TE OGH 2022/5/3 11Os1/22i

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Veröffentlicht am 03.05.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen * P* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 21. Juli 2021, GZ 37 Hv 168/20s-126a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten P* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen Urteil wurde * P* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 (teils iVm § 161 Abs 1) StGB (A I 2 und II) sowie (richtig [Kirchbacher in WK2 StGB § 159 Rz 94, 96]:) jeweils eines Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 StGB und nach § 159 Abs 2 StGB, jeweils (§ 159 Abs 5 [auf der Basis des Urteilssachverhalts richtig nur] Z 4 [und nicht auch „Z 3“ – vgl RIS-Justiz RS0124805; Kirchbacher in WK2 StGB § 159 Rz 97 f]) iVm § 161 Abs 1 StGB (A IV, B III und B IV), ferner jeweils eines Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB (A I 1), der unvertretbaren Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände nach § 163a Abs 1 Z 1 StGB (C III) sowie nach § 122 Abs 1 Z 1 GmbHG (B II) schuldig erkannt.

[2]       Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – in Wels und andernorts Bestandteile des Vermögens folgender Personen teils verringert, teils verheimlicht und dadurch die Befriedigung jeweils wenigstens eines deren Gläubiger zumindest geschmälert, wobei er durch die Tat einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden (von zusammen 323.763 Euro) herbeiführte, und zwar

(A I 2) der S* GmbH als deren faktischer Geschäftsführer (§ 161 Abs 1 StGB), indem er vom Jänner 2014 bis zum März 2016 zusammen 70.934 Euro an Geldern entnahm und für betriebsfremde Zwecke verwendete sowie

(A II) seiner selbst, indem er vom Jänner 2014 bis zum Ende 2017 eigene Einkünfte von zusammen 252.875 Euro der Kenntnis seiner Gläubiger sowie des Insolvenzverwalters in einem über sein Vermögen eröffneten Insolvenzverfahren entzog.

Rechtliche Beurteilung

[3]       Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4]       Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung eines „in der Hauptverhandlung am 22.04.2021“ gestellten Antrags einer Mitangeklagten, „den Buch-Sachverständigen * K* nicht als Sachverständigen zur Hauptverhandlung beizuziehen und das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten (ON 15, samt Ergänzungen ON 21 und 28) nicht zu verlesen“, welchem Antrag sich der Beschwerdeführer „angeschlossen“ gehabt hätte. Sie versäumt bereits die zur prozessförmigen Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes erforderliche (RIS-Justiz RS0124172) genaue Bezeichnung der Fundstelle des behaupteten Antrags (sowie dessen Abweisung) in den – äußerst umfangreichen – Akten (das vom Beschwerdeführer zitierte „Protokoll ON 79“ umfasst allein 73 Seiten).

[5]       Schon mit Blick auf § 126 Abs 5 StPO idF BGBl I 2014/71, der zum Zeitpunkt der Beiziehung des Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren (ON 8) bereits in Geltung stand, ginge der – in diesem Zusammenhang allein erhobene – Einwand struktureller Befangenheit des Sachverständigen (dazu eingehend Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351/3) übrigens auch inhaltlich ins Leere.

[6]       Mit dem Vorwurf unrichtiger Berechnung des nach § 156 StGB tatbestandsmäßigen Schadens, die infolge (angeblich zu Unrecht) doppelter Berücksichtigung eines Betrags von 70.934 Euro zur (aus Beschwerdesicht) verfehlten Annahme der Qualifikation nach § 156 Abs 2 StGB geführt hätte, wird ein Widerspruch in der Bedeutung der Z 5 dritter Fall nicht behauptet.

[7]       Soweit derselbe Einwand „[a]us anwaltlicher Vorsicht“ auf „Z 10 bzw. Z 11“ (richtig nur Z 10) gestützt wird, versäumt er es prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810), seine Argumentation auf der Basis des Urteilssachverhalts zu entwickeln.

[8]       Hinzugefügt sei, dass der Beschwerdeführer – auf der Feststellungsgrundlage des angefochtenen Urteils (US 21 bis 26) – (unter anderem) jene Gelder, um die er das Vermögen der Gesellschaft (als deren faktischer Geschäftsführer) verringert hatte (A I 2), anschließend – nunmehr als Bestandteile seines Vermögens – verheimlichte (A II). Hiervon ausgehend erweist sich die vom Erstgericht vorgenommene Zusammenrechnung (§ 29 StGB iVm § 156 Abs 2 StGB) der tatbestandsrelevanten (RIS-Justiz RS0120531) Gläubigerausfälle (auf Seiten des Beschwerdeführers einerseits und der von ihm vertretenen Gesellschaft andererseits) als rechtsrichtig.

[9]       Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[10]     Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E134907

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00001.22I.0503.000

Im RIS seit

30.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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