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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Aufhebung des Flächenwidmungsplans, des Örtlichen Entwicklungskonzepts und des Bebauungsplans einer Steiermärkischen Gemeinde soweit sie sich auf bestimmte – in einem Landschaftsschutzgebiet gelegene – Grundstücke beziehen; keine Darlegung der Gründe für die Widmungen im Erläuterungsbericht und den Verordnungsakten; keine gesetzliche Deckung der Widmungen im Widmungszeitpunkt in Anbetracht der tatsächlichen rechtswidrigen gewerblichen Nutzung; Nutzungs- und Geländeveränderungen per se baubewilligungspflichtig; Berücksichtigung der tatsächlichen rechtswidrigen Nutzung der Grundstücksflächen im Freiland im Rahmen der Flächenwidmung nicht zulässigRechtssatz
Gesetzwidrigkeit des Örtlichen Entwicklungskonzepts Nr 5.00 der Marktgemeinde Großklein vom 25.10.2010 und der Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr 5.04 vom 01.08.2019 soweit sich diese auf die Grundstücke Nr 23/1, 23/2 und 23/3, KG 66010 Goldes, beziehen. Aufhebung des Flächenwidmungsplans Nr 5.00 der Marktgemeinde Großklein vom 16.06.2015, und der Änderung des Flächenwidmungsplanes Nr 5.10 vom 01.08.2019 soweit sich diese auf die Grundstücke Nr 23/1, 23/2 und 23/3, KG 66010 Goldes, beziehen. Aufhebung des Bebauungsplans "Forstbauer/Goldes" der Marktgemeinde Großklein vom 19.02.2020, geltend für die Teilflächen der Grundstücke Nr 23/1, 23/2 und 23/3, KG 66010 Goldes.
Mangelnde Klarheit der Bestandsaufnahme der tatsächlichen Nutzungen der erfassten Grundflächen für die Rechtmäßigkeit der Konkretisierung der raumordnungsrechtlichen Vorschriften:
Im Einzelnen ist die Genese der Ausweisungen auf den fraglichen Grundstücken in den einzelnen Phasen der Erstellung der Planverordnungen verwickelt und nicht ohne weiteres nachvollziehbar, zumal der Flächenwidmungsplan Nr 5.00 drei Mal in unterschiedlichen Fassungen beschlossen wurde. Da sich aber in den gesamten vorgelegten Verordnungsakten einschließlich der Sitzungsprotokolle des Gemeinderates der Marktgemeinde Großklein kein einziger Hinweis darauf findet, aus welchen Gründen oder auf Grund welcher Erwägungen die konkrete Ausweisung der fraglichen Grundflächen mit den in Prüfung gezogenen Festlegungen erfolgte, kann es dahingestellt bleiben, in welcher Phase des Verordnungserlassungsverfahrens diese planlichen Ausweisungen vorgenommen wurden.
Der Erläuterungsbericht und die sonstigen Verordnungsakten einschließlich der Protokolle der Sitzungen des Gemeinderates der Marktgemeinde Großklein sowie des Bauausschusses enthalten zusammengefasst nichts, was Aufschluss über die Erwägungen hinsichtlich der konkreten Widmung geben könnte.
Es ist daher nicht feststellbar, aus welchen Gründen die in der aufgelegten planlichen Darstellung zuerst als "Industrie und Gewerbe" geplanten Flächen jene Widmungen erhielten, die Gegenstand des Verordnungsprüfungsverfahrens sind. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde seitens der Stmk Landesregierung ausgeführt, dass die Insellage und das Landschaftsschutzgebiet eine Ausweisung als Gewerbefläche von vornherein ausgeschlossen habe.
Außer dem Versuch der Sanierung eines rechtswidrig herbeigeführten Zustandes sind keine Gründe ersichtlich, die zu den in Prüfung gezogenen Festlegungen geführt haben oder diese rechtfertigen könnten. Sie sind im Sinne der Judikatur des VfGH als willkürlich zu qualifizieren.
Keine gesetzliche Deckung des Örtlichen Entwicklungskonzepts Nr 5.00 und des Flächenwidmungsplans Nr 5.00 sowie derer Änderungen:
Die verordnungserlassende Behörde und die Stmk Landesregierung legen in ihren Äußerungen vor allem dar, dass gemäß §25 Abs3 Z3 StROG 1974 bzw §33 Abs4 Z5 StROG 2010 die Änderung des Verwendungszweckes bei Gebäuden eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in Hoflage für gewerbliche Tätigkeiten unter bestimmten eingeschränkten Voraussetzungen zulässig sei, wenn die Gebäude bis zum 01.02.1995 rechtmäßig errichtet worden seien. Im vorliegenden Zusammenhang geht es aber nicht um die rechtmäßige Nutzung von Gebäuden (§4 Z29 Stmk BauG), worunter "überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke" zu verstehen sind, sondern um die Verwendung der Grundflächen außerhalb der Hofstelle und der darauf befindlichen baulichen Anlagen für andere als landwirtschaftliche Zwecke, somit um jenen Bereich, der mit den in Prüfung gezogenen Verordnungen umgewidmet wurde.
Die Bestimmungen, auf die sich die verordnungserlassende Behörde und die beteiligte Partei berufen, bilden eine eng begrenzte Ausnahme zu §19 Z2 Stmk BauG, wonach Nutzungsänderungen allgemein bewilligungspflichtig sind "[...] wenn Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 2010, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes berührt werden können [...]". Diese Bestimmungen können von vornherein nicht dazu dienen, erstmalige Bauführungen iSd §4 Z13 Stmk BauG auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen zu bewilligen oder als gesetzliche Grundlage für die Änderung von Widmungen für Nutzungen von zuvor land- und forstwirtschaftlich genutzten (baulich nicht veränderten) Flächen oder als Rechtfertigung einer widmungsfremden Nutzung solcher Grundflächen verwendet zu werden.
Es erübrigt sich daher, der Frage nachzugehen, ob im Einzelnen eine solche Änderung des Verwendungszweckes von vor den Stichtagen des §25 StROG 1974 bzw §33 StROG 2010, 01.02.1995, errichteten Gebäuden vorlag und ob sich diese Gebäude im Bereich jener Grundflächen befinden, auf die sich die in Prüfung gezogenen Festlegungen beziehen.
Entscheidend für die inhaltliche Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der mit den in Prüfung gezogenen Verordnungen festgelegten Widmungen ist, wie die tatsächliche Nutzung der Grundstücke rechtlich zu qualifizieren ist bzw ob diese im Widmungszeitpunkt Bewilligungen bedurft hätte und ob ausgehend davon die festgelegten Widmungen objektiv den gesetzlichen Bestimmungen und den Raumordnungsgrundsätzen entsprechen.
Vorauszuschicken ist, dass für jenen Zeitraum, der für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der zu prüfenden Widmungen maßgeblich ist, für die auf den Grundstücken Nr 23/1, 23/2 und 23/3 zum Zweck der tatsächlichen Nutzung vorgenommenen Veränderungen weder eine baurechtliche Bewilligung (mit Ausnahme der vorhin behandelten Verwendungszweckänderung) oder Meldung einer Bauführung noch die Genehmigung einer Betriebsanlage gemäß §74 GewO 1994 und auch keine naturschutzrechtliche Bewilligung - die Grundstücke liegen in einem Landschaftsschutzgebiet - vorlagen.
Auf den Grundstücken sind Bauführungen, die als Errichtung von Gebäuden iSd §4 Z29 Stmk BauG zu qualifizieren sind, etwa die Containerräume, sowie weitere Bauführungen iSd §4 Z13 Stmk BauG bewilligungslos vorgenommen worden, die offenkundig baubewilligungspflichtig sind, so der Bau der neuen Zufahrtsstraße, die Herstellung von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge, die Errichtung von betonierten Ablageflächen und Befestigung sonstiger Geländeteile, bei denen es sich augenscheinlich um bauliche Anlagen iSd §4 Z13 Stmk BauG handelt. Veränderungen des natürlichen Geländes iSd §20 Z3 Stmk BauG sind nur solche, für deren Herstellung bautechnische Kenntnisse nicht erforderlich sind und kein Bewilligungstatbestand vorgesehen ist, was für die auf den den Feststellungen zugrunde liegenden Fotos erkennbaren befestigten bzw verdichteten Plateaus, die durch Rampen verbunden sind, nicht zutrifft.
Bei der tatsächlichen Nutzung dieser Grundflächen zum Zeitpunkt der Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnungen handelt es sich rechtlich um eine gewerbliche Nutzung iSd §1 GewO 1994:
Der (Mit-)Eigentümer der Grundflächen, auf denen ursprünglich (ausschließlich) ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb bestand, hat an dessen Standort mehrere aufrechte Gewerbeberechtigungen. Diese Tätigkeiten übt der (Mit-)Eigentümer seit dem Jahr 2008 im Rahmen einer GmbH aus. Nach eigenem Bekunden nützt er (neben der landwirtschaftlichen Nutzung) die Grundstücksflächen zur Ausübung dieser Gewerbe.
Die Nutzung von Flächen für ein Gewerbe ist unabhängig davon, ob die Ausübung des Gewerbes als solches - ausgehend vom Standort - auf fremden Grundstücken erfolgt, wie im konkreten Fall die Holzschlägerung, der Erdbau und die Erbringung von Transportleistungen, ihrer Art nach als gewerblich zu qualifizieren, wenn die konkreten Tätigkeiten auf den fraglichen Grundstücken im Zusammenhang mit der Ausübung einer Gewerbeberechtigung erfolgen bzw für sie eine solche erforderlich wäre. Solche Tätigkeiten und Grundstücksnutzungen sind von vornherein nicht als im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerbes gemäß §2 Abs1 Z2 iVm Abs4 GewO 1994 erfolgende zu qualifizieren.
Abgesehen davon ist es denkunmöglich, die festgestellten Nutzungen zum Zeitpunkt der planlichen Festlegungen nach Art und Umfang als solche im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerbes iSd §2 Abs1 Z2 GewO 1994 zu qualifizieren:
Offenkundig handelt es sich bei der konkreten Nutzung nicht um den Tatbestand der Verarbeitung und Bearbeitung überwiegend des eigenen; auch kann es sich nicht um jenen des Abbaues der eigenen Bodensubstanz handeln, erfolgt doch die Gewinnung der Materialien im Erdbau (mit Ausnahme allenfalls jener Erdbewegungen, die anfangs der Errichtung der Betriebsflächen dienten) auf fremden Grundstücken.
Ebenso wenig handelt es sich bei der festgestellten Nutzung ausschließlich um "Dienstleistungen [...] für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in demselben oder einem angrenzenden Verwaltungsbezirk; mit Mähdreschern vorgenommene Dienstleistungen nur für landwirtschaftliche Betriebe in demselben Verwaltungsbezirk oder in einer an diesen Verwaltungsbezirk angrenzenden Ortsgemeinde [...]". Auch kann es sich nicht um die Erbringung von Fuhrwerksdiensten "[...] mit hauptsächlich im eigenen land- und forstwirtschaftlich betriebenen Betrieb verwendeten selbstfahrenden Arbeitsmaschinen, Zugmaschinen, Motorkarren und Transportkarren, die ihrer Leistungsfähigkeit nach den Bedürfnissen des eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes entsprechen [...]" handeln, weil es sich bei den auf den Grundflächen zu sehenden Fahrzeugen um höhertonnige, überwiegend mehrachsige Lastkraftwagen mit orangefarbenen Drehleuchten am Dach des Führerhauses, wie sie typischerweise auf Baustellen, nicht aber in landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt werden, handelt. Auch bei den Baggern und sonstigen Gerätschaften handelt es sich offensichtlich um keine Arbeitsmittel, die im - in erster Linie dem Obstbau dienenden - landwirtschaftlichen Betrieb der im Anlassfall beteiligten Partei zum Einsatz kommen; für einen solchen dürfte auch kein Dieseltank in der Größe eines Tankwagens erforderlich sein, ebenso wenig eine Brückenwaage, auf der höhertonnige Lastkraftwagen gewogen werden können.
Für den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr 5.00 und des Flächenwidmungsplanes Nr 5.00 war die tatsächliche Nutzung der Grundstücke also keine, wie sie den Tatbestandsmerkmalen der §2 Abs1 Z1 iVm §2 Abs2 und 3 GewO 1994 bzw als Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft gemäß §2 Abs1 Z2 iVm §2 Abs4 GewO 1994 entspricht.
Es ist nicht zweifelhaft, dass die betreffenden Grundflächen als örtlich gebundene Einrichtungen zu verstehen sind, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt sind, und es sich somit um eine Betriebsanlage iSd §74 Abs1 GewO 1994 handelt. Dies ist unabhängig davon, ob die Erbringung der gewerblichen Leistungen selbst, die Gegenstand der Gewerbeberechtigungen sind, andernorts erfolgt.
Im Einzelnen sind nach der Rsp sowohl ein Abstellplatz für Lastkraftfahrzeuge, als auch ein Holzlagerplatz für gewerbliche Zwecke, Einrichtungen zur Wartung und Betankung von Fahrzeugen und Maschinen udgl als Betriebsanlagen iSd §74 Abs1 GewO 1994 zu qualifizieren, ebenso vergleichbare Einrichtungen zur Erd- und Schotterlagerung und Verarbeitung. Im Übrigen ist eine Betriebsanlage iSd §74 Abs1 GewO 1994 als Einheit zu werten, sodass zB auch alle Verbindungsteile und Hilfseinrichtungen (wie zB die Brückenwaage, die Rampen, die Container oder die "Manipulationsflächen") als zur Betriebsanlage gehörig zu werten sind.
Die Nutzung jener Grundflächen, auf die sich die in Prüfung gezogenen Verordnungen beziehen, ist damit als eine solche im Rahmen eines Gewerbebetriebes zu qualifizieren. Das bedeutet, dass die festgestellte Nutzung der fraglichen Grundstücke einer Betriebsanlagengenehmigung gemäß §§74 ff GewO 1994 bedurft hätte.
Weiters steht außer Frage, dass für die damit verbundene Nutzungsänderung eine baurechtliche Bewilligung gemäß §19 Z2 Stmk BauG erforderlich gewesen wäre. Zu diesen gewerblichen Zwecken wurden im Übrigen auch Bauführungen unternommen, die nach den baurechtlichen Vorschriften bewilligungs- oder meldepflichtig sind, etwa die Errichtung von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge einschließlich der Zu- und Abfahrten oder die Errichtung von Stützmauern. Zwar nimmt das Stmk BauG derartige Anlegen teilweise von einer Bewilligungspflicht aus, sofern sie im Rahmen einer gewerblichen Betriebsanlage bewilligt worden sind. Ohne das Vorliegen einer solchen Bewilligung verstößt deren Aufstellung bzw Errichtung gegen das Stmk BauG. Dies trifft etwa auf die Lagerung von brennbaren Stoffen und die Aufstellung von Maschinen zu. Im Übrigen wären die vorgenommenen Geländeveränderungen per se gemäß §20 Z3 Stmk BauG baubewilligungspflichtig gewesen, wäre doch für sie eine Baulandwidmung Voraussetzung gewesen.
Die tatsächliche Nutzung der fraglichen Grundstücksflächen im Freiland ist daher rechtswidrig gewesen, weswegen sie im Rahmen der Flächenwidmung nicht berücksichtigt hätte werden dürfen und ihre Berücksichtigung im Rahmen der verordnungsmäßigen Festlegungen nach dem StROG 2010 rechtsgrundlos ist.
Die vom Verordnungsgeber mit dem Ziel der weiteren Ermöglichung der tatsächlichen Nutzungen vorgenommene Festlegung einer "Örtlichen Vorrangzone/Eignungszone mit Sondernutzung im Freiland - Lagerplatz" im Örtlichen Entwicklungskonzept Nr 5.00 bzw "Sondernutzung im Freiland für Lagerplatz" und "Verkehrsfläche - Fläche für fließenden Verkehr" im Flächenwidmungsplan Nr 5.00, einer "Örtlichen Vorrangzone/Eignungszone - Lagerplatz" und einer "Örtlichen Eignungszone - Verkehr" im Örtlichen Entwicklungskonzept Nr 5.04 sowie einer "Sondernutzung im Freiland für Lagerplatz" und von "Verkehrsflächen für den fließenden und den ruhenden Verkehr" im Flächenwidmungsplan Nr 5.10 ist mit den gesetzlichen Vorschriften inhaltlich unvereinbar.
Keine Vereinbarkeit der Flächenwidmung für den öffentlichen fließenden Verkehr mit der Nutzung der Fläche zum Abstellen von Fahrzeugen:
Als Verkehrsflächen sind gemäß §32 Abs1 StROG 2010 solche Flächen festzulegen, die für die Abwicklung des fließenden und ruhenden Verkehrs sowie für die Aufschließung des Baulandes und des Freilandes vorgesehen sind. Unter "Verkehr" im Sinne dieser Bestimmung ist der öffentliche Verkehr zu verstehen, weshalb das bloße Abstellen von Fahrzeugen auf eigenem Grund für verkehrsfremde Zwecke davon nicht erfasst ist. Weiters ist auszuschließen, dass die Festlegung einer etliche hundert m2 großen Fläche als "Parkplatz", die lediglich mit einer schmalen, aber nur einem einzigen Anrainer dienenden Zufahrtsstraße erschlossen wird, vom Verkehrsflächenbegriff des §32 StROG 2010 erfasst ist; Gleiches gilt für die Nutzung von Grundflächen zum "Bewegen und Abstellen" von Fahrzeugen, insbesondere von Schwerfahrzeugen im Rahmen einer gewerblichen Nutzung. Keinesfalls scheint die (im Rahmen des Flächenwidmungsplanes Nr 5.00) festgelegte Widmung als Fläche für den fließenden Verkehr mit einer Nutzung zum Abstellen von Fahrzeugen vereinbar zu sein.
Zur Festlegung der Widmung "Sondernutzung" im Freiland
Die in §33 Abs3 Z1 StROG 2010 betreffend Sondernutzungen enthaltene Aufzählung ist demonstrativ; daraus folgt etwa, dass Lagerplätze, die in ähnlicher Weise standortgebunden sind wie jene für Abfälle, davon erfasst sein können. Allgemein umschreibt §33 Abs3 Z1 StROG 2010 diese Flächen mit den Tatbestandselementen "besondere Standortgunst", "flächenhafte Nutzung" im Hinblick auf den Standort sowie Ausschluss von Nutzungen, die "typischerweise einem Baulandgebiet zuzuordnen" sind.
Bereits aus der Äußerung der Stmk Landesregierung ergibt sich, dass die tatsächliche Nutzung als solche mit der Widmung "Gewerbe- und/oder Industriegebiet" vereinbar ist, sie ist also typischerweise einem Baulandgebiet zuordenbar. Die beteiligte Partei betont, dass ihre Dienstleistungen - Erdbau, Lieferung von Gütern, Handel mit Baustoffen, Holzschlägerung - letzten Endes an einem anderen Ort erbracht werden.
Die Flächen, die stationär benötigt werden, um Leistungen andernorts erbringen zu können, sind damit gerade nicht an einen bestimmten Standort gebunden. Die Nutzung kann auch an einem anderen dafür rechtlich und tatsächlich geeigneten Standort im Aktionsbereich des Betriebes liegen.
Auch den Verordnungsakten ist kein Hinweis zu entnehmen, warum diese Fläche als Lagerplatz im Vergleich zu anderen besonders geeignet sein soll. Im Übrigen ist zu erwähnen, dass die konkrete Nutzung der Flächen nicht eine ist, die bloß jener eines Lagerplatzes im allgemeinen Sinne des Wortes entspricht.
Die Argumentation des Gemeinderates der Marktgemeinde Großklein zielt ausschließlich darauf ab, dass sich die besondere Standortgunst für diese Nutzung daraus ergebe, dass sich der Gewerbebetrieb aus der Land- und Forstwirtschaft der beteiligten Partei heraus entwickelt habe. Dabei lässt sie außer Acht, dass diese Entwicklung unter Missachtung aller Rechtsvorschriften vorangetrieben wurde, die für die einzelnen vorgenommenen Maßnahmen und Betätigungen gelten, beginnend mit der bewilligungslosen Errichtung einer Zufahrt für Schwerkraftfahrzeuge und endend mit einem vollausgebauten Erdbau-, Abbruch- und Aufbereitungsbetrieb von Baumaterialien, einem Baustoffhandel und einem Transportunternehmen für Baumaterialien, die erst nachträglich mit Bescheiden vom 01. und 03.04.2019 bau-, naturschutz- und gewerberechtlich genehmigt wurden, anscheinend mit dem Ziel, dem Bestand im Nachhinein eine Rechtsgrundlage zu geben. Nach den Feststellungen war eine derartige Genehmigungsbedürftigkeit bereits zu jener Zeit evident, in der die zu prüfenden Widmungen festgelegt wurden.
Das in §33 Abs3 Z1 StROG 2010 festgelegte Tatbestandsmerkmal der "besonderen Standortgunst" trifft mithin auf die angeführten Grundstücke nicht zu. Vielmehr liegen sie in einem Landschaftsschutzgebiet gemäß §1 Abs1 der Verordnung Landschaftsschutzgebiet Nr 35 - südsteirisches Weinland, was mit dieser Voraussetzung unvereinbar ist.
Für das fortgesetzte Verfahren gehören gemäß §33 StROG 2010 alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen festgelegten Grundflächen zum Freiland. Sofern im Freiland keine baulichen Nutzungen außerhalb der Land- und/oder Forstwirtschaft nach Maßgabe der Abs3, 5 und 6 leg cit zulässig sind, dienen die Flächen des Freilandes der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung oder stellen Grünland dar. Alle anderen Nutzungen bedürfen daher einer Widmung gemäß §§28, 30 oder §32 StROG 2010 als Grundlage entsprechender Bewilligungen.
(Anlassfall E4464/2020, E v 18.03.2022; Aufhebung der angefochtenen Entscheidung).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Raumplanung örtliche, Raumordnung, Gewerberecht, Naturschutz, Baurecht, Grundlagenforschung, Land- und Forstwirtschaft, Bergrecht, VfGH / Verhandlung, Gemeinderat, Verordnung, Verordnungserlassung, Planungsakte Verfahren, BetriebsanlagenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V261.2021Zuletzt aktualisiert am
25.04.2022