin die Bewilligung zum „Ausbau der R[...]straße inklusive Verbindungsstraße zur B165“ gemäß § 44 Tiroler Straßengesetz erteilt worden war, als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, die meist einstreifige Bestandsstraße entspreche den Ausführungen des straßenbautechnischen Gutachtens zufolge nicht mehr den Anforderungen an eine ländliche Straße mit größerer Verkehrsbedeutung und solle dem Stand der Technik entsprechend ausgebaut werden. Derzeit würden in den Gegenverkehrsbereichen die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. Durch die Zunahme der Besiedlung und Bebauung im Planungsgebiet sei es zu einer gestiegenen Verkehrsfrequenz gekommen. Durch den Ausbau solle eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit sowie der Verkehrssicherheit erreicht werden, es bestehe somit ein Bedarf am verfahrensgegenständlichen Ausbau der Bestandsstraße.
Da im straßenbautechnischen Gutachten die entscheidungswesentlichen Argumente angeführt worden seien, habe die Behörde ihre rechtliche Beurteilung darauf stützen dürfen; dass sie dabei den maßgeblichen Sachverhalt wortgleich wie im Sachverständigengutachten ausgeführt habe, sei keineswegs verfehlt.
Gemäß § 13a AVG sei die Behörde nicht verpflichtet gewesen, den Revisionswerber in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beraten, sondern sei nur gehalten gewesen, ihm die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben (Hinweis etwa auf VwGH 18.12.2012, 2009/11/0226); dies umfasse nicht eine Beratung, wie der Revisionswerber bei der Führung seines landwirtschaftlichen Betriebes durch die mit dem Ausbau der Bestandsstraße verbundene Grundinanspruchnahme nicht bzw. nur im unbedingt notwendigen Umfang eingeschränkt werde.
5 In der Zulässigkeitsbegründung formuliert der Revisionswerber vier Fragen betreffend das Ermittlungsverfahren und deutet damit an, „die Behörde“ habe Verfahrensfehler begangen.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Entscheidungen von Verwaltungsgerichten zu überprüfen, nicht jedoch die Rechtmäßigkeit der Bescheide von Verwaltungsbehörden. Er ist als Rechtsinstanz auch nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen berufen. Ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, unterliegt ebenso wie die Beweiswürdigung der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG könnte sich in diesem Zusammenhang nur dann ergeben, wenn das Verwaltungsgericht diese im Einzelfall vorgenommenen Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 15.11.2021, Ra 2021/06/0122 bis 0124, Rn. 14, mwN). Ein Verfahrensmangel kann nur dann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darstellen, wenn die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang bereits in der Zulässigkeitsbegründung dargetan wird (vgl. etwa VwGH 5.7.2018, Ra 2018/06/0066, Rn. 7f, mwN).
7 Dass dem LVwG im gegenständlichen Fall eine unvertretbare Beweiswürdigung vorzuwerfen wäre, wurde nicht aufgezeigt. Den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Bestandsstraße den Anforderungen an eine ländliche Straße mit größerer Verkehrsbedeutung sowie dem Stand der Technik nicht entspreche und in den Gegenverkehrsbereichen die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie die Verkehrssicherheit beeinträchtigt würden, tritt der Revisionswerber nicht entgegen. Inwiefern die Beiziehung eines landwirtschaftlichen Sachverständigen oder empirische Daten über das Bevölkerungswachstum zu einer für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage hätten führen können, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dargelegt.
Soweit der Revisionswerber einen allfälligen Begründungsmangel der Behörde anspricht, wäre ein solcher durch ein einwandfreies Verfahren vor dem LVwG saniert. Dass das angefochtene Erkenntnis unter einem wesentlichen Begründungsmangel leide, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht vorgebracht.
Zur Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG wird auf die umfangreiche hg. Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 30.7.2021, Ra 2021/05/0124 und 0125, Rn. 9, mwN) verwiesen. Aus welchen Gründen die zu dieser Rechtsfrage im angefochtenen Erkenntnis zitierten hg. Entscheidungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden könnten, lässt die Revision offen.
8 Darüber hinaus wurden auch die Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) nicht ordnungsgemäß ausgeführt (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/10/0064, Rn. 6, betreffend ein „Recht auf ein gesetzmäßiges und ordnungsgemäßes Verfahren“; VwGH 23.5 2022, Ra 2022/06/0057, Rn. 5, betreffend das „Recht auf Eigentum“, jeweils mwN). Schließlich ist auch der vom Revisionswerber gestellte Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge den Bescheid des Bürgermeisters beheben, verfehlt, weil der Verwaltungsgerichtshof - wie in Rn. 6 ausgeführt - die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu überprüfen hat, nicht jene der Behörde. In der Revision wird damit auch das gemäß § 28 Abs. 1 Z 6 VwGG erforderliche „bestimmte Begehren“ nicht gesetzmäßig ausgeführt.
9 In der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. August 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060170.L00Im RIS seit
20.09.2022Zuletzt aktualisiert am
20.09.2022