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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §12a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der O Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 2. August 1996, Zl. 10/13113/157 8067, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde und des von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten angefochtenen Bescheides von folgendem Sachverhalt aus:
Die beschwerdeführende Partei, die in W. ein Gasthaus betreibt, beantragte, ihr für die bulgarische Staatsangehörige M. für die Tätigkeit als Geschäftsführerin eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu erteilen. Mit Bescheid vom 1. Juli 1996 lehnte das Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste - Gastgewerbe Wien diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG ab.
In ihrer Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, daß die Gesellschafter bulgarischer Abstammung seien und zahlreiche aus Bulgarien stammende Gäste in ihrem Lokal verkehrten. Daher könne nur die beantragte Ausländerin die Voraussetzung für diese Tätigkeit erfüllen. Der Fortbestand des Gasthauses, der von der Beschäftigung von M. abhängig sei, liege im Hinblick auf Umsätze diverser Zulieferfirmen, auf ihr Steueraufkommen und auf die Speise- und Getränkeversorgung der Bevölkerung im öffentlichen Interesse.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. August 1996 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit "§ 4 Abs. 7 in Verbindung mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der zu § 12a AuslBG ergangenen Verordnungen" ab und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz. In ihrer Begründung führte sie - nach Wiedergabe der Rechtslage (insbesondere §§ 4 Abs. 7 und 12a Abs. 2 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 sowie der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV, BGBl. Nr. 278/1995) - aus, die Bundeshöchstzahl sei laut Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich seit Beginn des Kalenderjahres 1996 bei weitem überschritten, weshalb im Beschwerdefall § 4 Abs. 7 AuslBG anzuwenden sei. Derzeit seien auf die Bundeshöchstzahl 277.899 Ausländer (bereits abzüglich der Doppel- und Mehrfachbeschäftigungen und der nicht beanspruchten Bewilligungen) anzurechnen, was deren Überschreitung um 5,7 % bedeute. Es liege kein Tatbestand zur Anrechnung von M. auf die Bundeshöchstzahl vor. In Auseinandersetzung mit der Berufung führte die belangte Behörde weiters aus, auch wenn M. über die für die beschwerdeführende Partei maßgeblichen Qualifikationen verfüge, sei gemäß § 1 Abs. 3 lit. a BHZÜV die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zulässig, wenn gleichzeitig gesamtwirtschaftliche Interessen an der Beschäftigung der beantragten ausländischen Arbeitskraft bestünden. Ein gesamtwirtschaftliches Interesse im Sinne des § 1 Z. 3 BHZÜV liege aber nur vor, wenn an der Beschäftigung des Ausländers ein qualifiziertes Interesse, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Abdeckung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgehe, gegeben sei. Der beabsichtigten Beschäftigung von M. komme aber keinesfalls diese Bedeutung zu, sondern bestenfalls jene eines einzelbetrieblichen Interesses. Auch dem Fortbestand der beschwerdeführenden Partei, die nach ihrem Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für M. lediglich zwei Arbeitskräfte beschäftige, und deren Existenz bei Nichterteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung allfällig gefährdet sei, könne kein gesamtwirtschaftliches Interesse im Sinne des § 1 Z. 3 BHZÜV zugemessen werden. Im Ermittlungsverfahren sei somit keine Voraussetzung für eine Zuordnung von M. zum Personenkreis nach § 1 BHZÜV feststellbar gewesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 12a Abs. 1 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 501/1993 darf die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 8 v.H. am österreichischen Arbeitskräftepotential (Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Inländer und Ausländer) nicht übersteigen. Diese Gesamtzahl hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales jährlich kundzumachen.
Diese Gesamtzahl (Bundeshöchstzahl) beträgt für das Kalenderjahr 1996 gemäß Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 763/1995, 263.000.
Gemäß § 12a Abs. 2 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 257/1995, dürfen über die Gesamtzahl gemäß Abs. 1 hinaus Sicherungsbescheinigungen und Beschäftigungsbewilligungen bis zu einem Höchstmaß von 9 v.H. am österreichischen Arbeitskräftepotential erteilt werden, wenn dies der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung für einzelne Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, festlegt. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, ein Höchstausmaß für alle Überziehungsfälle zusammengerechnet oder bestimmte zahlenmäßige Höchstrahmen der einzelnen Gruppen vorsehen.
Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.
Gestützt auf § 12a Abs. 2 AuslBG in der obzitierten Fassung hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales in der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV, BGBl. Nr. 278/1995, unter anderem folgendes angeordnet:
"§ 1. Über die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für
1.
...
2.
...
3.
Ausländer an deren Beschäftigung
a)
im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder
b)
im Hinblick auf den mit der Beschäftigung verbundenen Transfer von Investitionskapital
gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen;
..."
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Versagung der für M. beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG in Verbindung mit der nach § 12a Abs. 2 AuslBG erlassenen BHZÜV gestützt.
Unbestritten ist, daß die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahrens und der BHZÜV gegeben sind.
Soweit die beschwerdeführende Partei die Nichteinhaltung des § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG (Befassung des Regionalbeirates im Kontingent- bzw. Landeshöchstzahl-Überschreitungsverfahren) rügt, geht ihr Vorbringen an dem von der belangten Behörde allein herangezogenen Versagungstatbestand des § 4 Abs. 7 AuslBG vorbei. Sind die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 7 leg. cit. für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht erfüllt, dann kann dahingestellt bleiben, ob allenfalls § 4 Abs. 6 AuslBG die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen würde. Die Folgen einer Überschreitung der Bundeshöchstzahl sind nämlich im Ausländerbeschäftigungsgesetz ohne jede Bezugnahme auf die festgesetzten Landeshöchstzahlen bzw. Kontingente nach § 12 AuslBG geregelt und nach dem Wortlaut des dem § 4 Abs. 6 AuslBG unmittelbar nachfolgenden Abs. 7 ausdrücklich als "zusätzliche Voraussetzung" für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu prüfen (vgl. dazu bereits die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1995, 95/09/0049, und 95/09/0092, sowie vom 26. September 1996, 96/09/0269).
Die beschwerdeführende Partei macht ferner geltend, die belangte Behörde habe ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und ohne nähere Begründung trotz entsprechenden Vorbringens das Vorliegen gesamtwirtschaftlicher Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 lit. a BHZÜV zu Unrecht verneint.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 1 Abs. 3 lit. a BHZÜV müssen zwei Voraussetzungen
kumulativ erfüllt sein:
1. Eine besondere Qualifikation des Ausländers in bezug auf die beantragte Beschäftigung (besondere Ausbildung, spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung) (subjektive, weil in der Person des beantragten Ausländers gelegene Komponente) UND
2. ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des solcherart qualifizierten Ausländers (objektive Komponente).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend zur objektiven Komponente ausgeführt, daß ein gesamtwirtschaftliches Interesse (im Sinne des § 1 Z. 3 lit. a BHZÜV) ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraussetzt (vgl. dazu die zum selben Begriff in § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG ergangene Rechtsprechung beginnend mit dem hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Slg. N.F. Nr. 12.798/A, sowie z.B. die Erkenntnisse vom 15. September 1994, 93/09/0330, und vom 7. September 1995, 94/09/0355, und die dort zitierte Vorjudikatur, vgl. auch die Feststellung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu § 12a Abs. 2 in der Novelle, BGBl. Nr. 257/1995, 127 Blg. Sten. Prot. NR 19. GP). In diesem Sinne wurde auch § 1 Z. 3 BHZÜV im hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1996, 95/09/0295, ausgelegt.
Die belangte Behörde ist von den Behauptungen der Beschwerdeführerin ausgegangen und hat ihnen - vor dem Hintergrund dieser Rechtslage - keine über das einzelbetriebliche Interesse hinausgehende Bedeutung beigemessen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann diese rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Größe des von der beschwerdeführenden Partei geführten Betriebes (sie ist in ihrer Beschwerde nicht den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zur Anzahl der beschäftigten Arbeitskräfte entgegengetreten) nicht als unzutreffend erkannt werden, und zwar auch nicht (unter zusätzlicher Berücksichtigung des Standortes) in bezug auf die Versorgung der Bevölkerung.
Da bereits die Beschwerde nach ihrem Inhalt erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §§ 35 Abs. 1 in Verbindung mit 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996090293.X00Im RIS seit
20.11.2000