TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/14 W212 2229923-1

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Veröffentlicht am 14.09.2021
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Entscheidungsdatum

14.09.2021

Norm

AsylG 2005 §56 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W212 2229923-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Dr. Wolfgang WEBER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Asylgesetz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.04.2021 zu Recht:

A) Dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 56 Abs. 1 iVm § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, begründete am 11.03.2004 einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet und verfügte seit dem 31.10.2005 über eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender.“ Am 18.11.2010 brachte dieser einen Verlängerungs- bzw. Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung „selbständige Schlüsselkraft“ (seit der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 „Rot-Weiß-Rot-Karte“) ein, welcher mit Bescheid vom 15.06.2012 aufgrund eines negativen AMS-Gutachtens vom 06.06.2012 abgewiesen wurde. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 21.03.2014 als unbegründet abgewiesen.

Am 26.04.2016 modifizierte der Beschwerdeführer den noch offenen Verlängerungsantrag für den Zweck „Studierender“ vom 18.11.2010 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte, wobei er sich auf die am 18.04.2016 erfolgte Eheschließung mit einer rumänischen Staatsbürgerin berufen hat. In der Folge fanden Ermittlungen wegen des Verdachts einer Aufenthaltsehe statt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Bezirksgerichts vom 28.08.2017 wurden der Beschwerdeführer und seine Ehegattin vom Verdacht nach §§ 117 Abs. 1 FPG, 12 3. Fall StGB, 117 Abs. 4 FPG gemäß § 259 Z3 StGB freigesprochen.

Mit Bescheid des Landeshauptmanns XXXX vom 04.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer „Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)“ zurückgewiesen und es wurde zugleich festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts XXXX vom 22.05.2018 wurde das Verfahren über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde infolge deren Zurückziehung eingestellt.

2. Am 12.11.2018 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 eingebracht. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, im Bundesgebiet bestens integriert zu sein und einer selbständigen Tätigkeit in der Altenpflege nachzugehen.

Der Beschwerdeführer legte u.a. eine Bestätigung über einen aufrechten Krankenversicherungsschutz, einen Mietvertrag sowie ein Sprachdiplom auf dem Niveau C1 vor.

Am 18.02.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in deutscher Sprache zu seinem Antrag einvernommen und brachte zusammengefasst vor, er sei gesund, benötige keine Medikamente, und habe die deutsche Sprache auf dem Niveau C1 erlernt. Über Vorhalt, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 nicht erfülle, da ein durchgängiger dreijähriger legaler Aufenthalt im Bundesgebiet nicht vorliegen würde, antwortete der Beschwerdeführer: „Das nicht. Ich hatte von 2004 bis 2010 durchgehend einen Aufenthaltstitel als Studierender. Seitdem warte ich auf die Verlängerung.“ Seit der negativen Entscheidung der XXXX sei er nur mehr zu einem touristischen Aufenthalt berechtigt. Momentan habe er kein Reisedokument, da dieses sichergestellt worden sei. Zuletzt sei er im Oktober 2018 ins Bundesgebiet eingereist, er sei selbständig gewesen und habe ein Unternehmen geführt. In Österreich lebe er alleine und er verfüge hier über einen Unfall- und Krankenversicherungsschutz. Seine minderjährige Tochter und sein Sohn würden in Serbien bei der Ex-Frau des Beschwerdeführers leben, mit der er sich die Sorgepflicht teile. In Serbien würden zudem der Bruder und die Großeltern des Beschwerdeführers leben. Der Beschwerdeführer sei geschieden. Seine Eltern würden auf Grundlage von Aufenthaltstiteln „Rot-Weiß-Rot-Karte“ in Österreich leben. Der Beschwerdeführer arbeite in der Altenbetreuung und finanziere seinen Aufenthalt durch diese Tätigkeit und durch Unterstützung seiner Eltern. Der Beschwerdeführer sei selbständig und habe ehrenamtlich für die XXXX gearbeitet; bis vor einem Jahr habe er Handball in Österreich gespielt. In seiner Heimat werde er weder strafrechtlich, noch politisch verfolgt.

Mit Schreiben vom 02.07.2019 setzte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer von der beabsichtigten Abweisung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG und der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Kenntnis, da dieser nicht drei Jahre durchgehend legal im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei und noch enge Bindungen zu seinem Herkunftsstaat aufweise, welche ihm die Rückkehr zumutbar machen würden. Es wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, hierzu sowie zu Berichten über die Lage in Serbien und näher aufgelisteten Fragestellungen zu seinem Familien- und Privatleben binnen Frist eine Stellungnahme einzubringen.

In einer Stellungnahme vom 16.07.2019 führte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers aus, sollten die Tatbestandsmerkmale des § 56 AsylG nicht vorliegen, sei am 28.02.2019 mit dem verfahrensführenden Referenten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vereinbart worden, dass der Antrag auf § 55 AsylG 2005 abgeändert werde. Der Antrag gemäß § 56 AsylG 2005 werde aufrechterhalten, da die Voraussetzungen gegeben seien. Beide Elternteile des Beschwerdeführers besäßen eine „Rot-Weiß-Rot-Karte.“ Außerdem sei der Beschwerdeführer sozial sehr engagiert und erledige im Bedarfsfall unentgeltlich Krankenpflegertätigkeiten. Dieser falle der Republik Österreich in keinster Weise zur Last, allfällige finanzielle Schwierigkeiten würden durch dessen Eltern aufgefangen werden. Es sei unmöglich, dass der Genannte nicht mindestens drei Jahre legal in Österreich aufhältig gewesen wäre. Von 2004 bis 2010 sei er Student gewesen; erst im Jahr 2009 sei die Sichtvermerkpflicht für Serbien aufgehoben worden. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 2004 zu Studienzwecken nach Österreich gekommen und habe sich von 2004 bis 2010 im Besitz eines Studentenvisums befunden. Hinsichtlich seiner selbständigen Tätigkeit als Krankenpfleger habe der Beschwerdeführer bereits einen umfangreichen Patientenstamm aufgebaut und bestreite von diesen Geldern seinen Lebensunterhalt.

3. Mit Eingabe vom 07.10.2019 brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 Abs. 3 BVG und §§ 7 ff VwGVG ein. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 12.11.2018 einen Antrag gemäß § 56 AsylG 2005 gestellt, wobei die Behörde ihrer sechsmonatigen Entscheidungspflicht bis spätestens 12.05.2019 hätte nachkommen müssen. Das Beweisverfahren sei mangelhaft abgehandelt worden, zumal entgegen einer Vereinbarung die notwendigen Unterlagen von der XXXX nicht angefordert worden seien. Eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer würde dessen Grundrecht gemäß Art. 8 EMRK verletzen. Der Beschwerdeführer sei gut integriert und als Pfleger in einem Mangelberuf ausgebildet. Sobald der Beschwerdeführer legal aufhältig sei, werde er seine Kinder nach Österreich nachholen. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge über den Antrag gemäß § 56 AsylG 2005 vom 12.11.2018 entscheiden und dem Beschwerdeführer eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis erteilen; in eventu – sollten die Voraussetzungen des § 56 AsylG 2005 nicht vorliegen – einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 erteilen.

4. Am 26.03.2020 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die gegenständliche Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor, wobei zunächst eine Zuteilung an die Gerichtsabteilung G311 erfolgte.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der ursprünglich zuständig gewesenen Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

5. Mit Schreiben vom 03.12.2020 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer auf, binnen dreiwöchiger Frist bekannt zu geben, in welchen konkreten Zeiträumen sich der Beschwerdeführer seit dem 12.11.2013 bis dato im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten hat und dies geeignet (etwa durch Vorlage von Reisepasskopien) nachzuweisen. Zudem wurde dieser aufgefordert, bekanntzugeben, auf welcher rechtlichen Grundlage (z.B. Aufenthaltstitel/Sichtvermerkbefreiung) der jeweilige Aufenthalt beruhte.

Hierzu wurde darauf hingewiesen, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen voraussetzt, dass der Drittstaatsangehörige „jedenfalls (1.) zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist, (2.) davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist […].“ Weiters erging die Aufforderung, Nachweise über eine aktuelle Erwerbstätigkeit, das aktuelle Einkommen, den Anspruch auf eine ortsübliche Unterkunft sowie einen aufrechten Krankenversicherungsschutz des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in Vorlage zu bringen (Anm.: Gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel gemäß § 56 „einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn [1.] der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird, [2.] der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist, [3.] der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigem zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft [§ 11 Abs. 5 NAG] führen könnte, und [4.] durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.“). Zudem wurde ersucht, alle sonst vorhandenen Belege für die Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in Vorlage zu bringen.

Nach Aufkündigung der Vollmacht des bisherigen anwaltlichen Vertreters wurde mit Eingabe vom 21.01.2021 die Vertretungsmacht des nunmehrigen Rechtsvertreters bekanntgegeben und es wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit März 2004 in Österreich lebe und über ein zuletzt bis 19.11.2010 gültiges Studentenvisum verfügt hätte. Eine Verlängerung sei fristgerecht beantragt worden. Am 18.04.2016 habe der Beschwerdeführer eine rumänische Staatsbürgerin geheiratet und einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte eingebracht. Ein gerichtliches Strafverfahren wegen Eingehens einer Scheinehe habe in einem Freispruch geendet. Die XXXX habe dessen ungeachtet den Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte wegen Verdachts der Scheinehe abgewiesen, sodass der Beschwerdeführer letzten Endes am 12.11.2018 beim BFA einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht hätte. Der Beschwerdeführer sei Hauptmieter einer Wohnung an einer näher bezeichneten Anschrift, der Mietvertrag sei zuletzt bis 31.03.2021 verlängert worden. Dieser habe eine Pflegeausbildung und könnte jederzeit im Pflegedienst arbeiten. Eine Bestätigung der XXXX werde beigelegt. Die Ehe des Beschwerdeführers sei mit rechtskräftigem Beschluss eines Bezirksgerichts vom 11.06.2018 geschieden worden. In Österreich würden die Eltern des Beschwerdeführers leben, von welchen er auch unterstützt werde. Das Einkommen der Eltern betrage über EUR 2.000,- monatlich. Überdies lebe die Schwester der Mutter des Beschwerdeführers in Österreich, welche österreichische Staatsbürgerin sei. Der Beschwerdeführer verfüge über ein Deutschzertifikat C1.

Beiliegend übermittelt wurden (jeweils in Kopie) insbesondere ein Schreiben der XXXX vom 21.01.2021, demnach der Beschwerdeführer zukünftig im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses beschäftigt werden könne, eine Vereinbarung über die Verlängerung des vom Beschwerdeführer abgeschlossenen Mietvertrages bis 31.03.2023, der Beschluss über die Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers im Einvernahmen vom 11.06.2018, ein Zertifikat über eine am 26.04.2007 bestandene Deutschprüfung auf dem Niveau C1 sowie die Aufenthaltstitel der Eltern des Beschwerdeführers.

6. Am 27.04.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer teilgenommen hat; der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers hatte zuvor mitgeteilt, aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Verhandlung teilnehmen zu können, jedoch die Durchführung der Verhandlung dennoch zu befürworten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat keinen Vertreter zur Beschwerdeverhandlung entsandt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, begründete am 11.03.2004 einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet und verfügte seit dem 31.10.2005 über die Aufenthaltsbewilligung „Studierender.“ Am 18.11.2010 brachte dieser einen Verlängerungs- bzw. Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung „selbständige Schlüsselkraft“ (seit der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 „Rot-Weiß-Rot-Karte“) ein, welcher mit Bescheid vom 15.06.2012 aufgrund eines negativen AMS-Gutachtens vom 06.06.2012 abgewiesen wurde. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom 21.03.2014 als unbegründet abgewiesen.

Am 26.04.2016 modifizierte der Beschwerdeführer den noch offenen Verlängerungsantrag für den Zweck „Studierender“ vom 18.11.2010 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte, wobei er sich auf die am 18.04.2016 erfolgte Eheschließung mit einer rumänischen Staatsbürgerin berufen hat. In der Folge fanden Ermittlungen wegen des Verdachts einer Aufenthaltsehe statt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines Bezirksgerichts vom 28.08.2017 wurden der Beschwerdeführer und seine Ehegattin vom Verdacht nach §§ 117 Abs. 1 FPG, 12 3. Fall StGB, 117 Abs. 4 FPG gemäß § 259 Z3 StGB freigesprochen.

Mit Bescheid des Landeshauptmanns XXXX vom 04.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer „Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)“ zurückgewiesen und es wurde zugleich festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts XXXX vom 22.05.2018 wurde das Verfahren über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde infolge deren Zurückziehung eingestellt.

Am 12.11.2018 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 1 AsylG eingebracht.  

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mehr als fünf Jahren durchgängig, davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes rechtmäßig, im Bundesgebiet aufhältig.

Am 07.10.2019 wurde im Wege des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers eine Säumnisbeschwerde eingebracht, wobei der oben genannte Antrag bis zu diesem Zeitpunkt nicht erledigt war.

Dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde – dem BFA – zurückzuführen wäre, hat sich nicht ergeben. Dies wurde von der belangten Behörde im Zuge der Aktenvorlage an das BVwG auch nicht behauptet.

1.2. Der Beschwerdeführer spricht muttersprachlich Serbokroatisch. Zudem beherrscht er Bulgarisch, Russisch, Deutsch und Englisch. Der Beschwerdeführer hat in Serbien eine Ausbildung zum diplomierten Krankenpfleger absolviert.

Der Beschwerdeführer hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit März 2004 in Österreich. In Österreich hat er ein Universitätsstudium im Bereich der Chemie betrieben, jedoch nicht abgeschlossen. Nach Ablauf seiner Aufenthaltsberechtigung als Studierender im Jahr 2010 hat dieser sich als Seniorenbetreuer sowie als Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger selbständig gemacht. Bis Sommer 2018 war er selbständig für die XXXX in der Altenbetreuung tätig. Zudem hat er Schulungen für die XXXX abgehalten und bei der Vorbereitung von Veranstaltungen mitgewirkt.

Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat zwei in den Jahren 2011 und 2014 geborene Kinder aus seiner ersten Ehe. Seine damalige Frau ist im Jahr 2015 infolge der Trennung vom Beschwerdeführer gemeinsam mit den Kindern nach Serbien zurückgekehrt. Der Kindesmutter kommt die alleinige Obsorge für die beiden Minderjährigen zu. Der Beschwerdeführer besucht seine Kinder drei- bis viermal jährlich für einige Tage in Serbien und unterstützt diese je nach Möglichkeit finanziell. In Serbien lebt außerdem ein Bruder des Beschwerdeführers, zu welchem er nur wenig Kontakt hat.

Der Beschwerdeführer ist Mieter einer Unterkunft mit einer Wohnfläche von rund 122m2 im Bundesgebiet. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er gegenwärtig großteils durch Unterstützung seiner Eltern, welche aufgrund von Aufenthaltstiteln nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, sowie durch Ersparnisse.

Seine Eltern werden aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation regelmäßig vom Beschwerdeführer unterstützt (insbesondere durch Erledigung von Einkäufen, Begleitung zu Arztterminen, Hilfe beim Waschen und Ankleiden). Sein Vater ist infolge eines Schlaganfalls rechtsseitig gelähmt, seine Mutter leidet an Brustkrebs.

Außerdem leben eine Tante und ein Cousin des Beschwerdeführers in Österreich.

Der Beschwerdeführer würde im Fall der Erlangung eines Aufenthaltstitels bei der XXXX in ein freies Dienstverhältnis mit einem Umfang von 40 Wochenstunden und einem Nettoeinkommen von etwa EUR 1.800,- bis 2.000,- aufgenommen werden. Alternativ könnte er eine Beschäftigung als Pflegeassistent im Sanatorium XXXX mit einem Beschäftigungsausmaß von 38 Wochenstunden und einer Bruttoentlohnung von EUR 2.154,40 monatlich aufnehmen.

Der Beschwerdeführer ist bei der SVA krankenversichert.

Der Beschwerdeführer hat einen Freundeskreis in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat im April 2007 eine ÖSD-Deutschprüfung auf dem Niveau C1 abgelegt; er spricht die deutsche Sprache sehr gut, sodass die Beschwerdeverhandlung in deutscher Sprache durchgeführt werden konnte.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich gerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen in Vorlage gebrachten unbedenklichen Original-Identitätsdokumenten, insbesondere seinem serbischen Reisepass und seinem österreichischen Führerschein, welche in Kopie im Verwaltungsakt einliegen.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang waren in Ansehung des Akteninhalts zu treffen. Die Feststellungen zu den nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geführten Verfahren sowie den erteilten Aufenthaltstiteln als Studierender resultieren aus den im Verwaltungsakt einliegenden Kopien der Entscheidungen der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde sowie dem Verwaltungsgericht XXXX und einer personenbezogenen Abfrage im Zentralen Fremdenregister.

2.2. Die Feststellungen zum durchgehenden Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf den Akteninhalt und einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister in Zusammenschau mit den dahingehend glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der Beschwerdeführer hat nachvollziehbar ausgeführt, dass er seit der Begründung seines Hauptwohnsitzes im März 2004 auch tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt in Österreich hatte und sich in diesem Zeitraum nur für jeweils kurzfristige besuchsweise Aufenthalte nach Serbien begeben hat. Der Beschwerdeführer zeigte sich bemüht, zur Feststellung seiner tatsächlichen Aufenthaltszeiten beizutragen, indem er im Anschluss an die Beschwerdeverhandlung eine vollständige Kopie seines (abgelaufenen) Reisepasses übermittelt hat, in welchem seine Ein- und Ausreisen im relevanten Zeitraum vermerkt sind.

Die Feststellungen zur selbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers sowie der ihm in Aussicht stehenden neuerlichen Beschäftigung beim gleichen Dienstgeber sowie der ihm ebenfalls in Aussicht stehenden Beschäftigung in einem Pflegeheim waren aufgrund eines Versicherungsdatenauszuges, der vorgelegten schriftlichen Einstellungszusage der XXXX sowie der Arbeitgebererklärung durch ein Seniorenzentrum vom 04.03.2021 in Zusammenschau mit seinen Angaben anlässlich der Beschwerdeverhandlung zu treffen.

Die Feststellung zum Werdegang des Beschwerdeführers, zu seinen familiären und privaten Lebensumständen und zu seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus seinen Angaben anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung, hinsichtlich deren Richtigkeit keine Zweifel aufgetreten sind.

Die Feststellung über die Wohnverhältnisse des Beschwerdeführers stützt sich auf den in Vorlage gebrachten Mietvertrag. Sein aufrechter Krankenversicherungsschutz ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Bestätigung der XXXX , vom 07.09.2021.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuell eingeholten Strafregisterauskunft.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen und Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.2. Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Die Beschwerde entspricht den Voraussetzungen der §§ 8 f. VwGVG idF BGBl. I 33/2013:

"Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde

§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. (2) [...]

Inhalt der Beschwerde

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten: 1. [- 3. ...] 4. das Begehren und 5. [...]. (2) Belangte Behörde ist 1. [- 2. ...] 3. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG jene Behörde, die den Bescheid nicht erlassen hat, 4. [- 5. ...]. (3) [- (5) ...] (5) Bei Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG entfallen die Angaben nach Abs. 1 Z 1 bis 3 und 5. Als belangte Behörde ist die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist."

Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 wurde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schriftlich am 12.11.2018 eingebracht. Damit war der Antrag beim zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig. Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 BVG war am 07.10.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht worden. Damit ist die sechsmonatige Frist zur Entscheidung abgelaufen.

Die Säumnisbeschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesamtes zurückzuführen ist.

Ein überwiegendes Verschulden des Bundesamtes ist dann anzunehmen, wenn die Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 2009, Rz 638).

Der Grundsatz der Amtswegigkeit allein vermag jedenfalls Verzögerungen des Ermittlungsverfahrens nicht zu rechtfertigen. Überflüssige Verfahrensschritte stellen bei klarer Sachlage daher ebenso eine schuldhafte Verzögerung dar wie zB unnötige Ausdehnungen des Ermittlungsverfahrens oder die entbehrliche Abhaltung mündlicher Verhandlungen. Unterlässt die Behörde die für eine zügige Verfahrensführung nötigen weiteren Verfahrensschritte, liegt ebenso ein überwiegendes Verschulden vor (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 129). Kommt es auf Grund eines langwierigen Ermittlungsverfahrens zu einer überlangen Verfahrensdauer, ist eine eingehende Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes in zeitlicher Abfolge und eine Begründung durch das Bundesamt erforderlich, in der nachvollziehbar, über allgemeine Behauptungen hinausgehend, dargelegt wird, welche Ursachen die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte sachlich rechtfertigen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 131).

Ein unüberwindbares, das Verschulden der Behörde ausschließendes Hindernis für die fristgerechte Erledigung der Sache liegt immer dann vor, wenn der Behörde trotz zweckentsprechender und zügiger Verfahrensführung eine Entscheidung vor dem Einlangen der Beschwerde unmöglich gewesen ist, etwa weil das Verfahren im Einzelfall äußerst komplex ist, Beweise nicht erhoben werden können oder außerhalb der Einflusssphäre der Behörde gelegene Ereignisse das Verfahren blockieren. Der Eintritt eines unüberwindlichen Hindernisses schließt das überwiegende Verschulden der Behörde nicht aus, wenn bereits zuvor schuldhaft Ermittlungen nicht rechtzeitig eingeleitet wurden, wenn also das unüberwindliche Hindernis unmittelbar vor Beschwerdeerhebung aufgetretenen ist, jedoch schon vorher eine auf einem überwiegenden behördlichen Verschulden beruhende Verfahrensverzögerung vorlag (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 137).

Zu § 73 Abs. 2 AVG wurde auch judiziert, dass das Verschulden der zur Entscheidung berufenen Behörde auch dadurch nicht ausgeschlossen wird, dass eine dazu berufene Behörde die erforderliche Zustimmung verweigert, weil die Behörde den Antrag in diesem Fall abzuweisen hat. Grundsätzlich sind Verzögerungen durch eine an der Entscheidung mitwirkungsbefugte Behörde bei der Beurteilung des Verschuldens der zur Entscheidung berufenen Behörde zu berücksichtigen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 133).

Das Bundesamt legte im Rahmen der Aktenübersendung keine Gründe für die Säumnis dar und es haben sich auch sonst aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkten dafür ergeben, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen wäre. In diesem Zusammenhang ist weiters anzumerken, dass sich aus dem Akteninhalt auch nicht ergibt, dass die Ermittlungsverzögerung durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war.

Daraus folgt, dass die Zuständigkeit hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen ist und es in der Folge über diesen Antrag selbst zu entscheiden hat.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 12.11.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 1 Asylgesetz.

3.2.2. § 56 AsylG 2005 (in der seit 1. Oktober 2017 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 68/2017) normiert unter der Überschrift "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" Folgendes:

"§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1.       zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2.       davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."

In diesem Zusammenhang bestimmt § 60 AsylG 2005 unter der Überschrift "Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen" Nachstehendes:

"§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1.       gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1.       der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2.       der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3.       der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1.       ...

2.       im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde."

Nach der mit VwGH 29.04.2010, 2009/21/0255 (ergangen zur Vorgängerregelung des § 44 Abs. 4 NAG idF BGBl. I Nr. 29/2009), begonnenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gesetzeszweck (nunmehr des § 56 AsylG 2005) die Bereinigung von besonders berücksichtigungswürdigen "Altfällen" unter isolierter Bewertung allein des faktischen - notwendigerweise in näher bestimmtem Umfang rechtmäßigen - Aufenthaltes sowie des Grades der in Österreich erlangten Integration. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt, können die (nunmehr) in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten, bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK zu beachtenden Gesichtspunkte einfließen, und zwar in dem Maße, als sie auf den Integrationsgrad des betreffenden Fremden Auswirkungen haben. Jedoch spielen - mangels Bedeutung für den Integrationsgrad - allfällig vorhandene, aber auch fehlende Bindungen zum Heimatstaat (iSd § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) oder die Unsicherheit des Aufenthaltsstatus (iSd § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG) keine Rolle (siehe VwGH 26.09.2019, Ra 2019/21/0032).

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG berechtigt die "Aufenthaltsberechtigung plus" zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975.

Gemäß § 17 Abs. 1 Z 3 AuslBG sind Ausländer, die über eine "Aufenthaltsberechtigung - plus" (§ 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) verfügen, zur Ausübung einer Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet berechtigt.

§ 58 AsylG, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln, lautet wie folgt:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2.       bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3.       gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1.       das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2.       der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1.       ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2.       die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."

§ 11 Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005 idgF lautet:

"Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage."

Gemäß § 293 Abs. 1 ASVG beträgt der aktuelle Richtsatz im Jahr 2021 für alleinstehende Personen EUR 1.000,48, jener im Jahr der Antragstellung EUR 909,42.

Der mit „Verlängerungsverfahren“ betitelte § 24 NAG lautet auszugsweise:

„(1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

[…]

(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.

[…]“

Gemäß § 9 Abs 4 IntG ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2.       einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3.       über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4.       einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs 1 oder 2 NAG besitzt oder

5.       als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

3.2.3. In den legislativen Materialien finden sich zu § 56 AsylG folgende Erläuterungen (vgl. 1803 der Beilagen XXIV. GP; ErläutRV zu BGBl I 2012/87):

"In § 56 soll aus systematischen Gründen die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen in einer Bestimmung zusammengefasst werden. Inhaltlich bildet dieser die Bestimmungen zu §§ 41a Abs. 10 und 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ab. Zielgruppe sind jene Personen, die jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit 5 Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig sind; mindestens die Hälfte davon, jedenfalls aber 3 Jahre des festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet muss der Betreffende rechtmäßig aufhältig gewesen sein.

Eine "Aufenthaltsberechtigung plus" ist zu erteilen, wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt über den Antrag eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (vgl. dazu § 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird. Mit Erteilung dieses Titels wird dem umfassten Personenkreis die Möglichkeit gegeben, einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang zu erhalten.

Soweit sie keine der Voraussetzungen erfüllen, erhalten sie einen Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung", der der bisherigen "Niederlassungsbewilligung" gemäß § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 entspricht.

Wie auch die Niederlassungsbehörden bisher zu prüfen hatten, hat nun das Bundesamt den Grad der Integration, die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache in seiner Prüfung zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sein wird dabei insbesondere, ob der Fremde Aus- und Weiterbildungen während seines Aufenthalts im Bundesgebiet in Anspruch genommen hat, etwaige Vereinstätigkeiten und Mitgliedschaften sowie vor allem seine Integration am Arbeitsmarkt. In einer Gesamtschau bedarf es für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles. Alle im Ermittlungsverfahren bekannten Tatsachen sind bei der inhaltlichen Bewertung mit zu berücksichtigen.

Im Gegensatz zu den Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 muss der Fremde den Nachweis erbringen, dass er die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt, das bedeutet jedenfalls über eine ortsübliche Unterkunft, über ausreichende Unterhaltsmittel und über eine Krankenversicherung, die in Österreich leistungspflichtig ist, verfügt. []"

Zu § 60:

„Der neue Abs. 1 normiert, unter welchen Voraussetzungen einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel jedenfalls nicht erteilt werden darf (absolute Versagungsgründe). Bei den Versagungsgründen handelt es sich im Wesentlichen um die bereits in § 11 Abs. 1 NAG in der FassungBGBl. I Nr. 38/2011 bekannten Gründe. Aufgrund der Neustrukturierung ist eine Änderung der Verweise erforderlich. Zudem wurde jedoch eine Harmonisierung zwischen den amtswegig zu erteilenden Aufenthaltstiteln und jenen, die auf Antrag zu erteilen sind, damit erreicht, dass nunmehr lediglich eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 und 3 FPG einen absoluten Versagungsgrund für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach diesem Hauptstück darstellt. Damit stellt eine aufrechte Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot von 18 Monaten gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 1a FPG nunmehr keinen absoluten Versagungsgrund mehr dar. Dies bedeutet für Asylwerber keine Änderung zur bisherigen Gesetzeslage, da Fremde bisher mit einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 antragsberechtigt waren. Lediglich Asylwerber, die straffällig geworden sind, sollen wie schon bisher (Vgl Rückkehrverbot) von der Antragstellung ausgeschlossen bleiben.

Gemäß Abs. 2 darf ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen nur erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige nachweist, dass er über eine ortsübliche Unterkunft verfügt, ausreichende Existenzmittel im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG vorhanden sind und eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung, die in Österreich leistungspflichtig ist, verfügt und durch die Erteilung des Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Diese Voraussetzungen entsprechen im Wesentlichen jene des § 11 Abs. 2 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011.

Mit Abs. 3 wird klargestellt, dass ein Aufenthaltstitel an einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden darf, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Die Bestimmung des Abs. 3 entspricht den § 11 Abs. 2 Z 1 iVm § 11 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011.“

3.2.4. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Der Beschwerdeführer hielt sich zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 56 AsylG am 12.11.2018 bereits vierzehn Jahre und etwa neun Monate im Bundesgebiet auf, wobei sein Aufenthalt aufgrund seines Verlängerungsantrages (vgl. §§ 24 Abs. 2 und 4 NAG) bis zum Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens am 22.05.2018 als rechtmäßig zu qualifizieren war. Der Beschwerdeführer war demnach mehr als die Hälfte seiner durchgehenden Aufenthaltsdauer (und jedenfalls mehr als drei Jahre) rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Der Vollständigkeit halber ist zum durchgängigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet insbesondere vor dem Hintergrund seiner wiederholten besuchsweisen Aufenthalte in Serbien auszuführen, dass der VwGH unter Hinweis auf die Bestimmung des § 2 Abs. 7 NAG ausgesprochen hat, dass kurzfristige Inlands- und Auslandsaufenthalte, insbesondere zu Besuchszwecken, nicht die anspruchsbegründende Dauer eines Aufenthaltes und einer Niederlassung beenden. In diesem Zusammenhang hat sich die Behörde damit auseinanderzusetzen, ob durch Auslandsaufenthalte der Mittelpunkt der Lebensinteressen verändert wurde. Obgleich das AsylG 2005 eine dem § 2 Abs. 7 NAG vergleichbare Bestimmung nicht enthält, ist nach dem zuvor Gesagten sowie vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der humanitären Aufenthaltstitel beibehalten wollte, davon auszugehen, dass die in § 56 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 enthaltene Wendung "durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet" insoweit nicht anders zu verstehen ist, als nach der bis 01.01.2014 geltenden Rechtslage nach dem NAG.

Da sich der Beschwerdeführer regelmäßig für lediglich einige Tage in Serbien aufgehalten hat, insbesondere um seine seit 2015 dort lebenden minderjährigen Kinder zu besuchen, war nicht davon auszugehen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers durch diese kurzfristigen Aufenthalte im Heimatland verändert hatte. Vor diesem Hintergrund war auch die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer seit dem 11.03.2004 durchgängig in Österreich aufhältig war bzw. ist und somit die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG im Antragszeitpunkt als erfüllt anzusehen waren.

Weiters ist auch das Erfordernis der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gegeben, zumal der Beschwerdeführer laut unstrittigem Akteninhalt zu einem Universitätsstudium im Bundesgebiet zugelassen wurde. Da der Beschwerdeführer damit nachgewiesener Weise über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, entspricht, ist die Ziffer 3 des § 9 Abs. 4 IntG ebenfalls erfüllt.

Unter Bedachtnahme auf § 60 Abs. 1 AsylG ist anzumerken, dass gegen den Beschwerdeführer keine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs 2 oder 3 PFG und auch keine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht. In Zusammenhang mit den in § 60 Abs. 2 AsylG angeführten Erfordernissen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG hat der Beschwerdeführer durch die vorliegenden Einstellungszusagen durch ein Seniorenzentrum sowie durch die XXXX in Zusammenschau mit seiner früheren selbständigen Erwerbstätigkeit für den gleichen Dienstgeber und den Umstand, dass er auch bisher während seines mehr als siebzehnjährigen Aufenthaltes selbsterhaltungsfähig gewesen ist bzw. nicht auf eine finanzielle Unterstützung durch österreichische Gebietskörperschaften angewiesen war, ausreichend belegt, dass auch sein künftiger Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung von Gebietskörperschaften führen wird. Der Beschwerdeführer ist Mieter eines Hauses mit einer Wohnfläche von 122m2, sohin einer ortsüblichen Unterkunft. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer seit 01.07.2018 bei der SVA krankenversichert, womit auch dem Erfordernis des § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG Genüge getan wurde. Der Vollständigkeit halber bleibt an dieser Stelle zu erwähnen, dass sich gegenständlich in keiner Weise Hinweise darauf ergeben haben, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt wesentlich beeinträchtigen würde (vgl. § 60 Abs. 2 Z 4 AsylG).

In der Folge ist noch der Grad der Integration des Beschwerdeführers entsprechend § 56 Abs. 3 AsylG zu überprüfen (vgl. VwGH 11.06.2014, 2013/22/0356).

Wie angesprochen, ist der Beschwerdeführer seit mehr als siebzehn Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhältig, wobei die überwiegende Dauer seines Aufenthaltes als rechtmäßig zu qualifizieren war.

In Zusammenhang mit der Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, nach der bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur dann, wenn d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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