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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der Dr. L in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 14. September 1995, Zl. Präs. K - 52/1995-2, betreffend einen Antrag auf Feststellung von Dienstpflichten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Senatsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Mit Gemeinderatsbeschluß vom 12. September 1991 wurde sie mit Wirkung vom 1. Oktober 1991 zur Leiterin der Magistratsabteilung 8 - Finanzabteilung bestellt.
Unter dem Datum 30. Juni 1994 erließ der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz folgende "Leitungsverfügung":
"Der in den letzten Jahren gewachsene Kostendruck in Erledigung der finanziellen Belange der Stadt Graz stellt inbesondere die Finanzverwaltung vor die Aufgabe, alle Möglichkeiten der Organisation und der Zusammenarbeit mit den übrigen Magistratsabteilungen unter den Aspekten der Wirtschaftlichkeit aktiv zu nutzen. Diesbezüglich hat der politische Referent für das Finanzwesen finanzwirtschaftliche Maßnahmen konzipiert und der Finanzabteilung zur Umsetzung anheim gestellt.
Die Einschau des Bundesrechnungshofes in die Gebarung der Stadt Graz mit besonderem Beurteilungsschwerpunkt der finanztechnischen Mechanismen hat das Erfordernis zur Vornahme organisatorischer Umstellungen zugunsten der Erzielung höherer Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung städtischer Mittel festgestellt.
Um den Voraussetzungen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit besser entsprechen zu können, verfüge ich im Einvernehmen mit dem stadträtlichen Referenten für das Finanzwesen Dr. W M, daß die Vollziehung der Sachgruppen der Geschäftseinteilung für den Magistrat Graz 0008-101 bis 104, 0008-108 und 109, 0008-111 und 112, 0008-201 bis 211 und 213, 0008-501 bis 506 sowie 0008-702 sowie die Durchführung der Finanzsteuerungsmechanismen des Controllings Herrn OMR. Dr. R E als Gruppenleiter in selbständiger Leitungsverantwortung übertragen werden. In Erfüllung dieser Aufgaben kommen OMR. Dr. R E jene Rechte und Pflichten zu, wie sie den Leitern städtischer Dienststellen gemäß § 26 der Dienstordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz übertragen sind. Die Bediensteten zur Bearbeitung der in den angeführten Sachgruppen zu erledigenden Geschäfte sind neben OMR. Dr. R E die Bediensteten E P, B R, H P, J M, K P, N A, K L und C M.
Die von dieser Verfügung nicht erfaßten Sachgruppen der Magistratsabteilung 8 sind von den übrigen Bediensteten der Finanzabteilung zu erledigen.
Diese Verfügung tritt mit sofortiger Wirksamkeit in Kraft."
Diese Verfügung erging gemäß dem Verteiler unter anderem an den Magistratsdirektor, an die Beschwerdeführerin und an den bestellten Gruppenleiter.
Die Beschwerdeführerin vertrat hiezu die Auffassung, mit dieser Leitungsverfügung seien ihr die dem Gruppenleiter zugewiesenen Kompetenzen entzogen worden, was sich daraus ergebe, daß dieser diese Angelegenheiten "eigenverantwortlich" zu besorgen habe. Das bedeute, daß ihr demnach diesbezüglich keinerlei Leitungsbefugnisse mehr zukämen, was rechtswidrig sei. In weiterer Folge beantragte die Beschwerdeführerin mit der am 27. September 1994 bei der Dienstbehörde eingelangten Eingabe vom 23. September 1994 unter Hinweis auf ihren Standpunkt mit eingehenden Ausführungen die bescheidmäßige Feststellung, daß die Befolgung dieser Leitungsverfügung des Bürgermeisters nicht zu ihren gesetzlichen Pflichten gehöre. Mangels Entscheidung durch die angerufene erstinstanzliche Behörde brachte die Beschwerdeführerin am 6. April 1995 einen mit 29. März 1995 datierten Devolutionsantrag bei der belangten Behörde ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den zugrundeliegenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. September 1994 mangels Parteistellung gemäß § 3 DVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefaßter Darstellung im wesentlichen aus, daß der Devolutionsantrag zulässig sei. In der Hauptsache heißt es, daß die Verfügung des Bürgermeisters vom 30. Juni 1994 eine Maßnahme des inneren Dienstes darstelle. Inhalt der Verfügung sei "die Einrichtung eines unterhalb der Ebene der Amtsleitung angesiedelten Gruppenleiters, dem in bestimmten Bereichen Rechte und Pflichten übertragen wurden, wie sie gemäß § 26 DO (Anmerkung: Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957) den Leitern städtischer Magistratsabteilungen zukommen". Die Beschwerdeführerin verkenne den Umstand, daß ihr Aufgabenbereich durch die in Rede stehende Verfügung des Bürgermeisters nicht eingeschränkt worden sei; vielmehr bestünden ihre Rechte und Pflichten als Amtsleiterin auch hinsichtlich jener Bereiche aufrecht, die gemäß der gegenständlichen Verfügung des Bürgermeisters dem genannten Gruppenleiter übertragen worden seien.
Zur Frage der Zulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides sei auszuführen, daß in den Verwaltungsverfahrensgesetzen eine allgemeine Ermächtigung zur Erlassung von Feststellungsbescheiden zum Zweck der Klärung von Rechtsfragen des öffentlichen Rechts nicht vorgesehen sei. Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung sei die Erlassung solcher Bescheide ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde vielmehr nur dann zulässig, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse liege oder als notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung im rechtlichen Interesse einer Partei liege.
In Präzisierung des § 8 AVG bestimme § 3 DVG, daß im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten nur jene Personen Parteien seien, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis oder deren Rechte oder Pflichten aus einem solchen Dienstverhältnis Gegenstand des Verfahrens seien. Partei im Dienstrechtsverfahren sei demnach jedermann, der ein Recht aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis geltend mache bzw. dem von der Behörde eine angeblich aus einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis sich ergebende Pflicht auferlegt werden solle. Weiters sei auch derjenige Partei, dessen öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis selbst Gegenstand des Verfahrens sei, was bedeute, daß dieses beendet, umgestaltet oder festgestellt werden solle.
Da die Verfügung des Bürgermeisters vom 30. Juni 1994 weder das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin berühre noch in irgendwelche Rechte, die ihr als Amtsleiterin zukämen, eingreife bzw. ihr Pflichten auferlege, sei "im gegenständlichen Fall eine Parteistellung der Antragstellerin nicht gegeben". Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin begründe die in Streit gezogene Weisung keine Kompetenzdurchbrechung, sondern es stünden ihr die ihr als Amtsleiterin zukommenden Rechte und Pflichten gegenüber allen Bediensteten der städtischen Finanzabteilung uneingeschränkt zu. Abschließend werde ergänzt, daß neben der dienstrechtlichen auch die besoldungsrechtliche Stellung der Beschwerdeführerin aufgrund der in Rede stehenden Verfügung des Bürgermeisters keine Änderung erfahren habe. Insbesondere sei keine Einstellung bzw. keine Reduzierung der für städtische Amtsleiter vorgesehenen Verwendungszulage erfolgt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 3 DVG sind im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten die Personen Parteien, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis oder deren Rechte oder Pflichten aus einem solchen Dienstverhältnis Gegenstand des Verfahrens sind.
Das Begehren der Beschwerdeführerin ist dienstrechtlicher Natur, was die belangte Behörde auch nicht in Zweifel zieht. Durch diesen Antrag wurde aber entgegen der Beurteilung der belangten Behörde die Beschwerdeführerin im Sinne des § 3 DVG Partei des hierdurch ausgelösten Dienstrechtsverfahrens, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Antrag inhaltlich berechtigt oder unberechtigt ist, mit anderen Worten
- beschwerdefallbezogen -, ob die zugrundeliegende Anordnung des Bürgermeisters den von der Beschwerdeführerin oder den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt hat.
Dadurch, daß die belangte Behörde dies verkannte und den Antrag ausdrücklich mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin zurückwies, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er, ohne daß auf die weitere Argumentation der Beschwerdeführerin einzugehen wäre, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Zuspruch an Stempelgebühren beschränkt sich auf die Schriftsätze und Beilagen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich waren;
vorliegendenfalls war die Beschwerde nur zweifach einzubringen;
ebenso war die Vorlage der übrigen Beilagen nicht erforderlich.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995120280.X00Im RIS seit
25.01.2001