TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/9 W257 2238617-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §23a
GehG §23b

Spruch


W257 2238617-1/10E

Schriftliche Ausfertigung des am 11. August 2021 mündlich verkündeten Erkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von RevInspin. XXXX gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz (BMJ) vom 18.11.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird abgelehnt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Justizwachebeamtin, teilte der Behörde am XXXX .2018 mit, dass sie am gleichen Tag auf ihrer Dienststelle von einem Häftling in unmittelbarer Ausübung Ihrer exekutivdienstlichen Pflichten verletzt worden sei. Mit Schreiben vom XXXX .2018 wurde der gemeldete Unfall von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als Dienstunfall gewertet.

Mit Urteil des LG Steyr vom 05.08.2019 zu XXXX wurde der Verursacher/Angeklagte schuldig gesprochen, der Beschwerdeführerin – als Privatbeteiligten - den Betrag in der Höhe von 100,00 EUR zu bezahlen. Mit bedingtem Zahlungsbefehl des BG Steyr vom 05.08.2019 wurde der beklagten Partei aufgetragen, der Beschwerdeführerin die Forderung von EUR 2.900,00 samt 4,000 % Zinsen (jährlich) aus 2.900,00 EUR und die mit 558,19 EUR bestimmten zu zahlen. Der bedingte Zahlungsbefehl ist vollstreckbar.

Am 22.01.2020 beantragte die Beschwerdeführerin einen Vorschuss in der Höhe von EUR 3.202,12 gem § 23a GehG.

Mit Schreiben vom 15.09.2020 wurde eine Säumnisbeschwerde eingebracht.

Mit dem Bescheid vom 18.11.2020 wurde Folgendes verfügt:

„Ihr Antrag vom XXXX 2020, eingelangt beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz am XXXX 2020, auf Bevorschussung eines Betrages in der Höhe von nunmehr EUR 3.000,- gemäß § 23a Gehaltsgesetz wird abgewiesen.“
Die Behörde führt in dem Bescheid aus:
„Ihnen wurde mit Schreiben vom 11. November 2020, GZ XXXX , die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme sowie allenfalls zur Vorlage konkreter Belege (Heilungskosten) binnen zwei Wochen gegeben. Ferner wurde um Übermittlung eines Schreibens der BVAEB bezüglich der Anerkennung bzw. Wertung des gegenständlichen Vorfalls als Dienstunfall ersucht. Außerdem wurde um Übermittlung eines entsprechenden Bescheides des Sozialministeriumservice ersucht, sollten Sie bereits Leistungen nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen erhalten haben. Um Vorlage der rechtskräftigen Entscheidungen aus dem Straf- und Zivilverfahren wurde außerdem gebeten.


Folgende Unterlagen wurden von Ihnen vorgelegt:

- Bestätigung der BVA über Dienstunfall
- rechtskräftiger Privatbeteiligtenzuspruch über EUR 100,00 des LG Steyr zu XXXX
- rechtskräftiger Zahlungsbefehl über EUR 2.900,00 des BG Steyr zu XXXX .
[...]


Es wurde von Ihnen festgehalten, dass es sich bei den Beträgen von EUR 100,00 und EUR 2.900,00, welche mit rechtskräftigen Urteilen zugesprochen wurden, ausschließlich um Schmerzengeldansprüche aus dem gegenständlichen Dienstunfall handelt. Es wird auch nur der Vorschuss dieser Schmerzengeldzusprüche begehrt. Belege über das Schmerzengeld existieren demnach nicht.“


Die Behörde begründete die Abweisung folgendermaßen:

§ 23a GehG enthält die allgemeinen Voraussetzungen, die für die Erbringung der besonderen Hilfeleistungen vorliegen müssen (vgl dazu die Materialien zur Dienstrechts-Novelle 2018, RV 196 BlgNR 26.GP 9). Da Ihre Erwerbsfähigkeit insgesamt nur zwei Kalendertage gemindert war, mangelt es gegenständlich an der in § 23a Z 3 GehG geforderten Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens zehn Kalendertage. Da Sie auch nicht vorgebracht haben, dass Ihnen Heilungskosten iSd § 23a Z 3 GehG erwachsen sind, war spruchgemäß zu entscheiden.“

Gegen den Bescheid wurde rechtzeitig und vollinhaltlich wegen Verletzung ihrer subjektiven Rechte Beschwerde erhoben. Ihr seien – entgegen der Ansicht der Behörde - aufgrund des Vorfalls Heilungskosten erwachsen, weshalb die Voraussetzungen gemäß § 23a Gehaltsgesetz gegeben wären. In konkreten hätte sie Dr. med. XXXX nach dem Unfall untersucht und hätte dieser Prellungen und Hautabschürfungen festgestellt. Sie wäre von ihm am XXXX .2018 und am XXXX 20218 untersucht worden. Sie hätte durch ihren Krankenversicherungsvertrages für die Begutachtung und Behandlung einen Selbstbehalt bzw einen Behandlungsbeitrag zu leisten gehabt und hätte dieser EUR 2,34 betragen. Diese Kosten wären ihr durch den Unfall entstanden uns bestehe somit ein Zusammenhang.
Im Bescheidbeschwerdeverfahren bestehe kein Neuerungsverbot und deswegen wäre der Bescheid rechtswidrig. § 23a Z 3 GehG treffe zudem eine nicht sachgerechte und gleichheitswidrige Differenzierung. § 23a Z 3 GehG verlange als Voraussetzung für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen, dass der Beamtin oder dem Beamten durch einen Dienstunfall gem Z 1, der eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung zur Folge hatte (Z 2), Heilungskosten erwachsen oder ihr oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert sei. Zudem besteht bei den Heilungskosten keine betragsmäßige Schwelle, allerdings bei der Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Diese Regelung hätte zur Folge, dass im Falle einer schwerwiegenden Verletzung, jedoch, wenn dadurch keine Minderung der Erwerbstätigkeit durch mind 10 Kalendertage enstehe, keinen Vorschuss bekomme, im Gegensatz dazu jedoch ein Beamter bzw eine Beamtin, die möglicherweise nicht so sehr verletzt wurde, jedoch eine über 10 Tage andauernde Minderung der Erwerbstätigkeit, einen solchen Zuspruch bekäme. Zudem wäre es unsachlich differenzierend, wenn eine Beamtin einen Anspruch bekommt, nur alleine weil ihr geringe Heilungskosten entstanden wären. Diese „Schwelle“ differenziere unsachlich und werde daher die Anregung gestellt, dass das BvWG an den VfGH herantreten möge, dass dieser die Prüfung dieser Bestimmung auf den Gleichheitsgrundsatz prüfen möge.

Es wurden folgende Anträge gestellt:

- den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag vom 22.01.2020 auf Bevorschussung eines Betrages in der Höhe von EUR 3.000.- gem § 23a GehG stattgegeben werde,

- in eventu möge der Bescheid aufgehoben werden und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuweisen,

- jedenfalls möge eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden.

Am 11.08.2021 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgenommen. Dabei wurden die bisherigen Verhandlungsstandpunkte wiederholt. Hinsichtlich der entstandenen Heilungskosten (Behandlungsbeiträge) in der Höhe von EUR 2,34, brachte die belangte Behörde vor, dass diese – bei einem entsprechenden Antrag - seitens des Krankenversicherungsträgers ersetzt werden würden. Die Beschwerdeführerin brachte dagegen vor, dass sie einen diesbezüglichen Antrag noch nicht gestellt habe. Aus dem Verwaltungsakt ist ein Schreiben der BVA an die Beschwerdeführerin vom 05.10.2018 zu entnehmen, worin die BVA der Beschwerdeführerin mitteilt, dass die geleisteten Beiträge und auch die Rezeptgebühren ersetzt werden würden und etwaige bereits vorgenommene Vorschreibungen mögen der BVA zur Prüfung retourniert werden. Die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin brachte dagegen vor, dass aus diesem Schreiben kein Rechtsanspruch entstehen würde und beharrte weiterhin darauf, dass ihr Kosten in der Höhe von EUR 2,34 entstanden seien.

Das Erkenntnis wurde mündlich verkündet. Am 23.08.2021 wurde seitens der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin ein Antrag auf schriftliche Ausfertigung gestellt, dies hiermit vorgenommen wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin steht in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie wurde im Rahmen ihrer Dienstverrichtung in einer Justizanstalt am XXXX .2018 durch eine untergebrachte Person am verletzt. Sie erlitt zwei Kratzspuren an der rechten Hand und eine Verletzung am rechten Unterarm. Sie befand sich am XXXX . und am XXXX .2018 in Krankenstand.

Der Vorfall wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter mit Schreiben vom 05.10.2018 als Dienstunfall gewertet.

Mit Urteil des LG Steyr vom 05.08.2019 zu XXXX , wurde der Verursacher/Angeklagte schuldig gesprochen, der Beschwerdeführerin – als Privatbeteiligten - den Betrag in der Höhe von 100,00 EUR zu bezahlen. Mit bedingtem Zahlungsbefehl des BG Steyr vom 08.2019 wurde der beklagten Partei aufgetragen, der Beschwerdeführerin die Forderung von EUR 2.900,00 samt 4,000 % Zinsen (jährlich) aus 2.900,00 EUR und die mit 558,19 EUR bestimmten zu zahlen. Der bedingte Zahlungsbefehl ist vollstreckbar.

Der Beschwerdeführerin erwuchsen keine Heilungskosten und sie war nicht mehr als 10 Kalendertage erwerbsgemindert.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die mit der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I 60/2018, neu ins GehG 1956 eingeführten §§ 23a und 23b GehG 1956 lauten in der anzuwendenden Fassung BGBl. I 153/2020 wie folgt:

„Besondere Hilfeleistungen

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn

1. eine Beamtin oder ein Beamter

a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder

b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,

in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und

2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und

3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn

1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.“

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erklärt sich der unauflösbare systematische Zusammenhang zwischen § 23a und § 23b GehG daraus, dass der Gesetzgeber (RV 196 BlgNR 26. GP, 9 f.) eine „Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes – WHG 1992“ in das GehG vorgenommen hat und dabei der Aufbau der Bestimmungen der §§ 23a und 23b GehG offensichtlich in Anlehnung an die Regelungsabfolge der §§ 4 und 9 WHG gewählt wurde. So entspricht die Normierung „allgemeiner“ Voraussetzungen in § 23a GehG den vormals in § 4 WHG getroffenen „Einstiegsvoraussetzungen“ (für eine einmalige Geldleistung sowie für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen) und folgt die Regelungstechnik des § 23b leg.cit. der Festlegung der in § 9 WHG (dort ebenfalls für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund/Vorschuss) vorgesehenen „näheren“ Anspruchsvoraussetzungen (rechtskräftige Entscheidung über Ersatzansprüche gegen den Täter im Strafverfahren, rechtskräftiger Zuspruch solcher Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg) (s. VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).

Weiters hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung fest, aus dem Wortlaut der §§ 23a und 23b GehG folge, dass der in § 23b leg.cit. genannte „Vorschuss“ der in § 23a leg.cit. (ohne jegliche betragsmäßige Determinierung) als besondere Hilfeleistung angeführten „vorläufigen Übernahme von Ansprüchen“ entspricht (vgl. dazu die Wortfolge „als besondere Hilfeleistung“ sowie den Klammerausdruck im Einleitungssatz des § 23b Abs. 1 leg.cit.). Demnach werden die näheren Voraussetzungen für die Gewährung einer besonderen Hilfeleistung iSd § 23a leg.cit. (d.h., für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen bzw. für die Gewährung eines Vorschusses) in § 23b leg.cit. geregelt. Schon daraus ergibt sich, dass die in § 23a leg.cit. angesprochene vorläufige Übernahme von Ansprüchen nur bei Vorliegen der weiteren in § 23b leg.cit. normierten Voraussetzungen (vgl. insbesondere § 23b Abs. 1 Z 1 und Z 2 sowie Abs. 4 leg.cit.) zu erbringen ist (VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).

Vor diesem Hintergrund ist für den vorliegenden Fall Folgendes auszuführen:

Die Beschwerdeführerin erlitt einen Dienstunfall iSd § 90 Abs. 1 B-KUVG in unmittelbarer Ausübung seiner dienstlichen Pflichten (§ 23a Z 1 GehG 1956), welcher beim Beschwerdeführer eine Körperverletzung zur Folge hatte (§ 23a Z 2 GehG 1956). Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war der Beschwerdeführer jedoch nur vom XXXX .2018 bis am XXXX 2018 im Krankenstand, weshalb seine Erwerbsfähigkeit nicht gemäß § 23a Z 3 GehG 1956 durch mindestens zehn Kalendertage gemindert war.

Es liegt ein Gutachten eines Arztes vor, dass die Beschwerdeführerin im Sept 2018 sich zwei Tage in Krankenstand befand. Danach trat wieder die volle Exekutivdiensttauglichkeit ein, indem sie den Dienst antrat. Bei der mündlichen Verhandlung stellte die Rechtsvertretung den Antrag, dass ein medizinisches Gutachten feststellen möge, ob nicht doch eine über 10-Tage dauernde Erwerbsunfähigkeit vorlag. Dem wurde seitens des Gerichts nicht zugestimmt, denn es ist für den Richter nicht nachvollziehbar, wie Hautabschürfungen und eine Prellung bei Vorliegen einer Verletzungsanzeige (Dr. XXXX ) vom 28.09.2018, dass die Dauer der Arbeitsunfähigkeit 2 Tage andauern würde, nach drei Jahren zu einem für die Beschwerdeführerin gewünschten Ergebnis kommen könne, dies vor allem vor dem Hintergrund dass die Beschwerdeführerin selbst nach den zwei Tagen Krankenstand den Dienst wieder antrat.

Ebenso entstanden der Beschwerdeführerin keine Behandlungskosten. Sie wurde bei der mündlichen Verhandlung diesbezüglich befragt, dies sie verneinte. Sie führte aus, dass ihr außer dem Behandlungsbeitrag in der Höhe von EUR 2,34 keine Kosten entstanden sind (Seite 7 der gerichtlichen Niederschrift). Die von ihr vorgebrachten EUR 2,34 Behandlungskostenbeitrag kann sie von der Krankenkasse zurückverlangen. Dass sie dies bis dato noch nicht vorgenommen hat, ändert nichts an der grundsätzlichen Möglichkeit der Zurückerstattung. Die BVA schrieb ihr am 05.10.2018, dass sie diese Kosten ersetzt bekommt, falls sie dies beantragt. Die Krankenkasse bezieht sich dabei ausdrücklich auf den erlittenen Dienstunfall. Der Beschwerdeführerin ist daher nicht zu folgen, dass ihr daraus kein Rechtsanspruch auf Rückerstattung zusteht, denn dieser Anspruch ergibt sich aus § 96 Abs. 3 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz.

Da es im vorliegenden Fall bereits am Vorliegen der „allgemeinen“ Anspruchsvoraussetzung des § 23a Z 3 scheitert, erübrigt sich eine Prüfung der besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 23b leg.cit.

Insofern die Beschwerdeführerin anregt, die Bestimmung des §23a Z 3 Gehaltsgesetz beim Verfassungsgerichtshof wegen Verfassungswidrigkeit prüfen zu lassen, wird festgehalten, dass nach Ansicht des Richters eine unsachliche Differenzierung nicht gesehenen kann. Nach meiner Ansicht hat der Gesetzgeber durch diese Schranke eine objektiv nachvollziehbare Unterscheidung getroffen, nämlich insofern das jeder Beamtinnen / jeden Beamten bei denen die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich nicht länger als zehn Tage dauert eines solchen Anspruch zustehen soll, während hingegen Beamte:Innen bei denen die Erwerbsfähigkeit über zehn Tage andauert einen solchen Anspruch geltend machen können. Eine unsachliche Differenzierung kann darin nicht gesehen werden. Genau das Gegenteil ist der Fall, denn der Gesetzgeber führt diese Differenzierung eine objektive Unterscheidung ein. Das eine Schranke bei den Heilungskosten nicht eingeführt wurde und gleichsam auch bei kleineren Beträgen ein Anspruch zusteht ist für sich genommen auch keine unsachliche Ungleichbehandlung, den vor dem Hintergrund, dass bei Dienstunfällen auch die Rezeptgebühren und die Behandlungsbeiträge ersetzt werden, lässt der Gesetzgeber klar erkennen, dass in solchen Fällen die öffentliche Hand sämtliche Kosten zu tragen hat. Eine Vorlage an den Verfassungsgerichtshof wird daher nicht vorgenommen.

Der Behörde ist daher im Ergebnis nicht entgegenzutreten, wenn sie aufgrund der nur zwei Kalendertage dauernden Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers bzw dem Fehlen von Behandlungsbeiträgen vom Nicht-Vorliegen der allgemeinen Voraussetzung des § 23a Z 3 GehG ausgeht.

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer besonderen Hilfeleistung nach den §§ 23a und 23b GehG 1956 nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

besondere Hilfeleistung Dienstunfall Heilungskosten Justizwachebeamter Körperverletzung Krankenstand öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Voraussetzungen Vorschuss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W257.2238617.1.00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten