TE Vwgh Beschluss 1996/7/11 94/07/0059

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Veröffentlicht am 11.07.1996
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §8;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §37 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §37 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, in der Beschwerdesache des S in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 3. März 1994, Zl. LAS-79/112-80, betreffend Minderheitsbeschwerde (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft N, vertreten durch den Obmann), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Ausschuß der mitbeteiligten Partei (MP) hat am 16. April 1993 gemäß der durch Aushang erfolgten Kundmachung unter anderem folgende Beschlüsse gefaßt:

"Beschlußfassung - Genehmigung Jahresabrechnung 1992

Der Ausschuß beschloß einstimmig

a)

die Jahresrechnung 1992 zu genehmigen

b)

Obmann und Kassier die Entlastung zu erteilen.

Beschlußfassung - Jahresvoranschlag 1993

    Jahresvoranschlag der ... (MP) wurde vom Ausschuß erstellt

    und wie folgt beschlossen:

    Aufwand:                              S 7,510.000,00

    Ertrag:                               S 5,900.000,00

    ----------------------------------------------------

    Abgang:                               S 1,610.000,00"

    ====================================================

Gegen diesen Beschluß erhob der Beschwerdeführer während des Zeitraumes des erfolgten Aushangs "Einspruch" an die Agrarbehörde erster Instanz. Nach Ansicht des Beschwerdeführers würden die Einnahmen "satzungswidrige Zahlungen aus Verpachtungen" enthalten. Auf der Ausgabenseite seien satzungswidrig die "Kosten für den verlorenen Gerichtsprozeß" der MP gegen den Beschwerdeführer enthalten.

Mit Bescheid vom 12. November 1993 wies das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz gemäß § 37 Abs. 1 und 2 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG 1978), LGBl. Nr. 54, den Einspruch des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde wies diese Berufung mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. März 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG (in Verbindung mit § 1 AgrVG) sowie in Verbindung mit § 37 TFLG 1978 als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde unter anderem aus, daß der Beschwerdeführer hinsichtlich der bemängelten Einnahmen aus Verpachtung nicht "in seinem Anteilsrecht" verletzt werden könne, selbst dann nicht, wenn bezüglich der vorgenommenen Verpachtung der erforderliche Organbeschluß fehlen sollte. Dabei qualifizierte die belangte Behörde das vom Beschwerdeführer ausgelöste Verfahren als "aufsichtsbehördliches Verfahren". Zu den bemängelten Prozeßkosten führte die belangte Behörde in der Begründung aus, es handle sich dabei nach den Angaben des Obmanns der MP nicht um Prozeßkosten, sondern um Kosten für anwaltliche Rechtsvertretungen. Es sei der MP zur Wahrnehmung ihrer Rechte unbenommen, anwaltliche Rechtsvertretungen in Anspruch zu nehmen und auch einen Prozeß zu führen. Es gebe daher für die belangte Behörde keinen Grund zur Setzung von aufsichtsbehördlichen Maßnahmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Seitens der MP wurde keine Gegenschrift erstattet.

Dem Beschwerdeführer fehlt zur Erhebung der Beschwerde die Berechtigung. Er konnte in dem als verletzt erklärten Recht durch den angefochtenen Bescheid aus folgenden Gründen nicht verletzt werden:

Nach § 37 Abs. 1 TFLG 1978 in der Fassung der Novelle, LGBl. Nr. 18/1984, unterliegen Agrargemeinschaften der Aufsicht durch die Agrarbehörde. Die Aufsicht erstreckt sich gemäß lit. a auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der Satzungen und gemäß lit. b auf die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und des sonstigen Vermögens der Agrargemeinschaft.

Nach § 37 Abs. 2 TFLG 1978 hat die Agrarbehörde unter Ausschluß des Rechtsweges über Streitigkeiten, die zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, zu entscheiden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem, denselben Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zl. 93/07/0109, ausführte, löst nicht jede Streitigkeit zwischen einem Mitglied und einer Agrargemeinschaft ein subjektiv-öffentliches Recht auf Entscheidung durch die Agrarbehörde gemäß § 37 Abs. 2 TFLG 1978 aus, sondern nur jene, die "aus dem Mitgliedschaftsverhältnis" entsteht.

Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdepunkt die Verletzung seines subjektiv-öffentlichen Rechts "auf gesetzmäßige Ausübung der den Agrarbehörden gemäß § 36 TFLG (gemeint wohl: § 37 leg. cit.) auferlegten Aufsichtspflicht über die Agrargemeinschaften" geltend. Ein solches subjektiv-öffentliches Recht, losgelöst von der Frage des Bestehens einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, besteht jedoch nicht.

Im Zusammenhang mit der Rüge, ein entsprechender Beschluß des zuständigen Organs für die Verpachtung von Flächen der MP würde fehlen und der eingehobene Pachtschilling nicht angemessen sein, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß weder die Frage des Bestandes eines Pachtvertrages noch jene der Angemessenheit des Pachtschillings Gegenstand der Beschlußfassung des Ausschusses der MP waren. Es konnte aber auch durch die bekämpften Beschlüsse betreffend das Budget der MP und dessen Vollzug nicht in die vom Beschwerdeführer behaupteten Weiderechte auf einer näher bezeichneten Alm eingegriffen werden. Wenn jedoch der Beschwerdeführer mit diesen Hinweisen die Rechtmäßigkeit der Beschlußfassung des Ausschusses über den Jahresrechnungsabschluß 1992 einschließlich der Entlastung des Obmanns und des Kassiers sowie über den Voranschlag 1993 bekämpfen wollte, vermag er als Mitglied, das dem Ausschuß als für eine derartige Beschlußfassung nach § 12 der Satzung der MP zuständigen Organ nicht angehört, nicht darzulegen, daß ihm - etwa aufgrund der Satzung der MP - ein subjektiv-öffentliches Recht auf Überprüfung derartiger Beschlüsse auf ihre Rechtmäßigkeit schlechthin zukäme. Auch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer bemängelten Ausgaben für die Rechtsvertretung der MP in einem Rechtsstreit betreffend seine Person, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein subjektiv-öffentliches Recht auf objektive Rechtskontrolle derartiger Ausgaben darzulegen. Auch ist den Satzungen der MP kein Recht eines Mitglieds auf umfassende Einsicht in die Belege der Finanzgebarung der MP zu entnehmen.

Da dem Beschwerdeführer kein Recht auf Prüfung der objektiven Rechtswidrigkeit der von ihm bekämpften Beschlüsse des Ausschusses der MP zustand, konnte er durch den angefochtenen Bescheid in diesem Recht auch nicht verletzt werden. Somit war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994070059.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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