Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §127 Abs8 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Jänner 1994, Zl. MD-VfR - B XVI - 48/93, betreffend Baueinstellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Wien, W-Straße 234a. Am 16. Juni 1993 stellte ein Organwalter des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (im folgenden: MA 37), anläßlich einer Erhebung fest, daß auf dieser Liegenschaft nach bereits durchgeführtem Teilabbruch des konsenslosen Holzhauses mit der Neuerrichtung eines gemauerten Hauses begonnen worden sei. Am selben Tag wurde von der MA 37 mündlich die Baueinstellung gemäß § 127 Abs. 8 der Bauordnung für Wien (i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 34/1992; im folgenden: BO) ausgesprochen. Mit Bescheid vom selben Tag untersagte die MA 37 gemäß § 127 Abs. 8 BO die Fortführung der begonnenen Errichtung des Neubaues des gemauerten Hauses anstelle des Holzhauses. Zum Zeitpunkt der Erhebung sei an der Westseite des Objektes eine ca. 4 m lange und ca. 3,5 m hohe, bis unter die vorhandene Fußfläche des Daches reichende Hohlziegelwand errichtet gewesen. An der Aufmauerung der bereits ca. 1 m hohen Süd- und Ostwand (auf teilweise neuen Fundamenten) und an der Herstellung von Kanalleitungen im Bereich des noch vorhandenen Altbestandes sei noch gearbeitet worden. Nach dem Baufortschritt seien die Bauarbeiten vor etwa zwei Wochen begonnen worden. Diese baulichen Herstellungen seien entgegen den Bestimmungen des § 60 Abs. 1 lit. a BO ohne Baubewilligung ausgeführt worden, weshalb gemäß § 127 Abs. 8 BO die Bauführung einzustellen gewesen sei.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, daß die Baulichkeiten auf ihrem Grundstück nur saniert würden; die Bauarbeiten, welche von der Baubehörde beanstandet wurden, dienten ausschließlich zur Sicherung des Altbestandes. Planunterlagen über die bestehenden Baulichkeiten seien bei der MA 22 (Umweltschutz) zur Begutachtung vorgelegt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet ab und bestätigte den bei ihr angefochtenen Bescheid. Den Feststellungen des sachverständigen Organes der Baubehörde habe die Beschwerdeführerin nur entgegengesetzt, daß lediglich Sanierungsarbeiten vorgenommen worden seien, aber nicht konkret bestritten, daß die im Bescheid angeführten Arbeiten an den Außenwänden des Objektes durchgeführt wurden. Es könne dahingestellt bleiben, ob diese Arbeiten als Neu- oder Umbau oder bloß als Instandsetzung anzusehen seien, weil nicht nur Neu- und Umbauten, sondern auch Instandsetzungen gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, wenn diese von Einfluß auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn seien oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert werde. Die Beschwerdeführerin sei Bauwerberin der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides näher beschriebenen, ohne erforderliche Baubewilligung begonnenen Bauführung; die Gründe, die zur unbefugten Bauführung geführt haben, seien irrelevant.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten insofern verletzt, als ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Baueinstellung bescheidmäßig verfügt wurde. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 127 Abs. 8 lit. a BO ist die Bauführung unter anderem dann einzustellen, wenn ein Bau ohne Bewilligung bzw. ohne Kenntnisnahme der Bauanzeige ausgeführt wird.
Der Tatsachenfeststellung im erstinstanzlichen Bescheid, es sei an der Westseite eine Hohlziegelwand (innerhalb der letzten zwei Wochen neu-) errichtet worden und es würden die Wände an der Ost- und an der Südseite aufgemauert werden, wurde durch das Vorbringen in der Berufung, es handle sich um eine Sanierung, nicht widersprochen. Daher bestand für die belangte Behörde kein Anlaß, das Ergebnis der Erhebung des sachverständigen Organs der MA 37 in Zweifel zu ziehen und das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren zu ergänzen. Ein Neubau (die Errichtung eines neuen Gebäudes) liegt gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO auch dann vor, wenn nach Abtragung bestehender Baulichkeiten die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise benützt werden. Festgestellt wurde die Errichtung dreier neuer Außenwände auf zum Teil neuen Fundamenten; am Vorliegen eines Neubaues i.S.d. § 60 Abs. 1 lit. a BO besteht unter diesen Umständen kein Zweifel, wobei es dahinstehen kann, ob für den Altbestand eine Baubewilligung existiert hat oder nicht und ob der Altbestand ein Holzhaus oder ein mit Holz verkleideter Hohlziegelbau war.
Im übrigen rechtfertigt bereits die Abtragung und Wiedererrichtung EINER tragenden Außenmauer ohne Baubewilligung eine Baueinstellung nach § 127 Abs. 8 lit. a BO (siehe das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1983, Zl. 05/2840/80, BauSlg. Nr. 156); im Beschwerdefall wurden sogar drei Außenwände neu errichtet, weshalb die Baueinstellung zu Recht verfügt worden ist.
Auch in der Beschwerde wird nicht klargelegt, worin die "Sanierung" der teilweise rissig gewordenen Ziegelaußenwände bestand. Die in der Beschwerde genannte hangseits vor dem Gebäude gelegene, seit jeher bestehende Stützmauer ist nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und vom angefochtenen Bescheid nicht umfaßt.
Nach ständiger hg. Rechtsprechung kann der sogenannte "Toleranzerlass" der Magistratsdirektion der Stadt Wien vom 21. Juli 1965, Zl. MD 27/57-63, als (nicht verlautbarte) Verwaltungsanweisung keine Rechtswirksamkeit nach außen entfalten (siehe Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften2, S. 557, m.w.N.).
Abgesehen davon, daß § 127 Abs. 8 BO auch die Baueinstellung bei anzeigepflichtigen Baumaßnahmen ohne Anzeige vorsieht und die Beschwerdeführerin gar nicht behauptet, jemals die Kenntnisnahme einer Bauanzeige erwirkt zu haben, betrifft das Anzeigeverfahren nach § 63 BO nur gewisse Bauführungen innerhalb von Wohnungen oder Betriebseinheiten und wäre daher im gegenständlichen Fall keinesfalls anwendbar.
Die belangte Behörde hat daher aufgrund der in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Tatsachen frei von Rechtsirrtum die Bewilligungspflicht der getroffenen Baumaßnahmen angenommen. Da sich die Beschwerdeführerin auf keine Bewilligung stützen kann, erfolgte die Baueinstellung zu Recht, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. In Anbetracht der durch Gesetz und Judikatur eindeutig geklärten Rechtslage konnte die Entscheidung durch einen gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994050071.X00Im RIS seit
11.07.2001