Entscheidungsdatum
22.12.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W213 2246109-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch ABL Stöglehner Rechtsanwälte OG, Spittelwiese 4, 4020 Linz, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 29.07.2021, Zl. 2021-0.404.605, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor (BezInsp) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (Ressortbereich Bundesministerium für Justiz) und wird in der Justizanstalt XXXX verwendet.
I.2. Der Beschwerdeführer beantragte im April 2021 die Abgeltung der Differenz zwischen der ihm ausbezahlten halben Tagesgebühr nach § 47 Abs. 2 (Tarif II) und jener des § 13 Abs.1 (Tarif I) der Reisegebührenvorschrift 1955 für die Bewachungen im Neuromedizinischen Campus/ XXXX XXXX in der Zeit vom 16. bis 17.Oktober 2020 und vom 9. bis 10. Dezember 2020. Des Weiteren beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung der Anwendung des § 47 Abs. 2 Reisegebührenvorschrift (RGV) 1955 bei offenen Bewachungen im Neuromedizinischen Campus/ XXXX .
I.3. Am 20.05.2021 wurde dem BF im Zuge eines Parteiengehörs durch die bB mitgeteilt, dass beabsichtigt ist seinen Antrag auf Abgeltung der Differenz zu Tarif II iSd § 13 abzuweisen. Zugleich wurde der BF aufgefordert, binnen vier Wochen bekannt zu geben, in welchen Punkten sich seiner Meinung nach die Bewachungstätigkeit im Neuromed Campus/ XXXX maßgeblich von jener in einer Inquisiten-Abteilung eines öffentlichen Krankenhauses bzw. einer dislozierten Krankenabteilung einer Justizanstalt unterscheide und worin er einen Mehraufwand sähe, der weder durch die in § 47 Abs.2 RGV geregelten Tagesgebühren noch durch andere Entschädigungen (pauschalierte Aufwandsentschädigung für Beamte im Gefangenenaufsichtsdienst an Justizanstalten) gedeckt wäre.
I.4. Am 04.06.2021 brachte der BF eine entsprechende Stellungnahme im Dienstweg ein. Der BF führte zu den Fragen der bB folgendes aus. Inquisitenabteilungen seien justizeigene dislozierte Bereiche in öffentlichen Krankenanstalten. Das Krankenzimmer in einer solchen unterscheide sich sicherheitstechnisch nicht von Hafträumen innerhalb der Justizanstalt. Grundsätzlich würden sich auf einer Inquisitenabteilung die Rechte und Pflichten der Gefangenen sowie die dienstlichen Aufgaben der Justizbediensteten nicht von jenen innerhalb der Justizanstalt unterscheiden. Für eben diese Situationen sei § 47 Abs. 2 RGV einschlägig.
Ganz anders sähe der Dienst jedoch bei offenen Bewachungen am Neuromed Campus / XXXX aus. Im Neuromed Campus verfüge die Justizanstalt nicht über justizeigene dislozierte Bereiche. Die Bewachung finde im öffentlichen Raum statt. Aufgrund der fehlenden sicherheitstechnischen Gegebenheiten, müssten die Justizbediensteten rund um die Uhr ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den Insassen richten, um Fluchtversuche und Angriffe durch den Insassen bzw. unzulässige Kontaktaufnahmen durch Dritte mit dem Insassen rechtzeitig unterbinden zu können. Hierbei werde auch deutlich der Abschließungsgrundsatz im Lichte des § 21 StVG durchbrochen. Bei den Aufgaben im Neuromed Campus handle es sich eindeutig um Tätigkeiten, die sonst nur bei Eskorten üblich seien. Sie würden sich maßgeblich von jenen in einer Inquisitenabteilung unterscheiden. Da es sich beim Neuromed Campus nicht um eine justizzugehörige Einrichtung handle, es dort keine Haftplätze gäbe, (entgegen der Integrierten Vollzugsverwaltung) keine Überstellung vorläge, keine Unterbrechung oder sonstige Lockerung der Haft in Betracht kämen, könne die Behandlung nur im Zuge einer Ausführung stattfinden. Hier würde § 47 Abs. 2 RGV allerdings nicht zu Anwendung kommen, sondern eine Abgeltung nach § 13 RGV.
Am 07.06.2021 wurde durch den Leiter der JA XXXX zum Thema der Bewachung am Neuromed Campus folgendes berichtet. Die offenen Bewachungen am Neuromed Campus würden grundsätzlich als Postendienst gemäß Vollzugshandbuch (VZH) Rz. 167 erfolgen. Die Bediensteten seien dahingehen gefordert, Fluchtversuche und unerlaubte Kontakte des Gefangenen zu unterbinden. Dazu sei es erforderlich, dass die Justizwachebediensteten, ihren zugewiesenen Postenbereich nicht verlassen. Besondere Anstaltsverfügungen dazu seien nicht erforderlich, weil dies durch das VZH ausreichend geregelt sei.
I.5. Am 16.06.2021, 01.07.2021 und 08.07.2021 übermittelte die bB der Leitung der JA XXXX diverse Rückfragen. Die Fragen und die dazugehörigen Antworten lauteten wie folgt.
F: Wird bei den offenen Bewachungen im Neuromed Campus des XXXX ein oder zwei Beamte/r eingeteilt?
A: Grundsätzlich 2, da ja zB Toilettengänge ua. möglich sein müssen. Sollte der Untergebrachte jedoch nicht so bewachungsintensiv sein kommt es am Tage auch vor, dass nur ein JWB eingeteilt wird. In der Nacht aber fix 2.
F: Zu dem Überbelag auf der forensischen Abteilung im Neuromed Campus wollte ich Sie noch kurz fragen: ist dort eine Inquisiten-Abteilung für die zu Behandelnden der JA XXXX eingerichtet?
A: Nein ist keine Inquisten eingerichtet. Es handelt sich dabei um eine geschlossene forensische Abteilung des Neuro Med Campus, welcher uns dienlich ist insofern nicht überbelegt. Aufgrund der Überbelegung ist es notwendig die UG auf anderen offenen Abteilungen zu bewachen.
F: Der Bedienstete hat für die Zeit vom 16.10./11.30 h bis 17.10.2020/07.31h für eine offene Bewachung des Untergebrachten XXXX im Neuro Med Campus XXXX Reisegebühren verrechnet. Von wann bis wann war der Untergebrachte dort stationär aufgenommen? Und war für diese Bewachung in dem angeführten Zeitraum ein zweiter Beamter eingeteilt? Für die Zeit vom 09.12./15.30h - 10.12.2020 war er für eine offene Bewachung des Untergebrachten XXXX im Neuro Med Campus XXXX eingeteilt. Auch hier benötige ich dieselbe Auskunft wie oben.
Erfolgte die Verlegung ins Neuro Med Campus XXXX auf Basis des § 71 Abs. 2 StVG?
A:
Von wann bis wann war der Untergebrachte, XXXX dort stationär aufgenommen? > stat. Aufenthalt des UG im Neuromed Campus von 13.10.2020, 07:30 bis 23.10.2020, 11:11
*Und war für diese Bewachung in dem angeführten Zeitraum ein zweiter Beamter eingeteilt -> 2. Bewachung GrInsp XXXX
*Für die Zeit vom 09.12./15.30h - 10.12.2020 war er für eine offene Bewachung des Untergebrachten XXXX im Neuro Med Campus XXXX . Von wann bis wann war der Untergebrachte dort stationär aufgenommen? -> stat. Aufenthalt im Neuromed Campus von 09.12.2020, 12:21 bis 29.12.2020, 14:20;
* Und war für diese Bewachung in dem angeführten Zeitraum ein zweiter Beamter eingeteilt ->2.Bewachung BezInsp XXXX
*Bewachung erfolgte gem. § 71 Abs 2 StVG (IVV-Auszug)
F: Erfolgte der stationäre Aufenthalt des Untergebrachten XXXX im Neuromed Campus von 13.10.2020, 07:30 bis 23.10.2020, 11:11) auch auf Basis des § 71 Abs. 2 StVG ?
A: Lt. IVV erfolgte die Ausführung ins AKH am 12.10.2020 gem. § 71 Abs 2 StVG, mit anschließender Überstellung in den Neuromed Campus.
I.6. Mit Bescheid vom 29.07.2021, GZ: 2021-0.404.605, wies die Bundesministerin den Antrag hinsichtlich des Begehren auf Abgeltung der Differenz ab und hinsichtlich des Feststellungsbegehrens zurück.
Zur Zurückweisung des Feststellungsbegehrens führte die bB aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung von Feststellungsbescheiden dann unzulässig sei, wenn die für die Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden sei. Dazu gehöre auch die Entscheidung über Reisegebühren.
Zur Abweisung des Antrags auf Abgeltung der Differenz zu Tarif II führte die bB aus, dass keinerlei Mehraufwendungen, die durch den Umstand, dass die Bewachung auf einer offen und nicht einer Inquisitenabteilung durchgeführt wurde, festgestellt werden konnte. Ein solcher sei auch durch den BF nie behauptet worden. Dem Umstand, dass Bewachungen auf offenen Abteilungen für die Justizwachebediensteten aufwändiger seien als auf Inquisitenabteilung, sei dadurch Rechnung getragen worden, dass bei den in Rede stehenden Dienstverrichtungen ein zweiter JW-Bediensteter abgestellt worden wäre.
Die Annahme, dass es sich bei den in Rede stehenden Bewachungen vorrangig um Eskorte-Tätigkeiten handle könne im Hinblick auf § 98 StVG nicht geteilt werden. Die Anwendung verschiedener Reisezulagensätze für ein und dieselbe Tätigkeit (Bewachung von in öffentlichen Spitälern untergebrachten Häftlingen) bei sonst gleichen Verhältnissen sei sachlich jedenfalls nicht gerechtfertigt. Die, durch die in Rede stehenden Bewachungen verursachten Aufwendung, seien bereits durch die Tagesgebühren nach § 47 Abs. 2 RGV bzw. die pauschalierte Aufwandsentschädigung für Beamte im Gefangenenaufsichtsdienst an Justizanstalten gedeckt. Es sei daher spruchgemäß zu entschieden gewesen.
I.7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde. Die bB habe unrichtigerweise die in Rede stehenden Bewachungen unter § 47 Abs. 2 RGV subsumiert. Aus der Wendung „(2) Strafvollzugsbediensteten, die zu regelmäßigen Dienstverrichtungen in außerhalb ihres Dienstortes liegenden Außenstellen von Justizanstalten oder solchen Krankenanstalten herangezogen werden, gebühren […]“ ergäbe sich, dass nur solche Krankenanstalten gemeint seien, die außerhalb des Dienstortes liegen und gleichzeitig zu einer Justizanstalt gehören. Gemeint seien nach dem Gesetz somit nur dislozierte Krankenabteilungen. Daher würden die in Rede stehenden Dienstreisen nicht unter § 47 Abs. 2 fallen. Es handle sich um Dienstreisen gemäß § 4 RGV nach der eine Tagesgebühr gemäß Tarif II RGV iHv 19,80 EUR zustehe.
Zudem sei die Ansicht der bB unrichtig und stelle eine unsachliche Differenzierung dar, weil ein JW-Beamter der, einen Gefangen für eine Behandlung in ein öffentliches Spital in XXXX bringen, 13 Stunden bewachen und wieder zurück in die JA bringen würde, die volle Reisegebühr gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b iHv 19,80 EUR erhalten würde. Für den Fall, dass die Behandlung bis zum nächsten Tag ginge, würde der Beamte jedoch nur die halbe Gebühr gemäß § 47 Abs. 2 RGV erhalten.
Abschließend wies der BF darauf hin, dass die Tätigkeiten im Zuge einer Überwachung auf einer offenen Abteilung ein deutlich höheres Maß an Aufmerksamkeit erfordern würden als jene auf einer Inquisitenabteilung. Diese Tätigkeiten seien sonst nur auf Eskorten üblich, weshalb der Eskorten-Charakter überwiege, der zu einer Anwendung des § 4 iVm §§ 13 und 17 RGV führe.
I.8. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Verfahrensakten am 07.09.2021 vorgelegt. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war in der Zeit vom 16. bis 17.10.2020 sowie vom 09. bis 10.12.2020 für die Bewachung eines Untergebrachten im Neuromed Campus / XXXX zum Dienst eingeteilt, welchen er auch verrichtete.
Der Weg wurde mit dem anstaltseigenen Kraftfahrzeug zurückgelegt.
Die Bewachung erfolgte nicht auf einer dislozierten Abteilung einer Justizanstalt, sondern auf einer offenen Abteilung des XXXX
Der Beschwerdeführer machte mit Reiserechnung vom 30. Dezember 2020 Reisegebühren geltend. Am 1. Februar 2021 wurden seitens des Bundesrechenzentrums jeweils EUR 9,90 angewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der zur Lösung der Rechtsfragen relevante Sachverhalt ergab sich aus der eindeutigen Aktenlage und ist nicht strittig. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
§ 4 Reisegebührenvorschrift 1955 auszugsweise:
Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten:
1.die Reisekostenvergütung; sie umfaßt die Kosten der Beförderung der Person und des notwendigen Reise- und Dienstgepäcks mit einem Massenbeförderungsmittel für die Strecke zwischen der Dienststelle bzw. in den Fällen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz der Wohnung und dem Ort der Dienstverrichtung, die Kosten der Benützung anderer Beförderungsmittel, sowie die Entschädigung für Wegstrecken (Kilometergeld);
2.die Reisezulage; sie dient der Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft, sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die in den folgenden Bestimmungen keine besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfaßt die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr;
3.nachgewiesene Aufwendungen für dienstlich notwendige Tätigkeiten;
sie umfassen die zusätzlichen Kosten, die über die üblichen, mit der Durchführung einer Dienstreise verbundenen Aufwendungen hinaus entstehen, wie etwa Kosten für Ferngespräche oder für Telegramme oder für die Anfertigung von Kopie
§ 13 Reisegebührenvorschrift 1955 auszugsweise:
(1) Die Reisezulage umfasst
1 die Tagesgebühr
a) nach Tarif I in der Höhe von 26,4 € oder
b) nach Tarif II in der Höhe von 19,8 € und
2. die Nächtigungsgebühr in der Höhe von 15 €
(3) Die Tagesgebühr wird nach Tarif II berechnet:
a) für die Dauer der Reisebewegung (Hinreise, Weiterreise, Rückreise) bei Bezirksreisen, bei denen kein Anspruch auf Nächtigungsgebühr erwächst;
(4) Landeshauptstädte und Städte mit eigenem Statut gelten nicht als politischer Bezirk im Sinne dieser Verordnung, so daß Dienstreisen in die angrenzenden politischen Bezirke oder umgekehrt als Bezirksreisen gelten. Dagegen gilt das Gebiet der Bundeshauptstadt Wien als ein politischer Bezirk. Wenn eine in der Bundeshauptstadt Wien gelegene Dienststelle ausschließlich für einen an Wien angrenzenden politischen Bezirk zuständig ist, gelten Dienstreisen von der Dienststelle in diesen politischen Bezirk und Dienstreisen eines Beamten aus diesem politischen Bezirk zu der in Wien gelegenen Dienststelle als Bezirksreisen.
§ 47 Reisegebührenvorschrift 1955 auszugsweise:
(1) Für die mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt, und zwar sowohl bei der Gefangenenaufsicht als auch im Wirtschafts- und Arbeitsbetrieb verbundenen Gänge und auswärtigen Dienstverrichtungen besteht in der Regel kein Anspruch auf Gebühren nach § 4.
(2) Strafvollzugsbediensteten, die zu regelmäßigen Dienstverrichtungen in außerhalb ihres Dienstortes liegenden Außenstellen von Justizanstalten oder solchen Krankenanstalten herangezogen werden, gebühren
1. unter Ausschluß einer Nächtigungsgebühr die nach den §§ 13 und 17 ermittelte Tagesgebühr im halben Ausmaß und
2. eine Reisekostenvergütung in der Höhe der Kosten der Beförderung der Person und des notwendigen Reise- und Dienstgepäcks mit einem Massenbeförderungsmittel von der Dienststelle zur Außenstelle oder zur Krankenanstalt.
Die Bewachung von Gefangenen in Krankenanstalten ist eine mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt verbundene auswärtigen Dienstverrichtungen. Dieser Umstand wurde auch von keiner der Verfahrensparteien bestritten.
Das Argument des BF, dass § 47 Abs. 2 RGV nur auf Sachverhalte in Krankenanstalten, die außerhalb des Dienstortes liegen und gleichzeitig zu einer Justizanstalt angehören, anzuwenden sei, findet weder in den Gesetzesmaterialen noch in der Gesetzessystematik der RGV 1955 eine entsprechende Deckung. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 47 Abs. 2 RGV führen als Regelungszweck explizit einen Mehraufwand im Zusammenhang mit der Verpflegung in nicht gewohnter Umgebung ins Treffen (vgl. ErläutRV 1764 BlgNR 20. GP, Seite 22). Eine Differenzierung, danach ob die Mehraufwendungen in einer Krankenanstalt entstehen, die einer JA zugehörig (geschlossene Abteilung) ist, oder einer Krankenanstalt, die keiner JA angehört (offene Abteilung), lässt sich den Materialien nicht entnehmen. Ebenso verweist § 4 Z 2 - die allgemeine Norm zur Reisezulage - darauf, dass die Reiszulage dazu dient den Mehraufwand für Verpflegung und Unterkunft zu bestreiten.
Eine solche Differenzierung (offene vs. geschlossene Abteilung) scheint im Lichte des Regelungszwecks, Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Verpflegung in nicht gewohnter Umgebung zu ersetzen, auch nicht sachlich. Dies, weil nicht erkennbar ist, wie der Unterschied zwischen Bewachung auf offenen und geschlossen Abteilungen zu unterschiedlichen Ausgaben für die Verpflegung führen soll. Auch bei einer gesamtheitlich systematischen Interpretation der Reisegebührenvorschrift 1955 lässt sich kein sachlicher Grund für eine solche Differenzierung erblicken.
Die durch den BF angestellten Überlegen zum Vorliegen eines Eskorte-Charakters (iSd § 98 StVG) konnten für die gegenständliche Entscheidung außer Betracht bleiben, weil das Vorliegen einer Eskorte für § 47 RGV in keiner Weise tatbestandsmäßig ist. Überhaupt stellt die RGV – abgesehen von § 48, welcher lediglich die Nutzung der niedrigsten Bahn- / Schiffsklasse vorschreibt – nicht auf Eskorten iSd § 98 StVG ab.
Ähnliches gilt für die Überlegungen des BF zu der erhöhten Aufmerksamkeit, die den Beamten bei einer Überwachung auf einer offenen Abteilung abverlangt wird. Dies erscheint zwar nachvollziehbar, ist jedoch für die Anwendbarkeit des § 47 Abs. 2 RGV nicht tatbestandsmäßig und hat keinen Einfluss auf die Mehrkosten im Zuge der Verpflegung in fremder Umgebung.
Die Entscheidung der bB den gegenständlichen Sachverhalt und § 47 Abs. 2 RGV zu subsumieren und die Tagesgebühren folglich nur nach Tarif II zu bemessen war somit nicht zu beanstanden. Es war daher die Beschwerde abzuweisen.
Zum Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichts
Sowohl die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, als auch das Begehren iSd § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 der gegenständlichen Beschwerde beziehen sich lediglich auf die abweisende Entscheidung hinsichtlich der Abgeltung der Differenz zu Tarif II § 13 RGV. Es wurde somit nur dieser Spruchteil mit Beschwerde bekämpft. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu prüfen. Über den Spruchteil hinsichtlich der Zurückweisung des Antrags auf Erlassung eines Feststellungsbescheids war, weil dieser nicht bekämpft wurde, durch das BVwG nicht abzusprechen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Lösung des Falles hängt ausschließlich von Rechtsfragen ab. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist nicht strittig. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Dienstreiseabrechnung Justizanstalt Krankenanstalt öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Prüfumfang ReisegebührenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W213.2246109.1.00Im RIS seit
24.01.2022Zuletzt aktualisiert am
24.01.2022