TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/23 I403 2246431-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2021
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Entscheidungsdatum

23.09.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §129
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I403 2246431-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2021, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.02.2015, Zl. XXXX wegen §§ 127, 129 Z 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt, nachdem er in ein Einfamilienhaus eingebrochen war. Gegen ihn wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der belangten Behörde, vom 01.06.2015 ein für die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt.

Am 24.01.2021 wurde über den Beschwerdeführer Untersuchungshaft verhängt. Mit Schriftsatz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2021 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde dem Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Untersuchungshaft zur Kenntnis gebracht, dass gegen ihn ein Verfahren hinsichtlich der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei und ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von vierzehn Tagen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse bei der belangten Behörde einzubringen. In einer Stellungnahme vom 09.02.2021 verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er mit seiner Ehefrau, einer rumänischen Staatsbürgerin, und den drei gemeinsamen Kindern (geboren 2009, 2010 und im Jänner 2021) zusammenlebe. Er sei 2018 nach Österreich eingereist und zuletzt im Unternehmen seiner Schwägerin als Lagerarbeiter beschäftigt gewesen. Nach seiner Haft könne er diese Tätigkeit wieder aufnehmen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 28.05.2021, Zl. XXXX , unter anderem wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.07.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Überdies wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 30.07.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; in eventu das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot zur Gänze beheben oder dessen Dauer des reduzieren; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen; eine mündliche Verhandlung anberaumen. Inhaltlich wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen am XXXX 2021 geborenen Tochter zusammenlebe. Die belangte Behörde habe keine Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt und sei daher zu der falschen Feststellung gelangt, dass er keine Familienangehörigen in Österreich habe. Auch sei die Dauer des Aufenthaltsverbots nicht begründet.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.09.2021 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien und somit EWR-Bürger. Seine Identität steht fest. Er stammt aus XXXX . Seine Eltern leben in Rumänien.

Der Beschwerdeführer wurde zwischen 2007 und 2009 sechsmal in Rumänien wegen Vermögensdelikten verurteilt. Am 27.05.2011 wurde er aus einer Haftstrafe entlassen. Danach wurde er im Mai 2013 in Bozen verurteilt, 2014 in Belgien wegen Einbruchsdiebstahls. Nachdem der Beschwerdeführer in Österreich in ein Einfamilienhaus eingebrochen war, wurde er am 31.12.2014 deswegen in Untersuchungshaft genommen. Er wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.02.2015, Zl. XXXX wegen §§ 127, 120 Z 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2015 wurde über den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der Beschwerdeführer wurde aus dem Stande der Strafhaft am 30.10.2015 aus Österreich abgeschoben.

Am 06.01.2018 beging der Beschwerdeführer in Frankreich einen Einbruchsdiebstahl und wurde er deswegen mit Urteil des Berufungsgerichts XXXX vom 03.05.2018, rechtskräftig am 10.05.2018, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, aus der er am 19.05.2018 entlassen wurde.

Danach reiste der Beschwerdeführer zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2018 oder Anfang 2019 in das Bundesgebiet ein. Seit dem 12.02.2019 ist er hier gemeldet und hat er einen gemeinsamen Wohnsitz mit seiner Ehefrau XXXX , einer rumänischen Staatsbürgerin, und der gemeinsamen Tochter, die am XXXX 2021 geboren wurde. Diese war von Mai 2015 bis März 2018 (mit Unterbrechungen) im Bundesgebiet mit einem Hauptwohnsitz gemeldet, von 08.06.2018 bis 28.09.2018 nochmals mit einem Nebenwohnsitz, ehe sie gemeinsam mit dem Beschwerdeführer ins Bundesgebiet zurückkehrte. XXXX war während ihrer Aufenthalte in Österreich immer wieder für einige Monate erwerbstätig, teilweise geringfügig. Seit 22.03.2021 bezieht sie Kinderbetreuungsgeld. Eltern und Geschwister von XXXX leben in Österreich.

Von 05.09.2018 bis 30.06.2019 war der Beschwerdeführer geringfügig beschäftigt, danach bis 26.09.2020 als Arbeiter. Von 15.10.2020 bis 04.11.2020 bezog er Arbeitslosengeld.

Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls aber noch während des bestehenden Dienstverhältnisses entschloss sich der Beschwerdeführer aufgrund seiner tristen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bzw zur Aufbesserung seines Lebensunterhalts an einer auf Einbruchsdiebstähle in Firmengebäude und Lagerhallen spezialisierten kriminellen Vereinigung zu beteiligen. So unterstützte der Beschwerdeführer eine Vereinigung von Einbrechern, die zwischen 10. September 2020 und 11. September 2020 in ein Geschäftslokal einbrachen und unter anderem einen Möbeltresor mit ca. EUR 14.000,00 Bargeld entwendeten, indem der Beschwerdeführer Aufpasserdienste leistete und die Informationen zu den örtlichen Gegebenheiten an die Mittäter weitergab.

Für einen weiteren Einbruchsdiebstahl am 03.01.2021, bei dem Elektrogeräte im Wert von über 75.000 Euro entwendet wurden, warb der Beschwerdeführer die den Diebstahl ausführenden Täter an, sagte ihnen die Übernahme des Diebesguts zu, übernahm dieses nach dem Einbruch und brachte es in ein von ihm gemietetes Gebäude.

Die genannte Gruppierung war hierarchisch aufgebaut, der Beschwerdeführer nahm dabei eine führende Rolle ein, indem er die unmittelbaren Täter rekrutierte und an diese die jeweiligen Aufträge weitergab sowie Lagerräumlichkeiten für das Diebsgut zur Verfügung stellte, während er selbst in Tatortnähe wartete und Anweisungen erteilte. Obwohl der Beschwerdeführer vor dem Strafgericht glaubhaft angab, bei beiden Einbruchsdiebstählen „nur“ im Fahrzeug bzw in Tatortnähe gewartet zu haben, so war gerade daraus zu erkennen, dass dies offensichtlich dem hierarchischen Aufbau der kriminellen Vereinigung rund um den Beschwerdeführer entsprach und dieser eine führende Rolle einnahm, indem er die Tathandlungen koordinierte.

Am 22.01.2021 wurde der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen. Er wurde in weiterer Folge mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 28.05.2021, Zl. XXXX , wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und des Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Bei der Strafzumessung war beim Beschwerdeführer - unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB - von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren auszugehen. Bei der Strafbemessung wurden erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit Vergehen, die mehrfache Qualifikation, den Euro 5.000,00 weit übersteigenden Schaden, die zwei Angriffe, und als mildernd das Geständnis sowie die teilweise Sicherstellung des Diebsguts gewertet. Aufgrund der Gefährlichkeit der Diebstahls- und Einbruchskriminalität im Allgemeinen sowie der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf die Höhe des verursachten Schadens, die Vorstrafenbelastung und die vom Beschwerdeführer bereits mehrfach verspürten Haftübel war aus Sicht des Strafgerichts jedenfalls eine spürbare unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen, um ihm das Unrecht seiner Straftaten eindrucksvoll vor Augen führen zu können sowie der Begehung weiterer gleichartiger strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Der Beschwerdeführer befindet sich in Strafhaft, in der er von seiner Ehefrau regelmäßig besucht wird.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Ergänzend wurden für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau Auszüge aus dem zentralen Melderegister der Republik, dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister und dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vor den österreichischen Behörden in Vorlage gebrachten rumänischen Reisepasses Nr. XXXX sowie seines sich in Kopie im Akt befindlichen rumänischen Personalausweises Nr. XXXX fest.

Die Verurteilungen des Beschwerdeführers in Rumänien, Italien, Belgien und Frankreich ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 28.05.2021, Zl. XXXX und einem Auszug aus ECRIS. Seine erste Verurteilung in Österreich im Februar 2015 ergibt sich aus dem Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2015. Die Feststellungen hinsichtlich der seiner letzten Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen sowie der Erwägungen des Strafgerichts im Rahmen der Strafbemessung ergeben sich aus der im Akt enthaltenen Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXX vom 28.05.2021, Zl. XXXX .

Dass der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau in der Haft besucht wird, ergibt sich aus einer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes angeforderten Besucherliste der Justizanstalt vom 21.09.2021.

Die Angaben zur Familie des Beschwerdeführers ergeben sich aus seiner Stellungnahme vom 09.02.2021 und dem Beschwerdeschriftsatz. Im angefochtenen Bescheid wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgegeben habe und sich aus dem Akteninhalt kein Hinweis auf ein Familienleben in Österreich ergeben würde; es wurde daher festgestellt, dass sich keine Familienangehörigen im Bundesgebiet aufhalten würden. Dies ist aktenwidrig, findet sich in der im Verwaltungsakt einliegenden Stellungnahme vom 09.02.2021 doch der Hinweis, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers zusammen mit den drei gemeinsamen Kindern in Österreich aufhält. Nachdem in der Beschwerde aber nur mehr die von der am XXXX 2021 geborenen Tochter des Beschwerdeführers die Rede ist und diese auch als einzige im Bundesgebiet gemeldet ist, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass sich keine weiteren Kinder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhalten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I. Nr. 87/2012).“

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner rumänischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich des § 67 FPG fällt, jedoch weder das Recht zum Daueraufenthalt erworben hat noch die Voraussetzung eines kontinuierlichen Aufenthaltes seit zehn Jahren im Bundesgebiet erfüllt, gelangt für ihn fallgegenständlich der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG zur Anwendung. Gegen ihn als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367, mwN).

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet massiv öffentlichen Interessen widerspreche. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin Diebstähle und Einbrüche begehen werde. Diesen Erwägungen der belangten Behörde ist zu folgen: Der Lebensweg des Beschwerdeführers ist von Straftaten geprägt, wurde er doch bereits 2007, im Alter von etwa 17 Jahren, das erste Mal verurteilt. Diese erste Verurteilung führte zu keinem Gesinnungswandel, sondern wurde er zwischen 2007 und 2009 insgesamt sechsmal in Rumänien wegen Vermögensdelikten verurteilt. Nachdem er im Mai 2011 in Rumänien aus der Haft entlassen wurde, wurde er bereits zwei Jahre später in Italien verurteilt und 2014 schließlich in Belgien wegen Einbruchsdiebstahls. Der Beschwerdeführer beging daher in den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Straftaten und dies innerhalb kürzester Zeit. Nach seiner Verurteilung in Belgien wurde er noch im gleichen Jahr, konkret am 31.12.2014, in Österreich wegen eines Einbruchsdiebstahls in Untersuchungshaft genommen; er war zu diesem Zeitpunkt weder in Österreich gemeldet noch ging er hier einer Arbeit nach, sondern scheint er sich nur zum Zweck der Begehung einer strafbaren Handlung im Bundesgebiet aufgehalten zu haben. Nach seiner Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten wurde gegen den Beschwerdeführer am 01.06.2015 ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge am 30.10.2015 aus Österreich abgeschoben. Im Jänner 2018 beging der Beschwerdeführer in Frankreich einen Einbruchsdiebstahl und wurde deswegen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, aus der er am 19.05.2018 entlassen wurde. Danach reiste der Beschwerdeführer unter Missachtung des aufrechten Aufenthaltsverbotes gemeinsam mit seiner Ehefrau zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2018 oder Anfang 2019 in das Bundesgebiet ein. Trotz eines zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Dienstverhältnisses begann der Beschwerdeführer, eine kriminelle Vereinigung zur Begehung von Einbruchsdiebstählen zu gründen. Die genannte Gruppierung war hierarchisch aufgebaut, der Beschwerdeführer nahm dabei eine führende und koordinierende Rolle ein, indem er die unmittelbaren Täter rekrutierte und an diese die jeweiligen Aufträge weitergab sowie Lagerräumlichkeiten für das Diebsgut zur Verfügung stellte, während er selbst in Tatortnähe wartete und Anweisungen erteilte. Die kriminelle Vereinigung beging zwei Einbrüche, einmal zwischen 10. September 2020 und 11. September 2020, als unter anderem ein Möbeltresor mit ca. EUR 14.000,00 Bargeld entwendet wurde, dann am 03.01.2021, als Elektrogeräte im Wert von über 75.000 Euro entwendet wurden. Der Beschwerdeführer wurde deswegen mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 28.05.2021, Zl. XXXX , wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und des Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Bei der Strafzumessung war beim Beschwerdeführer - unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB - von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren auszugehen. Bei der Strafbemessung wurden erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit Vergehen, die mehrfache Qualifikation, den Euro 5.000,00 weit übersteigenden Schaden, die zwei Angriffe, und als mildernd das Geständnis sowie die teilweise Sicherstellung des Diebsguts gewertet. Aufgrund der Gefährlichkeit der Diebstahls- und Einbruchskriminalität im Allgemeinen sowie der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf die Höhe des verursachten Schadens, die Vorstrafenbelastung und die vom Beschwerdeführer bereits mehrfach verspürten Haftübel war aus Sicht des Strafgerichts jedenfalls eine spürbare unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen, um ihm das Unrecht seiner Straftaten eindrucksvoll vor Augen führen zu können.

Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer seit 2007, somit seit er volljährig ist, und über einen Zeitraum von 14 Jahren in regelmäßigen und kurzen Abständen Einbrüche beging bzw. kriminelle Vereinigungen zur Begehung von Einbrüchen gründete und koordinierte, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als notorisch kriminell einzustufen ist und die belangte Behörde zu Recht davon ausging, dass er auch in Zukunft Straftaten begehen wird. Der Beschwerdeführer wurde bereits mehrmals verurteilt, er war bereits mehrmals inhaftiert, doch konnte ihn dies ebenso wenig wie seine Eheschließung und die Schwangerschaft seiner Ehefrau von der Begehung der Straftaten abhalten. Selbst als er in Österreich noch in einem Beschäftigungsverhältnis stand, nützte er dies nicht als Chance, sich vom kriminellen Weg abzuwenden, sondern plante er mit einer kriminellen Vereinigung Einbruchsdiebstähle.

Die Tatwiederholungen bzw. mehrfach einschlägigen Verurteilungen bringen ein fehlendes Unrechtsbewusstsein zum Ausdruck und verdeutlichen, dass der durch ein Strafurteil bewirkte Zweck einer negativen Spezialprävention - nämlich einen Täter von der Begehung (weiterer) strafbarer Handlungen abzuhalten - im Fall des Beschwerdeführers offenkundig bislang keine Wirkung zeigte. Auch in der Beschwerde wurde ein Gesinnungswandel des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet.

Soweit in der Beschwerde dennoch erklärt wird, dass „aufgrund des persönlichen Verhaltens des BF … nicht von der erforderlichen Gefährdung“ ausgegangen werden könne, sondern eine positive Zukunftsprognose erstellt werden müsse, wird dies nicht näher begründet und ergibt sich aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund des dargestellten Lebensweges des Beschwerdeführers im Gegenteil klar, dass von ihm eine nachhaltige und schwere Gefährdung ausgeht. Soweit in der Beschwerde die Dauer des Aufenthaltsverbotes als zu lang moniert wird, ist auch in diesem Punkt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes der belangten Behörde zu folgen, da der Beschwerdeführer als unbelehrbar anzusehen ist und sein ganzes Erwachsenenleben geprägt war durch die Begehung von Straftaten. In der Beschwerde wurde zudem auf die besondere Rechtsstellung des Beschwerdeführers als Unionsbürger verwiesen. Letztlich hat der Beschwerdeführer in den letzten Jahren sein Recht auf Freizügigkeit aber stets missbraucht, indem er nicht nur in seinem Herkunftsstaat, sondern auch in Italien, Belgien, Frankreich und Österreich straffällig wurde. Seinem Status als Unionsbürger wird ohnehin durch die Anwendung des § 67 FPG Rechnung getragen.

Der Vollständigkeit halber ist im Hinblick auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers darüber hinaus festzuhalten, dass er trotz des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet zurückkehrte.

Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes kann der belangten Behörde in ihrer Einschätzung, wonach davon auszugehen sei, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch einen weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre, somit nicht entgegengetreten werden. Der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG ist erfüllt.

Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann jedoch ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eines Fremden iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss anhand der Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Inhaftierung mit seiner Ehefrau. Seine Ehefrau war bereits früher zeitweise in Österreich, allerdings nicht durchgehend. Sie kehrte gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2018 oder Anfang 2019 in das Bundesgebiet zurück und ist hier seit dem 12.02.2019 gemeldet. Allerdings wirkt es sich relativierend aus, dass beiden klar gewesen sein muss, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufgrund des am 01.06.2015 für die Dauer von 10 Jahren gegen ihn ausgesprochenen Aufenthaltsverbots nicht erlaubt und daher nicht von der Möglichkeit eines gemeinsamen Familienlebens im Bundesgebiet auszugehen war.

Zudem steht es der Familie offen, gemeinsam nach Rumänien zurückzukehren und wieder dort (oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union) zu leben. Das im Jänner 2021 geborene Kind des Beschwerdeführers (mit welchem er aufgrund seiner selbst verschuldeten Inhaftierung drei Tage nach der Geburt des Kindes nicht zusammenlebte) befindet sich in einem anpassungsfähigen Alter und kann es mit seiner Mutter, die ebenfalls rumänische Staatsbürgerin ist, nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft nach Rumänien zurückziehen. Der Umstand, dass Eltern und Geschwister seiner Ehefrau in Österreich leben, mag für diese während der Inhaftierung des Beschwerdeführers unterstützend sein, doch wird dadurch nicht aufgezeigt, dass es der Ehefrau des Beschwerdeführers unmöglich sein sollte, mit ihm gemeinsam nach Rumänien zurückzukehren. Sie war seit 2015 immer wieder in Österreich, durchgehend aber erst seit Ende 2018/Anfang 2019. Es erscheint ihr daher durchaus zumutbar, wieder in Rumänien oder einem anderen Mitgliedstaat zu leben, zumal sie bei ihrer Einreise nach Österreich Ende 2018/Anfang 2019 aufgrund des gegen den Beschwerdeführer bestehenden Aufenthaltsverbotes nicht damit rechnen konnte, im Bundesgebiet ein Familienleben zu führen. Besondere Schwierigkeiten für den Fall einer Rückkehr nach Rumänien wurden in der Beschwerde auch nicht aufgezeigt, sondern nur auf die gute Integration des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau verwiesen. Angesichts der schwerwiegenden Straftaten muss diese – welche im Übrigen in keiner Form näher ausgeführt oder nachgewiesen wurde – jedenfalls hinter den öffentlichen Interessen zurücktreten. Zudem leben in Rumänien auch die Eltern des Beschwerdeführers.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des EGMR im Fall Veljkovic-Jukic gegen die Schweiz vom 21.07.2020 (Nr. 59534/14) zu verweisen: Eine kroatische Staatsbürgerin, welche seit ihrem vierzehnten Lebensjahr gemeinsam mit ihrem Ehemann, einem Serben, und ihren drei Kindern in der Schweiz lebte, wurde wegen Suchtgifthandel zu einer Haftstrafe von 3 Jahren, davon 30 Monate bedingt, verurteilt. Die Schweiz verhängte eine aufenthaltsbeendende Maßnahme und ein Einreiseverbot von sieben Jahren. Dies wurde vom EGMR nicht als eine Verletzung des Art 8 EMRK angesehen, da es der Familie aufgrund des anpassungsfähigen Alters der Kinder (7, 11 und 13 Jahre) möglich sei, sich in Serbien, Bosnien und Herzegowina oder Kroatien ein neues Leben aufzubauen. Wenn man den dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt mit jenem des Beschwerdeführers vergleicht, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zu einer längeren und gänzlich unbedingten Haftstrafe verurteilt wurde, dass er im Gegensatz zu der erwähnten kroatischen Staatsbürgerin weder vorher unbescholten war noch ein Wohlverhalten in Freiheit gezeigt hat (da er sich noch in Haft befindet) und dass er gegenüber der kroatischen Staatsbürgerin, die zum Zeitpunkt der höchstgerichtlichen Entscheidung in der Schweiz bereits seit 19 Jahren dort lebte, auf einen geringen Aufenthalt im Bundesgebiet zurückblicken kann. Der EGMR sah auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls keine Art. 8 EMRK Verletzung bei einem Umzug in den Herkunftsstaat, so dass dies gegenständlich – auch wenn man die in der Stellungnahme des Beschwerdeführers erwähnten anderen beiden Kinder (die aber gar nicht im Bundesgebiet gemeldet und auch nicht in der Beschwerde erwähnt sind), welche sich im gleichen Alter befinden wie jene im vom EGMR behandelten Sachverhalt, miteinbezieht - auch nicht angenommen werden kann.

Der mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundene Eingriff in sein Privat- und Familienleben erweist sich daher grundsätzlich als verhältnismäßig. Allfällig damit verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse sind im öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand seines Gesamtfehlverhaltens zeigte er unzweifelhaft, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung insbesondere vor dem Hintergrund erforderlich und dringend geboten ist, zumal er ganz offensichtlich zu chronischer Kriminalität neigt.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (vgl. VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, der Sachverhalt aber aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 u.a.). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten und kam zum – auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts eindeutigen – Ergebnis, dass vom weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine nachhaltige und schwerwiegende Gefahr für die österreichische Bevölkerung ausgeht. Ein persönlicher Eindruck hätte angesichts des umfassenden Vorstrafenregisters des Beschwerdeführers daran nichts ändern können, zumal ein Gesinnungswandel sich erst durch ein Wohlverhalten in Freiheit zeigen kann und der Beschwerdeführer inhaftiert ist.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid allerdings davon aus, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine Familienangehörigen hat; dem wurde in der Beschwerde entgegengetreten und behauptet, dass seine Ehefrau und sein im Jänner 2021 geborenes Kind hier leben. Auch wenn keine entsprechenden Nachweise (Heiratsurkunde, Geburtsurkunde) vorgelegt wurden, geht das Bundesverwaltungsgericht zugunsten des Beschwerdeführers von einer Richtigkeit dieser Behauptung aus – doch kann dies angesichts der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers nichts am Ergebnis ändern. Eine Erörterung des Familienlebens im Rahmen einer mündlichen Verhandlung konnte unter Beachtung der Rechtsprechung des EGMR im Fall Veljkovic-Jukic gegen die Schweiz vom 21.07.2020 (Nr. 59534/14) unterbleiben, da in einem weitaus weniger eindeutigen Fall vom EGMR ebenfalls keine Verletzung des Art. 8 EMRK gesehen wurde.

Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2246431.1.00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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