TE Vwgh Beschluss 1996/8/29 95/06/0218

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Veröffentlicht am 29.08.1996
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §57 Abs1;
BauO Stmk 1968 §70a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der P Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde X, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit einer Erledigung vom 11. Jänner 1995 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde X den Eigentümer des Gebäudes in W 121 sowie die Mieterin, die derzeitige Beschwerdeführerin, davon verständigt, es bestehe die Vermutung, daß im genannten Hause Baumaßnahmen ohne baubehördliche Genehmigung gesetzt worden seien, weshalb für 17. Jänner 1995 eine baubehördliche Überprüfungsverhandlung angeordnet werde. In dieser Verhandlung wurde festgestellt, daß der im baubehördlich genehmigten Bauplan, der der Baubewilligung vom 31. August 1988 zugrundeliegt, eingezeichnete Lagerraum mit Ytong-Ziegeln derart abgemauert wurde, daß ein Gang und zwei Räume entstanden sind. In jedem dieser so entstandenen Räume befindet sich ein Bett. Dabei handle es sich laut Aussage des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin um Aufenthaltsräume für Arbeitnehmer. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin wurde darauf aufmerksam gemacht, daß diese durchgeführten Baumaßnahmen jedenfalls einer behördlichen Genehmigung bedürften. Es sei somit nachträglich bei der Baubehörde um Baugenehmigung anzusuchen. Ansonsten seien keine Baumaßnahmen gesetzt worden.

In der Folge erließ der Bürgermeister der Marktgemeinde X einen Bescheid vom 17. März 1995 mit folgendem Wortlaut:

"B E S C H E I D

S p r u c h

Der Fa. P GmbH, W 121, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn P, wird gemäß § 70 a der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. 149/1968 i.d.g.F. und in Verbindung mit § 57 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. 1991/51, i.d.g.F. folgender

Beseitigungsauftrag erteilt:

1.

Der auf dem Grundstück Nr. 843/3, KG W, abgestellte Wohnwagen ist ohne behördliche Bewilligung aufgestellt und ist daher zu entfernen.

Termin: innerhalb von 24 Stunden

2.

Die auf dem oben bezeichneten Wohnwagen angebrachte Vorrichtung zum Betrieb eines Laserlichtes ist behördlich nicht genehmigt und ist ebenfalls zu entfernen.

Termin: innerhalb von 24 Stunden

3.

Die gegenüber dem genehmigten Bauplan (Plan vom 07.08.1988, GZ: 1988/08/57, baubehördlich genehmigt am 31.08.1988) durchgeführten nicht bewilligten baulichen Veränderungen sind zu beseitigen und es ist der Zustand laut genehmigten Bauplan herzustellen:

Die errichteten Wände, welche den behördlich genehmigten Lagerraum in einen Gang und zwei Räume trennen, sind zu entfernen und es ist der ursprüngliche Lagerraum laut bewilligten Bauplan herzustellen.

Termin: 30. April 1995

4.

Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wird einer rechtzeitig eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt."

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die über drei Tage hinausgehende Aufstellung von Fahrzeugen und transportablen Einrichtungen, die zum Aufenthalt oder Nächtigen von Personen geeignet seien, wie insbesondere Wohnwagen, seien bewilligungspflichtig. Für das auf dem Wohnwagen angebrachte Laserlicht gebe es keine behördliche Genehmigung und es stelle der Betrieb dieses Lichtes eine arge Belästigung der Nachbarn und der in den umliegenden Hotels wohnenden Gäste dar. Es gebe massive Beschwerden von Gästen sowie der in diesem Bereich wohnenden Bevölkerung.

Wie anläßlich eines Lokalaugenscheines vom 17. Jänner 1995 festgestellt worden sei, seien gegenüber dem behördlich genehmigten Plan Änderungen vorgenommen worden, es sei ein Lagerraum so abgemauert worden, daß ein Gang mit zwei Räumen entstanden sei.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin die Berufung ein. Da über diese nicht entschieden wurde, brachte sie am 27. Oktober 1995 Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Mit Verfügung vom 1. Dezember 1995 leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren gemäß § 35 Abs. 3 VwGG ein; in der Folge legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und führte dazu aus, daß die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 18. Mai 1995 durch die Marktgemeinde X käuflich erworben worden sei. Mit 14. Juli 1995 seien die Schlüssel für das Haus übergeben worden, damit sei das Objekt durch den seinerzeitigen Besitzer und die Bestandnehmerin freigegeben worden. Da die Marktgemeinde seit 14. Juli 1995 Eigentümerin des Hauses W Nr. 121 sei, sei die Berufung gegen den Beseitigungsauftrag im Sinne der Verwaltungsökonomie nicht weiterbehandelt bzw. weiterverfolgt worden. Angemerkt wurde, daß infolge der Räumung des Hauses der im Beseitigungsauftrag angesprochene Wohnwagen und das Laserlicht ohnedies entfernt worden seien. In Anbetracht des geschilderten Sachverhaltes ersuchte die belangte Behörde, das eingeleitete Verfahren einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Bescheid des Bürgermeisters wurde nach seinem Spruch unter Berufung auf § 57 Abs. 1 AVG erlassen. Diese Bestimmung normiert, daß dann, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, die Behörde berechtigt ist, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.

Aufgrund des gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 17. März 1995 erhobenen Rechtsmittels der Beschwerdeführerin ist dieser Bescheid außer Kraft getreten, weil die Behörde nicht innerhalb von zwei Wochen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat (§ 57 Abs. 3 AVG), wobei es auf die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels als Berufung durch die Beschwerdeführerin nicht ankommt.

Da der baupolizeiliche Auftrag ex lege außer Kraft getreten ist, war die belangte Behörde zu keiner Entscheidung verpflichtet, weshalb die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen war.

Mangels eines diesbezüglichen Antrages war der belangten Behörde kein Aufwandersatz zuzusprechen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995060218.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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