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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §946;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. April 1995, Zl. 300.934/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 24. April 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß "Aufenthaltsbewilligungen für private Aufenthalte an sich arbeitsfähiger Personen grundsätzlich nicht zu erteilen" seien; der Unterhalt des nicht erwerbstätigen Beschwerdeführers solle allein durch "Verpflichtungserklärungen" bestritten werden. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch Dritte sei "aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung" des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten, zumal eine Verpflichtungserklärung jederzeit widerrufbar sei.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Hinblick darauf, daß § 4 Abs. 1 AufG im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erwähnt ist, und auf den Aufbau der Begründung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde keine eigenständige Ermessensentscheidung getroffen, sondern sich ausschließlich auf § 5 Abs. 1 AufG gestützt hat.
Der Beschwerdeführer hat dem vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung eine "Verpflichtungserklärung" der Frau M J vom 23. November 1994 beigelegt. Darin erklärt diese u.a., für den Unterhalt und die Unterkunft des Beschwerdeführers bei einem Besuch in der Dauer von 3 Monaten aufzukommen. Der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid legte der Beschwerdeführer eine weitere Verpflichtungserklärung dieser österreichischen Staatsbürgerin vor, in der sich diese nunmehr "unwiderruflich" verpflichtet, für den gesamten Lebensunterhalt ihres "Freundes", des Beschwerdeführers, solange uneingeschränkt aufzukommen, bis dieser dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde. Die Echtheit der Unterschrift der sich verpflichtenden Person ist durch einen Notar beglaubigt. Des weiteren hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung darauf verwiesen, daß eine näher genannte Schwester für ihn "bürge"; er hat eine Arbeits- und Entgeltbestätigung dieser Schwester vorgelegt.
Die belangte Behörde, die von zwei "Verpflichtern" ausging, hat die Erklärung(en) nicht als unzureichend angesehen, sie hat auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht als unzureichend beurteilt. Sie hat sich ausschließlich darauf gestützt, daß die Abgabe einer derartigen "Verpflichtungerklärung" durch "Dritte" nicht glaubwürdig und auch zur dauernden Sicherung des Lebensunterhaltes nicht geeignet sei; eine "Verpflichtungserklärung" sei jederzeit widerruflich.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612, des näheren dargelegt hat, kann auch die freiwillig übernommene Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt in der Lage sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes als gesichert erscheinen zu lassen. Welche Erwägungen der Annahme, daß die Abgabe einer "Verpflichtungserklärung" durch "Dritte" nicht glaubwürdig und auch zur dauernden Sicherung des Lebensunterhaltes nicht geeignet sei, zugrundeliegen, kann jedoch der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Der Hinweis auf die jederzeitige Widerrufbarkeit läßt eine Auseinandersetzung mit dem Umstand vermissen, daß die mit der Berufung vorgelegte "Verpflichtungserklärung" unwiderruflich sein sollte. Darüberhinaus wäre auch etwa die schenkungsweise Übernahme der Bestreitung des Lebensunterhaltes (nach österreichischem Recht) nicht jederzeit frei widerrufbar (vgl. §§ 946 ff ABGB). Sollte es sich - was aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig hervorgeht - bei dem der "Verpflichtungserklärung" zugrundeliegenden Rechtsgeschäft tatsächlich um einen Schenkungsvertrag handeln, ist allerdings darauf zu verweisen, daß - falls österreichisches Recht anzuwenden wäre - Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe gemäß § 1 Abs. 1 lit. d Notariatszwangsgesetz zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsaktes bedürfen. Da es sich bei der Frage der Glaubwürdigkeit der abgegebenen Erklärung und deren Eignung zur Sicherung des Lebensunterhaltes um keine offenkundigen Tatsachen handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.
Der belangten Behörde fällt daher insoweit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 14. Dezember 1995).
Im Hinblick auf das fortzusetzende Verfahren sei noch bemerkt, daß das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers betreffend die "Bürgschaft" seiner Schwester - zumal der Beschwerdeführer hier bereits durch seinen Rechtsfreund vertreten war, ein laienhaftes Vergreifen im rechtlichen Ausdruck daher ausscheidet - nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen läßt, daß damit eine - vom Beschwerdeführer übrigens initiativ darzulegende - Sicherung seines Lebensunterhaltes angesprochen werden sollte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190868.X00Im RIS seit
25.09.2001