TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/2 95/21/0882

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.1996
beobachten
merken

Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs1;
StGB §83 Abs1;
WaffG 1986 §36;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des D in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 22. Juni 1995, Zl. III 131-1/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 22. Juni 1995, mit welchem gegen den Beschwerdeführer, einen bulgarischen Staatsbürger, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde.

Der angefochtene Bescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1992 und 1993 wiederholt Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet im öffentlichen Straßenverkehr gelenkt habe, ohne im Besitz der hiezu erforderlichen gültigen behördlichen Lenkerberechtigung gewesen zu sein. Er habe am 16. April 1993 - wenn auch nur fahrlässig - unbefugt eine verbotene Waffe besessen und habe am 20. Februar 1993 in Hall in Tirol das Vergehen der Körperverletzung begangen. Der Beschwerdeführer sei auch rechtswidrig, ohne die erforderliche gültige österreichische Aufenthaltsbewilligung zu besitzen, am 25. März 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle aus dem ehemaligen Jugoslawien auf der Ladefläche eines Lastkraftwagens in das Bundesgebiet eingereist. Das in Rede stehende Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers sei durch fünf rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 64 Abs. 1 KFG sowie durch eine rechtskräftige Verurteilung durch das Bezirksgericht Hall in Tirol vom 12. August 1993 wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB sowie durch das Geständnis des Beschwerdeführers, eine verbotene Waffe unbefugt besessen zu haben, und - was die rechtswidrige Einreise in das Bundesgebiet betreffe - durch seine persönlichen niederschriftlichen Angaben im Asylverfahren erwiesen.

Die gegen den Beschwerdeführer ergangenen rechtskräftigen fünf Verwaltungsstrafen gemäß § 64 Abs. 1 KFG erfüllten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG); sein Gesamtfehlverhalten rechtfertige die Annahme, daß sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG gefährde.

Der Beschwerdeführer halte sich seit dem Jahr 1991 - zum Großteil rechtmäßig - im Bundesgebiet auf und sei hier dementsprechend integriert. Dasselbe gelte im wesentlichen auch für seine Familie: Seine bulgarische Ehegattin und ein im Bundesgebiet geborenes gemeinsames Kleinkind. Er arbeite erlaubt im Bundesgebiet, zuletzt als Hilfsarbeiter. Die Bindungen des Beschwerdeführers an das Bundesgebiet bzw. an im Bundesgebiet lebende Menschen, insbesondere an seine Familie würden - wie überhaupt das Leben des Berufungswerbers und seiner Familie - durch das Aufenthaltsverbot zwar beeinträchtigt, diese Beeinträchtigungen träten aber in den Hintergrund angesichts der vom Beschwerdeführer ausgehenden, aus seinem Vorleben erschließbaren Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Familie im Bundesgebiet sei relativ kurz; seine Familie ("und wer auch immer sonst noch") sei österreichischerseits durch niemand daran gehindert, mit dem Beschwerdeführer gemeinsam das Bundesgebiet zu verlassen und die Familieneinheit im Ausland aufrechtzuerhalten. Eine dennoch erfolgende Beeinträchtigung des Beschwerdeführers und seiner Familie durch das Aufenthaltsverbot, einschließlich einer Trennung von seiner allenfalls im Bundesgebiet zurückbleibenden Familie sei aufgrund des genannten schwerwiegenden öffentlichen Interesses am Nicht-Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erforderlich. Das Aufenthaltsverbot sei somit auch angesichts seiner im Bundesgebiet bestehenden privaten und familiären Beziehungen gemäß §§ 19 und 20 FrG gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher dessen Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist zu sein und fünfmal rechtskräftig wegen Übertretungen des § 64 Abs. 1 KFG bestraft worden zu sein; auch die rechtskräftige Bestrafung durch das Bezirksgericht Hall in Tirol gemäß § 83 Abs. 1 StGB wird nicht bestritten. Der Beschwerdeführer räumt auch ein, daß in seinem Fall der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof hält den angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht nicht für rechtswidrig, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Übertretungen des § 64 Abs. 1 KFG grundsätzlich als schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG zu qualifizieren sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0887).

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aber insoferne für rechtswidrig, als aus seinem Gesamtverhalten nicht der Schluß gezogen werden könne, daß sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde. Er sei nämlich sehr wohl im Besitz einer bulgarischen Lenkerberechtigung gewesen, habe aber - offenbar in Rechtsunkenntnis - übersehen, diese auf einen österreichischen Führerschein umschreiben zu lassen. Dies sei zwischenzeitig erfolgt und zeige das Bemühen des Beschwerdeführers, sich gesetzeskonform zu verhalten. Ebenso sei dem Beschwerdeführer seinerzeit nicht bewußt gewesen, daß der Besitz eines Springmessers in Österreich verboten sei. Der Beschwerdeführer sei überdies als verläßlicher Kfz-Mechaniker bei seinem Dienstgeber bekannt und lebe mit seiner Familie in Innsbruck. Es könne daher keinesfalls die Rede davon sein, daß eine schlechte Zukunftsprognose zu stellen wäre. Vielmehr sei die Annahme gerechtfertigt, daß sich der Beschwerdeführer in Zukunft wohl verhalten werde und daher sein weiterer Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht gefährden werde. Es liege daher der Tatbestand des § 18 Abs. 1 FrG nicht vor.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Zwar trifft es zu, daß das bloße Vorliegen des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigenden Gefährlichkeit eines Fremden schließen läßt. Die belangte Behörde hat aber nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie aus dem Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers den rechtlichen Schluß auf die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG zog. Nach Erlangung eines österreichischen Führerscheins durch den Beschwerdeführer durfte die gegen ihn gerichtete Gefährlichkeitsprognose zwar nicht mehr darauf gestützt werden, er werde in Hinkunft § 64 Abs. 1 KFG übertreten. Der Beschwerdeführer hat aber nicht nur zu wiederholten Malen die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens gefährdet und seine Neigung zum Ausdruck gebracht, sich über Rechtsvorschriften hinwegzusetzen, auch das von ihm begangene Delikt der Körperverletzung und der unbefugte Waffenbesitz erweisen, daß von ihm eine gewisse Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG ausgeht. Diese Gefahr reicht aus, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen.

Auch die von der belangten Behörde durchaus in Betracht gezogenen familiären Beziehungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hindern in seinem Fall nicht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Angesichts der genannten öffentlichen Interessen war vielmehr die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG dringend geboten und erweisen sich seine familiären Interessen bei der gemäß § 20 Abs. 1 FrG anzustellenden Güterabwägung nicht als gewichtiger, als die gegen seinen Aufenthalt im Bundesgebiet sprechenden öffentlichen Interessen. Zwar ist die von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachte Möglichkeit, die Familie des Beschwerdeführers sei nicht gehindert, ihn in das Ausland zu begleiten, für sich allein nicht geeignet, einen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben zu verneinen; wenn die belangte Behörde aber wegen der vom Beschwerdeführer gezeigten Mißachtung der zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens und dem Schutz der körperlichen Integrität anderer dienenden Vorschriften das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als (zumindest) ebenso schwerwiegend ansah wie das gegenläufige private Interesse des Beschwerdeführers, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210882.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten