Entscheidungsdatum
06.12.2021Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §6 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Neumann über die Beschwerde der A. GmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesministerium f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, vom 4.1.2021, Zl. ..., betreffend Abfallwirtschaftsgesetz (AWG), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung
zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang
1.1. Mit Schriftsatz vom 5.6.2019 beantragte die A. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Beschwerdeführerin) über ihre Rechtsvertreterin, die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus möge als zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 5 iVm § 14 Abs. 1 AWG 2002 feststellen, dass die aus Weißblech gefertigten Etuis für Buntstiftsets der Marke X. nicht der VerpackungsVO 2014 unterliegen.
1.2. Laut Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz (siehe Pkt. 1.4.) wurde mit (dem vorgelegten Akt der belangten Behörde nicht zu entnehmenden) Schreiben der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 17.4.2020 der Antragstellerin im Rahmen des Parteiengehörs ein Gutachten des Amtssachverständigen für Verpackungstechnik, DI B. C., übermittelt. Die Beschwerdeführerin führte weiter aus, dass sie mit Schreiben vom 11.5.2020 zu dem übermittelten Gutachten Stellung bezog.
1.3. Der in weiterer Folge erlassene Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 4.1.2021 enthält folgenden Spruch:
„I.
Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie stellt auf Antrag vom 5.6.2019 gemäß § 6 Abs. 5 AWG 2002 fest:
Die von der A. GmbH & Co. KG vertriebenen, aus Weißblech gefertigten Etuis für Buntstiftsets der Marke X. sind als Verpackungen im Sinne des § 3 Z. 1 Verpackungsverordnung 2014 einzustufen und unterliegen als solche dieser Verordnung.
II.
V e r w a l t u n g s a b g a b e
Gemäß § 1 Abs. 1 iVm Anlage 1, Teil A, Tarifpost 2, der Bundesverwaltungsabgabenverordnung, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 371/2006, wird eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von € 6,50 vorgeschrieben. (Bitte Hinweis am Ende des Bescheids beachten!)
R e c h t s g r u n d l a g e n
…“
1.4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin über ihre Rechtsvertreterin mit Schriftsatz vom 9.2.2021 Beschwerde, in der 1. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, 2. die Stattgabe der Beschwerde und Entscheidung in der Sache, eventualiter 3. die Stattgabe der Beschwerde und Zurückverweisung an die belangte Behörde beantragt wurde.
1.5. Mit Schreiben vom 15.4.2021 legt die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie die Beschwerde (unter Anschluss von zugehörigen Aktenstücken des Bunddesministeriums) mit ergänzenden inhaltlichen Darlegungen und dem Antrag auf Abweisung gegenständlicher Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien vor.
1.6. Am 2.11.2021 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Darin äußerten sich die Parteienvertreter wie folgt:
Der Vertreter der Beschwerdeführerin verwies auf die Beschwerde. „Es ist der Begriff der Nichtverpackung im Sinn des § 3 Verpackungsverordnung erfüllt. Der Rechtstandpunkt wurde durch ein umfangreiches Tatsachenvorbringen untermauert, wohingegen die belangte Behörde darauf kaum bis gar nicht einging, was auf Seiten der Beschwerdeführerin Verwunderung ausgelöst hat.“
Der Vertreter der belangten Behörde gab dazu an:
„Die Beschwerdeschrift hat keine neuen Argumente gebracht. Bereits 1995 wurde die Verpackungseigenschaft festgestellt, allerdings lag eine langlebige Verpackung vor, die eine Ausnahme begründete, was aber nach der geltenden Rechtslage nicht mehr von Bedeutung ist. Die langlebige Verpackung kann nicht gleichgesetzt werden mit einer Nichtverpackung.
Es ist auch aktuell die Ausnahme vom Verpackungsbegriff gegenständlich erfüllt. Anzumerken ist allerdings, dass der wesentliche Kern der alten Definition von langlebiger Verpackung, zugegeben leicht abgeändert, in der Ausnahme von Verpackungsbegriff aufgegangen ist.“
Der Vertreter der belangten Behörde gab zudem an:
„Die Verpackungsdefinition ist von der Verpackungsrichtlinie hergeleitet. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verpackungsbegriff müssen insgesamt erfüllt sein. Dies trifft auf die Buntstifte nicht zu. Wesentlich ist, dass der Punkt lit. bb erfüllt ist. Der Punkt lit. aa spricht für eine Verpackung. Genauer gesagt heißt es, dass das Umschließen für eine Verpackung spricht. Die X.metalletuis umschließen die Buntstifte. Die Frage ist, ob die Metalletuis integraler Bestandteil des Produktes sind und ob die Schachtel während der gesamten Lebensdauer für die Buntstifte benötigt wird. Es wird verneint, dass die Metalletuis integraler Teil sind und dass sie während der gesamten Lebensdauer benötigt werden.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab an:
„Die Beschwerdeführerin sieht alle Tatbestandselemente für das Vorliegen der Ausnahme vom Verpackungsbegriff als gegeben an. Wie die belangte Behörde eingeräumt hat, ist das gegenständliche Produkt das Buntstiftset. Eine Zusammenstellung und sortiere Aufbereitung von Farbstiften mit bis zu 48 Farben. Damit ist die Box integraler Bestandteil, weil es dafür ausgelegt wurde, die Buntstifte in der vorgesehenen Sortierung zu umschließen, zu schützen und zu konservieren. Und zwar während der gesamten Lebensdauer des Sets. Das Fehlen eines Stiftes ändert nichts daran, dass es sich trotzdem um ein Set handelt.“
Der Vertreter der belangten Behörde gab an:
„Buntstifte und Verpackung sind zwei verschiedene Dinge. Es wird das Metalletui nicht für die gesamte Lebensdauer benötigt. Es ist praktisch, aber nicht notwendig.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab wiederum an:
„Es geht eben um das Set und nicht um den einzelnen Buntstift. Es ist nicht so, dass die Buntstifte entnommen werden und in ein anderes Behältnis gegeben werden.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab an:
„Es gibt auch Sets in Kartons. Dort werden die Farbstifte herausgenommen. Diese Kartonverpackungen sind für kleinere Kinder die Farben anders wahrnehmen. Die Metalletuis bieten Sets für das farbliche Gestalten älterer Kinder an. Das ist vom Schuleintrittsalter bis in die mittlere Unterstufe.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab an:
„Es gibt eben nach den Erfahrungen von A. Buntstiftsets, die aus dem Behältnis genommen werden und solche wo das nicht der Fall ist. In den Metalletuis bleiben die Stifte.“
Der Vertreter der belangten Behörde brachte vor:
„Es gibt auch Etuis mit 12 Stiften. Die bekommt man in ein Federpenal hinein. Die Metalletuis sind eine schöne Verpackung. Man kauft schön verpackte Produkte lieber. So kann man die Buntstifte etwa als Geschenk weitergeben.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab an:
„Die belangte Behörde verwechselt Marketing mit Geschäftsmodell. Es gibt eine Korrelation zwischen verkauften Sets und nachgekauften Stift. Mit diesem Argument der belangten Behörde wird auf unsere Beweise nicht eingegangen.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab zudem an:
„Es hat einen Grund, warum wir Buntstifte in Metalletuis verkaufen. Das Metall ist hochwertiger und robuster. Karton aber auch Plastik werden im Laufe der Zeit kaputt. Es sind deswegen noch Metalletuis mit einer Herstellung in den 60er-Jahren noch vorhanden. Das ergibt sich aus Kundeninformationen. Quantifizieren lässt sich das nicht.“
Der Vertreter der Beschwerdeführerin brachte auch vor (zu lit. bb):
„Alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung bestimmt. Im konkreten Fall das Buntstiftset mit den verschiedenen Farbtönen. Es ist zentraler Gedanke, dass, wenn ich einen Stift entnehme, diesen wieder in das Etui zurückgebe. Unstrittig ist daher die gemeinsame Verwendung.“
Zudem wurde Frau D. E., Dienstnehmerin der Beschwerdeführerin, als Zeugin befragt. Diese gab zu Protokoll:
„Ich bin seit 16 Jahren bei der Beschwerdeführerin verantwortlich für das Produktmanagement. Darunter fallen auch die X.-Produkte.
Es gibt Metallverpackungen für Zwölfer-Sortimente bis hin zu 48 Stück. Es gibt im Set zu 12, 24, 36 oder 48 Stiften. Für die Zielgruppe für die Kinder von fünf bis zwölf Jahren haben wir ein Produktsortiment zusammengestellt. Das basiert auf der 12er-Einheit. Dazu gibt es auch alle Farben auch noch lose für den Nachkauf.
Ich glaube es gibt eine Sechser-Einheit für Neonfarben. Aber ansonsten gibt es die in Rede stehende Buntstifte nicht in einer Plastik- oder Kartonverpackung.
Es gibt keine Marktforschung zur Frage, inwieweit von den KundInnen, Konsumentinnen und Konsumenten die Buntstifte in den Metalletuis belassen werden.
In den Metalletuis ist die Information zu entnehmen, dass Stifte nachgekauft werden können. Am Ende der Stifte ist eine Nummer (die Farbnummer), mit der der entsprechende Farbton exakt nachgekauft werden kann. Die Nummerierung ist seit jeher immer dieselbe für die jeweiligen Farbtöne. Zu beobachten ist, dass die Buntstifte der verschiedenen Farbnuancen in unterschiedlicher Häufigkeit verwendet und nachgekauft werden. Es gibt Farben, die häufig verwendet und solche die weniger häufig verwendet werden. Die häufig verwendeten Farben werden als Einzelstifte nachgekauft. Es gibt aber grundsätzlich alle Farbnuancen als Einzelstifte zum Nachkaufen.
Der Konsument hat die Wahl, ob er ein Metalletui kauft. Er könnte ja auch die Einzelstifte kaufen. Das Metalletui hat immerhin einen durchschnittlichen Preis von ... € gerechnet auf zwölf Stifte. Insofern nimmt der Konsument bewusst in Kauf diesen Preis zu bezahlen. Deswegen gehen wir davon aus, dass die Metalletuis als Aufbewahrungsort verwendet werden. Es ist auch so, dass man in ein Federpenal gerade einmal die Grundausstattung hineinbekommen würde, weil man bedenken muss, dass ja auch andere Stifte noch untergebracht werden müssen. Es gibt auch die Metalletuis ohne Stifte zu kaufen. In die Metalletuis, die ohne Stifte verkauft werden, gehen 30 Stück Farbstifte hinein. Für dieses Etui zahlt der Konsument ... €. Und das im leeren Zustand. Es wurden seit 2019, als wir damit angefangen haben, ca. ... Etuis verkauft. Das ist beachtlich, weil immerhin der Konsument ... € dafür bezahlen muss. Die Metalletuis können nach den Vorstellungen des Konsumenten befüllt werden, das heißt es müssen ja nicht alle 30 Plätze für die Stifte aufgefüllt werden. Der Konsument kann sich wie gesagt nur das Metalletui kaufen. Das Projekt mit den leeren Etuis wird ausgeweitet.“
Über Befragung durch den Vertreter der belangten Behörde:
„Wenn man kein Metalletui haben will, dann muss man die Farben nicht in einem Metalletui kaufen, man kann sie ja lose kaufen die Buntstifte. Es ist aber so, dass der Einzelkauf einen Manipulationsaufwand (Anm.: offenbar Übertragungsfehler vom Tonband in die Niederschrift) für den Handel bedeutet, weil er die verpackten Buntstifte auspacken und einordnen muss. Deswegen ist der Einzelbuntstift auch teurer. Das hat schon aus den genannten Gründen seine Berechtigung.“
Über Befragen durch den Vertreter der Beschwerdeführerin:
„Bei den Etuis spielt die Altersgerechtheit und die Haltbarkeit eine Rolle. Es gibt Buntstifte für das Kindergartenalter und die Vorschule, die dann auch entsprechend dicker sind und auch ohne Feinmotorik verwendet werden können. Für diese Farbstifte machen wir kein Metalletui. Diesen Gedanken findet man auch bei den Fasermalern. Diese trocknen nach maximal zwei Jahren aus. Aufgrund dieser Lebensdauer würde es sich nicht auszahlen ein Metalletui machen. Deswegen werden die in Kartons angeboten. Bei den Filzmalern werden auch 24 Stifte ausgepackt, weil es keinen Sinn machen würde, diese langfristig aufzubewahren. Die unterschiedlichen Zugänge sind aus der Anwendung des Konsumenten heraus zu verstehen.
Die Metalletuis sind aus Weißblech und sind haltbar. Sollten sie sich verbiegen, dann könnte man sie wieder zurückbiegen. Das geht ohne großen Aufwand. Das Ordnungssystem der Buntstifte in den Metalletuis folgt nach dem „Regenbogensystem“. Vom Gedanken her ist das Metalletui ein Produkt. Dem Metalletui ist auch ein konkreter Preis hinterlegt.
Wir haben im Jahr 2016 damit begonnen ‚wasservermalbare‘ Buntstifte breiter anzubieten. Zunächst wurden die Buntstifte mit den Metalletuis gekauft und es war dann zu sehen, dass ein paar Jahre später der Kauf von Einzelstiften angezogen hat. Anzumerken ist, dass das Marktsegment von diesen ‚wasservermalbaren‘ Stiften eher klein ist. Dennoch sind die Zahlen in der Aussage klar.“
1.7. Mit als Stellungnahme bezeichnetem Schriftsatz der Vertreterin der Beschwerdeführerin vom 4.11.2021 wird die Befangenheit des Amtssachverständigen DI B. C. wegen Doppelfunktion (Vertreter der belangten Behörde und Amtssachverständiger von der belangten Behörde) aufgezeigt.
2. Sachverhalt
2.1. Die Beschwerdeführerin vertreibt als Unternehmerin unter der Marke X. Zeichen- und Malstifte. Dabei werden Buntstifte („X. Buntstiftsets“) auch in stabilen Metalletuis aus Weißblech verkauft. Das Metalletui hat einen durchschnittlichen Preis von ... € gerechnet auf zwölf Stifte. Es gibt Metallverpackungen im Set zu zwölf, 24, 36 oder 48 Stiften. In den Metalletuis ist die Information zu entnehmen, dass Stifte nachgekauft werden können. Am Ende der Stifte ist eine Nummer (die Farbnummer), mit der der entsprechende Farbton exakt nachgekauft werden kann. Gleichzeitig werden auch leere Metalletuis („X. Metalletuis“) verkauft (mit Platz für 30 Stück Farbstifte mit einem Preis von ... €). Es wurden seit 2019 (Beginn des Vertriebs) ca. ... dieser Etuis verkauft. Diese sollen es aus Sicht der Beschwerdeführerin ermöglichen darin einzeln erworbene Buntstifte aufzubewahren. Daneben werden auch einzelne X. Buntstifte vertrieben. Dies soll aus Sicht der Beschwerdeführerin ermöglichen, dass Käufer ihre Sets bei Verbrauch einzelner Farbtöne nachfüllen können.
2.2. Im Handel werden etwa große Federpenale (etwa mit 72 Slots), Stiftehalter mit 96 Löchern oder eine Stifterolle („Buntstifte Bleistift Wrap“) für 72 Stifte zur Aufbewahrung von Stiften angeboten.
2.3. Der unter 2.1. festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den Angaben der Zeugin E. D., die die vorgetragenen Details zu den besprochenen Produkten glaubhaft darstellen konnte. Das Vorbringen und die Angaben der Zeugin sind (bereits mit als allgemein voraussetzbarem Alltagswissen) gut nachvollziehbar. Die unter 2.2. angeführten Beispiele für Aufbewahrungsmöglichkeiten sind mit einfacher Internetrecherche ermittelbar und können als offenkundige Tatsachen eingestuft werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtsvorschriften
§ 6 Abs. 5 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden AWG) idgF lautet:
Bestehen begründete Zweifel, ob oder inwieweit eine Sache einer Verordnung gemäß § 14 Abs. 1 unterliegt, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten einen Feststellungsbescheid zu erlassen.
§ 3 Z 1 Verpackungsverordnung 2014 (im Folgenden VerpackV) idgF lautet:
Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind
1. „Verpackungen“ aus verschiedenen Packstoffen hergestellte Packmittel, Packhilfsmittel oder Paletten zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren. Der Begriff Verpackungen wird zusätzlich durch die nachstehenden Kriterien bestimmt. Die in Anhang 2 angeführten Gegenstände sind Beispiele für die Anwendung dieser Kriterien.
a) Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der oben genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt, es sei denn,
aa) der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und
bb) alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt.
b) Gegenstände, die dafür konzipiert und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle befüllt zu werden, und Einwegartikel, die in befülltem Zustand abgegeben werden oder dafür konzipiert und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle befüllt zu werden, gelten als Verpackungen, sofern sie eine Verpackungsfunktion erfüllen.
c) Verpackungskomponenten und Zusatzelemente, die in eine Verpackung integriert sind, gelten als Teil der Verpackung, in die sie integriert sind. Zusatzelemente, die unmittelbar an einem Produkt hängen oder befestigt sind und eine Verpackungsfunktion erfüllen, gelten als Verpackungen, es sei denn, sie sind integraler Teil des Produkts und alle Komponenten sind für den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt.
Der in § 3 Z 1 VerpackV angeführte Anhang 2 lautet:
Beispiele für Verpackungen gemäß § 3 Z 1
1. Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der in § 3 Z 1 genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt, es sei denn, der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Entsorgung bestimmt.
Beispiele für dieses Kriterium
Gegenstände, die als Verpackungen gelten
– Schachteln für Süßigkeiten
– Klarsichtfolie um CD-Hüllen
– Versandhüllen für Kataloge und Magazine mit Inhalt
– Backförmchen für kleineres Backwerk, die mit dem Backwerk verkauft werden
– Rollen, Röhren und Zylinder, um die flexibles Material aufgespult ist (z.B. Kunststofffolie, Aluminium, Papier), ausgenommen Rollen, Röhren und Zylinder, die Teile einer Produktionsanlage sind und nicht zur Aufmachung eines Produkts als Verkaufseinheit verwendet werden
– Blumentöpfe, die nur für den Verkauf und den Transport von Pflanzen bestimmt sind und in denen die Pflanze nicht während ihrer Lebenszeit verbleiben soll
– Glasflaschen für Injektionslösungen
– CD-Spindeln (die mit CDs verkauft werden und nicht zur Lagerung verwendet werden sollen)
– Kleiderbügel (die mit einem Kleidungsstück verkauft werden)
– Streichholzschachteln
– Sterilbarrieresysteme (Beutel, Trays und Materialien, die zur Erhaltung der Sterilität des Produkts erforderlich sind)
– Getränkesystemkapseln (zB Kaffee, Kakao, Milch), die nach Gebrauch leer sind
– Wiederbefüllbare Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen, ausgenommen Feuerlöscher
Gegenstände, die nicht als Verpackungen gelten
– Blumentöpfe, in denen die Pflanze während ihrer Lebenszeit verbleibt
– Werkzeugkästen
– Teebeutel
– Wachsschichten um Käse
– Wursthäute
– Kleiderbügel (die getrennt verkauft werden)
– Getränkesystemkapseln, Kaffee-Folienbeutel und Kaffeepads aus Filterpapier, die zusammen mit dem verwendeten Kaffeeprodukt entsorgt werden
– Tonerkartuschen
– CD-, DVD- und Videohüllen (die zusammen mit einer CD, DVD oder einem Video verkauft werden)
– CD-Spindeln (die leer verkauft werden und zur Lagerung verwendet werden sollen)
– Beutel aus wasserlöslicher Folie für Geschirrspülmittel
– Grablichter (Behälter für Kerzen)
– Mechanisches Mahlwerk (integriert in einem wiederbefüllbaren Behältnis, zB wiederbefüllbare Pfeffermühle)
2. Gegenstände, die dafür konzipiert und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle befüllt zu werden, und „Einwegartikel“, die in befülltem Zustand abgegeben werden oder dafür konzipiert und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle befüllt zu werden, gelten als Verpackungen, sofern sie eine Verpackungsfunktion erfüllen.
Beispiele für dieses Kriterium
Gegenstände, die als Verpackungen gelten
– Tragetaschen aus Papier oder Kunststoff
– Einwegteller und -tassen
– Frischhaltefolie
– Frühstücksbeutel
– Aluminiumfolie
– Kunststofffolie für gereinigte Kleidung in Wäschereien
Gegenstände, die nicht als Verpackungen gelten
– Rührgerät
– Einwegbestecke
– Einpack- und Geschenkpapier (das getrennt verkauft wird)
– Papierbackformen für größeres Backwerk (die leer verkauft werden)
– Backförmchen für kleineres Backwerk, die ohne Backwerk verkauft werden
3. Verpackungskomponenten und Zusatzelemente, die in eine Verpackung integriert sind, gelten als Teil der Verpackung, in die sie integriert sind. Zusatzelemente, die unmittelbar an einem Produkt hängen oder befestigt sind und eine Verpackungsfunktion erfüllen, gelten als Verpackungen, es sei denn, sie sind integraler Teil des Produkts und alle Komponenten sind für den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Entsorgung bestimmt.
Beispiele für dieses Kriterium
Gegenstände, die als Verpackungen gelten
– Etiketten, die unmittelbar am Produkt hängen oder befestigt sind
Gegenstände, die als Teil der Verpackung gelten
– Wimperntuschebürste als Bestandteil des Packungsverschlusses
– Aufkleber, die an einem anderen Verpackungsobjekt befestigt sind
– Heftklammern
– Kunststoffumhüllung
– Dosierhilfe als Bestandteil des Verpackungsverschlusses von Waschmitteln
– Mechanisches Mahlwerk (integriert in einem nicht wiederbefüllbaren Behältnis, z.B. mit Pfeffer gefüllte Pfeffermühle)
Gegenstände, die nicht als Verpackungen gelten
– RFID-Tags für die Funkfrequenzkennzeichnung
3.2. Daraus folgt:
Die in Rede stehenden Metalletuis für Buntstifte dienen jedenfalls der Aufnahme und Lieferung der Buntstifte (siehe § 3 Z 1 erster Satz Verpackungsverordnung 2014). Andere Funktionen, die eine Verpackung auch noch erfüllen, verhindern grundsätzlich nicht die Einstufung als Verpackung (siehe § 3 Z 1 lit. a) Verpackungsverordnung 2014). Ausgenommen davon ist ein als Verpackung dienender Gegenstand, der integraler Teil eines Produkts ist, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird (siehe § 3 Z 1 lit. a) sublit. aa) Verpackungsverordnung 2014).
Entscheidend ist nun, dass die gegenständlichen Metalletuis für Buntstifte nicht zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung der Buntstifte während deren gesamten Lebensdauer benötigt werden; benötigt verstanden im Sinne von erforderlich. Buntstifte können eben genauso in Federpenalen (mit einer großen Zahl an Halterungen [slots] gerade auch für viele Buntstifte), in Köchern für Stifte oder Stiftehaltern am Schreibtisch, in einrollbaren Hüllen (mit dem Vorteil, dass diese Platz sparen und in verschiedenen auch kleineren Taschen gut mitgenommen werden können) etc. aufbewahrt werden. Dass vielfach die in Rede stehenden Metalletuis von „X.“ (als „X. Buntstiftset verkauft) Aufbewahrungsort für „X. Buntstifte“ sind bzw. sein werden, ändert nichts daran, dass diese Metalletuis für die Aufbewahrung nicht unbedingt erforderlich sind. Aus der Tatsache, dass Federpenale mit einer großen Zahl an „slots“, Stiftehalter und -köcher sowie Buntstifterollen im Handel für Papier- und Schreibwaren angeboten werden, kann auch auf eine Nachfrage für solche Produkte geschlossen werden, die somit immer wieder zum Einsatz kommen. Jedenfalls hat der Konsument eine Alternative zu den Metalletuis für „X. Buntstifte“ nach dem Kauf eines „X. Buntstiftsets“. Dies ist ausreichend, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Metalletuis nicht zur Aufbewahrung benötigt werden, also erforderlich sind. Folglich sind die gegenständlichen Metalletuis Verpackungen iSd Verpackungsverordnung 2014.
In diesem Zusammenhang ist auch auf den in § 3 Z 1 zweiter Satz Verpackungsverordnung 2014 angeführten Anhang hinzuweisen. Aus darin angeführten Beispielen wird ersichtlich, dass dann, wenn ein (verbrauchbares) Produkt gemeinsam mit einer Hülle bzw. einem Schutz verkauft wird, Verpackung vorliegt, wenn aber nur die Verpackung ohne Produkt verkauft wird, keine Verpackung vorliegt, weil es dann dem Käufer nicht um das Produkt, sondern auf die „Hülle“ ankommt: So gelten etwa Backförmchen für kleineres Backwerk, die mit dem Backwerk verkauft werden als Verpackung, allerdings Backförmchen für kleineres Backwerk, die ohne Backwerk verkauft werden, nicht als Verpackung. „X. Metalletuis“, die ohne Buntstifte verkauft werden, gelten demzufolge nicht als Verpackung, die Metalletuis der „X. Buntstiftsets“, also Metalletuis, die mit Buntstiften verkauft werden, gelten demnach jedoch sehr wohl als Verpackung.
Es waren zur Beantwortung der gegenständlich aufgeworfenen Rechtsfrage, also ob die gegenständlichen Metalletuis der „X. Buntstiftsets“ Verpackungen iSd Verpackungsverordnung 2014 sind, keine Tatsachen festzustellen oder aus diesen Tatsachen Schlussfolgerungen zu ziehen, die eine besondere Fachkundigkeit erfordert hätten, weswegen die Beiziehung eines Sachverständigen (§ 52 AVG) unterbleiben konnte.
Er war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Begründete Zweifel; Feststellungsbescheid; Verpackungen; Gegenstände, die als Verpackungen gelten; Metalletui; Aufnahme und Lieferung; integraler Teil des ProduktsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.101.060.6227.2021Zuletzt aktualisiert am
04.04.2022