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L66204 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Oberösterreich;Norm
AgrBehG 1950 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde
1. des KS und 2. der MS, beide in M, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 2. Dezember 1992, Zl. 710.912/08-OAS/92, betreffend Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes (mitbeteiligte Parteien: 1. FP, 2. PP, 3. WS, alle in M, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 13.280,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 2. August 1967 stellten die Beschwerdeführer bei der Agrarbezirksbehörde Gmunden (ABB) einen Antrag auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes zugunsten ihrer Liegenschaft (Streuwiese) Gp. Nr. 229/2, KG L. Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Verfahrens wurde in der Verhandlung am 16. Oktober 1967 vor der ABB folgendes Übereinkommen zwischen den Beschwerdeführern und den Ehegatten W. geschlossen:
"a) Auf Befragen des Verhandlungsleiters geben die Antragsteller hinsichtlich der genaueren Abgrenzung ihres Antrages an:
Wir (Beschwerdeführer) beantragen das Bringungsrecht als bloß persönliches Recht gegen die Besitzer der Liegenschaft K. Nr. 57/58 (Ehegatten W.). Unsere Grundparzelle ist eine Streuwiese und wird lediglich als solche genutzt. Es reicht uns daher völlig aus, wenn wir mit der Nutzung zusammenhängende Fahrten vornehmen können.
b) Für die Antragsgegner (Ehegatten W.) gibt der bevollmächtigte Vertreter Dr. K. folgende Stellungnahme ab:
Mit Rücksicht darauf, daß der an die Parzelle Nr. 229/2 angrenzende öffentliche Weg Nr. 2449 derzeit nicht ohne weiteres befahrbar erscheint, erklären sich die Ehegatten W. bereit, den Antragstellern (Beschwerdeführer) gegen jederzeitigen Widerruf und gegen Leistung eines Anerkennungsentgeltes in Form der Beistellung einer Fuhre Sägespäne im Ausmaß von 6 m3 das Befahren der eingangs erwähnten Parzellen zu gestatten. Hiebei müßten die Antragsteller (Beschwerdeführer) mindestens eine Woche vorher den Ehegatten W. das beabsichtigte Befahren der Grundstücke anzeigen. Das Anerkennungsentgelt müßte jeweils ganzjährig im voraus geleistet werden, wobei die Leistung in der Form zu erfolgen hat, daß die Ehegatten W. 6 m3 Sägespäne kaufen und die diesbezügliche Rechnung von den Antragstellern (Beschwerdeführer) ersetzt werden muß.
c) Erklärung der ... (Beschwerdeführer) hiezu:
Wir nehmen den Vorschlag der Ehegatten W. zur Kenntnis und sind mit dieser Regelung einverstanden."
Nachdem die Bewirtschaftungsform der Gp. Nr. 229/2 aufgrund einer Entwässerung von Streuwiese auf Futterwiese umgewandelt worden war, ersuchten die Beschwerdeführer, das einst eingeleitete Verfahren fortzusetzen, da mit dem seinerzeitigen Übereinkommen kein Auslangen mehr gefunden werden könne.
Mit Bescheid vom 11. November 1987 stellte die ABB gemäß den §§ 1, 2 und 31 des Gesetzes betreffend die landwirtschaftlichen Bringungsrechte, LGBL. für Oberösterreich Nr. 19/1962 (O.ö. Bringungsrechtegesetz, BRG) fest, daß das begehrte Bringungsrecht unter die Bestimmungen des O.ö. Bringungsrechtegesetzes über die Einräumung von Bringungsrechten fällt.
Mit Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung (LAS) vom 18. Februar 1988 wurde eine dagegen erhobene Berufung der Ehegatten W. gemäß § 1 AgrVG und § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. den §§ 1 Abs. 1 und 31 Abs. 1 BRG "als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid" bestätigt. Dieser Bescheid des LAS erwuchs in Rechtskraft.
Mit Bescheid vom 23. März 1990 räumte die ABB zugunsten der Liegenschaft Gp. Nr. 229/2 in EZ 227, KG L., die Grunddienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts zur Bringung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung vom öffentlichen Gut Gp. Nr. 2449, KG L., über die Gp. Nr. 235/1, 234 und 227 (Eigentümerin ist die drittmitbeteiligte Partei), über die Gp. Nr. 203 und 204 (Eigentümer sind die erst- und zweitmitbeteiligte Partei) und über die Gp. Nr. 198 (Eigentümer JS und FS) bis zum Güterweg I. ein. Weiters wurde den Beschwerdeführern unter näher bestimmten Auflagen gestattet, auf der eingeräumten Trasse einen landwirtschaftlichen Bringungsweg zu errichten und zu benützen, den öffentlichen Weg Gp. Nr. 2449 zu verbessern und den darauf stockenden Bewuchs zu entfernen. In einem weiteren Teil des Spruches sprach die ABB über die Entschädigungsleistungen ab. In der Begründung ihrer Entscheidung ging die ABB zunächst von der Feststellung aus, daß zur Bringung der landwirtschaftlichen Produkte der Gp. Nr. 229/2 keine oder nur eine unzulängliche Verbindung bestünde. Aufgrund der Größe des Grundstückes und der Bewirtschaftungsart würde sich der Bringungsbedarf auf ca. 30 Fahrten pro Jahr belaufen. Zusätzlich sei mit fallweisen Fahrten für die Instandhaltung der Entwässerungsanlage zu rechnen.
Aufgrund des vorhandenen Wegenetzes, der topographischen Gegebenheiten und der Eigentumsverhältnisse hätten sich im Verfahren vor der ABB sieben unterschiedliche Bringungsvarianten ergeben, die von der ABB im einzelnen dargestellt wurden. Nach Untersuchung der einzelnen Varianten habe sich die ABB für die im Spruch eingeräumte Trassenführung, welche im wesentlichen der Variante 6 entspricht, entschieden. Dies vor allem deswegen, weil die Gp. Nr. 2449, die öffentliches Gut darstelle, in die Erschließung eingebunden werden könne und somit weniger Privatgrund belastet würde. Die drittmitbeteiligte Partei habe an den Gemeinderat der Gemeinde L. den Antrag gestellt, der Gemeinderat möge den Teil des Weges der Gp. Nr. 2449, der in ihrem Liegenschaftsbesitz liege, als öffentliches Gut auflassen und ihrem Besitz zuschreiben. Nachdem jedoch bisher zu diesem Antrag keine Entscheidung ergangen sei, müsse von der Öffentlichkeit des vorliegenden Weges ausgegangen werden. Die Breite der eingeräumten Bringungsrechtstrasse betrage zwischen 3,0 und 3,5 m, in den Kurven des neu angelegten Weges betrage die Breite bis zu 6 m.
Gegen diesen Bescheid hat die drittmitbeteiligte Partei Berufung an den LAS erhoben und beantragt, den Bescheid der ABB zur Gänze zu beheben, denn die Variante 1 würde von mehreren Parteien zur Bringung benützt und die Behörde hätte es unterlassen, im Einvernehmen mit der Gemeinde L. die Gründung einer Interessentengemeinschaft, welcher auch die Beschwerdeführer angehören könnten, anzustreben. Abgesehen davon könnte auch auf der Variante 7 eine Bringungsgemeinschaft für mehrere Parteien angestrebt werden.
Mit Bescheid vom 30. Jänner 1992 hat der LAS dieser Berufung teilweise stattgegeben und den angefochtenen Bescheid der ABB inhaltlich abgeändert und ergänzt. Es wurde zugunsten der Gp. Nr. 229/2 ein landwirtschaftliches Bringungsrecht als Grunddienstbarkeit in folgender Weise eingeräumt:
"1.
Das eingeräumte Bringungsrecht umfaßt das Recht, über die Grundstücke 235/1, 234, 233/1 und 227/1, je KG L., über die Grundstücke 203 und 204, KG L., und über das Grundstück 199 einen Bringungsweg entsprechend dem beiliegenden Lageplan und der beiliegenden technischen Beschreibung zu errichten und künftig zu erhalten, sodaß dieser Bringungsweg mit Wirtschaftsfuhren ganzjährig befahren werden kann. Hiebei sind folgende Vorschreibungen einzuhalten:
a)
Menschen und Sachen dürfen nicht gefährdet werden;
b)
fremde Liegenschaften dürfen nur in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen werden; entstehen durch die Wegbaumaßnahmen Flurschäden oder Ertragsverluste auf Grundflächen neben der Bringungstrasse, so haben die Bringungsberechtigten diese den Geschädigten gesondert zu vergüten;
c)
das auf der Wegtrasse anfallende Aushubmaterial darf ohne gesonderte Entschädigung für die Anlage des Weges und der Böschungen sowie für Rekultivierungen mitverwendet werden;
d)
überschüssiges Bau- oder Aushubmaterial darf nicht in störender Weise abgelagert werden;
e)
sofort nach Abschluß der Bauarbeiten sind die beanspruchten Wegböschungen in geeigneter Weise wieder zu begrünen;
f)
Beim Bau des Weges sind vorhandene Bäume möglichst zu schonen. Den Grundeigentümern ist eine Frist von mindestens drei Monaten zu geben, innerhalb der sie dem Wegbau hinderliche Bäume schlägern und abtransportieren können. Die zu schlägernden Bäume sind von den Bringungsberechtigten oder deren Beauftragten zu kennzeichnen. Werden die Bäume von den Grundeigentümern nicht entfernt, dürfen die Bringungsberechtigten sie entfernen. Das Holz ist dann in transportierbarem Zustand neben dem Weg zu lagern; die Eigentümer des Holzes sind unverzüglich zu verständigen;
g)
das Gerinne im Bereich der Grenze zwischen den Gp Nr. 203 und 227/1, KG L., ist mit einem Rohrdurchlaß (laut Projektbeschreibung) in technisch einwandfreier Weise zu überbrücken;
h)
die Fertigstellung des Bringungsweges ist unverzüglich der ABB bekanntzugeben, damit diese die ordnungsgemäße Bauausführung überprüfen kann.
2.
Das Bringungsrecht umfaßt ferner das Recht zum Transport der im landwirtschaftlichen Betrieb der Antragsteller gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse sowie zum Transport der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung erforderlichen Sachen, mit den in der Landwirtschaft üblichen Fahrzeugen auf dem Bringungsweg, ferner das Gehen auf dem Bringungsweg.
3.
Öffentliche Wege bleiben von dieser Rechtseinräumung unberührt.
...
6.
Der beiliegende Lageplan und die beiliegende Projektsbeschreibung bilden wesentliche Bestandteile dieses Bescheidspruches.
... "
In der Begründung dieser Entscheidung verwies der LAS darauf, daß die Gp. Nr. 229/2 eine Enklave darstelle, die derzeit nicht erschlossen sei. Bei der Trassenwahl sei zu beachten gewesen, bestehende Wegverbindungen - in diesem Fall das öffentliche Gut Gp. Nr. 2449 - auszunützen, sodaß dadurch fremde Liegenschaft in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen würden.
Als wesentliche Frage sei zu prüfen, welche Bewandtnis es mit dem Trassenverlauf, mit der Breite und mit der Rechtsnatur des in den öffentlichen Büchern als "öffentliches Gut" ausgewiesenen Grundstückes Gp. Nr. 2449, KG L., habe. Die lagemäßige Darstellung dieses Grundstückes weiche erheblich von der in der Natur vorhandenen Wegtrasse ab; diese sei im Berufungsverfahren vermessungstechnisch aufgenommen und in den dem Bescheid beiliegenden Plan eingearbeitet worden. Aufgrund des seit 1. August 1991 in Kraft getretenen oberösterreichischen Straßengesetzes 1991 (LGBl. Nr. 84/1991) gehe der LAS davon aus, daß der in der Natur bestehende Weg (und nicht etwa die in der Katastermappe dargestellten Grundflächen, welche die Lage der Gp. Nr. 2249 veranschaulichen solle), als öffentlicher Weg (Verkehrsflächen der Gemeinde, Ortschaftsweg) zu qualifizieren sei. Der in der Natur bestehende, lagemäßig vom Katasterstand abweichende Weg sei zwar in den letzten Jahren nicht mehr für Verkehrszwecke benützt worden. Der Gemeinderat habe jedoch keine Auflassungsverordnung beschlossen, sodaß die Wegfläche weiterhin öffentliches Gut darstelle. Ein Bringungsrecht im Sinne des BRG könne sich stets nur auf nichtöffentliche Wege beziehen. Es habe daher eine Miteinbindung des öffentlichen Weges Gp. Nr. 2449 in die Erschließungslösung (nicht jedoch in das Bringungsrecht) zu erfolgen. Entlang des öffentlichen Weges Gp. Nr. 2449 beschränke sich das Bringungsrecht laut Projektsbeschreibung aus Kompetenzgründen auf die beiden im Projektsplan rot dargestellten Grundstreifen östlich und westlich des grün dargestellten öffentlichen Weges
Gp. Nr. 2449. Der Agrarbehörde sei es jedoch entgegen der Verfügung der ABB verwehrt, auszusprechen, daß das Bringungsrecht auch das Recht beinhalte, den öffentlichen Weg in einen qualitativ besseren Zustand zu versetzen. Hiezu hätte es der vorhergehenden ausdrücklichen Zustimmung der Gemeinde bedurft.
Vergleiche man die sieben untersuchten Varianten miteinander, so biete sich klar die Variante 6 an. Diese Variante beanspruche zum überwiegenden Teil vorhandene Wegflächen, weiters extensiv nutzbare Flächen entlang der Kulturgruppe Wald/Wiese, sodaß der Durchschneidungsnachteil möglichst gering ausfalle. Zwischen den erschlossenen und den in Anspruch genommenen Flächen bestehe kein Mißverhältnis bezüglich Ausmaß und Wert. Auch erleide die drittmitbeteiligte Partei keine erheblichen Nutzungs- und Bewirtschaftungserschwernisse, da die Trasse am Rand (außerhalb) der geschlossenen landwirtschaftlichen Nutzfläche verlaufe. In der Länge von ca. 140 m führe die Trasse über die Liegenschaft der drittmitbeteiligten Partei und nehme hievon 235 m2 in Anspruch. Dem Wunsch nach Bildung einer Bringungsgemeinschaft habe nicht nachgekommen werden können, weil die vom Gesetz geforderten Mehrheitsverhältnisse (offenbar gemeint: ein Mehrheitsbeschluß der Beteiligten im Sinne des § 12 Abs. 2 lit. b BRG) nicht vorgelegen seien. Zusammenfassend betrachtet sei das eingeräumte Bringungsrecht im Vergleich zu den anderen dem Verfahren unterworfenen Varianten jenes, welches bei objektiver Abwägung aller Vor- und Nachteile die zweckmäßigste Lösung zur Behebung des Bringungsnotstandes darstelle.
Gegen diesen Bescheid des LAS erhob die drittmitbeteiligte Partei Berufung an die belangte Behörde.
Auch erst- und zweimitbeteiligte Partei erhoben gegen den Bescheid des LAS rechtzeitig Berufung an die belangte Behörde, weil die vorgesehene Trassenführung die landwirtschaftliche Nutzung ihrer angrenzenden Grundstücke wesentlich beeinträchtige und die Höhe der angebotenen Entschädigung nicht entspreche.
Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren durch örtliche Erhebungen von Vertretern der belangten Behörde am 4. August 1992 ergänzt. Die Gemeinde L. teilte mit Schreiben vom 27. Oktober 1992 mit, daß der Gemeinderat am 22. Oktober beschlossen habe, den öffentlichen Weg Gp. Nr. 2449 aufzulassen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 1992 gab die belangte Behörde den Berufungen der mitbeteiligten Parteien gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 1 bis 4 BRG statt, behob den Bescheid des LAS und wies den Antrag der Beschwerdeführer auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes als unbegründet ab.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, es sei im vorliegenden Fall unbestritten, daß die notleidende Liegenschaft Gp. Nr. 229/2 der Beschwerdeführer derzeit nur über eine unzulängliche Erschließung verfüge. Die Unzulänglichkeit bestehe darin, daß die vorhandene Zufahrt nur eine Bringungsfrequenz gestatte, die die Bewirtschaftung des Grundstückes lediglich als Streuwiese ermögliche. Man müsse nun die denkbaren Trassenvarianten bezüglich ihres Aufwandes und der damit verbundenen Nachteile mit jenem Vorteil vergleichen, der aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des notleidenden Grundstückes regelmäßig erwachsen könne. Um eine Abwägung im Sinne des § 3 Abs. 3 BRG durchführen zu können, müsse festgehalten werden, welchen Mehrertrag die Beschwerdeführer durch die Einräumung eines Rechtes erzielen könnten.
Zunächst sei aus der zweimähdigen Wiese der Beschwerdeführer ein Heuertrag von 67 dt pro Jahr (= 78 dt/ha) anzunehmen. Es sei von einem Heupreis von S 2,-- je kg auszugehen. Dies bedeute einen Rohertrag von S 13.400,-- (bzw. S 15.680,--/ha). Für dieses Ertragsniveau fielen variable Kosten von ca. S 5.500,-- an, sodaß sich ein Deckungsbetrag von S 7.850,-- ergebe.
Da grundsätzlich davon auszugehen sei, daß die Beschwerdeführer bei unveränderter bisheriger Bewirtschaftungsweise mit der derzeitigen Erschließung ein Auskommen fänden und erst durch die Meliorierung - allerdings nur im Falle intensiverer Bewirtschaftung - in einen Erschließungsnotstand kämen, müsse zur Nutzenfeststellung der bisher erzielbare Ertrag in Abzug kommen. Bei einer einmähdigen Nutzung könne ein Ertrag von ca. 35,9 dt und somit von S 7.180,-- Rohertrag angenommen werden. Unter Abzug der variablen Kosten von S 2.000,-- verbleibe ein Deckungsbetrag von S 5.180,--.
Um nun den Vorteil einer Einräumung des Rechts darstellen zu können, sei die Differenz der Deckungsbeiträge auszurechnen. Dies ergebe eine Summe von S 2.760,-- pro Jahr. Kapitalisiert betrage der Nutzen im Falle der Erschließung S 66.750,--. Lege man nun als Variante zum bisher Errechneten die Annahme zugrunde, daß bei einmähdiger Nutzung schlechtestenfalls 26 dt aus dem Grundstück erwirtschaftet werden könnten, ergebe sich folgendes Bild: Rohertrag S 5.200,--, variable Kosten S 1.637,--, daher ein Deckungsbetrag von S 3.563,--. Letzterer Betrag sei vom Deckungsbetrag von S 7.850,-- abzuziehen. Dies ergebe S 4.827,--, was kapitalisiert S 107.175,-- ausmache. Es müsse dabei festgehalten werden, daß diese Summe einen theoretisch angenommenen Maximalnutzen darstelle, während die oben errechneten S 66.750,-- den Gegebenheiten wohl eher entsprechen würden. Demzufolge hätten sich die weiteren Überlegungen in einem jährlichen Nutzungsspielraum von S 2.760,-- bis S 4.287,-- zu bewegen.
Damit nun eine Abwägung nach § 3 Abs. 3 BRG vorgenommen werden könne, sei der kapitalisierte Betrag von S 66.750,-- bei maximal S 107.175,-- mit den materiellen Erfordernissen der einzelnen Trassen zu vergleichen.
Ein Vorteil im Sinne des Gesetzes könne nur dann angenommen werden, wenn der kapitalisierte Zuwachs von mindestens S 66.750,-- bis höchstens S 107.175,-- klar über den allfälligen Kosten (einmal abgesehen von sonstigen Nachteilen) einer allfälligen Rechtseinräumung liege.
Bei der Variante 6 entstünden nun zusammen mit der Entschädigung Aufwendungen von S 122.400,--. Zu dieser Summe, die allein schon genüge, um eine Abwägung zu Ungunsten des Antragstellers ausgehen zu lassen, kämen weitere Nachteile hinzu. Hier sei die Entschädigung für jene Flächen zu nennen, die nun nach Umwidmung nicht mehr öffentliches Gut darstellten. Weiters sei zu bedenken, daß beim wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren mit weiteren Auflagen gerechnet werden müsse, die in der angestellten Berechnung nicht berücksichtigt worden seien (z.B. Herstellung von Ein- und Auslaufbauwerken für den Rohrdurchlaß - Durchmesser 100 cm). Außerdem sei bei dieser Trasse der Eingriff in die Natur weitaus am größten, weil praktisch die gesamte Weganlage neu hergestellt werden müsse und durch die bestehende Geländeformation zwangsläufig Böschungen entstünden. Da Geländeerhebungen über 1 m Höhe stattfinden würden, wäre darüber hinaus ein naturschutzrechtliches Bewilligungsverfahren erforderlich. Unter diesen Umständen könne daher auch bei dieser Variante vom Überwiegen eines Vorteils nicht gesprochen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde durch unrichtige Anwendung des BRG, des Agrarbehördengesetzes und des AVG den Bescheid des LAS behoben und den Antrag der Beschwerdeführer auf Einräumung eines Bringungsrechtes als unbegründet abgewiesen hat.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift eingebracht, in der sie - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien in ihrer Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer führen aus, es liege aus der Sicht der mitbeteiligten Parteien kein abänderndes Erkenntnis des LAS vor. Wie der LAS in seinem Bescheid vom 30. Jänner 1992 zum Ausdruck bringe, sei der erstinstanzliche Bescheid der ABB lediglich betreffend die technische Ausgestaltung der Bringungsanlage präzisiert und modifiziert worden, sodaß die Entscheidung des LAS von ihrem materiellen Inhalt her tatsächlich keine Abänderung gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid darstelle. Die Ausscheidung des öffentlichen Gutes aus der Rechtseinräumung stelle gegenüber den mitbeteiligten Parteien ein "Minus" dar, sodaß aus der Sicht der mitbeteiligten Parteien weder eine Beschwer, noch eine Rechtsmittellegitimation für eine Berufung an die belangte Behörde vorgelegen sei. Die belangte Behörde sei daher für eine Entscheidung über die Berufungen der mitbeteiligten Parteien gemäß § 7 Agrarbehördengesetz unzuständig gewesen.
Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 5 lit. b des Agrarbehördengesetzes 1950, BGBl. Nr. 1/1951 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 476/1974 ist die Berufung an den Obersten Agrarsenat gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates zulässig, mit denen ein Bringungsrecht eingeräumt, abgeändert oder aufgehoben oder eine Felddienstbarkeit geregelt oder aufgehoben wird.
Gemäß § 2 Abs. 1 BRG besteht das landwirtschaftliche Bringungsrecht entweder in dem Recht, landwirtschaftliche Erzeugnisse und andere Sachen der in § 1 bezeichneten Art über fremde Liegenschaften ohne Weganlage oder auf bestehenden nichtöffentlichen Wegen zu bestimmten Zeiten zu befördern, oder in dem Recht, zu dem in § 1 angeführten Zweck landwirtschaftliche Bringungsanlagen anzulegen oder bestehende unzureichende Bringungsanlagen ausreichend zu erweitern und die Bringungsanlagen zu benützen.
Nach ständiger Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes liegt ein "abänderndes Erkenntnis des Landesagrarsenates" immer dann vor, wenn der materielle Inhalt der zweitinstanzlichen Entscheidung vom materiellen Inhalt der erstinstanzlichen abweicht (vgl. u.a. den hg. Beschluß 26. Mai 1987, 87/07/0077).
Entgegen den Beschwerdeausführungen stellt sich die Präzisierung und Modifikation der technischen Ausgestaltung der Bringungsanlage durch den LAS sehr wohl als inhaltliche Änderung dar. Die Modifikation beschränkte sich nämlich nicht nur auf die Herausnahme des öffentlichen Weges Gp. Nr. 2449 aus der Bringungsrechtstrasse. Durch die Einräumung eines Bringungsrechtes auf den im Lageplan - der einen wesentlichen Bestandteil des LAS-Bescheidspruches bildet - rot dargestellten Grundstreifen östlich und westlich des grün dargestellten öffentlichen Weges Gp. Nr. 2449 wurde den durch die Bringungsrechtseinräumung Begünstigten ein zusätzliches Recht, nämlich die Benützungsmöglichkeit dieser im Projektsplan rot dargestellten Grundstreifen eingeräumt. Der durch die Bringungsrechtseinräumung belasteten drittmitbeteiligten Partei wurde dadurch eine korrespondierende zusätzliche Duldungsverpflichtung auferlegt. Es war daher im Grunde des § 7 Abs. 2 Z. 5 lit. b AgrBehG in bezug auf die mitbeteiligten Parteien die Voraussetzung für die Anrufung der belangten Behörde im Berufungswege gegeben.
Die Beschwerdeführer bringen ferner vor, im Bescheid des LAS vom 30. Jänner 1992 sei festgehalten, daß die Ehegatten W. im Bringungsrechtsverfahren den Standpunkt vertreten hätten, das Verlangen der Beschwerdeführer, ihr Grundstück intensiver (als Wiese) zu bewirtschaften, stehe im Gegensatz zur Vereinbarung vom 16. Oktober 1967. Dies komme faktisch einem rechtswirksamen Widerruf der seinerzeit gewährten Fahrtmöglichkeit gleich. Der LAS, wie im übrigen davor die ABB, hätten daher jeweils das Vorliegen eines Bringungsnotstandes im gegenständlichen Fall bejaht. Demgegenüber gehe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aktenwidrig davon aus, den Beschwerdeführern stünde für die Gp. Nr. 229/2, KG L., eine verkehrsmäßige Erschließung für eine "einmähdige" Nutzung zu.
Unter Zugrundelegung dieser unrichtigen, mit den bisherigen Verfahrensergebnissen, insbesondere mit dem Inhalt des Vergleiches vom 16. Oktober 1967, in Widerspruch stehenden und daher aktenwidrigen Annahme des Sachverhaltes baue die belangte Behörde ihre Nutzwert- und Rentabilitätsberechnungen auf, was schlußendlich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu einer Verneinung des objektiven Vorteiles und zur Antragsabweisung geführt habe.
Wird gemäß § 1 Abs. 1 BRG die zweckmäßige Bewirtschaftung einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt, daß zur Bringung der im landwirtschaftlichen Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung besteht, so kann der Eigentümer, Fruchtnießer oder Pächter begehren, daß ihm die zur Behebung dieser Nachteile notwendigen landwirtschaftlichen Bringungsrechte eingeräumt werden.
Ein Bringungsrecht darf nach § 3 Abs. 3 BRG nur dann eingeräumt werden, wenn der hiedurch zu erreichende Vorteil die damit verbundenen Nachteile offenbar überwiegt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann aus der von ihnen dargelegten Äußerung der Ehegatten W. kein Widerruf der Vereinbarung aus dem Jahre 1967 erblickt werden.
Den Beschwerdeausführungen kommt dennoch aus folgenden Gründen im Ergebnis Berechtigung zu:
Nach dem Übereinkommen vom 16. Oktober 1967 ist die Nutzung des Grundstückes Nr. 229/2, KG L., auf jene als Streuwiese eingeschränkt. Das Befahren der im Eigentum der Ehegatten W. stehenden Liegenschaften wurde den Beschwerdeführern gegen jederzeitigen Widerruf, gegen Anzeige des beabsichtigten Befahrens mindestens eine Woche vorher und gegen eine im voraus zu erbringende Leistung in Form der Bezahlung der Rechung für den Kauf von 6 m3 Sägespänen gestattet.
Diese "Erschließungsmöglichkeit" stellt sich jedoch im Lichte der auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen und der daraus resultierenden intensiveren Nutzungsmöglichkeit als unzulänglich im Sinne des § 1 Abs. 1 BRG dar. Wegen der nur bis auf (jederzeitigen) Widerruf geduldeten Benützung fremden Grundes besteht aufgrund der dargestellten Vereinbarung aus dem Jahre 1967 nicht einmal für die einmähdige Bewirtschaftung der Liegenschaft der Beschwerdeführer eine ausreichende Bringungsmöglichkeit. Die auch in der Literatur vertretene Auffassung, ein Bittweg stelle an sich eine rechtlich ausreichende Verbindung dar, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Die belangte Behörde geht daher zu Unrecht von einer ausreichenden Erschließung dieser Liegenschaft hinsichtlich der einmähdigen Bewirtschaftung aus. Ist aber diesbezüglich bereits die Bringungsmöglichkeit unzulänglich, so ist es auch nicht statthaft, jenen, in Form eines Deckungsbeitrages errechneten Nutzen, den die Beschwerdeführer im Rahmen der einmähdigen Bewirtschaftung ihrer Liegenschaft erwirtschaften können, vom Gesamtnutzen der Liegenschaft bei intensiverer Bewirtschaftung abzuziehen und nur den Differenzbetrag bei der Abwägung nach § 3 Abs. 3 BRG in Anschlag zu bringen. Damit ist jedoch den gesamten Nutzwert- und Rentabilitätsberechnungen sowie den daraus gezogenen Schlußfolgerungen der belangten Behörde die rechtliche Basis entzogen, sodaß sich diese als mit den gesetzlichen Vorgaben in Widerspruch stehend erweisen. Es erübrigt sich daher im einzelnen auf die von den Beschwerdeführern insbesondere gegen die Berechnungsmethode der belangten Behörde vorgebrachten Argumente sowie auf damit zusammenhängende Verfahrensrügen näher einzugehen.
Aufgrund dieser unzulässigen Berechnungsmethode hat es die belangte Behörde auch zu Unrecht unterlassen, nähere Ermittlungen zur Berechnung der Nachteile, die aus der geänderten Rechtslage bezüglich des ehemaligen öffentlichen Weges resultieren, anzustellen und eine dem § 3 Abs. 3 BRG entsprechende Abwägung nachvollziehbar vorzunehmen.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß die Entscheidung über die Entschädigung einschließlich der Bemessung ihrer Höhe eine Rechtsfolge der Einräumung des Bringungsrechtes und keine Tatbestandsvoraussetzung für dessen Einräumung ist, weil die Entschädigung als Nachteilsausgleich dient und ihrerseits nicht zugleich in die Nachteilsbeurteilung einbezogen werden kann. Als Nachteil kann letztlich nur die Belastung des Grundeigentums angesehen und in die Nachteilsbeurteilung einbezogen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1995, Zlen. 93/07/0028, 0045).
Bereits aus den dargestellten Überlegungen erweist sich der angefochtene Bescheid somit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Die Abweisung des Mehrbegehrens der beschwerdeführenden Parteien betrifft Stempelgebühren für die vorgelegte Ablichtung des Bescheides, da gemäß § 14 TP 5 Abs. 1 Gebührengesetz 1957 die Stempelgebühren je Beilage auf maximal S 180,-- begrenzt sind.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993070027.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
21.11.2012