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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des Dr. P in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 28. Februar 1996, Zl. MD/I-8858/1995, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:
1. Ing. M in I; 2. Ing. B in R), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 4. Dezember 1995 wurde dem Erst- und dem Zweitmitbeteiligten die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses mit 11 Wohneinheiten und einer Tiefgarage auf dem Grundstück Nr. 888/3, KG A, nach Abbruch des Einfamilienhauses auf dieser Parzelle erteilt. Verschiedene Einwendungen der am Verfahren beteiligten Parteien (u.a. der Beschwerdeführer) wurden teilweise als unzulässig zurück-, teilweise als unbegründet abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung u.a. des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Aus dem Bauakt ergebe sich, daß das geplante Objekt aus einem Untergeschoß, einem Erdgeschoß, zwei Obergeschossen und einem ausgebauten Dachgeschoß bestehe. Im Untergeschoß seien zwölf Abstellplätze vorgesehen. Der oberirdische Baukörper solle dabei im Grundriß 20 m x 12,5 m bzw. 13,45 m umfassen, wobei die Mindestabstände zur P-Straße 5 m, zur L-Straße 4,70 m, nach Süden 8,17 m und nach Osten 5,65 m betrügen. Die mittleren Wandhöhen würden westseitig 9,19 m, südseitig 9,25 m, nordnordseitig 9,34 m und ostseitig 9,37 m, und zwar jeweils vom anschließenden Gelände aus gemessen, ausmachen. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Nachbar auf die Einhaltung der Geschoßflächendichte keinen subjektiven Rechtsanspruch, wenn Abstände und Gebäudehöhe im Bebauungsplan festgelegt seien. Im vorliegenden Fall sei im rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 5/af die Wandhöhe mit 9,50 m bestimmt und die Anzahl der Vollgeschosse mit III festgelegt. Das zur Genehmigung eingereichte Projekt halte sich nach den im Bauverfahren eingeholten Stellungnahmen an diese Vorgaben, sodaß die erstinstanzliche Behörde den Einwand der Überschreitung der verordneten Geschoßflächendichte zutreffend als unzulässig zurückgewiesen habe. Die belangte Behörde führt in der Folge noch aus, daß ihrer Auffassung nach zwischen der im anzuwendenden Bebauungsplan festgelegten Geschoßflächendichte und dem Ziel des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 (LGBl. Nr. 81/1993; im folgenden:
TROG 1994) in § 27 Abs. 2 lit. e TROG 1994 ein Widerspruch bestehe, sodaß diese Festlegung gemäß § 114 Abs. 1 TROG 1994 nicht anzuwenden sei. Es sei daher im verfahrensgegenständlichen Bauverfahren auf diese Festlegungen des anzuwendenden Bebauungsplanes mit der Bezeichnung Nr. 5/af nicht Bedacht zu nehmen und den diesbezüglichen Einwendungen nicht Rechnung zu tragen, diese seien vielmehr zutreffend zurückgewiesen worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (im folgenden: TBO), sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Gemäß § 30 Abs. 4 TBO hat die Behörde über eine behauptete Verletzung des Nachbarn in Rechten, die in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16 b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß gemäß dem Gutachten des Amtes für Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung, Bauberatung, vom 30. August 1995 das widmungsgemäße Ziel der örtlichen Raumordnung in der zur Diskussion stehenden Gegend die Erhaltung und Entwicklung einer kleinstrukturierten und stark durchgrünten Wohnbebauung sei. Als weiteres Ziel zur widmungsgemäßen Verwendung von Grundstücken solle laut diesem Gutachten der dort ansässigen Bevölkerung die Sicherheit gegeben werden, daß die bestehende städtebauliche Struktur dieses hauptsächlich von Kleingrundstücken geprägten Gebietes erhalten bleibe. Im Hinblick auf diese Ziele sei auch das heutige, im wesentlichen kleinstrukturierte, stark durchgrünte Orts- und Straßenbild entstanden. Der massive Baukörper des vorliegenden Bauprojektes entspreche nicht der in dieser Gegend vorherrschenden Gebäudekörnung und ermögliche deshalb auch keine ausreichende Durchgrünung. Gemäß dem Gutachten könnten die genannten Ziele der örtlichen Raumordnung nicht mehr verfolgt werden und es würde das geplante Bauvorhaben einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der örtlichen Raumordnung zuwiderlaufen, weshalb einem Bauvorhaben in der vorliegenden Form keinesfalls zugestimmt werden könne. Der von der belangten Behörde bestätigte Bescheid widerspreche daher grundlegend den Bestimmungen des TROG 1994. Daraus ergebe sich, daß die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen jedenfalls als solche subjektiv öffentlich-rechtlicher Natur zu betrachten seien, da er sein Vorbringen auf Bestimmungen des TROG und auf die Bauweise im Sinne des § 30 Abs. 4 TBO stütze. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer bereits in der Berufung vorgebracht, daß durch die Zulassung einer Geschoßflächendichte, die die im vorangegangenen Bebauungsplan festgelegte um das Doppelte überschreite, vom Beschreiten eines Mittelweges in raumordnerischer Hinsicht keine Rede sein könne.
Der Beschwerdeführer sei weiters nachhaltig in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt, da der rechtskräftige Bebauungsplan eine höchstzulässige Wandhöhe von 9,50 m und die Anzahl der Vollgeschosse mit 3 festlege, während entsprechend dem vorliegenden Projekt bereits die mittlere Wandhöhe des dreieinhalb-geschossigen Gebäudes bis zu 9,37 m betrage. Der Beschwerdeführer habe ein Recht auf Einhaltung der Bauweise, die der Bebauungsplan festlege. Insbesondere habe er im vorliegenden Fall ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Geschoßflächendichte, da mit dieser die Einhaltung einer höchstzulässigen Gebäudehöhe gewährleistet würde. Die mittlere Wandhöhe betrage schon 9,37 m, woraus sich ergebe, daß bei einer Dachneigung von 45 Grad die Gebäudehöhe jedenfalls den höchstzulässigen Wert von 9,50 m überschreite. Im vorliegenden Fall werde auf die drei Vollgeschosse ein Mansardendach aufgesetzt, wodurch die Gebäudehöhe insgesamt ca. 13 m betrage. Aus all diesen Gründen widerspreche der angefochtene Bescheid den einschlägigen Bestimmungen des TROG 1994.
Der Beschwerdeführer hat unbestritten im Verfahren die Verletzung im Recht auf Einhaltung der im Bebauungsplan vorgeschriebenen Geschoßflächendichte geltend gemacht. Die belangte Behörde hat sich in diesem Zusammenhang zutreffend darauf berufen, daß ein Recht des Nachbarn auf Einhaltung einer ausdrücklich festgelegten Geschoßflächendichte nur dann zusteht, wenn mit dieser Vorschrift (auch) die Einhaltung von Grenzabständen oder der höchstzulässigen Gebäudehöhe gewährleistet werden soll (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Mai 1980, Slg. Nr. 10.119/A, und vom 28. März 1996, Zl. 96/06/0040, und die in letzterem zitierte Vorjudikatur). Die Gebäudehöhe ist im anzuwendenden Bebauungsplan unbestritten mit 9,50 m und mit drei Vollgeschossen begrenzt, woraus sich im Zusammenhalt mit § 7 Abs. 1 lit. b TBO ein Mindestabstand zu den Grundstücksgrenzen (ausgenommen die Verkehrsflächen) von 4,85 m ergibt. Es kommt somit dem Beschwerdeführer kein Mitspracherecht auf Einhaltung der Geschoßflächendichte zu. Wenn sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang insbesondere darauf beruft, daß § 30 Abs. 4 TBO dem Nachbarn ein Recht auf Einhaltung der Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung und die Bauweise einräume, ist dem Beschwerdeführer die angeführte hg. Judikatur entgegenzuhalten, nach der er in bezug auf die Regelung betreffend die Geschoßflächendichte nur dann ein Mitspracherecht hat, wenn die Gebäudehöhe und der Abstand nicht festgelegt sind, sodaß über die Geschoßflächendichteregelung die Einhaltung von Grenzabständen und einer höchstzulässigen Gebäudehöhe sichergestellt wird. Daß der Beschwerdeführer aber bereits im Verwaltungsverfahren eine Überschreitung der zulässigen Bauhöhe oder der zulässigen Anzahl der Geschosse geltend gemacht hätte, behauptet er selbst in der Beschwerde nicht, auch wenn er nunmehr in der Beschwerde im Hinblick auf die seiner Meinung nach gegebene Funktion der Geschoßflächendichte, die Einhaltung einer höchstzulässigen Gebäudehöhe zu gewährleisten, ohne nähere Begründung behauptet, die höchstzulässige Gebäudehöhe von 9,50 m werde überschritten und das Gebäude sei dreieinhalb-geschossig. Es wird in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Wandhöhe auch noch darauf hingewiesen, daß diese gemäß § 7 Abs. 2 TBO bis zum SCHNITT DER ÄUßEREN WANDFLÄCHE MIT DER DACHHAUT oder, falls dies eine größere Höhe ergibt, bis zur Oberkante der Außenwand und nicht bis zum höchsten Punkt des Daches zu messen ist, wovon der Beschwerdeführer offensichtlich ausgeht. Ein Dach mit einer Neigung bis zu 45 Grad ändert an dieser Berechnung nichts. Übersteigt die Neigung einer Dachfläche den Winkel von 45 Grad, so ist der Schnitt der äußeren Wandfläche mit der Dachhaut unter der Annahme zu ermitteln, daß die Dachneigung 45 Grad beträgt, wobei vom höchsten Punkt jener Dachfläche auszugehen ist, deren Neigung den Winkel von 45 Grad übersteigt. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Mansardendach hätte also nur dann eine Auswirkung auf die auch vom Beschwerdeführer akzeptierte von der Behörde angenommene mittlere Wandhöhe von 9,37 m, wenn es einen Winkel von 45 Grad überschreitet. Der Beschwerdeführer geht aber in seiner Beschwerde selbst von einer Dachneigung von 45 Grad aus. Weiters sind Geschosse, in denen ausgebaute oder nicht ausgebaute Räume liegen, die das Dach berühren (Dachgeschosse), nur dann als Vollgeschosse anzusehen, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche dieses Geschosses der Senkrechtabstand mehr als 2,70 m beträgt. Daß das erwähnte Mansardendach in diesem Sinne als Vollgeschoß zu qualifizieren wäre, wird in der Beschwerde in keiner Weise begründet. Der Beschwerdeführer geht vielmehr selbst, indem er von dreieinhalb Geschossen spricht, davon aus, daß ein Dachgeschoß vorliegt. Gemäß § 62 TROG ist im Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse festzulegen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996060088.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009