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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. August 1994, Zl. 101.531/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. August 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers vom 13. Jänner 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. könnten Fremde, die sich bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften beantragen. Der Beschwerdeführer habe einen bis zum 31. Dezember 1993 gültigen Sichtvermerk der österreichischen Botschaft in Budapest gehabt. Somit sei der 31. Dezember 1993 der letzte Tag zur Einbringung eines Verlängerungsantrages gewesen. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung ausgeführt, zur Beschaffung der notwendigen Unterlagen in Zeitverzug und überdies bis 2. Jänner 1994 krank gewesen zu sein. Erst am 5. Jänner 1994 wäre es ihm möglich gewesen, zur zuständigen Behörde "wegen des Antrages" zu gehen. Für die erkennende Behörde sei das Vorbringen bezüglich der notwendigen Unterlagen kein durchdringendes Argument, weil der Antrag - vorbehaltlich einer Nachreichung - mangelhaft erhoben werden könne. Überdies habe der Beschwerdeführer nicht unmittelbar nach seinem Krankenstand, sondern erst am dritten Tag danach die Behörde aufgesucht.
Der Beschwerdeführer habe keine nennenswerten privaten Interessen oder namhafte Beziehungen zur Republik Österreich vorgebracht, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätten.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Verfahrensrüge Umstände im Zusammenhang mit der verspäteten Antragstellung anspricht, so etwa eine mangelnde Aufklärung durch die belangte Behörde, daß er die dem Antrag beizulegenden Urkunden hätte nachreichen oder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte stellen können, ist ihm zu entgegnen, daß die Frist des § 13 Abs. 1 zweiter Satz Aufenthaltsgesetz eine nicht restituierbare materiell-rechtliche Frist ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0320, uva) und es auf die Umstände der Fristversäumung nicht ankommt.
Soweit der Beschwerdeführer jedoch rügt, die belangte Behörde hätte Feststellungen zu seinen "Beziehungen zur Republik Österreich" treffen müssen, ist er, wie bei Behandlung der Rechtsrüge auszuführen sein wird, im Recht.
2. In seiner Rechtsrüge meint der Beschwerdeführer, er sei seit mehr als fünf Jahren bei einem österreichischen Arbeitgeber beschäftigt und unbescholten, habe einen ordentlichen Wohnsitz begründet, seinen Mietzins stets pünktlich bezahlt und sei auch sozialversichert; er habe daher "nennenswerte und namhafte Beziehungen zur Republik Österreich". Ungeachtet der kurzen Fristversäumung hätte die belangte Behörde seinem Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung stattgeben müssen.
Unter Zugrundelegung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94, und in der Folge etwa die Erkenntnisse vom 29. Juni 1995, B 2688/94, und vom 11. Oktober 1995, B 2619/94) sind Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinn des § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des durch § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen. Das heißt, daß solche Bewilligungsanträge - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/18/0366, mwN).
Seinem Antrag vom 13. Jänner 1994 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz legte der Beschwerdeführer unter anderem eine Arbeitsbestätigung bei, derzufolge er seit 10. Jänner 1989 bei einer namentlich genannten Firma in B als Schlosser beschäftigt sei. Auch in seiner Berufung vom 28. März 1994 gegen den erstinstanzlichen Bescheid wies er auf dieses Beschäftigungsverhältnis hin.
Infolge Verkennung der oben dargelegten Rechtslage maß die belangte Behörde dem Umstand des (behaupteten) rechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in der Dauer von jedenfalls etwa fünfeinhalb Jahren keine Relevanz bei und unterließ es deshalb auch, diesbezügliche Feststellungen zu treffen.
3. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des Begehrens (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß der Stempelgebührenaufwand insgesamt S 270,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen S 240,--, eine Bescheidausfertigung S 30,--) betrug.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994180709.X00Im RIS seit
02.05.2001