TE Vwgh Beschluss 2021/12/6 Ra 2020/03/0067

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Veröffentlicht am 06.12.2021
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Index

L65003 Jagd Wild Niederösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
AVG §9
B-VG Art132 Abs1 Z1
JagdG NÖ 1974 §19
VwGG §34 Abs1
ZustG §5

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/03/0068
Ra 2020/03/0069
Ra 2020/03/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Dr. Lehofer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des 1. F G, 2. A P, 3. T E und 4. Mag. D B, alle vertreten durch die Dr. Karl Claus und Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 5. Mai 2020, Zl. LVwG-AV-125/001-2020, betreffend Anfechtung der Wahl des Jagdausschusses und Einspruch gegen die Jagdvergabe eines Genossenschaftsjagdgebietes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn), den Beschluss

Spruch

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Eingabe des Erst- und des Zweitrevisionswerbers vom 18. Juni 2019 wurde die Wahl des Jagdausschusses einer näher bezeichneten Jagdgenossenschaft angefochten. Mit Schriftsatz vom 25. September 2019, eingelangt am 30. September 2019, erhoben der Erst- und der Zweitrevisionswerber zudem Einspruch gegen die Verpachtung der Genossenschaftsjagd im Wege des freien Übereinkommens.

2        Die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn erließ am 19. Dezember 2019 einen Bescheid, der an die Rechtsvertreterin (die Dr. Karl Claus und Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG) des Erst- und des Zweitrevisionswerbers gerichtet war und dessen Spruch lautete:

„I. Die von Ihnen am 18. Juni 2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn eingebrachte Beschwerde gegen die Wahl des Jagdausschusses [...] wird als verspätet zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde vom 30. September 2019 gegen die Jagdvergabe des Genossenschaftsjagdgebietes [...] wird als unbegründet abgewiesen.“

3        Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Erst- und der Zweitrevisionswerber, als auch der Dritt- und der Viertrevisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht).

4        Das Verwaltungsgericht wies diese Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig zurück und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

5        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass Adressat des angefochtenen Bescheides die Rechtsvertreterin der Revisionswerber sei. Es sei aus dem Bescheid nicht ableitbar, dass dieser gegenüber den Revisionswerbern erlassen worden sei. Der Dritt- und der Viertrevisionswerber hätten zudem nicht einmal ein Anbringen bei der belangten Behörde eingebracht. Da gegenüber den Revisionswerbern der Bescheid nicht erlassen worden sei, könnten sie sich auch auf keine Rechtsverletzung stützen, weshalb sie über keine Beschwerdelegitimation verfügen würden.

6        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass den Revisionswerbern gemäß § 8 AVG Parteistellung zukomme.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Beschwerdelegitimation setzt unter anderem voraus, dass eine solche Rechtsverletzung möglich ist; ob dies der Fall ist, ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids zu bestimmen (vgl. VwGH 25.4.2017, Ro 2017/02/0016, mwN). Bereits aus dieser verfassungsgesetzlichen Regelung folgt, dass grundsätzlich nur der Bescheidadressat durch einen an ihn gerichteten Bescheid in seinen Rechten verletzt sein kann (vgl. VwGH 23.1.2014, Ro 2014/07/0001, mwN).

11       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die „Gültigkeit“ eines Bescheides erforderlich, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Dieses Erfordernis ist dann erfüllt, wenn bei schriftlichen Ausfertigungen aus Spruch, Begründung und Zustellverfügung im Zusammenhang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte. Entscheidend ist, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des Bescheides sowie für die Behörde und in weiterer Folge für den Verwaltungsgerichtshof die Identität des Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht (vgl. etwa VwGH 18.10.2012, 2010/06/0224, mwN).

12       Dem Spruch des verfahrensgegenständlichen Bescheides lässt sich kein bestimmter Adressat entnehmen. Im Adressfeld scheint jedoch die Rechtsvertreterin der Revisionswerber auf, nicht aber die Revisionswerber selbst, weshalb der Bescheid auch nur gegenüber der Rechtsvertreterin ergangen ist.

13       Laut der Zustellverfügung wurde der Bescheid zwar auch an den Jagdausschuss zugestellt, diesem kommt jedoch keine Rechtspersönlichkeit zu, weshalb eine derartige Zustellung auch keine rechtliche Wirkung entfalten kann (vgl. VwGH 6.9.2005, 2002/03/0193, 0194, mwN)

14       Zudem ergibt sich aus dem Inhalt des Bescheids für sich genommen nicht, dass damit über ein Anbringen des Erst- und des Zweitrevisionswerbers abgesprochen würde, zumal an keiner Stelle auf die Revisionswerber (als Antragsteller) Bezug genommen wird. Dritt- und Viertrevisionswerber haben selbst keinen Antrag an die belangte Behörde gestellt. Die Revisionswerber können daher durch den Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt sein. Auch daraus, dass der Erstrevisionswerber, wie von der Revision ins Treffen geführt, Mitglied des Jagdausschusses sei, lässt sich für diesen keine Parteistellung ableiten.

15       Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde der Revisionswerber daher im Ergebnis zu Recht als unzulässig zurückgewiesen (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt zudem VwGH 30.6.2020, Ra 2020/16/0042 bis 0046).

16       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Dezember 2021

Schlagworte

Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020030067.L00

Im RIS seit

30.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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