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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer sowie den Senatspräsidenten Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 11. Oktober 1994, Zl. MA 61/IV-G 250/92, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 11. Oktober 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 24. August 1992 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985", BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Unbestritten ist, daß der (im Jahre 1958 geborene) Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt, weil er - ausgehend von der von der belangten Behörde getroffenen, mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers übereinstimmenden Feststellung, daß er "seit 1988 in Österreich lebt" - noch nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik hat. Von dieser Voraussetzung kann aber gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt, wobei bemerkt wird, daß der Verfassungsgerichtshof dem auch in der gegenständlichen Beschwerdesache gestellten Antrag auf Aufhebung der zuletzt genannten Bestimmung als verfassungswidrig mit Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, G 68/95 u.a., nicht Folge gegeben hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/1255, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung, was zur Folge hat, daß im Falle ihrer Verneinung das Vorliegen der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft weiters erforderlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG nicht mehr zu prüfen ist und erst dann, wenn alle diese Verleihungsvoraussetzungen, einschließlich der nach § 10 Abs. 3 StbG, gegeben sind, eine nach § 11 StbG vorzunehmende Ermessensentscheidung in Betracht kommt.
Die belangte Behörde hat mit der von ihr gebrauchten Formulierung, "ein solch besonders berücksichtigungswürdiger Grund könnte im gegenständlichen Fall in der Flüchtlingseigenschaft des Bewerbers gesehen werden", offensichtlich angenommen, daß sie beim Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 3 StbG als gegeben erachtet; daß dies aus dem erwähnten Grund der Fall sei, wird in der Gegenschrift ausdrücklich betont. Damit ist aber die belangte Behörde einem Rechtsirrtum unterlegen, stellt doch das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG dar, sondern ist erst bei der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz StbG "gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist" (vgl. außer dem bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 93/01/1255 beispielsweise noch jenes vom 21. September 1994, Zl. 93/01/0397).
Daraus ergibt sich aber, daß der Beschwerdeführer dadurch, daß die belangte Behörde seinen Antrag auf (vorzeitige) Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen hat, schon aus diesem Grunde nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden ist, zumal er weder in seinem Antrag noch sonst im Verwaltungsverfahren einen maßgeblichen Umstand aufgezeigt hat, aus dem das Vorliegen eines BESONDERS berücksichtigungswürdigen Grundes im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG abgeleitet werden könnte. Auch der Beschwerde läßt sich nicht entnehmen, daß der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, es liege außer seiner Flüchtlingseigenschaft konkret ein derartiger Grund vor. Auf die von der belangten Behörde herangezogene Begründung, die darin bestanden hat, daß sie (erst) im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 11 StbG auf Grund der wiederholten Verstöße des Beschwerdeführers gegen der Sicherheit des Straßenverkehrs dienende Vorschriften (die sie nicht als Einbürgerungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gewertet hat) zur Abweisung des Antrages gelangt ist, und die sich darauf beziehenden Beschwerdeausführungen war demnach nicht mehr einzugehen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996010088.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
13.03.2009