TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/28 LVwG-AV-958/001-2021

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Veröffentlicht am 28.09.2021
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Entscheidungsdatum

28.09.2021

Norm

WRG 1959 §12 Abs2
WRG 1959 §102 Abs1 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 22.04.2021,
***, betreffend Erteilung einer Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Die Bauvollendungsfrist wird gemäß § 112 Absatz 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) iVm § 17 VwGVG neu festgelegt bis 30.06.2022.

3.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Zwettl erteilte C mit Bescheid vom 22.04.2021, ***, gemäß § 9 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Speicherteiches auf Grundstück Nr. ***, KG ***, samt Wasserentnahme aus dem *** zur Bewässerung diverserer Grundstücke in der KG ***. Als Bauvollendungsfrist wurde der 31.12.2021 bestimmt. Weiters wies die belangte Behörde unter Spruchpunkt II. die Einwendungen von A (nunmehriger Beschwerdeführer) „mangels Zuständigkeit“ nach dem Wasserrechtsgesetz ab. Begründend führte die Behörde im Bescheid aus, dass die Einwendungen des nunmehrigen Beschwerdeführers hinsichtlich einer befürchteten Lärmbelästigung durch den Betrieb der Pumpe während der Beregnungsphasen mangels Zuständigkeit im Wasserrechtsverfahren abzuweisen wären. Es wäre nur das Grundeigentum geschützt, und dieses auch nur hinsichtlich substanzieller Eingriffe. Als solche würden nur projektsgemäß vorgesehene Eingriffe in die Substanz gelten, jedoch nicht Aspekte wie Aussicht, gute Luft und ähnliches. Bei Lärm- und Geruchsbelästigungen durch eine wasserrechtlich bewilligte Anlage würde es sich nicht um die Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte handeln.

Dagegen erhob der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.05.2021 fristgerecht Beschwerde und brachte vor, es wären in einer Gesamtschau der Rechtsordnung Aspekte aus dem Kern des Eigentumsrechtes unter Verletzung dieses Rechtes des Beschwerdeführers sehr wohl zu berücksichtigen gewesen. Ein Interessenausgleich hätte einfach durch die Vorschreibung von Auflagen erreicht werden können. Es wäre die Rechtsansicht verfehlt, dass nur substanzielle Eingriffe geschützt wären, da der Eingriff durch eine Lärmemission substanziell auch als Eingriff in das Grundeigentum zu werten wäre. Dies, da Lärm letztlich ein Erreger für Krankheiten und somit gesundheitsschädlich wäre und dies auch Konsequenzen für die Nutzbarkeit der Grundstücksflächen hätte. Gegenständlich wäre in unmittelbarer Nähe ein Campingplatz des Beschwerdeführers, weswegen es durch gegenständliche Genehmigung auch zu einer Beeinträchtigung in der Erwerbsfreiheit kommen würde, da durch den Lärm der Betrieb des Campingplatzes verunmöglicht werden würde. Es hätte eine lärmarme Pumpe vorgeschrieben werden können und hätten die Bewässerungszeiten beschränkt werden können. Eine Abwägung zwischen einer allfälligen Wasserverdunstung bei der Bewässerung tagsüber mit den Anrainerinteressen hinsichtlich Vermeidung von Lärm hätte zu Gunsten der Anrainer ausgehen müssen. Es läge aber auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, da der Teich im Natura 2000 Vogelschutzgebiet und Natura 2000-FFH-Gebiet liege. Der Mangel liege darin, dass ohne Stellungnahme der Naturschutzbehörde bzw. eines entsprechenden naturschutzfachlichen Gutachtens die gegenständliche Wasserentnahme genehmigt worden wäre. Dauerhafte Lärmerregung wäre aus naturschutzrechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit den genannten Gebieten schädlich.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugweise:

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.
§ 12.

(1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Parteien und Beteiligte.
§ 102.

(1) Parteien sind:

a)

b)

diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner

c)

…“

Der Beschwerdeführer hat im Behördenverfahren folgende Einwendungen erhoben:

„Die Entnahmestelle des Wassers befindet sich lediglich 180 m vom Ortskern *** entfernt und die Entnahme erfolgt mit einer Pumpe und einem handelsüblichen Traktor. Die Lärmentwicklung eines Traktors mit rund 70-80 dB ist in einem bäuerlich geprägten Ort wie *** nichts Ungewöhnliches. Da allerdings die Entnahme nur zwischen 19 Uhr Abends und 10 Uhr morgens erfolgen darf, ist von einer nächtlichen Ruhestörung auszugehen, da im Ortskern immer noch mit einer Lautstärke von mehr als 50dB gerechnet werden muss. (Reduktion der Lärmbelastung bei Verdoppelung der Entfernung beträgt ca. 3 dB). Als ortsübliche mögliche Belastung gelten jedoch 30dB.

Die ortsüblichen Ruhezeiten zwischen 22 und 6 Uhr können daher nicht eingehalten werden. Weiters ist durch diese überdurchschnittliche nächtliche Lärmbelastung der Campingplatz am angrenzenden Grundstück *** nicht mehr nutzbar.

Für den Fall der Genehmigung des Vorhabens ist aus meiner Sicht jedenfalls eine sehr lärmarme Wasserentnahme vorzusehen (ELEKTROPUMPE).“

Subjektiv öffentliche Rechte und damit im Wasserrechtsverfahren zu schützende Rechte sind nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 rechtmäßig geübte Wassernutzungen, Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 (Benutzung von Privatgewässern) und das Grundeigentum. Der Beschwerdeführer versuchte im Behördenverfahren eine Verletzung des Grundeigentums dadurch geltend zu machen, dass er eine Lärmbelastung des von ihm betriebenen Campingplatzes auf Grundstück Nr. *** vorbringt.

Dem ist entgegenzustellen, dass das Vorbringen von Lärmbelästigungen keinen Eingriff in die Substanz des Grundeigentums, welcher für eine Rechtsverletzung vorausgesetzt wird, bedeutet.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei Lärmbelästigungen durch eine bewilligte Anlage nicht um die Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. VwGH vom 02.12.1996, 96/07/0226 und sinngemäß VwGH vom 18.11.2010, 2010/07/0098 u.a.).

Mit dem Vorbringen von Beeinträchtigungen durch Lärm können keine wasserrechtlich geschützten Rechte geltend gemacht werden (vgl. VwGH vom 02.12.1996, 96/07/0226).

Eine wasserrechtlich relevante Benützung des Grundeigentums im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 setzt nämlich einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in dessen Substanz voraus, der durch bloße Lärmemissionen nicht bewirkt werden kann (vgl. VwGH vom 21.09.1995, 95/07/0115, 0116 und vom 28.02.1996, 95/07/0138).

Auch in der Beschwerde werden keine entsprechenden Ausführungen hinsichtlich einer Beeinträchtigung eines wasserrechtlich geschützten Rechtes im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 gemacht.

Die im Behördenverfahren erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers wären richtigerweise zurückzuweisen gewesen.

Die in der Beschwerde geführte Argumentation im Hinblick auf eine Beeinträchtigung in der Erwerbsfreiheit aufgrund Lärmemissionen zum Nachteil des durch den Beschwerdeführer betriebenen Campingplatzes können nicht helfen, mit diesem Vorbringen wird kein wasserrechtlich geschütztes Recht im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG geltend gemacht.

Das Vorbringen im Hinblick auf die Lage des Teiches im Natura 2000 Vogelschutzgebiet und Natura 2000-FFH-Gebiet ist ebenfalls nicht geeignet, ein derartiges vom Wasserrechtsgesetz geschütztes subjektives Recht des Beschwerdeführers zu begründen. Naturschutzrechtliche Erwägungen können im Wasserrechtsverfahren nicht erfolgreich geltend gemacht werden.

Das naturschutzrechtliche Vorbringen ist außerdem auf die Geltendmachung eines öffentlichen Interesses gerichtet. Die Geltendmachung derartiger Interessen ist den Parteien eines Verfahrens jedoch rechtlich nicht möglich.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.

Die Bauvollendungsfrist war aufgrund der Dauer des Beschwerdeverfahrens neu festzulegen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und daher eine Verhandlung nicht erforderlich ist sowie eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Einem Entfall der Verhandlung steht weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Grundrechtecharta entgegen. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die inhaltlich mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.04.2021 zurückgewiesenen Einwendungen zu Recht zurückgewiesen wurden und weiters um die Rechtsfrage, ob naturschutzrechtliche Belange im Wasserrechtsverfahren erfolgreich vorgebracht werden können.

Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; wasserrechtliche Bewilligung; Parteistellung; fremde Rechte;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.958.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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