TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/6 95/10/0203

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Veröffentlicht am 06.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. August 1995, Zl. ForstR-100243-1995-I/Bü, betreffend Zurückweisung eines Antrages wegen entschiedener Sache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom 8. August 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) vom 11. Jänner 1995, betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Einräumung der Bringungsmöglichkeit über das Grundstück Nr. 1769/2 KG W, und Lagerung i.S.d. Art. 3/2 der Statuten der Bringungsgenossenschaft K., wegen entschiedener Sache abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die BH habe mit Bescheid vom 24. Mai 1991 aufgrund des Antrages der Bringungsgenossenschaft K. vom 8. März 1991 als Aufsichtsbehörde festgestellt, daß der Eigentümer der Waldgrundstücke Nr. 1112 und 1113 KG W, Holz- und andere Forstprodukte aus dem Waldgrundstück 1112 und aus dem östlichen Teil des Waldgrundstückes Nr. 1113 KG W, zur Forststraße K über das Grundstück Nr. 1769/2 KG W bringen und bis zur Abfuhr in geeigneter Weise lagern dürfe. Die Bringung über das Grundstück Nr. 1769/2 KG W, habe dort zu erfolgen, wo die Entfernung zwischen dem Grundstück Nr. 1112 und der Forststraße im Bereich des hm 16 bis 18 am kürzesten sei. Der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung der Eigentümer des Grundstückes Nr. 1769/2 KG W, sei mit Bescheid des LH vom 13. August 1992 stattgegeben und der Bescheid der BH behoben worden. Zugleich sei festgestellt worden, daß der Eigentümer der Grundstücke 1112 und 1113 KG W, kein Recht besitze, Holz- und andere Forstprodukte aus dem Waldgrundstück 1112 und aus dem östlichen Teil des Waldgrundstückes 1113 KG W, zur Forststraße K über das Grundstück 1769/2, KG W, zu bringen und dort bis zur Abfuhr in geeigneter Weise zu lagern. Diese Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen.

Mit Antrag vom 13. September 1994 habe der Beschwerdeführer nunmehr den Antrag gestellt, ihm i.S.d. Art. 3 Abs. 2 der Statuten der Bringungsgenossenschaft K. die Bringungsmöglichkeit und Lagerung über das genannte Grundstück einzuräumen. Er habe diesen Antrag damit begründet, daß dieser mit dem ursprünglich im Jahre 1991 gestellten Antrag keinen Zusammenhang habe und daher auch keine rechtskräftige Entscheidung hierüber vorliege. Da die einzige Möglichkeit für ein Genossenschaftsmitglied einer Bringungsgenossenschaft, ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde herbeizuführen, sich aus der Verpflichtung der Aufsichtsbehörde ergebe, über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle der Mitglieder zu entscheiden, seien die Anträge der Bringungsgenossenschaft K. vom 8. März 1991 bzw. der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. September 1994 auf Einräumung der Bringungsmöglichkeit und Lagerung über das Nachbargrundstück sowohl von der Form als auch hinsichtlich des Inhaltes nahezu ident. Der Spruch des mit Bescheid des Landeshautmannes von Oberösterreich vom 13. August 1992 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens werde im wesentlichen damit begründet, daß durch § 3 Z. 2 der damals wie heute in gleicher Form in Kraft stehenden Satzung der Bringungsgenossenschaft K. dem einzelnen Genossenschaftsmitglied nur die Erlaubnis zur Nutzung der bestehenden Bringungsanlagen der übrigen Genossenschaftsmitglieder gegeben werden sollte. Keinesfalls habe man damit ein Recht einräumen wollen, die Errichtung bzw. Duldung der Errichtung einer Bringungsanlage verlangen zu können, da sich die Mitglieder wohl kaum bereit erklärt hätten, derartig massive Eigentumsbeschränkungen unentgeltlich zu dulden. Dem Akt und im speziellen dem Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen vom 24. September 1991 habe entnommen werden können, daß es für das vom Beschwerdeführer beanspruchte Bringungsrecht über die Waldparzelle 1769/2 KG W, notwendig gewesen wäre, einen etwa 20 m langen Zufahrtsweg neu anzulegen. Dieser hätte eine Gegensteigung von ca. 20 % aufweisen und über einen Fichtenbestand der ersten Altersklasse auf dem Nachbargrund führen müssen. Da somit das vom Beschwerdeführer beanspruchte Bringungsrecht nur durch die Neuschaffung eines Bringungsweges hätte ausgeübt werden können, solche Bringungsrechte durch die Satzung jedoch nicht eingeräumt werden sollten, habe der Landeshauptmann mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 13. August 1992 das Nichtvorligen dieses Bringungsrechtes festgestellt. Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag und in seinem Rechtsmittel vorgebracht, daß man in dem Verfahren im Jahre 1992 zu Unrecht von der Notwendigkeit der Neuanlage eines Bringungsweges über das Grundstück Nr. 1769/2 KG W ausgegangen sei und die Berechtigung zur Bringung über dieses Grundstück i. S.d. § 3 Z. 2 der Satzung ohne Neuschaffung eines Bringungsweges begehrt. Der beigezogene forstfachliche Amtssachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, daß das Grundstück 1769/2 KG W, im vorgesehenen Querungsbereich traktorbefahrbar sei und Erdbewegungen zur Neuschaffung eines Bringungsweges nicht unbedingt notwendig seien. Es bestehe jedoch auf diesem Grundstück derzeit zwischen der bestehenden Forststraße und den Waldflächen des Beschwerdeführers kein Bringungsweg. Durch das regelmäßige Befahren des Querungsbereiches mit einem Traktor würde jedoch ein solcher in Form einer sogenannten Rückegasse zwangsläufig entstehen. Rückegassen würden deshalb angelegt, um das unkontrollierte Befahren des Waldbodens, das eine flächige Bodenverdichtung zur Folge hätte, zu vermeiden, sodaß für den Charakter eines Bringungsweges nicht ausschlaggebend sei, ob für dessen Anlage Erdarbeiten erforderlich seien. Vom forsttechnischen Amtssachverständigen seien auch noch weitere satzungskonforme Bringungsmethoden, die ohne die Neuanlage von dauernden Bringungsanlagen auf Fremdgrund auskämen, für das gegenständliche Grundstück geprüft worden. Dazu zählten die Rückung mittels Mobilseilkran, die Rückung mittels Traktorseilwinde von der Forststraße aus sowie die händische Rückung, wobei die letzteren im gegenständlichen Fall wegen der Geländeausformung bzw. der Lage der Waldflächen des Beschwerdeführers unterhalb der Forststraße ausschieden. Die Rückung mittels Mobilseilkran wäre zwar sehr gelände- und bestandesschonend, für die in Frage stehenden Waldflächen von 0,5 bis 1 ha jedoch wesentlich teurer als die Traktorbringung über die Grundflächen des Beschwerdeführers. Die Berufungsbehörde gelange daher aufgrund der schlüssigen Ausführungen des forstfachlichen Amtssachverständigen zur Überzeugung, daß für eine Bringung von Holzprodukten aus den Grundstücken 1112 und 1113 KG W, über das Grundstück 1769/2 KG W, die Anlage eines Bringungsweges über dieses Grundstück notwendig sei bzw. ein solcher aufgrund der Bodenverdichtung durch das Befahren der Querung zwangsläufig entstünde, sodaß auch dem gegenständlichen Verfahren der selbe Sachverhalt wie dem Bescheid des LH vom 13. August 1992 zugrundeliege. Damals wie heute gebe es keine "sinnvollen Alternativen von satzungskonformen Bringungsmethoden". Die Entscheidung der BH, den Antrag des Beschwerdeführers vom 13. September 1994 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, habe somit bestätigt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, aus der Entscheidung aus 1992 sei niemandem ein Recht erwachsen und es wäre daher i.S.d. § 68 Abs. 2 AVG eine Änderung dieser Entscheidung "durchaus möglich gewesen".

Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Gemäß § 68 Abs. 7 AVG steht allerdings auf die Ausübung des der Behörde u.a. gemäß Abs. 2 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes niemandem ein Anspruch zu. Schon aus diesem Grunde könnte die vom Beschwerdeführer gerügte Nichtanwendung des § 68 Abs. 2 AVG diesen in keinem Recht verletzen.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, mit Bescheid des LH vom 13. August 1992 sei über ein Bringungsrecht durch Anlage eines Bringungsweges abgesprochen worden. Der nunmehrige Antrag beziehe sich jedoch ausdrücklich auf ein Bringungsrecht nach den Bestimmungen des Art. 3/2 der Satzung der Bringungsgenossenschaft, wonach die Mitglieder grundsätzlich berechtigt seien, innerhalb der Vorteilsfläche Holz unentgeltlich über fremden Boden zur Forststraße zu bringen und dort bis zur Abfuhr in geeigneter Weise zu lagern. Der nunmehrige Antrag sei daher keineswegs ident mit jenem aus dem Jahre 1992. Der Auffassung der belangten Behörde, daß die drei möglichen Bringungsarten wirtschaftlich nicht sinnvoll seien, bzw. der Anlage eines Bringungsweges gleichkämen und daher "durch die Entscheidung des Jahres 1992 ausgeschlossen" seien, können nicht gefolgt werden, weil die Genossenschaftssatzung nicht so ausgelegt werden dürfe, daß das hier normierte Recht der Mitglieder zur unentgeltlichen Bringung über fremde Grundstücke faktisch nicht mehr ausgeübt werden könne.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer in den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß dem Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Zurückweisung eines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG kommt demnach dann in Betracht, wenn in der durch formell rechtskräftigen Bescheid bereits entschiedenen Verwaltungssache die Abänderung dieses Bescheides begehrt wird, nicht hingegen dann, wenn sich die die Verwaltungsrechtssache bestimmenden rechtlichen bzw. tatsächlichen Umstände verändert haben und daher nicht mehr dieselbe Sache wie die bereits entschiedene vorliegt. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 95/10/0012).

Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 13. August 1992 wurde rechtskräftig festgestellt, daß der Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke 1112 und 1113 KG W, kein Recht besitzt, Holz- und andere Forstprodukte aus dem Waldgrundstück 1112 und aus dem östlichen Teil des Waldgrundstückes 1113 KG W, zur Forststraße K. über das Grundstück 1769/2 KG W, zu bringen und dort bis zur Abfuhr in geeigneter Weise zu lagern. Hiezu wurde u.a. ausgeführt, das vom Beschwerdeführer beanspruchte Bringungsrecht könne nur durch die Neuschaffung eines Bringungsweges ausgeübt werden, ein derartiges Bringungsrecht sei aber durch die Satzung der Genossenschaft K. nicht eingeräumt.

Aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers vom 13. September 1994 hat die belangte Behörde nach Einholung des Gutachtens eines forstfachlichen Amtssachverständigen festgestellt, daß für die Bringung von Holzprodukten aus den Grundstücken 1112 und 1113, über das Grundstück 1769/2 alle KG W, die Anlage eines Bringungsweges notwendig sei bzw. ein Bringungsweg aufgrund der Bodenverdichtung durch das Befahren der Querung zwangsläufig entstehen würde. Daß diese Feststellungen unzutreffend seien, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde konkret dargetan.

Ist aber die vom Beschwerdeführer begehrte Bringung über das Nachbargrundstück nach wie vor nur im Zuge eines Bringungsweges möglich, so ist eine Änderung in den entscheidungswesentlichen Fakten nicht eingetreten. Es besteht daher die Auffassung der belangten Behörde zu Recht, die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 13. August 1992 entschiedene und die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildende Sache seien ident.

Auf die Frage, ob die Satzung der Genossenschaft K. allenfalls dahin verstanden werden müßten, daß das vom Beschwerdeführer begehrte Bringungsrecht zulässig sei, kommt es bei der Beurteilung, ob entschiedene Sache vorliegt, allerdings nicht an. Eine Änderung in den maßgebenden Rechtsvorschriften behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Schließlich vermag der Beschwerdeführer auch mit der Verfahrensrüge, es habe ein Lokalaugenschein unter Beiziehung des Amtssachverständigen entgegen seinem Antrag nicht stattgefunden und es sei seinem Antrag "auf Möglichkeit der Vorlage eines eigenen forstwirtschaftlichen Amtssachverständigengutachtens" nicht entsprochen worden, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil er nicht auch gleichzeitig die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels i.S.d. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufgezeigt hat.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995100203.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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