TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/25 LVwG-2021/37/2519-11, LVwG-2021/37/2520-11

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Veröffentlicht am 25.03.2022
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Entscheidungsdatum

25.03.2022

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol
80/02 Forstrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WRG 1959 §102
NatSchG Tir 2005 §36
NatSchG Tir 2005 §43
ForstG 1975 §14
ForstG 1975 §17
ForstG 1975 §19
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst/erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der Gemeinde Z, vertreten durch Bürgermeister AA, dieser vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.07.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), dem Tiroler Naturschutzrechtgesetz 2005 (TNSchG 2005) und dem Forstgesetz 1975 (mitbeteiligte Partei: CC, Adresse 1, **** Z; belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y), nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung den

I.

B e s c h l u s s

1.     Die Beschwerde gegen die Spruchsteile C) und D) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.07.2021, Zl ***, wird mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

2.     Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II.

zu Recht:

1.     Die Beschwerde gegen die Spruchteile A) und B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.07.2021, Zl ***, wird als unbegründet abgewiesen.

2.     Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1.       Verfahrensgang vor der belangten Behörde:

Mit Schriftsatz vom 26.11.2020 hat CC, Adresse 1, **** Z, um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Projekt „Quellfassung Keil-Aste I und II“ angesucht. Für die im Zusammenhang mit dem eben angeführten Projekt erforderlichen Rodungen hat CC mit Schriftsatz vom 01.02.2021, verbessert mit den Schriftsätzen vom 17.02.2021 und 19.04.2021, um die Erteilung der forstrechtlichen Bewilligung angesucht. Den Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung für das gegenständliche Projekt hat CC im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 eingebracht.

Zum Vorhaben des CC haben der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige DD mit Schriftsatz vom 13.01.2021, Zl ***, der wildbachtechnische Amtssachverständige EE mit Schriftsatz vom 25.01.2021, Zl ***, und der forstfachliche Amtssachverständige FF mit Schriftsatz vom 10.03.2021, Zl ***, Stellungnahmen abgegeben.

Am 17.06.2021 fand die mündliche Verhandlung statt. Der Vertreter der Gemeinde Z, Vizebürgermeister GG, hat im Rahmen dieser Verhandlung folgende Stellungnahme abgegeben:

Sofern im Bereich der Quellfassungen Weiderechte und sonstige Streunutzungsrechte bestehen, ist seitens des Antragstellers eine entsprechende Abklärung mit den Berechtigten vorzunehmen. Im Weiteren wird seitens der Gemeinde festgehalten, dass derzeit ein Verfahren zur Gründung einer Weggemeinschaft betreffend den bestehenden Forstweg behängt. Seitens der Gemeinde wird angemerkt, dass eine Nutzung des bestehenden Weges wie bisher erfolgen können muss.

Im Übrigen bestehen gegen das Projekt bzw. gegen die nachträgliche wasser-, forst- und naturschutzrechtliche Bewilligung für das gegenständliche Projekt seitens der Gemeinde Z keine Einwände.

Mit Spruchteil A) des Bescheides vom 13.07.2021, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y CC, Adresse 1, **** Z, unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserversorgungsanlagen „Keil-Aste I“ und „Keil-Aste II“ nach Maßgabe näher bezeichneter Einreichunterlagen erteilt, das mit 31.12.2071 befristete Wasserbenutzungsrecht zur Entnahme und Ableitung von Trink- und Nutzwasser der Quellen „Keil-Aste I“ (QU***) und „Keil-Aste II“ (QU***) zu genau umschriebenen Zwecken festgelegt und das Wasserbenutzungsrecht an der Quelle „Keil-Aste I“ mit dem Gst Nr .**1 sowie das Wasserbenutzungsrecht an der Quelle „Keil-Aste II“ mit dem
Gst Nr **2, beide GB *** Z, dinglich verbunden und mit Spruchteil B) des eben zitierten Bescheides die bewilligten Wasserversorgungsanlagen „Keil-Aste I“ (QU***) und „Keil-Aste II“ (QU***) wasserrechtlich für überprüft erklärt. Mit Spruchteil C) des Bescheides vom 13.07.2021, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y die Wasserversorgungsanlagen „Keil-Aste I“ und „Keil-Aste II“ nach Maßgabe näher bezeichneter Planunterlagen naturschutzrechtlich bewilligt. Mit Spruchteil D) des Bescheides vom 13.07.2021, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y die zur Errichtung und zum Betrieb der Wasserversorgungsanlagen „Keil-Aste I“ und „Keil-Aste II“ erforderlichen dauernden Rodungsbewilligungen auf genau bezeichneten Grundstücken des
GB *** Z nach Maßgabe näher bezeichneter Einreichunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.

Gegen diesen Bescheid hat die Gemeinde Z mit Schriftsatz vom 11.08.2021 Beschwerde erhoben und darin Folgendes vorgebracht:

Die im Bescheid Zl *** unter Pkt. 1 Verfahrensgang/Sachverhalt von der Gemeindevertretung geforderten untenstehenden Auflagen für die Bewilligung des Projektes sind derzeit noch nicht erfüllt.

?    Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde noch keine Abklärung mit den Weideberechtigten der betroffenen Grundstücke getroffen.

?    Die Nutzung des Weges ist durch die derzeitige Abzäunung nicht im ausreichenden Maß möglich. Die Umzäunung muss einen Mindestabstand von 1,50 m zum Wegrand aufweisen.

Mit Schriftsatz vom 21.09.2021, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Gegenstandsakt mit der Bitte um Entscheidung über die Beschwerde der Gemeinde Z gegen den Bescheid vom 13.07.2021, Zl ****, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

2.       Verfahrensgang beim Landesverwaltungsgericht Tirol:

Zum Beschwerdevorbringen hat sich CC, nunmehr vertreten durch
JJ, Rechtsanwalt in **** Y, mit Schriftsatz vom 06.11.2021 geäußert.

Die Beschwerdeführerin hat durch ihren nunmehrigen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 07.12.2021 zu den Ausführungen der mitbeteiligten Partei eine Stellungnahme erstattet. Darin wird klargestellt, dass der geforderte Mindestabstand von 1,50 m zum Wegrand durch die nunmehr geschaffene Umzäunung eingehalten wird. Betreffend die geforderte Zustimmung der Weideberechtigten hält die Gemeinde Z fest, dass auch sie weideberechtigt sei.

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hat die Agrarbehörde mit Schriftsatz vom 14.12.2021, Zl ***, dargelegt, ob und in welchem Umfang auf näher bezeichneten Grundstücken der GB *** Z Weide- und Streunutzungsrechte bestehen.

Unter Berücksichtigung der Darlegungen der Agrarbehörde hat CC sich im Schriftsatz vom 23.12.2021 geäußert und darin wörtlich festgehalten:

Aus der genannten Vereinbarung ergibt sich inhaltlich, dass die Gemeinde damals ihr gehörige, ehemals von Holz- und Streunutzungsberechtigten belastete Liegenschaften in das Eigentum dieser Berechtigten übertragen hat, sich Weiderechte jedoch in Form von zivilrechtlichen (und als solche verbücherten) Dienstbarkeiten zurückbehalten hat. Eine Qualifikation als WWSG-Weiderecht iS § 102 Abs 1 lit b) ist hieraus nicht ableitbar, sodass aus diesem Titel keine Parteistellung der Gemeinde Z im gegenständlichen Verfahren resultiert.

Zu den ergänzenden Ermittlungsergebnissen hat sich die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 14.01.2022 geäußert. Sie bringt zunächst vor, der Antragsteller habe in der mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 ausdrücklich zugesichert, sich mit sämtlichen Weideberechtigten und Streunutzungsberechtigten in Verbindung zu setzen, um eine Zustimmung zum Projekt einzuholen. Dies sei bislang ihr gegenüber nicht erfolgt. Solange die Zustimmung sämtlicher Weideberechtigten/Streunutzungsberechtigten nicht vorliege, sei eine Bewilligung des Projektes nicht möglich und folglich die Beschwerde berechtigt.

Darüber hinaus verweist die Beschwerdeführerin auf den gegründeten Verein „KK“, an dem auch sie [= die Gemeinde Z] Mitglied sei. Über die Vereinsmitgliedschaft würden auch Weiderechte auf den Gstn Nrn **2 und **3, GB *** Z, ausgeübt. Über die Mitgliedschaft an diesem Verein habe die Gemeinde Z ebenfalls Parteistellung erlangt.

Am 17.03.2022 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Beschwerdeführerin hat dabei auf ihr bisheriges Vorbringen, insbesondere die Beschwerde vom 11.08.2021 sowie die Stellungnahmen vom 07.12.2021 und 14.01.2022 verwiesen. Die antragstellende (= mitbeteiligte) Partei hat auf das bisherige Vorbringen, insbesondere die Stellungnahmen vom 06.11.2021 und 23.12.2021, verwiesen. Ergänzend hat sie vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin auch im Schriftsatz vom 14.01.2022 ihrem Argument, das auf dem Gst Nr **4, GB *** Z, zugunsten der Gemeinde Z eingeräumte Servitut stelle keine Weideberechtigung nach dem Wald- und Weideservitutengesetz (WWSG) dar, nicht entgegengetreten sei. Der Verein „KK“ verfüge über keine selbständigen Weideberechtigungen und damit auch keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren. Auch sonst sei zu keinem Zeitpunkt im Rahmen des behördlichen Verfahrens eine Mitteilung erfolgt, wonach der im Schriftsatz vom 14.01.2022 genannte Verein als Partei auftreten würde. Darüber hinaus betont die antragstellende Partei, dass sie mit allen Weideberechtigten Kontakt aufgenommen habe, einzelne Weideberechtigte jedoch ihre Zustimmung verweigern würden.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Bürgermeisters AA sowie des Antragstellers CC, jeweils als Partei, durch die Einvernahme des agrarfachlichen Amtssachverständigen LL sowie durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes der belangten Behörde und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.

Die Verfahrensparteien haben keinen Beweisantrag gestellt. Weitere Beweise wurden auch nicht aufgenommen.

II.      Sachverhalt:

1.       Beschreibung der Wasserversorgungsanlagen:

1.1.    Zur Wasserversorgung für das landwirtschaftliche Gebäude auf Bauparzelle .**1, GB *** Z:

Die Quelle „Keil-Aste I“, QU***, entspringt auf dem Gst Nr **5, GB *** Z, und dient der Wasserversorgung des Gebäudes auf dem Gst Nr. **1, GB *** Z. Es werden maximal fünf Personen und maximal fünf Großvieheinheiten mit Trink- bzw Nutzwasser aus der Quellfassung „Keil-Aste I“, QU***, versorgt. Der Wasserbedarf beträgt maximal ca 1.500 l/Tag und maximal ca 255 l/h. Die Fassung der Quelle liegt an der Ostgrenze des Gst Nr **5, GB *** Z. Die Quellschüttung liegt konstant bei ca 0,2 l/s. Das Wasser wird einem Quellfertigteilschacht aus Kunststoff mit einem Volumen von 200 l auf dem Gst Nr **3, GB *** Z, zugeleitet. Anschließend wird das Wasser mit einer Tauchpumpe in einem 192 m langen Kunststoffschlauch zum landwirtschaftlichen Gebäude auf Bauparzelle. **1, GB *** Z, gefördert.

Diese Wasserversorgungsanlage besteht schon sehr lange, sie wurde aber im Jahr 2010 umfassend saniert und teilweise neu errichtet.

Der Quellfassungsbereich ist eingezäunt. Die eingezäunte Fläche beträgt zwischen 12 und 14 m². Ein Drittel der auf dem Grundstück Nr **3, GB *** Z, situierten Quellstube ist oberirdisch erkennbar. Die Versorgungs-/Wasserleitung (= Kunststoffschlauch) zum landwirtschaftlichen Gebäude auf Bauparzelle. **1, GB *** Z, verläuft weitgehend im Zufahrtsweg zur Alm.

1.2.    Zur Wasserversorgung für das Ferienhaus auf Bauparzelle. **6, GB *** Z:

Die Quelle „Keil-Aste II“, QU***, entspringt auf dem Gst Nr **2, GB *** Z, und dient im Rahmen eines zugunsten des Gst Nr. **6, GB *** Z, verbücherten Wasserrechts zur Wasserversorgung eines privaten Haushaltes auf dem Gst Nr. **6, GB *** Z. Es werden maximal fünf Personen mit Trinkwasser aus der Quellfassung „Keil-Aste II“ Q***, versorgt. Der Wasserbedarf beträgt max ca 600 l/Tag und maximal
ca 102 l/h. Die Fassung der Quelle liegt oberhalb des Forstweges im Uferbereich des X-Baches an der Südgrenze des Gst Nr **2, GB *** Z. Die Quellschüttung schwankt zwischen 0,1 l/s und 0,5 l/s. Das Wasser wird einem Quellschacht aus Edelstahl mit einem Volumen von ca 80 l auf dem Gst Nr **2, GB *** Z, zugeleitet. Anschließend wird das Wasser mit einer Tauchpumpe in einem 25 m langen Kunststoffschlauch zum Ferienhaus auf der Bauparzelle. **6, GB *** Z, gefördert.

Diese Wasserversorgungsanlage besteht seit den 70-iger Jahren des vorigen Jahrhunderts, sie wurde aber im Jahr 2010 umfassend saniert und teilweise neu errichtet.

Der Quellfassungsbereich auf dem Gst Nr **2, GB *** Z, ist eingezäunt. Der eingezäunte Bereich weist eine Fläche zwischen 12 und 14 m² auf. Die Quellstube auf dem
Gst Nr **2, GB *** Z, ist zu einem Drittel oberirdisch sichtbar. Die Versorgungs-/Wasserleitung (= Kunststoffschlauch) quert den Zufahrtsweg zur Alm.

2.       Zur Rodung:

Gemäß ÖNORM B2602 muss der direkte Einzugsbereich der Quelle im Umkreis von 10 m baum- und strauchlos gehalten und eingezäunt werden. Zu diesem Zweck sind dauernde Rodungen im Ausmaß von 18 m² auf Gst Nr **2, von 18 m² auf Gst Nr **3 und von 32 m² auf Gst Nr **5, jeweils GB *** Z, beabsichtigt.

3.   Berührte Grundstücke:

Durch die beiden Wasserversorgungsanlagen werden die nachfolgenden Grundstücke, alle
GB *** Z, berührt:

Quellfassung/Wasserleitung „Keil-Aste I“:

Gste Nrn **5, **3, **2, **4, **1, **7, **8, **9, **10 und **11

Quellfassung/Wasserleitung „Keil-Aste II“:

Gste Nrn **2, **6 und **8

CC ist Eigentümer der Gste Nrn .**1, **4, **2, **3 und **5 alle
GB *** Z. Eigentümer des Gst Nr **7, GB *** Z, ist MM, Adresse 2, **** Z. Eigentümerin der Gst Nr **10 und **11, beide *** Z, ist die NN & Co W. Grundeigentümer des Gst Nr .**6, GB *** Z, ist OO, Adresse 3, **** V. Beim Gst Nr **8, GB *** Z, handelt es sich um öffentliches Wassergut (Eigentümerin: Republik Österreich). Beim Gst Nr **9, GB *** Z, handelt es sich um im Eigentum der Gemeinde Z stehendes öffentliches Gut.

Auf dem Gst Nr **9 ist zugunsten des Gst Nr .**1, beide GB *** Z, die Dienstbarkeit der Quellen- und Wasserfassung und der Wasserleitung eingetragen. Grundlage für diese Eintragung ist Punkt 6. des Kaufvertrages vom 15.12.1940.

4.   Zu den Weiderechte:

Die Gste Nrn **4, **9, **10, **11, **7, **2 und **3, alle GB *** Z, sind mit Dienstbarkeiten der Weide belastet. Die auf den Gstn Nrn **4, **9, **10, **11 und **7, alle GB *** Z, zugunsten der Gemeinde Z eingeräumte Dienstbarkeit der Weide beruht auf Punkt 3. des Vertrages vom 30.09.1929. Gemäß diesem Vertrag hat die Gemeinde Z als Eigentümerin einer Vielzahl von Grundstücken, unter anderem der (damaligen) Gste Nrn **12, **13 und **7, alle GB *** Z, das Eigentum an diesen Grundstücken an die bisherigen Holz- und Streubezugsberechtigten übertragen. Folglich übernahmen die Holz- und Streubezugsberechtigten das Eigentumsrecht anstelle der Gemeinde Z als ehemaliger Eigentümerin. Die Eigentumsübertragung war an mehrere Bedingungen geknüpft. Die Bedingungen 2. und 3. lauteten wie folgt:

2.     Die auf den überlassenen Waldteilen der vorstehend angegebenen Grundparzellen in Z zugunsten der Gemeinden W und U haftenden Dienstbarkeiten der Weide werden mitübertragen.

3.   Auf den abtretenden Waldteilen übt die Gemeinde Z die Weide auf Grund und nach Maßgabe der Servitutenregulierungsurkunde vom 20.01. verfacht 14.02.1842, folio … Seite 95 Verfachbuch III. Teil, sowie der Servituten-Regulierungsurkunde vom
07. verfacht 28.03.1872, folio 9, Seite 98, Verfachbuch 3. Teil mit dem in dieser Urkunde angegebenen Vieh aus dem Titel des Eigentumsrechtes aus. Da dieser Rechtstitel durch Auflassung des Eigentumsrechtes für die Gemeinde Z weggefallen ist, andererseits aber die Bewilligung zur Eigentumsübertragung der Teilwälder an die einzelnen Hofbesitzer davon abhängt, dass die verzichtende Gemeinde durch den Eigentumsverzicht keinerlei Einbuße an den bisher ausgeübten Rechten erleidet, räumen die gefertigten Hofbesitzer an den von ihnen übernommenen Waldteilen der Gemeinde Z die Dienstbarkeit der Weide

a)       mit 80 Stück Galtvieh und 4 Pferden für die Zeit vom Abgang des Schnees bis Ende September

b)       für die Zeit von der Auffahrt auf die Alpe vom Veitstag bis zur Abfahrt von derselben um Mariä Geburt mit 80 Kühen,

c)       im Frühjahr vom Abgang des Schnees Ende April oder Anfang Mai bis zur Alpfahrt, die gewöhnlich im Juni erfolgt und nach der Abfahrt von der Alpe, welche gewöhnlich um Mariä Geburt stattfindet, für die in der Gemeinde überwinterten Kühe,

d)       mit den in der Gemeinde überwinterten Schafen in der Zeit vom 1. Mai. bis
15. Juni ein.

Die Gemeinde Z ist (auch) Mitglied des Vereins „KK“. Zweck dieses Vereins ist es, durch pflegliche Bewirtschaftung und Verwaltung der Almflächen in der Gemeinde Z und der angeschlossenen Weiderechte die bestmögliche und dauernde Erfüllung der berechtigten Ansprüche seiner Mitglieder sicherzustellen. Der Verein bezieht die Förderungen über die AgrarMarkt Austria (AMA), mit denen die im Zusammenhang mit der Ausübung der Weiderechte anfallenden Aufwendungen, etwa für die Anstellung eines Hirten, bezahlt werden.

Das gesamte mit Waldweiderechten belastete Gebiet weist eine Fläche von 900 ha auf. Von diesen 900 ha werden von der AMA 40 ha als förderungsfähige Weidefläche eingestuft.

Die 2010 erfolgte Sanierung/Neuerrichtung der beiden Wasserversorgungsanlagen führte zu keinen Einschränkungen bestehender Weiderechte. Auch der nunmehrige Betrieb der beiden Wasserversorgunganlagen wirkt sich nicht nachteilig auf die bestehenden und ausgeübten Weiderechte aus.

III.     Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die beiden Wasserversorgungsanlagen beschrieben. Diese Angaben stehen außer Streit. Zudem hat sich der Antragsteller CC bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.03.2022 zur Lage einzelner Anlagenteile der beiden Wasserversorgungen geäußert. Das Landesverwaltungsgericht Tirol konnte zudem auf den Lageplan des Genehmigungsprojektes zurückgreifen.

Die angeführten Beweismittel bilden die Grundlage der Feststellungen in Kapitel 1. der Sachverhaltsdarstellung der gegenständlichen Entscheidung.

Die Auflistung der von den beiden Wasserversorgungsanlagen berührten Grundstücke sowie der von den Rodungen in Anspruch genommenen Grundstücke ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid und sind nicht weiter strittig. Dementsprechend lauten die Feststellungen in den Kapiteln 2. und 3. der Sachverhaltsdarstellung der gegenständlichen Entscheidung.

Zu den Weideberechtigten hat sich die Agrarbehörde im Schriftsatz vom 14.12.2021,
Zl ***, geäußert. Die zitierten Verträge vom 15.12.1940 und vom 30.09.1929 liegen dem Landesverwaltungsgericht Tirol vor. Bürgermeister AA hat die Ausübung der der Gemeinde Z eingeräumten Weiderechte sowie die Aufgaben des Vereins „KK“ bei seiner Einvernahme anlässlich der mündlichen Verhandlung am 17.03.2022 erläutert. Der agrarfachliche Amtssachverständige LL hat in der Verhandlung am 17.03.2022 zunächst die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Weiderechts erläutert. Davon ausgehend hat er sich zu einer allfälligen Beeinträchtigung von Weiderechten durch den Betrieb der beiden Wasserversorgungsanlagen „Keil-Aste I“ und „Keil-Aste II“ geäußert und derartige Beeinträchtigungen ausgeschlossen. Korrespondierend dazu hat Bürgermeister AA im Rahmen seiner Einvernahme eingeräumt, dass durch den Betrieb die beiden Wasserversorgungsanlage „Keil-Aste I“ und „Keil-Aste II“ eine Beeinträchtigung von Weiderechten nicht feststellbar gewesen sei.

Die angeführten Beweismittel bilden die Grundlage für die Feststellungen des Kapitels 4. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

IV.      Rechtslage:

1.       Wasserrechtsgesetz 1959:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 102 des Wasserrechtsgesetzes 1959
(WRG 1959), BGBl Nr 215/1959, in der Fassung (idF) BGBl I Nr 73/2018, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Parteien und Beteiligte

§ 102.

(1) Parteien sind:

a) der Antragsteller;

b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten
(§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

[…]

(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind ? nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt ? insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären. Beteiligte sind auch nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a zu verhindern, insbesondere dann, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potential der betreffenden Gewässer im Sinne des § 104 Abs. 1
lit. b zu erwarten sind.

(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen; in diesem Rahmen haben die nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen auch die Möglichkeit, alle von ihr für das geplante Vorhaben als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder während einer mündlichen Verhandlung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen. Diese sind bei der Entscheidung der Behörde angemessen zu berücksichtigen. Die Erhebung von Einwendungen steht den Beteiligten jedoch nicht zu.

[…]“

2.       Forstgesetz 1975:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl Nr 440/1975, idF BGBl I Nr 59/2020, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Waldbehandlung entlang der Eigentumsgrenzen

§ 14.

(1) Der Eigentümer eines an Wald angrenzenden Grundstückes hat aus dem nachbarlichen Wald das Überhängen von Ästen in den Luftraum und das Eindringen von Wurzeln in das Erdreich seines Grundstückes dann zu dulden, wenn die Beseitigung (§ 422 ABGB) den nachbarlichen Wald einer offenbaren Gefährdung durch Wind oder Sonnenbrand aussetzen würde. Wird durch das Überhängen von Ästen oder das Eindringen von Wurzeln die ortsübliche Benutzung des nachbarlichen Grundstückes wesentlich beeinträchtigt, so hat dessen Eigentümer für die dadurch eingetretenen vermögensrechtlichen Nachteile gegenüber dem Eigentümer des nachbarlichen Waldes Anspruch auf angemessene Entschädigung. Über die Bemessung der Entschädigung entscheidet die Behörde mit Bescheid. Dieser tritt außer Kraft, wenn eine der Parteien innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Bescheides die Bemessung der Entschädigung bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Wald liegt, beantragt. Für das gerichtliche Verfahren gelten die Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen. Das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71, ist sinngemäß anzuwenden. Das Recht auf Entschädigung kann erst nach Ablauf von 25 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes, in Anspruch genommen werden.

(2) Jeder Waldeigentümer hat Fällungen entlang seiner Eigentumsgrenzen in einer Entfernung von weniger als 40 Metern zu unterlassen, wenn durch die Fällung nachbarlicher Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt würde (Deckungsschutz).

(3) Der Deckungsschutz ist jedem Eigentümer des angrenzenden Waldes, sowie den Eigentümern etwaiger an diese angrenzenden Wälder zu gewähren, sofern die jeweilige Entfernung von der Eigentumsgrenze des zum Deckungsschutz Verpflichteten weniger als
40 Meter beträgt; allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1a Abs. 1 nicht fallende Grundflächen von weniger als 10 Meter Breite sind hiebei nicht einzurechnen.

[…]“

„Rodung

§ 17.

(1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

[…]“

„Rodungsverfahren

§ 19.

(1) Zur Einbringung eines Antrags auf Rodungsbewilligung sind berechtigt:

1.       der Waldeigentümer,

2.  der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich oder obligatorisch Berechtigte in Ausübung seines Rechtes unter Nachweis der Zustimmung des Waldeigentümers,

3.  die zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 Zuständigen,

[…]

(4) Parteien im Sinne des § 8 AVG sind:

1        die Antragsberechtigten im Sinn des Abs. 1 im Umfang ihres Antragsrechtes,

2         der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,

[…]

4.  der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist, und

[…]“

3.   Tiroler Naturschutzgesetz 2005:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (TNSchG 2005), LGBl Nr 26/2005, in den Fassungen LGBl Nr 14/2015 (§ 36) und LGBl Nr 163/2019 (§ 43), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„§ 36.

Landesumweltanwältin bzw. Landesumweltanwalt

[…]

(8) Der Landesumweltanwältin bzw. dem Landesumweltanwalt kommt in allen naturschutzrechtlichen Verfahren, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren, Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu. Sie/Er hat bei der Ausübung ihrer/seiner Parteienrechte auf andere öffentliche Interessen, auch auf wirtschaftliche Interessen, Bedacht zu nehmen. Die Landesumweltanwältin bzw. der Landesumweltanwalt ist berechtigt, sich in den von der Bezirksverwaltungsbehörde durchzuführenden naturschutzbehördlichen Verfahren durch die Naturschutzbeauftragte bzw. den Naturschutzbeauftragten (§ 37) vertreten zu lassen sowie Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 14 Abs. 6 und sonstige Maßnahmen im Sinne der Ziele nach § 1 Abs. 1 anzuregen. Die Landesumweltanwältin bzw. der Landesumweltanwalt ist weiters berechtigt, zum Schutz jener öffentlichen Interessen, deren Wahrnehmung ihr/ihm gesetzlich aufgetragen ist, gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

[…]“

„§ 43.

Verfahren

[…]

(5) In allen Verfahren zur Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung haben die vom betreffenden Vorhaben berührten Gemeinden zur Wahrnehmung ihrer Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches Parteistellung im Sinn des § 8 AVG.

(6) Anerkannte Umweltorganisationen im Sinn des § 3 Abs. 11 sind berechtigt,

a) gegen Bescheide über Bewilligungen nach § 14 Abs. 4 erster Satz,

b) gegen Bescheide über Feststellungen nach § 14 Abs. 4 zweiter Satz,

c) gegen Bescheide, insoweit damit

1.  hinsichtlich der in den Anhängen IV lit. b und V lit. b bzw. in den Anhängen IV lit. a und V lit. a der Habitat-Richtlinie genannten Pflanzen- und Tierarten Ausnahmen von den Verboten nach § 23 Abs. 2 und 3 lit. a bzw. nach § 24 Abs. 2 und 3 lit. a oder

2.  hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Vogelarten Ausnahmen von den Verboten nach § 25 Abs. 1 lit. a bis e und g erteilt werden, sowie

d) gegen Bescheide über Bewilligungen nach den §§ 23 Abs. 7, 24 Abs. 7 und 25 Abs. 7

Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Werden in einer Beschwerde gegen Bescheide nach lit. a Gründe erstmals vorgebracht, so sind diese nur zulässig, wenn die anerkannte Umweltorganisation am Unterbleiben der Geltendmachung während der Dauer der Kundmachung nach § 14 Ab. 9 sechster Satz oder im Zuge des Verwaltungsverfahrens kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft und sie dies hinreichend glaubhaft macht.

[…]“

4.   Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, in den Fassungen BGBl I Nr 24/2017 (§ 29), BGBl I Nr 138/2017 (§ 28) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 31), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Erkenntnisse

§ 28.

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

„„§ 29

Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse

(1) […]

(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

[…]

(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn

[…]

2.  das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann

und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist.

[…]“

„Beschlüsse

§ 31.

(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

[…]“

V.       Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid wurde der – damals noch nicht rechtsfreundlich vertretenen – Gemeinde Z am 16.07.2021 durch Hinterlegung zugestellt. Die Beschwerde der Gemeinde Z ist am 11.08.2021 und damit innerhalb der vierwöchigen Frist bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingelangt. Die Erhebung der Beschwerde erfolgte somit fristgerecht.

2.       In der Sache:

2.1.    Allgemeines:

Die Bezirkshauptmannschaft Y hat die mündliche Verhandlung am 17.06.2021 mit Schriftsatz vom 28.05.2021, Zl ***, gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) kundgemacht. Ergänzend dazu hat sie die Gemeinde Z gemäß § 41 Abs 1 erster Satz AVG persönlich verständigt. Als Vertreter der Gemeinde Z hat Vizebürgermeister GG an der Verhandlung am 17.06.2021 teilgenommen.

Gemäß § 42 Abs 1 AVG verliert eine Person ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde zulässige Einwendungen erhebt. Als mitbeteiligte Parteien zu bezeichnende Personen verlieren somit die ihnen durch das materielle Recht in Verbindung mit (iVm)
§ 8 AVG verliehene Parteistellung insoweit, als sie sich nicht rechtzeitig durch zulässige Einwendungen selbst aktiv am Verfahren beteiligen.

Nach herrschender Lehre und Judikatur ist unter einer Einwendung im Sine des
§ 42 Abs 1 AVG die Behauptung zu verstehen, durch die Genehmigung des verfahrens-gegenständlichen Projekts in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn das Vorbringen die Behauptung zum Inhalt hat, dass durch die Genehmigung des den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildenden Vorhabens ein subjektives Recht der mitbeteiligten Partei verletzt wird. Eine derartige Einwendung ist eine zulässige Einwendung, die gemäß § 42 Abs 1 AVG die Parteistellung im weiteren Verfahren sichert. Es muss sich demnach um eine Einwendung handeln, mit der die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts, also eines Rechts, das dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist, behauptet wird.

Das konkrete subjektiv-öffentliche Recht, dessen Verletzung behauptet wird, dh welcher Art dieses Recht ist, muss aus der Einwendung jedenfalls erkennbar sein. Es muss zumindest ersichtlich sein, aus welchen Gründen sich die Partei gegen das Vorhaben wendet, also welche Rechtsverletzung von ihr vorgebracht wird. Die Einwendungen müssen, um rechtzeitig zu sein, spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht werden [Hengstschläger/Leeb, AVG § 42 (Stand 1.4.2021, rdb.at)].

Die Gemeinde Z hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme abgegeben und dabei insbesondere Folgendes vorgebracht:

Sofern im Bereich der Quellfassungen Weiderechte und sonstige Streunutzungsrechte bestehen, ist seitens des Antragstellers eine entsprechende Abklärung mit den Berechtigten vorzunehmen. […]“

Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen vom 07.12.2021 und vom 14.01.2022 versteht das Landesverwaltungsgericht Tirol das wiedergegebenen Vorbringen dahingehend, dass die Gemeinde Z eine Verletzung von zu ihren Gunsten eingeräumten Weiderechten geltend gemacht und in diesem Sinn eine Einwendung erhoben hat. Zur Stichhaltigkeit dieser Einwendung ist auf die Kapitel 2.3.ff der Erwägungen der gegenständlichen Entscheidung zu verweisen.

2.2.    Zur Unterfertigung der Beschwerde:

Zwar wurde im Rechtsmittel angeführt, die Beschwerdeführern sei durch Vizebürgermeister GG vertreten, der Stempel der Gemeinde weist jedoch die Unterschrift des Bürgermeisters auf. Es liegt somit eine formell korrekt unterfertigte Beschwerde vor.

2.3.    Zur naturschutzrechtlichen Bewilligung:

Gemäß § 43 Abs 5 TNschG 2005 sind die vom betreffenden Vorhaben berührten Gemeinden zur Wahrnehmung ihrer Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches Parteien eines naturschutzrechtlichen Verfahrens.

Die Gemeinde Z hat mit ihrer im Rahmen der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendung Verletzungen ihrer Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches nicht geltend gemacht. Ein solches Vorbringen hat die Beschwerdeführerin auch nicht im Rahmen ihres Rechtsmittels erhoben.

Unter Berücksichtigung des § 43 Abs 5 TNschG 2005 ist das im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 erstattete Vorbringen nicht als Verletzung eingeräumter subjektiv-öffentlicher Rechte zu qualifizieren. Die Gemeinde Z hat daher bezogen auf das naturschutzrechtliche Verfahren ihre Parteistellung im Sinne des § 43 Abs 5
TNschG 2005 mangels Erhebung einer im Hinblick auf die eben zitierte Bestimmung relevanten Einwendung verloren.

2.4.    Zur wasserrechtlichen Bewilligung und Überprüfung:

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des vom gegenständlichen Vorhaben berührten
Gst Nr **9, GB *** Z. Das Grundeigentum zählt zu den in § 12 Abs 2 WRG 1959 aufgelisteten bestehenden Rechten. Wird die Verletzung des Grundeigentums geltend gemacht, ist ein solches Vorbringen als zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs 1 AVG zu qualifizieren.

Das Gst Nr **9, GB *** Z, ist allerdings mit der zu Gunsten des im Eigentum des Antragstellers stehenden Gst Nr .**1, GB *** Z, bestehenden Dienstbarkeit der Quellen- und Wasserfassung und der Wasserleitung belastet. Aufgrund der Eintragung im Grundbuch entfaltet diese Dienstbarkeit eine dingliche Wirkung und verpflichtet die Gemeinde nicht bloß obligatorisch.

Die Inanspruchnahme des Gst Nr **9 durch die Errichtung einer Wasserversorgungsanlage zu Gunsten des Gst Nr .**1, beide GB *** Z, bewirkt aufgrund der dinglichen Wirkung der beschriebenen Dienstbarkeit keine Verletzung des Eigentumsrechts der Gemeinde Z. Einen unzulässigen Eingriff in ihr Eigentumsrecht hat die Gemeinde Z auch nicht geltend gemacht.

Wie dargelegt, behauptet die Gemeinde Z durch die verfahrensgegenständlichen Wasserversorgungsanlagen einen unzulässigen Eingriff in ein zu ihren Gunsten eingeräumtes, durch § 102 Abs 1 lit b WRG 1959 geschütztes Weiderecht nach dem WWSG.

Dazu ist Folgendes festzuhalten:

Die Gemeinde Z ist an den Gstn Nrn **4, **9, **10, **11 und **7, alle
GB *** Z, weideberechtigt. Grundlage für dieses Weiderecht ist allerdings
Punkt 3. des Vertrages vom 30.09.1929. Gemäß diesem Vertrag hat die Gemeinde Z als Eigentümerin an einer Vielzahl von Grundstücken, ua der (damaligen) Gste Nrn **12, **13 und **7, alle GB *** Z, das Eigentum an diesen Grundstücken an die bisherigen Holz- und Streubezugsberechtigten übertragen. Als Gegenleistung dafür haben die Holz- und Streubezugsberechtigten, die das Eigentumsrecht anstelle der ehemaligen Eigentümerin Gemeinde Z übernommen haben, an den von ihnen übernommenen Waldteilen der Gemeinde Z in Anlehnung an genau bezeichnete Servituten-Regulierungsurkunden die Dienstbarkeit der Weide in einem näher beschriebenen Umfang eingeräumt. Auch wenn der Umfang des Weiderechtes anhand näher bezeichneter Servituten-Regulierungsurkunden eingeräumt wird, handelt es sich bei dem von der Gemeinde Z geltend gemachten Recht nicht um ein solches nach dem WWSG, sondern ein zivilrechtlich begründetes dingliches Recht. Dinglich Berechtigte sind aber gemäß § 102 Abs 2 WRG 1959 lediglich als Beteiligte im Sinne des § 8 AVG anzusehen, denen gemäß § 102 Abs 3 WRG 1959 die Erhebung von Einwendungen nicht zusteht (vgl VwGH 07.09.2021, Ra 2021/07/0047, mit weiteren Nachweisen).

Mit der behaupteten Verletzung des ihr zustehenden Weiderechtes macht die Gemeinde Z somit kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 102 Abs 1 lit b WRG 1959 geltend. Mangels einer zulässigen Einwendung ist auf eine mögliche Verletzung dieses zivilrechtlich begründeten Weiderechts nicht näher einzugehen. Unabhängig davon ist festzustellen, dass durch die beiden genehmigten und für überprüft erklärten Wasserversorgungsanlagen Weiderechte der Gemeinde Z nicht beeinträchtigt oder geschmälert werden.

Die Gemeinde Z war im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 nicht berechtigt, Einwendungen im Namen anderer Einforstungsberechtigter (= Weideberechtigter nach dem WWSG) zu erheben. Folglich war sie auch nicht berechtigt, unter Hinweis auf sonstige Einforstungsrechte eine Beschwerde zu erheben. Der Einwand der Beschwerdeführerin, die mitbeteiligte Partei habe mit anderen Weideberechtigten kein Übereinkommen erzielt, ist daher unbeachtlich.

Bei der „KK“ handelt es sich lediglich um einen Verein, dessen Mitglieder Weideberechtigte sind. Der Verein selbst ist nicht weideberechtigt, folglich lassen sich aus der Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin an diesem Verein keine Parteirechte ableiten.

§ 102 Abs 1 lit d WRG 1959 verschafft Gemeinden ua die Parteistellung zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs 3 WRG 1959 zustehenden Anspruches. Die Beschwerdeführerin hat allerdings die Verletzung eines solchen Anspruches anlässlich der mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 nicht eingewendet. Es liegen auch keine Hinweise auf die Verletzung des Anspruches nach § 13 Abs 3 WRG vor. Eine nähere diesbezügliche Prüfung kann daher unterbleiben.

2.5.    Zur Rodungsbewilligung:

Die mit Spruchpunkt D) des Bescheides vom 13.07.2021, Zl ****, bewilligte Rodung berührt ausschließlich die im Eigentum des CC stehenden Gste Nrn **2, **3 und **5, alle GB *** Z. An diesen Grundstücken bestehen keine öffentlich-rechtlichen oder dinglichen Rechte der Gemeinde Z. Die Gemeinde Z ist somit nicht Partei im Sinne des § 19 Abs 4 Z 1 und 2 ForstG 1975.

Die Gemeinde Z hat auch kein wie immer geartetes Vorbringen erstattet, woraus sich eine Beeinträchtigung von Rechten im Sinne des § 19 Abs 4 Z ForstG 1975 ableiten ließe. Auch aufgrund der eben zitierten Bestimmung lässt sich eine Parteistellung der Gemeinde Z im Rahmen des forstrechtlichen Verfahrens nicht begründen.

3.       Ergebnis:

3.1.    Zum Beschluss (Spruchpunkt I./1. der gegenständlichen Entscheidung):

In den mit den Spruchteilen C) und D) des Bescheides vom 13.07.2021, Zl ***, abgeschlossenen naturschutzrechtlichen und forstrechtlichen Verfahren kommt der Beschwerdeführerin mangels entsprechender Einwendungen die Stellung als Partei nicht zu. Deren Beschwerde gegen die beiden zitierten Spruchpunkte war daher als unzulässig zurückzuweisen. Dementsprechend lautet Spruchpunkt I./1. der gegenständlichen Entscheidung (Beschluss).

3.2.    Zum Erkenntnis (Spruchpunkt 2. der gegenständlichen Entscheidung):

Das Eigentumsrecht der Gemeinde Z am Gst Nr **9 wird aufgrund der auf diesem Grundstück lastenden Dienstbarkeit zu Gunsten des im Eigentum des Antragstellers stehenden Gst Nr **1, beide GB *** Z, nicht nachteilig beeinflusst. Die der Gemeinde Z auf dem Gst Nr **4, **9, **10, **11 und **7, alle GB *** Z, eingeräumte Dienstbarkeit der Weide ist zivilrechtlich begründet und somit kein Einforstungsrecht im Sinne des § 102 Abs 1 lit b WRG 1959. Aufgrund dieser dinglichen Rechte ist die Gemeinde Z gemäß § 102 Abs 2 WRG 1959 lediglich Beteiligte im Sinne des § 8 AVG und aus diesem Grund nicht zur Erhebung von Einwendungen berechtigt. Eine Verletzung ihres Anspruches gemäß § 13 Abs 3 WRG 1959 hat die Gemeinde Z nicht eingewendet.

Insgesamt war daher die Beschwerde gegen die Spruchteile A) und B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.07.2021, Zl ****, als unbegründet abzuweisen. Diese Abweisung umfasst auch die im Hinblick auf die im Zivilrecht begründeten Weiderechte vorzunehmende Zurückweisung.

Dementsprechend lautet Spruchpunkt II./1. (Erkenntnis) der gegenständlichen Entscheidung.

3.3.     Zur schriftlichen Ausfertigung der gegenständlichen Entscheidung:

Gemäß § 29 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht bei einer Verhandlung in Anwesenheit der Parteien das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen „in der Regel“ sogleich zu verkünden. Indem die sofortige mündliche Verkündung nicht zwingend nach dem Schluss der Verhandlung zu erfolgen hat, lässt das Gesetz dem Verwaltungsgericht einen (weiten) Spielraum, zumal dazu korrespondierend in der Z 2 des § 29 Abs 3 VwGVG nur ganz allgemein normiert wird, die Verkündigung des Erkenntnisses entfällt, wenn es nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann (vgl VwGH 30.04.2021,
Ra 2021/21/0071).

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die Feststellung des für das die gegenständliche Entscheidung relevanten Sachverhaltes erforderte eine umfassende Beweiswürdigung anhand der im Beschwerdeverfahren, aufgenommenen Beweise. Davon ausgehend waren komplexe Rechtsfragen zu erörtern. Diese Umstände rechtfertigen das Absehen von der mündlichen Verkündung der Entscheidung im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.03.2022. Darüber hinaus haben die Beschwerdeführerin und die mitbeteiligte Partei (= Antragsteller) im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.03.2022 ausdrücklich auf die mündliche Verkündung der Entscheidung verzichtet.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte die verfahrensrelevanten Rechtsfragen anhand der in Kapitel V. der gegenständlichen Entscheidung angeführten Bestimmungen zu klären. Aufgrund des eindeutigen Wortlautes der anzuwendenden Bestimmungen des WRG 1959, des Forstgesetzes 1975 und des TNschG 2005 liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl VwGH 13.12.2018, Ro 2018/07/0048).

Dementsprechend wird die ordentliche Revision in den Spruchpunkten I./2. (Beschluss) und II./2. (Erkenntnis) der gegenständlichen Entscheidung nicht zugelassen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Subjektiv-öffentliches Recht,
subjektiv-öffentliche Einwendung,
Einforstungsrecht,
Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.37.2519.11

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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