TE Vwgh Erkenntnis 1996/8/20 95/16/0063

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Veröffentlicht am 20.08.1996
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 TP9 Anm12 litd;
GGG 1984 TP9 litb Z4;
GJGebG 1962 TP11 Anm9 litd;
WEG 1975 §11 Abs1;
WEG 1975 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9. Jänner 1995, Jv 2249-33/94, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin hatten je 34/6875 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ ..., womit gemeinsames Wohnungseigentum an der W 70 untrennbar verbunden und die Verbindung gemäß § 12 Abs. 1 WEG verbüchert war.

Der Beschwerdeführer und seine geschiedene Ehegattin schlossen am 23. April 1991 wegen Scheidung im Einvernehmen den gerichtlichen Vergleich, wodurch diese ihre

34/6875 Miteigentumsanteile dem Beschwerdeführer übertrug. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich als Gegenleistung, seiner geschiedenen Ehegattin eine Abschlagszahlung von S 540.000,-- zu bezahlen. Sie erteilte ihre ausdrückliche Einwilligung auf Einverleibung des Eigentumsrechtes an den bisher ihr gehörigen 34/6875 Anteilen zugunsten des Beschwerdeführers und dieser erteilte die ausdrückliche Einwilligung auf Einverleibung des Pfandrechtes für die Forderung der geschiedenen Ehegattin im Betrag von S 540.000,-- und einer Nebengebührenkaution im Betrag von S 108.000,-- auf den nunmehr ihm allein gehörigen insgesamt 68/6875 Anteilen der bezeichneten EZ.

Mit Beschluß vom 24. Februar 1992 bewilligte das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz in der in Rede stehende EZ folgende Eintragungen: Aufgrund des Vergleiches vom 23. April 1991 wurde bei den 34/6875 Anteilen der geschiedenen Ehegattin, mit welchen Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist, das Eigentumsrecht für den Beschwerdeführer einverleibt und die nunmehr je 34/6875 Anteile des Beschwerdeführers zu insgesamt 68/6875 Anteilen verbunden. Bei den nunmehr 68/6875 Anteilen des Beschwerdeführers, mit welchen Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist, wurde das Pfandrecht für die Forderung der geschiedenen Ehegattin im Betrag von S 540.000,-- und einer Nebengebührenkaution von S 108.000,-- einverleibt.

Mit Zahlungsauftrag vom 14. November 1994 schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 648.000,-- die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z. 4 GGG in der Höhe von S 7.128,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr nach § 6 GEG in der Höhe von S 50,-- vor.

Mit dem Bescheid vom 9. Jänner 1995 gab die belangte Behörde dem gegen den Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers keine Folge. Dies im wesentlichen mit der Begründung, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne es sich bei der gebührenfreien Eintragung des Pfandrechtes nur um eine Belastung des übertragenen Rechtes selbst handeln, nicht aber auch um Rechte, die der Übernehmer von anderen Personen als dem betreffenden Übergeber erworben habe. Da ein Pfandrecht im Hinblick auf die Bestimmung des § 13 Abs. 1 Grundbuchsgesetz (GBG) nur auf dem ganzen Grundbuchskörper oder auf einem ideellen Miteigentumsanteil einverleibt werden könne, umfasse das Wort "Grundstück" in der Anmerkung zur TP 11 GJGebGes 1962 auch den Begriff "Miteigentumsanteil". Sinn der Befreiungsbestimmung sei der, daß nur die im Zuge einer Gutsübergabe eingetragenen Pfandrechte von der Eintragungsgebühr befreit sein sollten. Da im vorliegenden Fall der dem Übernehmer bereits gehörige Anteil an der Liegenschaft bzw. Wohnung nicht Gegenstand der Übergabe war, konnte auch die Eintragung des Pfandrechtes auf diesem Anteil nicht der Gebührenbefreiung teilhaftig sein. Die Eintragungsgebühr sei für eine Amtshandlung, nämlich für die Eintragung eines bestimmten Rechtes im Grundbuch, zu entrichten. Die Höhe der Gebühr richte sich nach dem Wert des eingetragenen Rechtes, dieser wiederum nach der Höhe der sichergestellten Forderung. Die Eintragungsgebühr für die Eintragung des Pfandrechtes auf den 34/6875 Anteilen, die dem Übernehmer bereits gehört hätten, sei deshalb in vollem Umfang zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Gerichtsgebühr wegen Vorliegens der Gebührenbefreiung gemäß Anmerkung 12 lit. d erster Satz zu TP 9 GGG verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß TP 9 lit. b Z. 4 GGG unterliegen Eintragungen in das Grundbuch zum Erwerb des Pfandrechtes (Ausnahme Z. 6) einer Gebühr in der Höhe von 1,1 v.H. vom Wert des Rechtes.

Nach Anm. 12 lit. d zu TP 9 GGG sind von der Eintragungsgebühr Eintragungen von Pfandrechten, die der im Grundbuch eingetragene Eigentümer bei der gänzlichen oder teilweisen Übertragung seines Rechtes sich vorbehält oder ausbedingt, von der Eintragungsgebühr befreit, sofern dieser Antrag gleichzeitig mit dem Antrag auf Bewilligung der Eintragung des Eigentumsrechtes oder des Baurechtes gestellt wird. Dies gilt auch, wenn bei einer Verlassenschaftsabhandlung Nachlaßgrundstücke auf einzelne Miterben übertragen und zur Sicherstellung der anderen Miterben Pfandrechte auf den übertragenen Nachlaßgrundstücken eingetragen werden; die Eintragungsgebühr ist jedoch zu entrichten, soweit die Pfandrechte auch auf andere dem Übernehmer gehörige Grundstücke eingetragen werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zu T 11 GJGebGes 1962 ergangenen Erkenntnis vom 1. Juli 1953, Zl. 3201/52, ausgeführt hat, ist die Verwendung der Worte "vorbehalten" und "ausbedungen" aus der Entstehung der strittigen gesetzlichen Vorschrift zu erklären. Während vor dem Inkrafttreten des GJGebGes 1962 die Eintragung aller bücherlichen Rechte gebührenpflichtig gewesen sei, beschränke das GJGebGes 1962 die Gebührenpflicht auf die Eintragung des Eigentums und von Pfandrechten. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage führten dazu aus, daß es sich bei den anderen bücherlichen Rechten häufig um "vorbehaltene" Rechte handle, die bei der Übertragung des Eigentums "ausbedungen" würden. Das Gesetz habe daher mit den Worten "vorbehält oder ausbedingt" den Vorbehalt des Rechtes und das Ausbedingen des Rechtes zu einem einheitlichen abgabenrechtlichen - da innerlich zusammenhängenden - Tatbestand zusammengefaßt. Deshalb lasse sich aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht ableiten, daß unter den ausbedungenen Pfandrechten solche zu verstehen seien, die nicht auf der veräußerten, sondern auf anderen Liegenschaften einverleibt würden.

Diese Auslegung des GJGebGes 1962 ist aufgrund des insoweit gleichen Wortlautes auch auf den ersten Satz der Anm. 12 lit. d zu TP 9 GGG anwendbar, sodaß ein weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, wonach der letzte Halbsatz der Anm. 12 lit. d zu TP 9 GGG sich nicht auch auf den ersten Satz der Bestimmung beziehe, erübrigt. Nach dem zitierten Erkenntnis, dem nach Inkrafttreten des GGG insoweit zu folgen ist, kann allein aufgrund der Interpretation des ersten Satzes der genannten Anmerkung der Eintritt einer Gebührenbefreiung dann, wenn Pfandrechte auf einer anderen als der veräußerten Liegenschaft zur Sicherstellung der Gegenforderung eingetragen werden, ausgeschlossen werden.

In dem dem Erkenntis vom 28. Mai 1958, Zl. 683/57, zugrundeliegenden Fall versagte die damals belangte Behörde die Gebührenbefreiung und schrieb Gerichtsgebühren in einem Fall vor, in dem der Erwerber als Miteigentümer eines Sechstelanteiles der Liegenschaft die übrigen fünf Sechstelanteile erwarb und das Pfandrecht für die Kaufpreisrestschuld sowie die vereinbarten Dienstbarkeiten und Reallasten im Grundbuch auf der gesamten Liegenschaft einverleiben ließ. Maßgebend war dabei auch die Regelung des § 13 Abs. 1 GBG, wonach die Einverleibung von Pfandrechten auf ideelle Anteile einer Liegenschaft, die den Gegenstand einer Übertragung bildeten, nach der ständigen Rechtsprechung zulässig sei, sodaß eine Belastung ausschließlich der übernommenen Liegenschaftsanteile mit dem Pfandrecht möglich gewesen wäre.

In der Beschwerde wird nun vorgebracht, es sei dem Beschwerdeführer aufgrund der Besonderheiten der Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes betreffend das gemeinsame Wohnungseigentum vom Ehegatten verwehrt gewesen, das von seiner geschiedenen Gattin erworbene Liegenschaftsanteilseigentum allein zu belasten. Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen habe er nur den gesamten mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteil als Pfand zur Verfügung stellen können.

Der leitende Gesichtspunkt der genannten Befreiungsbestimmung ist (vgl. Erkenntis vom 4. Dezember 1962, Zl. 977/61) darin zu erblicken, daß der Gesetzgeber es für unbillig hält, bei der Übertragung einer Liegenschaft von den vertragsschließenden Parteien neben der vollen Gebühr für die Eintragung des Eigentumsrechtes auch noch eine Eintragungsgebühr für das mit der Eigentumsübertragung im Zusammenhang stehende vorbehaltene Pfandrecht zu fordern. Der Gesetzgeber des GGG wollte daher mit der Befreiungsbestimmung jedenfalls bei Eintragung des Pfandrechtes auch auf andere nicht aufgrund des Übertragungsgeschäftes dem Übernehmer gehörende Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile die Befreiung von der Gebühr ausschließen, die Befreiung aber bei Eintragung des Pfandrechts auf die übernommenen Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile ermöglichen.

Im Beschwerdefall bestand ein nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 (WEG 1975) begründetes gemeinsames Wohnungseigentum der nunmehr geschiedenen Ehegatten. Diese Sondergemeinschaft innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaft unterliegt nach dem WEG 1975 besonderen Regelungen, insbesondere auch betreffend die einheitliche Verfügung sowie die Wirkung und das Verbot der unterschiedlichen Belastung der Mindestanteile. Dieser engen Bindung beim gemeinsamen Wohnungseigentum von Ehegatten kommt auch Bedeutung bei der Scheidung der Ehe zu. In diesem Fall haben die Ehegatten ihre durch das Wohnungseigentumsgesetz begründete Sondergemeinschaft, nämlich ihre Miteigentumsgemeinschaft und ihr gemeinsames Wohnungseigentum mach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes aufzuheben (§ 11 Abs. 1 erster Satz WEG 1975). Übernimmt nun anläßlich der Ehescheidung einer der Ehepartner den Hälfteanteil des anderen Ehepartners am bisher gemeinsamen Wohnungseigentum, dann findet diese Eigentumsübertragung innerhalb der mit dem Wohnungseigentum untrennbar verbundenen Einheit statt. Die Übertragung des bisher halben Anteils des einen Ehegatten am Mindestanteil (siehe § 9 Abs. 1 Satz 1 WEG) auf den anderen Gatten unter Aufrechterhaltung der Trennung der Anteile in zwei Hälften des Mindestanteiles ist gesetzlich nicht zulässig. Aus den bisherigen Hälfteanteilen der beiden Gatten wird ein einheitlicher Mindestanteil desjenigen Ehegatten, auf den der andere seine bisherige Hälfte übertrug. Damit erfaßt das vorbehaltene Pfandrecht von Haus aus auch den bisherigen Hälfteanteil des Erwerbers. Die Übertragung des halben Mindestanteils auf den verbleibenden Ehepartner bei Aufhebung dieser Sondergemeinschaft und die Einverleibung des Pfandrechtes auf den gesamten Mindestanteil kann nicht als eine Einverleibung auf einem "anderen Grundstück" oder auf einem "anderen Miteigentumsanteil" im Sinne der vor dem Inkrafttreten des WEG 1975 ergangenen Rechtsprechung angesehen werden, weil damit die Einverleibung des Pfandrechtes nur auf dem Mindestanteil, mit dem Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist, erfolgte, welcher im Falle einer aufrechten Ehe zwischen den Ehegatten geteilt ist. Die Einverleibung des Pfandrechtes auf einen Miteigentumsanteil, mit dem ein anderes als das vor der Scheidung gemeinsame Wohnungseigentum der ehemaligen Ehegatten verbunden ist, wäre allerdings begünstigungsschädlich. Die Sonderstellung des gemeinsamen Wohnungseigentums von Ehegatten nach Inkrafttreten des WEG 1975 verlangt bei der Verbindung von halben Mindestanteilen der Ehegatten im Falle der Ehescheidung und Einverleibung des Pfandrechtes auf den gesamten Mindestanteil auf Grund der unterschiedlichen Rechtslage zum sonstigen Miteigentumsrecht eine sachlich begründete differenzierte Auslegung der in Rede stehenden Befreiungsbestimmung.

Im Beschwerdefall bedeutet dies nach dem dargestellten Sachverhalt, daß die Voraussetzungen der Gebührenbefreiung nach der Anm. 12 lit. d der TP 9 GGG vorliegen. Die Versagung der Gebührenfreiheit belastete den angefochtenen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit. Er war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995160063.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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