TE Vwgh Beschluss 2021/11/25 Ro 2021/12/0009

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Veröffentlicht am 25.11.2021
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Index

E1P
E3L E05200510
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
43 Wehrrecht
63 Allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz
91/02 Post

Norm

AVG §38
DienstrechtsNov 02te 2019
GehG 1956 §169f
GehG 1956 §169g
VwGG §62 Abs1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art21
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art1
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art2
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art6

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, Hofrat Mag. Feiel und Hofrätin MMag. Ginthör als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, in der Revisionssache des A B in S, vertreten durch Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener, Mag. Wilfried Opetnik, Mag. Petra Rindler und Mag. Christoph Henseler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Nibelungengasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2021, W259 2233277-1/6E, betreffend Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union über die mit Vorlageentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2021, EU 2021/0005, 0006 (Ra 2020/12/0068, 0077) vorgelegten Fragen ausgesetzt.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2        Mit Bescheid der Dienstbehörde vom 26. Juni 2012 wurde der Vorrückungsstichtag des Revisionswerbers über dessen Antrag unter Berücksichtigung der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs gelegenen Zeiten neu festgesetzt. Über seinen weiteren Antrag vom 21. August 2013 auf Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung unter Berücksichtigung des neu ermittelten Vorrückungsstichtags entschied die Behörde nicht.

3        Das mittels Säumnisbeschwerde angerufene Bundesverwaltungsgericht trug der belangten Behörde mit dem angefochtenen Erkenntnis auf, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen nachzuholen. Dabei ging es davon aus, dass nach den §§ 169f ff Gehaltsgesetz 1956 ein Vergleichsstichtag zu ermitteln und dieser dem unter Ausschluss der vor dem 18. Geburtstag gelegenen Zeiten festgesetzten Vorrückungsstichtag gegenüberzustellen sei. Eine Berücksichtigung des Bescheids vom 26. Juni 2012 finde in der aktuellen Rechtslage keine Deckung. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG erfolgten gesetzlichen Neugestaltung fehle.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision; die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung

5        Mit Beschluss vom 18. Oktober 2021, EU 2021/0005, 0006 (Ra 2020/12/0068, 0077), legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1) Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 21 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, mit der ein altersdiskriminierendes Besoldungssystem durch ein Besoldungssystem ersetzt wird, bei dem sich die Einstufung eines Beamten weiterhin nach dem gemäß dem alten Besoldungssystem zu einem bestimmten Überleitungsmonat (Februar 2015) nicht diskriminierungsfrei ermittelten Besoldungsdienstalter bestimmt und dabei zwar einer Korrektur hinsichtlich der ursprünglich ermittelten Vordienstzeiten durch Ermittlung eines Vergleichsstichtags unterzogen wird, bei dem aber hinsichtlich der nach dem 18. Geburtstag gelegenen Zeiten nur die sonstigen zur Hälfte zu berücksichtigenden Zeiten einer Überprüfung unterliegen und bei dem der Ausweitung des Zeitraums, in dem Vordienstzeiten zu berücksichtigen sind, um vier Jahre damit begegnet wird, dass die sonstigen, zur Hälfte zu berücksichtigenden Zeiten bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzusetzen sind, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen (Pauschalabzug von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren)?

2) Ist die Frage zu 1) für jene Verfahren anders zu beantworten, in welchen vor dem Inkrafttreten der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 rechtskräftig zwar bereits ein neuer Vorrückungsstichtag festgesetzt wurde, dieser aber noch keine Auswirkung auf die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten hatte, weil eine Entscheidung der Behörde unter unmittelbarer Anwendung des Unionsrechts noch nicht erfolgt war, und in denen nunmehr neuerlich ohne Berücksichtigung des inzwischen festgesetzten Vorrückungsstichtags der Vergleichsstichtag abermals in Bezug auf den altersdiskriminierend festgesetzten Vorrückungsstichtag zu ermitteln ist und die sonstigen zur Hälfte zu berücksichtigende Zeiten dem Pauschalabzug unterliegen?

3) Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 21 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, mit der trotz Neuermittlung des Besoldungsdienstalters und der besoldungsrechtlichen Stellung Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft bei Ermittlung des Vergleichsstichtags nur dann voranzusetzen sind, wenn der Beamte nach dem 31. März 2000 in das Dienstverhältnis eingetreten ist, und andernfalls diese Zeiten nur als sonstige zur Hälfte zu berücksichtigende Zeiten vorangestellt werden und damit dem Pauschalabzug unterliegen, wobei diese Regelung tendenziell dienstältere Beamte benachteiligt?“

6        Der Beantwortung dieser Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union kommt für die Behandlung der vorliegenden Revision Bedeutung zu. Es liegen daher die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, weshalb das Revisionsverfahren auszusetzen war.

Wien, am 25. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021120009.J00

Im RIS seit

27.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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