TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/14 95/02/0410

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Veröffentlicht am 14.06.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/06 Schubverkehr;

Norm

FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §48 Abs3;
FrG 1993 §48 Abs5;
FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1993 §52 Abs4;
PersonenübernahmeAbk Ungarn 1995 Art3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des I in R, vertreten durch Mag. Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Juli 1995, Zl. VwSen-400364/5/Gf/Km, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juli 1995 wurde der an diese Behörde gerichteten Beschwerde gemäß § 52 Abs. 2 und 4 FrG in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG bezüglich der von der Bezirkshauptmannschaft Braunau (BH) mit Bescheid vom 1. Juni 1995 zur Sicherung der Zurückschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn angeordneten Schubhaft und der daran anschließenden Anhaltung des Beschwerdeführers dahingehend stattgegeben, daß die Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers vom 25. bis 27. Juli 1995 festgestellt wurde; im übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen und u.e. festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft erforderlichen Voraussetzungen mit der Maßgabe vorlägen, daß diese als zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder der Abschiebung verhängt gelte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, der Schubhaftbescheid der BH sei bereits von Anbeginn rechtswidrig gewesen, weil der genannte Schubhaftzweck von vornherein nicht erfüllt werden habe können. Die belangte Behörde hätte von vornherein dessen Rechtswidrigkeit feststellen müssen. Schon die BH hätte sich nämlich mit dem Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Übernahme von Personen an der gemeinsamen Grenze, BGBl. Nr. 315/1995, insbesondere dessen Art. 3 Abs. 1, auseinandersetzen müssen. Dabei wäre sie zur Ansicht gekommen, daß Ungarn die Zurücknahme des Beschwerdeführers ablehnen werde. Der Schubhaftbescheid zur Sicherung der Zurückschiebung hätte daher von vornherein von der Behörde nicht erlassen werden dürfen.

Wie aus der unbestritten gebliebenen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde hervorgeht, hat der Beschwerdeführer, ein "jugoslawischer Staatsbürger und Angehöriger der albanischen Volksgruppe", in der Nacht vom 29. auf den 30. Mai 1995 von Ungarn kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines Reisepasses sowie eines gültigen Sichtvermerkes gewesen zu sein, das Bundesgebiet betreten. In der Folge versuchte er am 31. Mai 1995 bei S. die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland zu überschreiten. Dabei wurde er jedoch von Organen der deutschen Grenzkontrollbehörde betreten und am 1. Juni 1995 nach Österreich zurückgeschoben.

Mangels eines vorhandenen Reisedokuments war es für die belangte Behörde nicht von vornherein auszuschließen, daß der Beschwerdeführer unter eine der in Art. 3 Abs. 1 des o.a. Abkommens genannten Personengruppen fallen könnte. Da schon aus diesem Grund eine Übernahme durch Ungarn nicht von vornherein aussichtslos erschien, lag auch die in diesem Zusammenhang behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides (siehe nachstehende Ausführungen) - nicht vor.

Ferner vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß der ursprüngliche Schubhaftzweck jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Schreibens des Landeskommandos der ungarischen Grenzwache, im Fall einer mündlichen Information ab dem Zeitpunkt einer solchen Information aufgehoben werden hätte müssen.

Damit übersieht der Beschwerdeführer, daß nach der gegebenen Sachlage die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn jedenfalls nicht ausgeschlossen war, sodaß die Schubhaft nach der ständigen hg. Rechtsprechung (auch) der Sicherung des diesbezüglichen Verfahrens zu dienen hatte, selbst wenn ein solches noch nicht eingeleitet gewesen sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1995, Zl. 95/02/0146). Eine Änderung des Schubhaftzweckes bedingte aber nicht die Erlassung eines neuen Schubhaftbescheides (vgl. in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1994, B 1405/94).

Der Beschwerdeführer rügt weiters unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden bzw. der Bundespolizeidirektionen nach § 61 FrG, die belangte Behörde unzuständig gewesen, den Schubhaftbescheid der BH dahingehend "abzuändern", daß ab Zustellung des Bescheides der belangten Behörde die Schubhaft als zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder der Abschiebung verhängt gelte.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde nach § 52 Abs. 4 erster Satz FrG, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen hat, ob die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Unbestritten ist, daß die Anhaltung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch angedauert hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0363, ausgeführt hat, stellt die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 52 Abs. 4 FrG, daß die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung bestehen, einen NEUERLICHEN Titel für die Anhaltung der betreffenden Person in Schubhaft dar. Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schubhaft zur Sicherung der in § 41 Abs. 1 FrG genannten fremdenpolizeilichen Maßnahmen zuständig.

Aus den dargestellten Gründen liegen die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995020410.X00

Im RIS seit

13.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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