Entscheidungsdatum
20.10.2021Norm
Oö. SOHAG §5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seine Richterin Dr. Lukas über die Beschwerde des Z F, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 26. Juli 2021, GZ: SJF/SH, betreffend Leistung der Sozialhilfe zur Unterstützung des Lebensunterhalts sowie zur Befriedigung des Wohnbedarfs nach dem Oö. SOHAG
zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision zulässig.
Entscheidungsgründe
I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz (in der Folge: belangte Behörde) vom 26.07.2021, GZ: SJF/SH, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Zuerkennung einer Leistung der Sozialhilfe zur Unterstützung des Lebensunterhalts sowie zur Befriedigung des Wohnbedarfs zum 01.08.2021 zur Gänze abgewiesen. Zusammengefasst begründet die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, dass bei dem Bf die persönlichen Voraussetzungen im Sinn des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG nicht vorliegen, da der ihm erteilte Aufenthaltstitel keine dauerhafte Niederlassung darstellt.
2. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde bringt der Bf zusammengefasst vor, dass die Auffassung der Behörde, der Gesetzgeber verlange durch die Verwendung des Begriffs der „dauerhaften Niederlassung“ das Vorliegen eines unbefristeten Aufenthaltstitels, falsch sei. Dieser Auffassung sei entgegen zu halten, dass der Begriff „dauerhaft“ nicht mit dem Begriff „unbefristet“ korrespondiere. Mit „dauerhaft“ verstehe man „auf Dauer angelegt“, während „unbefristet“ „ohne Frist“ also ohne Zeitablauf bedeute. § 5 Abs. 1 Oö SOHAG spreche nicht von einer „unbefristeten“ Niederlassung.
Es sei zudem davon auszugehen, dass dem Oö. SOHAG ein vom NAG entkoppelter Niederlassungsbegriff zugrunde liege, ansonsten ein direkter Verweis auf § 45 NAG bzw. § 8 Abs. 1 Z 7 NAG im Gesetz verankert worden wäre. Somit sei entgegen der Ansicht der Behörde der Begriff „niedergelassen“ in § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG nicht so zu verstehen, dass lediglich Personen mit „Daueraufenthalt-EU“ als Anspruchsberechtigte im Sinne des Oö. SOHAG gelten würden. Unabhängig davon stelle der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG klar, dass eine dauerhafte Niederlassung dann vorliege, wenn der Betroffene seit 5 Jahren durchgehend und rechtmäßig in Österreich aufhältig sei. Da die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG auf keinen bestimmten Aufenthaltstitel Bezug nehme, sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch Betroffene mit anderem Aufenthaltstitel in Verbindung mit einem 5-jährigen durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalt einen Anspruch auf Sozialhilfebezug einräumen wolle.
Zu beachten sei, dass der niederösterreichische Landesgesetzgeber in § 4 Abs. 2 Z 5 Nö. SAG durch einen Verweis auf § 45 NAG den berechtigten Personenkreis auf ausschließlich Personen mit dem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ schmälerte. Gerade dass der Oö. Landesgesetzgeber nicht in ähnlicher Weise von seinem Recht auf eine einschränkende Regelungen nach § 4 Abs 3 SH-GG Gebrauch mache, lasse darauf schließen, dass eben nicht nur Personen mit einem „Daueraufenthalt-EU“ als anspruchsberechtigt gelten sollen.
Weiters wird vom Bf ausgeführt, dass die Annahme, nur Personen mit „Daueraufenthalt-EU“ seien nach § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG anspruchsberechtigt, in weiterer Folge bedeuten würde, dass auch für einen Anspruch dieser Personen ein 5-jähriger Aufenthalt in Österreich erforderlich wäre. Diese Interpretation würde jedoch der Richtlinie 2003/109/EG widersprechen.
Aus dem Begriff der „Niederlassung“ in § 2 Abs. 2 NAG ergebe sich, dass nicht nur ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ als dauernde Niederlassung im Sinne des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG zu qualifizieren sei. Da das NAG in erster Linie eine auf dauerhaften Verbleib in Österreich gerichtete Zuwanderung regle, genüge daher bereits die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus diesem Gesetz um die Absicht der dauerhaften Niederlassung in Österreich zu belegen. Daher erfülle bereits ein Aufenthaltstitel nach dem NAG und ein 5-jähriger dauerhafter und rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich die Anspruchsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG.
Entgegen der Annahme der belangten Behörde und nach der Auffassung des VwGH in seinem Urteil vom 20.12.2017 sei bereits eine bloße Aufenthaltsverfestigung als dauerndes Aufenthaltsrecht zu sehen und daher ausreichend für einen Anspruch aus Bezug von Sozialhilfe. Der Bf sei als aufenthaltsverfestigt und daher als anspruchsberechtigt zu qualifizieren.
Des Weiteren ergebe sich aus den Materialien zu § 5 Oö. SOHAG, dass der Bf als dauerhaft niedergelassen anzusehen sei, da der Landesgesetzgeber selbst davon ausgehe, dass Kinder unabhängig von der Art und der gesetzlichen Grundlage ihres Aufenthaltstitel und der Dauer des Aufenthalts ebenfalls als dauerhaft niedergelassen gelten, sofern sie in Österreich geboren wurden und ein Elternteil dauerhaft niedergelassen sei. Somit sage der Landesgesetzgeber selbst, dass es weder auf die Dauer des Aufenthaltsrechts noch darauf ankomme, welchem Regelungsregime der Aufenthaltstitel unterliege, um die Voraussetzung einer dauerhaften Niederlassung im Sinne des Oö. SOHAG zu erfüllen.
Der Bf führt zudem aus, warum die von der belangten Behörde in ihrer Begründung zitierten Urteile zu widerlegen beziehungsweise auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden seien und gibt sinngemäß der bereits genannten Gründen an, dass auch Personen mit dem Aufenthaltstitel der „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ unter gewissen Umständen als Personen mit einem dauerhaften Aufenthaltsrecht anzusehen seien.
Im Ergebnis sei daher der Bf aufgrund seines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ und seinem länger als 5-jährigen rechtmäßigen und durchgehenden Aufenthalts in Österreich als dauerhaft niedergelassenen im Sinne des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG anzusehen.
3. Mit Schreiben vom 24.08.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Dieses ist zur Entscheidung gemäß § 2 VwGVG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.
4. Die belangte Behörde erstattete mit Eingabe vom 07.10.2021, GZ: SJF/SH, eine Beschwerdebeantwortung. Darin wird auf das Beschwerdevorbringen eingegangen und bezugnehmend auf die rechtlichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid ergänzend zur Frage der Auslegung des Begriffes „dauerhaft“ in § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG auf die Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen verwiesen. Unter ausführlicher Begründung wird im Ergebnis ausgeführt, dass sowohl der Bundesgrundsatzgesetzgeber als auch der Landesausführungsgesetzgeber den Begriff „dauerhaft“ im Sinne von „unbefristet“ als einen von der Europäische Union vorgegebenen und verbindlich definierten Begriff des Europäischen Gemeinschaftsrechts bewusst und willentlich verwende.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da im gegenständlichen Verfahren ausschließlich Rechtsfragen zu behandeln sind und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Zudem stehen einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen und wurde auch von keiner der Verfahrensparteien der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
5.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Der Bf, geb. x, afghanischer Staatsangehöriger, ist seit 11.12.2001 mit Hauptwohnsitz in Linz gemeldet. Er ist seit 2012 im Besitz des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ nach § 8 Abs. 1 Ziff. 2 NAG.
5.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
6.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, BGBl. I Nr. 41/2019 sind Leistungen der Sozialhilfe unbeschadet zwingender völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Verpflichtungen ausschließlich österreichischen Staatsbürgern und Asylberechtigten, im Übrigen nur dauerhaft niedergelassenen Fremden zu gewähren, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Vor Ablauf dieser Frist sind aufenthaltsberechtigte EU-/EWR-Bürger, Schweizer Bürger und Drittstaatsangehörige österreichischen Staatsbürgern nur insoweit gleichzustellen, als eine Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe aufgrund völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Vorschriften zwingend geboten ist und dies im Einzelfall nach Anhörung der zuständigen Fremdenbehörde (§ 3 NAG) festgestellt wurde. Subsidiär Schutzberechtigten sind ausschließlich Kernleistungen der Sozialhilfe zu gewähren, die das Niveau der Grundversorgung (BGBl. I Nr. 80/2004) nicht übersteigen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetzes – Oö. SOHAG, LGBl. Nr. 107/2019 idgF lauten:
„§ 5
Persönliche Voraussetzungen für die Leistung der Sozialhilfe
(1) Leistungen der Sozialhilfe sind unbeschadet zwingender völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Verpflichtungen ausschließlich österreichischen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürgern und Asylberechtigten, im Übrigen nur dauerhaft niedergelassenen Fremden zu gewähren, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft, tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2) Sozialhilfe kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die ihren Hauptwohnsitz und ihren tatsächlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben.
(3) Wohnungslose Personen, die ihren tatsächlichen dauernden Aufenthalt in Oberösterreich durch Vorlage einer Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2018, bei der Behörde nachweisen können, sind Personen im Sinn des Abs. 2 gleichgestellt.
(4) Vor Ablauf der im Abs. 1 genannten Frist sind aufenthaltsberechtigte EU-/EWR-Bürgerinnen bzw. -Bürger, Schweizer Bürgerinnen bzw. Bürger und Drittstaatsangehörige österreichischen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürgern nur insoweit gleichgestellt, als eine Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe auf Grund völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Vorschriften zwingend geboten ist und dies im Einzelfall nach Anhörung der zuständigen Fremdenbehörde festgestellt wurde.
(5) Von Leistungen der Sozialhilfe ausgeschlossen sind
1. Personen ohne tatsächlichen Aufenthalt in Oberösterreich,
2. Asylwerberinnen bzw. Asylwerber,
3. ausreisepflichtige Fremde,
4. Personen, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten verurteilt wurden, für den Zeitraum der Verbüßung ihrer Strafhaft in einer Anstalt und
5. subsidiär Schutzberechtigte.“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, BGBl. I 2005/100 idF BGBl. I 2021/110 lauten wie folgt:
„§ 1 (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen, sowie die Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel ‚ICT‘ eines anderen Mitgliedstaates (§ 58a).
(2) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für Fremde, die
1. nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen oder sich nach Stellung eines Folgeantrages (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) im Zulassungsverfahren (§ 28 AsylG 2005) befinden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt;
[...]“
„§ 2 [...]
(2) Niederlassung ist der tatsächliche oder zukünftig beabsichtigte Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zweck
1. der Begründung eines Wohnsitzes, der länger als sechs Monate im Jahr tatsächlich besteht;
2. der Begründung eines Mittelpunktes der Lebensinteressen oder
3. der Aufnahme einer nicht bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit.
(3) Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 12) gilt nicht als Niederlassung im Sinne des Abs. 2.
[...]“
„§ 8 (1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:
1. Aufenthaltstitel ‚Rot-Weiß-Rot – Karte‘, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten gemäß §§ 20d Abs. 1 Z 1 bis 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;
2. Aufenthaltstitel ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;
3. Aufenthaltstitel ‚Blaue Karte EU‘, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20d Abs. 1 Z 5 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;
4. ‚Niederlassungsbewilligung‘, die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt;
5. ‚Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit‘, die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt;
6. ‚Niederlassungsbewilligung – Angehöriger‘, die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur auf Grund einer nachträglichen quotenpflichtigen Zweckänderung erlaubt;
7. Aufenthaltstitel ‚Daueraufenthalt – EU‘ für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;
8. Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger‘ für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel ‚Daueraufenthalt – EU‘ (Z 7) zu erhalten;
9. Aufenthaltstitel ‚Niederlassungsbewilligung – Künstler‘, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20d Abs. 1 Z 6 AuslBG erstellt wurde, oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt;
10. Aufenthaltstitel ‚Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit‘, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. b, c, d, f, g oder i AuslBG vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist oder die in einer Verordnung des Bundesministers für Inneres gemäß § 43b Abs. 2 genannt ist, berechtigt;
11. Aufenthaltstitel ‚Niederlassungsbewilligung – Forscher‘, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit für eine Forschungseinrichtung berechtigt;
12. ‚Aufenthaltsbewilligung‘ für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69);
13. Aufenthaltstitel ‚Artikel 50 EUV‘, der zur befristeten oder unbefristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen sowie unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt.
[...]“
„§ 20 (1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.
(1a) Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 sind für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde
1. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 9 IntG) erfüllt hat und
2. in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,
es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.
[...]“
6.2. Rechtliche Erwägungen:
6.2.1. In § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG legt der Gesetzgeber als persönliche Voraussetzung für einen Rechtsanspruch auf Sozialhilfe zur Unterstützung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs fest, dass neben österreichischen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürgern und Asylberechtigten und unbeschadet zwingender völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Verpflichtungen nur dauerhaft niedergelassenen Fremden Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren sind, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft, tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Mit dieser Bestimmung setzt der oberösterreichische Landesgesetzgeber den in § 4 Abs. 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz festgelegten Ausschluss von der Bezugsberechtigung um. Den Erläuternden Bemerkungen zum SH-GG, Beilage 514/2019, XXVI. GP, zu dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass damit die Reduktion bestehender Anreize für Fremde, zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach Österreich zu migrieren, bezweckt wird.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff „niedergelassen“ - sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen - im Sinn der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 und 3 NAG zu verstehen (vgl. VwGH 04.09.2006, 2006/09/0070). Die „Niederlassung“ ist demnach eine qualifizierte Form des Aufenthalts. Ein Recht auf Aufenthalt (oder Niederlassung) wird nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH 19.12.2012, 2011/08/0369 mwN) grundsätzlich mit einem Aufenthaltstitel mit konstitutiver Wirkung eingeräumt. Der Landesgesetzgeber stellt im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG darauf ab, dass der Fremde nicht nur bloß vorübergehend rechtmäßig niedergelassen ist. Dies ist der Fall, wenn er über eine grundsätzlich auf Dauer ausgerichtete Niederlassungsbewilligung verfügt.
Die zu § 4 Abs 1 Z 2 lit e Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung (VwGH 20.12.2017, Ra 2016/10/0130) ist auf die vorliegende Rechtslage nicht übertragbar, da sich die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung der Sozialhilfe durch das mit 1. Jänner 2020 in Kraft getretene Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz (Oö. SOHAG) maßgeblich geändert haben.
Auf diese mit dem Oö. SOHAG geschaffene Rechtslage hat der Landesgesetzgeber auch mit der gleichzeitigen Novellierung des Oö. Grundversorgungsgesetzes, LGBl. Nr. 12/2007 idF LBGl. Nr. 108/2019, Bezug genommen. So ist im Motivenbericht (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur Oö. Grundversorgungsgesetz-Novelle 2019, Oö. Landtag: Beilage 1243/2019, XXVIII. GP) festgehalten: „Mit dem Inkrafttreten des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes des Bundes am 1. Juni 2019 wurde der Personenkreis, der Leistungen der Sozialhilfe beziehen kann, festgelegt. Personengruppen, die davon nicht umfasst sind, dürfen mit Inkrafttreten des Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetzes am 1. Jänner 2020 keine Sozialhilfeleistungen mehr erhalten. Die Möglichkeit des Oö. Mindestsicherungsgesetzes, nicht bezugsberechtigten Personen auf privatrechtlicher Basis Mindestsicherungsleistungen zu gewähren, ist aufgrund der bundesgesetzlichen Vorgaben künftig nicht mehr gegeben.
Insbesondere Personen mit Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 54 Asylgesetz 2005 dürfen keine Leistungen mehr im Rahmen der Sozialhilfe gewährt werden. Sie sollen daher, sofern nicht ohnehin eine Zielgruppenzugehörigkeit besteht, in besonderen Härtefällen durch die Grundversorgung aufgefangen werden. Ab einem rechtmäßigen und tatsächlichen Aufenthalt von mehr als fünf Jahren ist weiterhin eine Versorgung im Rahmen der Sozialhilfe möglich. Mit der Änderung des Oö. Grundversorgungsgesetzes 2006 soll nun die Möglichkeit geschaffen werden, diesen Personen Leistungen aus der Grundversorgung zu gewähren, sofern deren Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann.“
Gemäß § 2 Abs. 5 Oö. Grundversorgungsgesetz kann daher, soweit die Hilfsbedürftigkeit im Sinne des Abs. 1 gegeben und dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist, Fremden, die über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen und deren Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann, im Einzelfall Grundversorgung auf Grundlage des Privatrechts geleistet werden.
6.2.2. Ein Recht auf Aufenthalt (oder Niederlassung) wird nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH 19.12.2012, 2011/08/0369 mwN) – wie bereits festgehalten – grundsätzlich mit einem Aufenthaltstitel mit konstitutiver Wirkung eingeräumt. Aufgrund der unbestrittenen Aktenlage verfügt der Bf über den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“. Dieser Aufenthaltstitel wird nach § 20 Abs. 1 NAG für eine Dauer von zwölf Monate oder für eine Dauer von drei Jahre wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat und in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig in Österreich aufhältig war, ausgestellt. Jedenfalls berechtigt die „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ zu einer befristeten Niederlassung in Österreich. Eine dauerhafte Berechtigung zur Niederlassung liegt bei dem Bf im Hinblick auf den erteilten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ für die Dauer von 12 Monaten beziehungsweise drei Jahren daher nicht vor.
Zusammengefasst ergibt sich somit – unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Oö. LVwG (vgl etwa LVwG-351014/Py vom 19.08.2021) – aus dem festgestellten Sachverhalt in Verbindung mit der dargestellten Rechtslage, dass der Bf nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 5 Oö. SOHAG zählt, zumal er lediglich über den befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ verfügt, der keine „dauerhafte“ Niederlassung bzw. keinen „dauerhaften“ Aufenthalt im Sinne dieser Bestimmung darstellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da zur Frage, ob der vorliegende befristete Aufenthaltstitel nach dem NAG den Bf als „dauerhaft niedergelassenen Fremden, der sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft, tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält“ iSd § 5 Oö. SOHAG qualifiziert, (soweit ersichtlich) keine Rsp des VwGH vorliegt (und dieser Rechtsfrage Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinaus zukommt).
Schlagworte
Niederlassung; Recht auf Aufenthalt; Recht auf Niederlassung; befristeter Aufenthaltstitel; Anspruchsvoraussetzung; Mindestsicherung; Rot-Weiß-Rot Karte; Integrationsvereinbarung;Anmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.351060.3.ALZuletzt aktualisiert am
04.01.2022