TE Vwgh Erkenntnis 1996/8/27 96/05/0168

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.1996
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §100;
BauO NÖ 1976 §98;
BauO NÖ 1976 §99;
BauO NÖ 1976 §99a;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Friedrich und der Gertrud K in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 30. April 1996, Zl. 00/37/9d-1996/Mag.Gu./Od.-, betreffend Anerkennung als übergangene Partei in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: R in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 29. Dezember 1994 wurden verschiedene Bauansuchen des Mitbeteiligten ohne Durchführung einer Bauverhandlung wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan gemäß § 98 Nö BauO (LGBl. 8200-9; im folgenden: BO) abgewiesen. Die Berufungsbehörde hob diesen Bescheid mit Bescheid vom 30. Jänner 1996 auf und verwies das Bauverfahren an die Baubehörde erster Instanz zurück.

Am 25. März 1996 stellten die Beschwerdeführer den Antrag "an die Kanzlei des Stadtsenates", es möge ihnen der die Berufung des Bauwerbers gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 29. Dezember 1994 erledigende Bescheid umgehend zugestellt werden und es wolle ein ergänzendes, zusätzliches, auf die Bauwerber und die Antragsteller beschränktes Bauverfahren durchgeführt werden.

Der daraufhin von der belangten Behörde erlassene, hier angefochtene Bescheid hat folgenden Spruch:

"Der Antrag des Herrn Friedrich und der Frau Gertrud K, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, auf Anerkennung als übergangene Partei im Bauverfahren R im Prüfungsverfahren gemäß § 98 Nö BO, wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen."

Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens, insbesondere in ihrem Recht auf Teilnahme an einem Verwaltungsverfahren als Partei und in ihrem Recht auf Durchführung eines Bauverfahrens entgegen der Bestimmung des § 99a BO sowie in ihrem Recht auf mängelfreie Tatsachenermittlung und in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf bescheidmäßige Erledigung ihrer Anträge verletzt. Sie machen insbesondere geltend, daß die Voraussetzungen eines vereinfachten Verfahrens i.S.d. § 98 BO (gemeint wohl: 99a BO) nicht vorlägen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid schließt die beschwerdeführenden Nachbarn lediglich von einem Prüfungsverfahren gemäß § 98 BO aus, sagt aber nichts über die sonstigen Parteirechte der Beschwerdeführer oder über einen allfälligen Anspruch auf Bescheidzustellung aus. Es ist daher nur zu prüfen, ob durch diesen Ausspruch Rechte der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG berührt wurden.

§ 98 BO lautet:

"Prüfungsverfahren

(1) Bei Anträgen gemäß §§ 92 und 93 hat die Baubehörde zu prüfen, ob dem Vorhaben entgegenstehen:

a)

der Flächenwidmungsplan,

b)

der Bebauungsplan,

c)

eine Bausperre,

d)

eine Widmung der betroffenen Flächen als Landesstraße in einer Verordnung,

e)

die Unzulässigkeit der Bauplatzerklärung des betroffenen Grundstückes im Bauland oder

f)

eine andere Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Durchführungsverordnung.

Die Baubehörde ist verpflichtet, dem Bewilligungswerber Gelegenheit zu geben, Hindernisse, die der Erteilung einer Baubewilligung entgegenstehen, binnen angemessener Frist durch Änderung seines Antrages zu beseitigen.

(2) Ein Antrag ist ohne Bauverhandlung abzuweisen, wenn er der Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart im Flächenwidmungsplan oder dem Bebauungsplan widerspricht. Wo noch kein Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan, wohl aber ein vereinfachter Flächenwidmungsplan nach § 30 Abs. 3 oder 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 oder ein vereinfachter Bebauungsplan nach § 120 Abs. 1 dieses Gesetzes gilt, ist dieser als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen. Im Falle des Abs. 1 lit. c bis f kann die Behörde den Antrag ohne Durchführung einer Bauverhandlung - aber nach Anhörung des Antragstellers - abweisen, wenn der Sachverhalt auch ohne eine solche ausreichend klargestellt werden kann."

§ 99 BO regelt die Bauverhandlung, zu der die Anrainer zu laden sind. § 99a BO sieht demgegenüber die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens ohne Beiziehung von Nachbarn vor.

Der angefochtene Bescheid enthält weder im Spruch noch in seiner Begründung eine Aussage dahingehend, daß die Baubehörde erster Instanz gemäß § 99a BO vorgehen und die Beschwerdeführer ausschließen müsse. Dies verkennen die Beschwerdeführer offenbar, wenn sie anführen, daß die Voraussetzungen "zur Durchführung eines vereinfachten Bauverfahrens im Sinne des § 98 Nö BO" nicht im geringsten vorliegen. Der angefochtene Bescheid spricht nämlich nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 99a BO ab.

Im Prüfungsverfahren gemäß § 98 BO ist aber von der Beiziehung der Nachbarn keine Rede. Gerade aus dem Zusammenhang mit § 99 bzw. § 99a BO ergibt sich zwingend, daß dem Prüfungsverfahren gemäß § 98 BO die Nachbarn noch nicht beizuziehen sind. Im Falle einer Zurückweisung oder Abweisung des Antrages des Bauwerbers nach Abschluß des Prüfungsverfahrens muß der Nachbar dem Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen werden, weil er ja nur im Falle der Erteilung der Baubewilligung in seinen Rechten verletzt werden könnte (Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 59).

Da die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid ausschließlich über die Parteistellung der Beschwerdeführer im Verfahren nach § 98 BO abgesprochen hat, konnten deren Rechte durch diesen Bescheid nicht verletzt worden sein. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG, ohne daß es eines weiteren Verfahrens bedurfte, als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtBaurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050168.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten