TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/24 93/13/0010

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Veröffentlicht am 24.09.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/03 Steuern vom Vermögen;

Norm

BAO §21 Abs1;
VermStG §3 Abs1 Z3 idF 1987/606;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Zorn, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der A-GmbH. in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 29. Mai 1972, Zl. 6/2-2090/89-05, betreffend Einheitswert, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH, die dem öffentlichen Verkehr dient. Ihr einziger Gesellschafter ist die A-AG, an welcher zu 99,67202 % Gebietskörperschaften, zu 0,23433 % Aktiengesellschaften, deren Aktien zu mehr als 50 % Gebietskörperschaften halten, und zu 0,09365 % andere Personen beteiligt sind.

In der Berufung gegen die Bescheide betreffend Einheitswert, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1988 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG von der Vermögensteuer und dem Erbschaftssteueräquivalent befreit. Bei wirtschaftlicher Betrachtung würden nämlich die Anteile an der Beschwerdeführerin mittelbar ausschließlich Gebietskörperschaften zuzurechnen sein. Das Vorhandensein von Minderheitsaktionären könne der Steuerbefreiung nicht entgegenstehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Es sei unbestritten, daß am Stammkapital der Beschwerdeführerin mittelbar nicht ausschließlich Gebietskörperschaften beteiligt seien. Aus diesem Grunde sei der Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG nicht erfüllt. Ob die wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Anwendung komme, richte sich jeweils nach den einzelnen Tatbeständen bzw. Tatbestandsmerkmalen. Knüpften Tatbestände an die Beteiligungsverhältnisse abgabenrechtliche Folgen, so handle es sich dabei um die Anknüpfung an gesellschaftsrechtliche und somit zivilrechtliche Gestaltungen, sodaß die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zur Anwendung komme.

Mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, B 932/92, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf richtige Anwendung des § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG und des § 2 Z. 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz verletzt. Die Beschwerde richtet sich sohin erkennbar nur gegen die Entscheidung betreffend Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG in der ab dem 1. Jänner 1988 geltenden Fassung des dritten Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606, sind Unternehmungen, die der öffentlichen Versorgung mit Wasser oder dem öffentlichen Verkehr, ausgenommen dem Rundfunk, dienen, wenn an ihnen unmittelbar oder mittelbar ausschließlich Gebietskörperschaften beteiligt sind und die Erträge ausschließlich diesen Körperschaften zufließen, hinsichtlich des den genannten Zwecken dienenden Teiles des Gesamtvermögens von der Vermögensteuer befreit.

Vom Erbschaftssteueräquivalent sind gemäß § 2 Z. 1 ErbStÄquG die nach Maßgabe des § 3 VStG von der Vermögensteuer befreiten juristischen Personen befreit.

Daß die Beschwerdeführerin dem öffentlichen Verkehr (zu diesem Tatbestandsmerkmal vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1991, 87/14/0077) dient, steht außer Streit.

Strittig ist somit ausschließlich die Frage, ob an der Beschwerdeführerin mittelbar ausschließlich Gebietskörperschaften beteiligt sind und die Erträge ausschließlich diesen Körperschaften zufließen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin, stellt der Ausdruck "ausschließlich" nicht einen "nicht ausreichend bestimmten Gesetzesbegriff" dar. Zu § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Juni 1991, 90/15/0111, ausgesprochen, der Begriff "besagt nichts anderes als ohne jede, also auch nur die geringste Ausnahme". Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei auf seine Auslegung zu § 7 Abs. 1 Z. 2 KVG Bezug genommen. Nach der genannten Bestimmung des KVG in der Fassung vor der Änderung durch BGBl. Nr. 629/1994 (nunmehr § 6 Abs. 1 lit. b KVG) sind die in den §§ 2 und 3 KVG bezeichneten Rechtsvorgänge bei Gesellschaften ausgenommen,

"die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen (Versorgungsbetriebe), wenn die Anteile an der Gesellschaft ausschließlich dem Reich (Bund), einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einem Zweckverband gehören und die Erträge der Gesellschaft ausschließlich diesen Körperschaften zufließen."

Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. Mai 1971, 941/70, - in jenem Beschwerdefall machte die Beteiligung durch "Nichtgebietskörperschaften" ebenfalls nur Bruchteile eines Prozentes aus - ausgesprochen, eine vom Wortlaut der Ausnahmebestimmung abweichende Auslegung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn aus dem KVG die Absicht des Gesetzgebers hervorleuchten würde, in den Grenzfällen einer bloß geringfügigen Beteiligung Dritter von der im Vordergrund stehenden Regelung der Ausschließlichkeit abgehen zu wollen. Dies sei aber nicht der Fall. Der vom Gesetzgeber mit Vorbedacht gewählte Ausdruck "ausschließlich" sei jedoch eindeutig und besage nicht anderes als ohne jede Ausnahme. Zu § 7 Abs. 1 Z. 2 KVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 15. April 1992, 81/15/0113, weiters ausgesprochen, die vom Gesetzgeber gewählte Fassung sei so eindeutig, daß nur davon ausgegangen werden könne, der Gesetzgeber habe bewußt in Kauf genommen, daß jede noch so geringe Beteiligung eines "Privaten" an einem öffentlichen Verkehrsunternehmen der Befreiung entgegenstehe.

In gleicher Weise ist auch die Formulierung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG derart eindeutig, daß ihr nur die Bedeutung beigemessen werden kann, es müßten unmittelbar oder mittelbar ohne jede Ausnahme Gebietskörperschaften beteiligt sein.

Die von der Beschwerdeführerin angesprochene teleologische Auslegung des Gesetzes führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Da der Gesetzgeber ausdrücklich auf die Ausschließlichkeit abgestellt hat, ist nicht erkennbar, daß nach dem Zweck der Bestimmung auch solche Körperschaften begünstigt sein sollten, die, wenn auch in geringem Ausmaß, anderen Personen als Gebietskörperschaften zuzurechnen sind und (auch) für diese anderen Personen Erträge erwirtschaften.

Nicht zielführend ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 21 BAO. Auch in wirtschaftliche Betrachtungsweise ist nämlich die vom Gesetzgeber als Voraussetzung für die Begünstigung des § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG normierte Ausschließlichkeit zu beachten. § 21 Abs. 1 BAO kann nicht die Bedeutung beigemessen werden, einzelnen Tatbestandsmerkmalen einer Begünstigungsvorschrift zu derogieren.

Das Gesetz sieht vor, daß die Begünstigung des § 3 Abs. 1 Z. 3 VStG zur Gänze unanwendbar ist, wenn an einem Unternehmen nicht ausschließlich Gebietskörperschaften beteiligt sind oder die Erträge nicht ausschließlich diesen Körperschaften zufließen. Auf ein in der Beschwerde angesprochenes "Mißverhältnis" zwischen "Miniatur-Aktien-Beteiligungen" bzw. ausgeschütteten Erträgen einerseits und der dadurch versursachten Abgabenverpflichtung andererseits stellt das Gesetz nicht ab.

Die Beschwerdeführerin wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993130010.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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