TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/26 95/19/0190

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.1996
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
ZustG §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. April 1995, Zl. 107.797/2-III/11/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 20. April 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen seinem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nicht stattgebenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Juli 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß Berufungen gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen seien. Da die Zustellung des Bescheides der Erstbehörde rechtswirksam am 10. August 1994 erfolgt und die Berufung des Beschwerdeführers erst am 5. September 1994 und daher verspätet eingebracht worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die Annahme der belangten Behörde, die Zustellung des Bescheides der Erstbehörde sei an ihn rechtswirksam am 10. August 1994 erfolgt, verfehlt sei. Die belangte Behörde habe übersehen, daß die Zustellung rechtswirksam erst am 25. August 1994 erfolgt sei, da ihm der Bescheid erst an diesem Tage tatsächlich zugekommen sei. Es sei zwar die Sendung der Erstbehörde am 10. August 1994 an der Abgabestelle zugestellt worden, jedoch sei dies weder an den Beschwerdeführer selbst noch an eine Person, die gemäß § 16 Abs. 1 Zustellgesetz als Empfänger geeignet gewesen wäre, erfolgt. Dies würde sich schon aus der Unterschrift auf dem der Sendung beigegebenen Rückschein ergeben. Wäre ihm zu der Frage der Zustellung von der belangten Behörde Parteiengehör iS des § 45 Abs. 3 AVG gewährt worden, hätte er darlegen können, wie sich der Zustellvorgang tatsächlich ereignet habe.

Nach dem Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Akten, ist dem Beschwerdeführer zu der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegten Annahme, die Zustellung des Bescheides der Erstbehörde an ihn sei am 10. August 1994 erfolgt, Parteiengehör nicht gewährt worden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung erkennt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, Slg. 13.720 A) haben Behörden, bevor eine Berufung als verspätet zurückgewiesen wird, zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist. Jedenfalls hat die Berufungsbehörde, wenn sie aufgrund des Zustellnachweises von einer zulässigen Ersatzzustellung nach § 16 Abs. 1 Zustellgesetz ausgeht, dem Rechtsmittelwerber, der ein - ausgehend von einer Zustellung am Tag der vorgenommenen Ersatzzustellung - objektiv verspätetes Rechtsmittel einbringt, Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels zu gewähren; unterläßt sie dies, trägt sie das Risiko einer Bescheidaufhebung, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, ohne diese Feststellung dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung vorzuhalten.

Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie dies unterlassen hat, ihren Bescheid mit einem Verfahrensfehler belastet, bei dessen Vermeidung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190190.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten