TE Vwgh Erkenntnis 1964/11/5 1880/63

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.1964
beobachten
merken

Index

KFG
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

AVG §62 Abs1
KFG 1955 §92 Abs2 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Chamrath, und die Hofräte Dr. Kaniak, Dr. Strau, Dr. Naderer und Dr. Schmelz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Holler, über die Beschwerde des MB in L, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 7. August 1963, Zl. 184.362-IV-27-/63, betreffend Zuerkennung der Gleichwertigkeit der Ausbildung gemäß § 92 Abs. 2 lit. b KFG 1955, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Walter Gastgeb, und des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialoberkommissärs Dr. FS, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 12. Oktober 1961 hatte der Beschwerdeführer das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau gebeten, ihm im Sinne des § 92 Abs. 2 lit. b Kraftfahrgesetz 1955, BGBl. Nr. 223 (KFG), zuzuerkennen, daß seine Ausbildung mit den unter lit. b der zitierten Gesetzesstelle geforderten Voraussetzungen als gleichwertig anzusehen sei. Diesem Ansuchen gab das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau mit Bescheid vom 7. August 1963 nicht Folge und entschied, daß die vom Beschwerdeführer durch die Vorlage von Zeugnissen nachgewiesene Ausbildung der gemäß § 92 Abs. 2 lit. b KFG geforderten Ausbildung nicht als gleichwertig anzusehen sei. In der Begründung führte die Behörde aus, gemäß § 92 Abs. 2 lit. b KFG sei Voraussetzung für die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb von Fahrschulen die erfolgreiche Absolvierung der Abteilung Maschinenbau oder Elektrotechnik einer technischen Hochschule oder mindestens die Reifeprüfung an einer höheren Abteilung maschinen- oder elektrotechnischer Richtung einer Gewerbeschulde oder eine gleichwertige Ausbildung. Ob die Ausildung als gleichwertig anzusehen sei, entscheide das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau. Der Beschwerdeführer stütze sich in seinem Ansuchen auf den Besuch einer fünfklassigen Volksschule und vierklassigen Hauptschule; die Absolvierung der zweiklassigen städtischen Wirtschaftsschule in Wels; die Ablegung der außerordentlichen Prüfung zum Zwecke des Nachweises von Kenntnissen auf Gebieten des allgemeinen Wissens im Sinne der Verordnung der Bundesregierung vom 2. Juni 1948, BGBl. Nr. 164; die Ablegung der Verwaltungsdienstprüfungen C und B und der Prüfung aus der Staatsrechnungswissenschaft; die Ablegung der Fahrlehrer- und Fahrschullehrerprüfung und die Bewilligung zur Erteilung des theoretischen Unterrichtes als Fahrschullehrer; seine Tätigkeit als Fahrlehrer und Fahrschullehrer in der Fahrschule P; die Ablegung einer Skilehrer- und Jagdprüfung. Das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau sei nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen und Anhörung des Bundesministeriums für Unterricht zur Ansicht gekommen, daß die vom Beschwerdeführer nachgewiesene Ausbildung zwar als Nachweis für die Erwerbung allgemeiner Kenntnisse, jedoch nicht als Nachweis einer den Erfordernissen des § 92 Abs. 2 lit. b erster Satz KFG entsprechenden Ausbildung angesehen werden könne. Eine solche gleichwertige Ausbildung müßte sich jedenfalls im Rahmen des Lehr- und Prüfungsstoffes halten, der für die Abteilung Maschinenbau oder Elektrotechnik einer technischen Hochschule oder aber einer höheren Abteilung maschinen- oder elektrotechnischer Richtung einer Gewerbeschule vorgesehen sei. Dies treffe aber für den Lehr- und Prüfungsstoff keiner der vom Beschwerdeführer nachgewiesenen Schulen oder Ausbildungskurse, auch nicht für die Fahrschullehrerprüfung und die hiezu erforderliche Vorbereitung zu. Denn es werde durch den Prüfungsstoff der Fahrschullehrerprüfung nur ein Bruchteil des Lehrstoffes einer höheren Abteilung maschinen- oder elektrotechnischer Richtung einer Gewerbeschule erfaßt. Von einer gleichwertigen Ausbildung könne daher im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden, umsomehr als die Reifeprüfung der letztgenannten Gewerbeschule schon ein Mindesterfordernis für die Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule im Sinne des § 92 Abs. 2 lit. b KFG sei. Im übrigen werde darauf verwiesen, daß bereits mit Bescheid vom 3. September 1959, Zl. 198.370-IV-30/59, beim Beschwerdeführer vom Nachweis der schulmäßigen Ausbildung abgesehen worden sei, weil der Nachweis dieser Ausbildung im Sinne des Kraftfahrgesetzes 1955 nicht erbracht werden habe können.

Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet:

Zur Begründung des Vorwurfes, die belangte Behörde habe durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides den § 68 AVG verletzt, bringt der Beschwerdeführer vor, das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau habe auf Grund seines Ansuchens vom 12. Oktober 1961 den stattgebenden Bescheid vom 5. Jänner 1962 Zl. 192.405-1961, erlassen und in dreifacher Ausfertigung an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit der Einladung gesendet, ihm den Bescheid gegen Entrichtung einer Verwaltungsabgabe auszuhändigen. Ein Beamter des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, durch dessen Abteilung diese Weisung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau zu vollziehen gewesen wäre, habe gefunden, daß der Bescheid mit seiner Rechtsansicht nicht übereinstimme und die Bescheidausfertigung wieder zurückgesendet. Sowohl von zwei zuständigen Beamten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau als auch vom zuständigen Mitglied der Oberösterreichischen Landesregierung, Landesrat K 5 sei, ihm bekanntgegeben worden, daß das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau einen stattgebenden Bescheid erlassen habe. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. März 1961, Zl. 2075/60, überzeugend ausgesprochen habe, habe ein Bescheid bei mündlicher Verkündung erst mit der Verkündung, bei schriftlicher Ausfertigung erst mit der Zustellung an die Partei als erlassen zu gelten, jedoch schließe dieser Grundsatz nicht aus, daß es für den Fall, als ein Bescheid einmal nach außen in Erscheinung getreten sei, zulässig sei, gegen einen derartigen Bescheid vorzeitig Berufung zu erheben. Auch ihm sei von Beamten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau der gesamte Inhalt des Bescheides vom 5. Jänner 1962 mit dem Beifügen zur Kenntnis gebracht worden, daß der Bescheid bereits ausgefertigt sei und ihm in Kürze vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung ausgehändigt werden würde. Die belangte Behörde sei daher nicht berechtigt gewesen, diesen Bescheid zu seinem Nachteil abzuändern. - Allein aus dem eben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist für den Beschwerdeführer - nichts zu gewinnen, weil es in seinem Falle nicht so wie in der Angelegenheit des Erkenntnisses um die Zulässigkeit einer vorzeitigen Berufung geht. Mit der dem Vorbringen des Beschwerdeführers gleichwertigen Behauptung eines Beschwerdeführers, daß ein dem Ansuchen bereits stattgebender Bescheid erlassen worden sei, der nur bei Vorliegen der im § 68 AVG umschriebenen Voraussetzungen abgeändert hätte werden dürfen, befaßte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1956, Zl. 482/53, in dessen Entscheidungsgründen er ausführt, bei der Beurteilung der Frage, ob ein Bescheid mündlich verkündet worden sei, sei davon auszugehen, daß von einer mündlichen Verkündung eines Bescheides nur dann gesprochen werden könne, wenn der Verwaltungsakt von. dem behördlichen Organ, das zur Erlassung solcher Bescheide berufen sei, in formeller, d. h. in einer solchen Weise gesetzt worden sei, daß der Partei sein formaler Charakter zum Bewußtsein kommen habe müssen. Gemäß § 62 Abs. 2 AVG sei der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides, wenn die Verkündung bei einer Verhandlung erfolge, am Schlusse der Verhandlungsschrift in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift, zu beurkunden. In seinem Erkenntnis vom 11. Jänner 1955, Slg. Nr. 3617/A, aber führte der Verwaltungsgerichtshof aus, daß, wenn es nach dem Inhalt der Verwaltungsakten an einer den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrens entsprechenden Niederschrift fehle und der Inhalt einer mündlichen Mitteilung lediglich in der Form eines Aktenvermerkes festgehalten worden sei, nicht von einer rechtswirksamen Erlassung eines Bescheides gesprochen werden könne. Mit Recht führt daher die belangte Behörde in der Gegenschrift aus, daß, wenn Vom Beschwerdeführer behauptet werde, es sei ihm von Beamten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau über einen Bescheid vom 5. Jänner 1962 Mitteilung gemacht worden, dies rechtlich ohne Belang sei. Dasselbe gilt aber auch von der Äußerung eines Landesrates. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig sei, weil er gegen die Bestimmung des § 68 AVG verstoße, ist daher verfehlt. Damit erledigt sich aber auch die Rüge der Verletzung des Parteiengehörs durch Verweigerung der Einsicht in den „Bescheid der belangten Behörde vom 5. Jänner 1962“. Was aber die Rüge der Verweigerung. der Einsicht in „das Gutachten bzw. die Stellungnahme des Bundesministeriums für Unterricht, welches vor Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 5. Jänner 1962 an die belangte Behörde übersandt worden war“ betrifft, vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen, inwieweit, falls Verfahrensvorschriften außer acht gelassen worden sein sollten, die belangte Behörde bei Vermeidung dieses angeblichen Verstoßes zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, sodaß schon aus diesem Grunde keine wesentliche Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1952) unterlaufen sein kann, zumal der Beschwerdeführer selbst zugibt, in das Schreiben des Bundesministeriums für Unterricht vom 29. März 1962, Zl. 34.290-GD/2/62, Einsicht genommen zu haben.

Weiters behauptet der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe den § 45 Abs. 3 AVG verletzt, weil sie ihm keine Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben habe. Hiezu führt die belangte Behörde in. der Gegenschrift aus, der Beschwerdeführer gebe selbst zu, daß ihm die Stellungnahme des Bundesministeriums für Unterricht vom 29. März 1962 zur Kenntnis gebracht worden sei. Aus dieser Stellungnahme gehe eindeutig die Ansicht des Bundesministeriums für Unterricht über die vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeugnisse hervor. Im übrigen habe die Befassung des Bundesministeriums für Unterricht nicht dazu gedient, den durch die vorgelegten Zeugnisse eindeutig geklärten Sachverhalt zu ergänzen. Die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes habe sich auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen beschränkt. In der Tat läßt eine Durchsicht der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen, daß die belangte Behörde andere als die vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Beweismittel herangezogen hätte, um seine Ausbildung festzustellen. Daß dem Beschwerdeführer aber die von ihm vorgelegten Urkunden vorgehalten hätten werden müssen, wird er wohl selbst nicht annehmen. Von einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kann daher keine Rede sein.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtsrüge ist das Vorbringen zu prüfen, daß eine erfolgreiche 10jährige Tätigkeit als Fahrlehrer in der Praxis doch zumindest einen ebensolchen Ausbildungsstand herbeiführe wie ein fünfjähriger theoretischer Unterricht an einer höheren Abteilung einer Gewerbeschule. Der Beschwerdeführer sei auch wegen seines hervorragenden Ausbildungsstandes in Theorie und Praxis zum ständig gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Kraftfahrwesen bestellt worden. Er müsse daher mindestens jene Kenntnisse haben, welche eine höhere Abteilung einer Gewerbeschule vermittle. Nun verlangt aber - wie der Beschwerdeführer sehr wohl erkennt - der § 92 Abs. 2 lit. b KFG eine mindestens der Reifeprüfung an einer Höheren Abteilung maschinen- oder elektrotechnischer Richtung einer Gewerbeschule gleichwertige Ausbildung. Von einer durch eine Schule zu vermittelnde Ausbildung kann aber bei einer Tätigkeit als Fahrlehrer oder Sachverständiger schon deshalb keine Rede sein, weil es an der Gleichwertigkeit der Vergleichsobjekte fehlt.

Wenn der Beschwerdeführer noch darauf verweist, daß ihm die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. September 1959 die Befreiung vom Nachweis der schulmäßigen Ausbildung erteilt hat, dann beweist gerade die Befreiung vom Nachweis der schulmäßigen Ausbildung, daß ihm diese fehlt. Nur der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, daß diese Nachsicht lediglich für angehende Fahrschullehrer mit der Berechtigung zur Erteilung des theoretischen Unterrichtes erteilt werden darf, um einem Mangel an Fahrschullehrern abzuhelfen.

Wenn der Beschwerdeführer abschließend noch ausführt, daß eine auffallende Ähnlichkeit in der Art, wie die belangte Behörde vom freien Ermessen Gebrauch gemacht habe, zu dem ihn gleichfalls betreffenden Beschwerdefall Zl. 395/63 bestehe, dann genügt es, ihn daran zu erinnern, daß weder dort noch hier ein Raum für eine Ermessensentscheidung war.

Somit ist auch die Behauptung einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes unbegründet, die Beschwerde aber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen.

Wien, am 5. November 1964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1963001880.X00

Im RIS seit

21.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten