TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/9 W226 1312661-2

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Veröffentlicht am 09.06.2021
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Entscheidungsdatum

09.06.2021

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W226 1312661-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zl. 358182403 - 180691261, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht beschlossen (Spruchteil A)I.) bzw. erkannt (Spruchteil A)II.):

A)

I. Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. - III. des angefochtenen Bescheides eingestellt.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen den Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1 Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist Muslimin, reiste Ende 2005 im Alter von 12 Jahren mit ihren Eltern und Geschwistern illegal in das Bundesgebiet ein und wurde für diese am 06.12.2005 einen Asylantrag gestellt.

1.2 Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 03.06.2008, Zl. 312661-1/18E-XIX/61/07, wurde festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF in die Russische Föderation nicht zulässig ist, wobei der BF gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.06.2009 erteilt wurde. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der minderjährigen BF, für die keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden, aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens der gleiche Schutzumfang – wie dem schwerer erkrankten Bruder - zu gewähren war.

Diese Aufenthaltsberechtigung wurde in der Folge mehrmals verlängert.

1.3 Nach einer Einvernahme der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 07.08.2018 wurde mit dem im Spruch genannten angefochtenen Bescheid der der BF mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 03.06.2008, Zl. 312661-1/18E-XIX/61/07, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihr die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Mit Spruchpunkt IV. wurde festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gemäß § 9 Abs.2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. Gemäß § 58 Abs. 2 und 3 iVm § 55 AsylG 2005 wurde der BF eine „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt.

Zur Person der BF bzw. zu ihrem Privat- und Familienleben und ihrem Aufenthalt in Österreich wurde festgestellt:
„Sie reisten im Jahr 2005 nach Österreich ein. Ihre Eltern und Ihre vier Geschwister halten sich im Bundesgebiet auf. Sie leben von Transferleistungen. Sie leben mit ihrem sog. Ehemann und vier Ihrer Kinder in XXXX . Sie sind nicht in die österreichische Gesellschaft integriert.“

Dazu wurde in der Beweiswürdigung u.a. ausgeführt:

„Dass keine Integration in die österreichische Gesellschaft vorliegt, schloss die erkennende Behörde aus Ihrem persönlichen Auftreten, konkret daraus, dass Sie als junge gesunde Frau die hiesigen Werte offenbar nicht angenommen haben, sondern den Eindruck erweckten, zutiefst der tschetschenischen Kultur verhaftet zu sein, dem Umstand, dass Ihr Deutsch erheblich schlechter ist, als es Ihr Alter und Ihre Aufenthaltsdauer vermuten lassen, zumal Ihre nur unbedeutend jüngeren Geschwister mit nahezu perfekten Deutschkenntnissen aufwarten konnten sowie der Tatsache, dass Sie noch nie gearbeitet haben, sondern von Sozialleistungen abhängig sind. Dass Sie – wie Sie angaben – nunmehr bestrebt sind, eine Ausbildung zu absolvieren und einen Arbeitsplatz zu finden, ist angesichts Ihrer Vita und des Umstandes, dass Sie vier minderjährige Kinder versorgen müssen, nicht glaubhaft. Aufgrund des Umstandes, dass Ihre Kinder sowie Ihr sog. Ehemann asylberechtigt sind, war dennoch aus ho. Sicht Ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet als überwiegend zu qualifizieren.“

1.4 Mit Verfahrensanordnung vom 21.08.2018 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.5 Gegen den Bescheid wurde binnen offener Frist vollumfänglich Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhoben. Zum einen wurde moniert, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu Unrecht erfolgt sei, da aufgrund der persönlichen Umstände der BF sowie den allgemeinen Rahmenbedingungen vor Ort für die BF bei einer Rückkehr die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art. 3 EMRK bestehe. Hinsichtlich der Aufenthaltsberechtigung wurde vorgebracht, dass die BF imstande wäre, die Integrationsvereinbarung zu erfüllen, da sie hier die Schule besucht habe und sehr gut Deutsch spreche. Auch in ihrer Einvernahme habe sie meistens auf Deutsch geantwortet. Die BF habe zudem einen Einstufungstest gemacht, dessen Zeugnis sie vorlegen werde. Bis jetzt habe sie aufgrund der Kinder nicht arbeiten können, da aber auch ihr jüngster Sohn den Kindergarten besuche, möchte sie nun eine berufliche Tätigkeit ausüben und Ausbildung machen.

1.6 Am 16.03.2021 wurde nunmehr die BF durch das erkennende Gericht in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, zu subsidiären Schutz begründenden und integrativen Aspekten einvernommen. Im Zuge dieser Verhandlung wurde seitens der BF die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - III. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig und Muslimin. Sie reiste Ende 2005 mit ihren Eltern und Geschwistern illegal in das Bundesgebiet ein.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 03.06.2008, Zl. 312661-1/18E-XIX/61/07, wurde festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF in die Russische Föderation nicht zulässig ist, wobei dieser gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.06.2009 erteilt wurde.

Der BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2018 der ihr mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 03.06.2008 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und die ihr erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen. Die BF hielt sich in Österreich seit Juni 2008 bis zur Rechtskraft der Aberkennungsentscheidung aufgrund eines Aufenthaltstitels als subsidiär Schutzberechtigte und davor seit Dezember 2005 als Asylwerberin rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Die BF heiratete XXXX , welcher in Österreich asylberechtigt ist, nach muslimischem Ritus und hat mit diesem mittlerweile fünf Kinder. Die Familie lebt gemeinsam in einer Wohnung. Ihr Mann arbeitete zuvor bei einer Auto-Firma, ist derzeit aber nicht berufstätig und befindet sich in Karenz.

Weiters halten sich in Österreich die Eltern und vier Geschwister der BF auf. Zu Verwandten in der Russischen Föderation hat die BF keinen Kontakt. Der Mann der BF verfügt auch über Familienangehörige in Österreich.

Die BF spricht Tschetschenischen, Deutsch und Russisch. Sie hat am 21.05.2021 die A2-Prüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Sprachniveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen bestanden. (Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau A2 des ÖIF).]

Die BF besuchte im Herkunftsland wenige Jahre die Volksschule, wobei aufgrund der damaligen Kriegsumstände in Tschetschenien eine weitere Schulbildung ausgeblieben ist. Nach ihrer Ankunft in Österreich besuchte die BF zunächst eine Hauptschule/ Sonderschule in XXXX , wo sie jedoch nicht benotet wurde, und nach dem Umzug nach Niederösterreich das Polytechnikum in XXXX für ein halbes Jahr. Die BF hat keinen Schulabschluss und keine Berufsausbildung, sie arbeitete kurzfristig in der Gastronomie. 2011 bekam die BF ihr erstes Kind, worauf die vier weiteren Kinder folgten. Die BF lebt und lebte daher fast ausschließlich von staatlicher Unterstützung oder war finanziell abhängig von ihrem Mann.

Der BF ist gesund und strafrechtlich unbescholten.

Der Ablauf des Verfahrensganges wird festgestellt, wie er unter Punkt I. wiedergegeben ist.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte sowie festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem Bescheid des Bundesamtes sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Bruders der BF, W182 1312662-2/19E.

Die Feststellung zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der BF sowie zu ihren Familienangehörigen in Österreich ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem Bescheid des Bundesamtes sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Bruders der BF, W182 1312662-2/19E.

Die Feststellungen zum Familienleben der BF mit XXXX und den gemeinsamen Kindern, zur finanziellen Situation der BF und ihres Mannes sowie hinsichtlich der Schul- und Berufsausbildung und der beruflichen Tätigkeit der BF im Herkunftsstaat und in Österreich stützen sich auf den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem Bescheid des Bundesamtes, die Angaben der BF in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 07.08.2018 und der mündlichen Beschwerdeverhandlung 16.03.2021.

Die Feststellung, dass die BF zu Verwandten in der Russischen Föderation keinen Kontakt hat sowie zu den Sprachkenntnissen der BF beruht auf dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem Bescheid des Bundesamtes sowie deren entsprechenden Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 07.08.2018. Die guten Deutschkenntnisse konnte die BF nachweisen, als sie sich jedenfalls in der Lage zeigte, der Beschwerdeverhandlung problemlos ohne Beistand der Dolmetscherin auf Deutsch zu folgen und zu antworten.

Die erfolgreiche Absolvierung eines Deutsch-Kurses auf A2-Niveau wurde durch die Vorlage eines entsprechenden Zertifikats des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) bezeugt.

Die Feststellung zu ihrem Gesundheitszustand beruht auf dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem Bescheid des Bundesamtes sowie ihren diesbezüglichen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 07.08.2018, woran sich keine Zweifel ergaben.

Die Feststellungen zur Unbescholtenheit der BF ergeben sich aus einem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides

Beschwerdeverzicht und Beschwerdezurückziehung sind einmalige und unwiderrufliche Prozesserklärungen. Sie unterliegen keiner besonderen Formerfordernis und sind in jeder Lage des Verfahrens ab Zustellung des Bescheides bzw ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zulässig. Beschwerdezurückziehungen können schriftlich oder im Zuge einer Verhandlung auch mündlich abgegeben werden. Eine bedingte Erklärung ist jedoch ebenso unbeachtlich wie ein Beschwerdeverzicht vor Erlassung des bezughabenden Bescheides. Eine Beschwerdezurückziehung setzt eine eingebrachte Beschwerde voraus (vgl. Larcher in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 7 Rz 13; vgl. Fister in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 7 VwGVG Rz 8).

Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichts ist besonders streng zu prüfen. Voraussetzung für einen rechtswirksamen Verzicht ist, dass er frei von Willensmängeln und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wurde. Besondere Formerfordernisse bestehen nicht, der Verzicht muss allerdings ausdrücklich erklärt werden. Fremde müssen der deutschen Sprache hinlänglich mächtig sein, um sich der Tragweite des Verzichts bewusst zu sein und ein Willensmangel bei seiner Abgabe ausgeschlossen werden kann (vgl. Fister in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 7 VwGVG Rz 8; vgl. Larcher in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 7 Rz 13). Nichts Anderes gilt für die Zurücknahme einer Beschwerde, weil die Zurückziehung einer bereits erhobenen Berufung als nachträglicher Berufungsverzicht zu werten ist (Larcher in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 7 Rz 13).

Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Allerdings legt § 28 Abs. 1 VwGVG nicht fest, wann das Verfahren einzustellen ist, sodass insoweit auf die diese Frage regelnden Vorschriften (unter Bedachtnahme auf die dazu ergangene Rechtsprechung) abzustellen ist (vgl. zu ausdrücklich im VwGVG angeordneten Konstellationen, in denen eine Verfahrenseinstellung vorzunehmen ist, § 16 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 VwGVG). Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (u.a.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047; vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Rz 5).

Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat (Grof in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 28 Rz 3).

Die Beschwerdeführerin erklärte im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 16.03.2021, dass sie ihre Beschwerde nach vorausgehender Rücksprache mit ihrer Rechtsberaterin hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. zurückziehen möchte. Da ihre Rechtsberaterin anwesend war und aufgrund ihres Vorbringens, dass sie eigentlich keine besonderen Gründe für subsidiären Schutz habe und es ihr vielmehr um die Frage des Aufenthaltstitels gehe sowie der ausdrücklichen Formulierung ihres Wunsches, einen Aufenthaltstitel Plus zu erhalten (S. 3 der Beschwerdeverhandlung), kamen dem erkennenden Gericht keine Zweifel, dass die BF ihre Beschwerde nicht frei von Willensmängeln und in Kenntnis der Rechtsfolgen einer Zurücknahme zurückgezogen wurde.

Da die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides somit rechtswirksam zurückgezogen worden ist, ist das Beschwerdeverfahren hinsichtlich dieser Spruchpunkte mit Beschluss einzustellen.

3.2. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet auszugsweise:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Vom Prüfungsumfang des Begriffs des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, die miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X ua).

Beim Topos des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da abseits familiärer Umstände erst nach einigen Jahren eine Integration im Aufenthaltsstaat anzunehmen sein wird, die von Art. 8 EMRK geschützt ist (Vgl. Thym, EuGRZ, 2006, 541 ff).

Private Interessen am Verbleib im Bundesgebiet können facettenreich sein. Tendenziell ist eine (regelmäßige) Erwerbstätigkeit und vor allem die damit verbundene Selbsterhaltungsfähigkeit ein wichtiger Aspekt. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. 4. 2006, 2005/18/0560, dürfte mitentscheidend gewesen sein, dass der Beschwerdeführer seit fast fünf Jahren ununterbrochen, noch dazu beim selben Dienstgeber, legal beschäftigt war. Für die wirtschaftliche Integration ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine qualifizierte Tätigkeit handelt. Hingegen erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Integration als stark gemindert, wenn Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen oder bloße Gelegenheitsarbeiten den Unterhalt gewährleisten oder erst gegen Ende des mehrjährigen Aufenthalts die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter ins Treffen geführt werden kann und bis dahin Sozialhilfe bezogen wurde (vgl. VwGH 11. 10. 2005, 2002/21/0124; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 5. 7. 2005, 2004/21/0124 u.a.).

Der Aspekt der Bindungen zum Heimatstaat steht in direkter Beziehung zur Integration im Bundesgebiet: Je länger der Aufenthalt im Gastland, desto stärker wird der Verlust an Bindungen zum Heimatland sein. Mit der Abnahme von Bindungen zum Herkunftsstaat wird in der Regel auch der Integrationsgrad im Bundesgebiet zunehmen. Das Fehlen jeglicher Verwandter und sonstiger Bezugspersonen im Heimatland wird ebenso wie der zwischenzeitlich eingetretene Verlust der Sprache des Heimatlandes für die Frage der Zumutbarkeit einer Reintegration maßgebliche Bedeutung erlangen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 858 f.).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen ist insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. 3. 2005, G 78/04, zu erwähnen. Demnach ist das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den privaten Interessen bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern/ Asylwerberinnen, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen.

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK sind die Auswirkungen der Entscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auf das Familienleben und auf das Kindeswohl etwaiger Kinder des Betroffenen zu erörtern. Einer mit der Ausweisung verbundenen Trennung von Familienmitgliedern kommt eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (vgl. VfGH vom 24.11.2020, E3806/2019). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt; diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (vgl. VfGH vom 24.11.2020, E3806/2019). Ferner ist es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können (vgl. VfGH vom 24.11.2020, E3806/2019); der Verfassungsgerichtshof erachtet die Annahme als lebensfremd, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden könne (vgl. VfGH vom 24.11.2020, E3806/2019; VfGH vom 25.02.2013, U2241/12).

Wie bereits vom Bundesamt festgestellt, war vor dem Hintergrund der in § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, in der gegenständlichen Rechtssache der Eingriff in das Familienleben der BF nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt und erfüllte diese die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005.

Sohin ist gemäß der Beschwerde nur noch über die Varianten des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zu entscheiden.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird, weil dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

„(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“

§ 9 Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017 (in der Folge: IntG), lautet auszugsweise:

„§ 9 (4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 15, BGBl. I Nr. 41/2019)

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 sind Drittstaatsangehörige,

1. die zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht (Abs. 2) unmündig sein werden;

2. denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustands die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen;

3. wenn sie schriftlich erklären, dass ihr Aufenthalt die Dauer von 24 Monaten innerhalb von drei Jahren nicht überschreiten soll; diese Erklärung enthält den unwiderruflichen Verzicht auf die Stellung eines weiteren Verlängerungsantrags im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 NAG nach dem ersten Verlängerungsantrag.“

§ 11 IntG lautet auszugsweise:

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab vom Österreichischen Integrationsfonds durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Qualifikationen der Prüfer sowie die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 werden durch Verordnung der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.

(Anm.: Abs. 4 bis 6 aufgehoben durch Art. III Z 21, BGBl. I Nr. 41/2019)“

Die BF erhielt am 21.05.2021 den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung auf Sprachniveau A2. Aus diesem Grund erfüllt sie die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 und ist der BF daher gem. § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse individuelle Verhältnisse Integration Pandemie private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Spruchpunkt - Zurückziehung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W226.1312661.2.00

Im RIS seit

01.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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