TE Vwgh Beschluss 2022/4/22 Ra 2019/06/0049

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Veröffentlicht am 22.04.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/06/0050
Ra 2019/06/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der A P, 2. des C R und 3. des M P, alle in S, alle vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Promenade 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 2. Jänner 2019, LVwG-151491/10/MK/EH - 151492/2, betreffend eine straßenrechtliche Bewilligung nach dem Oö. Straßengesetz 1991 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde Stadl-Paura; mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Stadl-Paura, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, MAS, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Pollheimerstraße 15; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der Marktgemeinde Stadl-Paura als mitbeteiligte Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 und der Marktgemeinde Stadl-Paura als Rechtsträgerin im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das jeweilige Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) wurde die Beschwerde der Erstrevisionswerberin und des Zweitrevisionswerbers gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde S. vom 12. Dezember 2017, mit welchem deren Berufung gegen eine straßenrechtliche Bewilligung für ein näher bezeichnetes Straßenbauprojekt der Marktgemeinde S. als unbegründet abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (II).

2        In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird ausgeführt, es fehle Rechtsprechung „zur Auslegung des § 14 Oö. Straßengesetz 1991 ‚Schutz des Nachbarn‘“ insoweit, „als es um das Vorsorgeprinzip geht“. Das LVwG sehe das Vorsorgeprinzip erfüllt, wenn die Richtlinie „Lärmschutz an bestehenden Landesstraßen“ sowie die „Bundesstraßen-Lärm-Immissionsschutz-Verordnung“ eingehalten werde. „Im Erkenntnis 2004/05/0174 zur Umfahrung Vorchdorf“ habe die Straßenverwaltung ohnedies entweder eine Lärmschutzwand oder Lärmschutzfenster als Auflage zu errichten oder einzubauen gehabt; deshalb habe sich nicht die Frage gestellt, „ob auch unter der Schwelle 60dB tagsüber und 50 dB nachts“ Vorsorgemaßnahmen als subjektiv-öffentliches Recht durchgesetzt werden könnten.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. etwa VwGH 22.10.2021, Ra 2018/06/0069, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.3.2021, Ra 2019/06/0022, mwN).

7        In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist demnach konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 16.2.2021, Ra 2018/06/0324).

8        Dieser Anforderung genügt die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht; eine konkrete, auf den Revisionssachverhalt bezogene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, von deren Beantwortung das Schicksal der gegenständlichen Revision abhängen sollte, wird darin nicht formuliert (vgl. etwa VwGH 22.12.2021, Ra 2020/06/0180, 9.6.2021, Ra 2019/06/0170, oder auch 30.3.2020, Ro 2020/05/0009, jeweils mwN).

9        Zu dem allgemeinen Vorbringen, das LVwG sehe das Vorsorgeprinzip erfüllt, wenn die Richtlinie „Lärmschutz an bestehenden Landesstraßen“ sowie die „Bundesstraßen-Lärm-Immissionsschutz-Verordnung“ eingehalten werde, und es fehle Rechtsprechung „zur Auslegung des § 14 Oö. Straßengesetz 1991 ‚Schutz des Nachbarn‘ insoweit, „als es um das Vorsorgeprinzip geht“, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer bestimmten Rechtsnorm (oder einem vergleichbaren Sachverhalt) fehlt, für sich allein keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründet (vgl. etwa VwGH 26.3.2021, Ra 2021/05/0043, 19.11.2020, Ra 2020/12/0062, 28.5.2020, Ra 2018/06/0245, 25.9.2019, Ra 2019/05/0117, 24.1.2019, Ra 2018/09/0208, oder auch nochmals 30.3.2020, Ro 2020/05/0009, jeweils mwN).

10       Soweit in den Zulässigkeitsgründen auf das „Erkenntnis 2004/05/0174 zur Umfahrung Vorchdorf“ verwiesen und in diesem Zusammenhang (bloß) ausgeführt wird, dort habe sich nicht die Frage gestellt, „ob auch unter der Schwelle 60dB tagsüber und 50 dB nachts“ Vorsorgemaßnahmen als subjektiv-öffentliches Recht durchgesetzt werden könnten, bleibt die Revision auch an dieser Stelle jegliche Bezugnahme und Auseinandersetzung mit dem konkreten Revisionssachverhalt schuldig und legt damit nicht offen, welche grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegenständlich zu beantworten sein sollte. Ohne konkrete Bezugnahme auf den Revisionsfall und einer Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem konkreten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung ist die Begründung der Zulässigkeit einer Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. etwa VwGH 13.11.2020, Ra 2020/05/0213, 30.4.2021, Ra 2021/05/0072 oder auch 18.1.2022, Ra 2020/05/0138, jeweils mwN).

11       Im Übrigen hat das LVwG zur Begründung des angefochtenen Erkenntnisses einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.11.2008, 2007/05/0310 und 6.7.2010, 2008/05/0067) herangezogen; in den Revisionszulässigkeitsgründen fehlt jegliche Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung und es wird insbesondere nicht dargelegt, aus welchem Grund diese im vorliegenden Fall nicht heranziehbar sein sollte (VwGH 7.10.2020, Ra 2020/05/0187, mwN).

12       Dem Ergebnis des in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG erstatteten umweltmedizinischen Gutachtens, wonach sich gegenständlich für die revisionswerbenden Parteien keine nachteiligen Wirkungen im Sinne erheblicher Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen ergeben, treten diese in den Revisionszulässigkeitsgründen in der Sache auch nicht entgegen (vgl. dazu sinngemäß nochmals VwGH 6.7.2010, 2008/05/0067).

13       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

14       Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigte sich ein weiteres Eingehen auf die Frage der Revisionslegitimation der drittrevisionswerbenden Partei.

15       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren auf Zuspruch von Umsatzsteuer findet darin keine Deckung (vgl. VwGH 24.6.2020, Ra 2019/05/0016 oder auch 22.10.2015, Ro 2015/12/0001).

Wien, am 22. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019060049.L00

Im RIS seit

16.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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