TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/27 W209 2245129-1

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Veröffentlicht am 27.10.2021
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Entscheidungsdatum

27.10.2021

Norm

AuslBG §4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W209 2245129-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes PFLUG und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 22.04.2021, GZ: ABB-Nr. 4116890, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für
XXXX , geb. XXXX , StA.: Iran, nach Beschwerdevorentscheidung vom 12.07.2021, GZ: ABB-Nr: 4127161, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein in Wien freiberuflich tätiger Zahnarzt, stellte am 01.04.2021 bei der belangten Behörde (im Folgenden: AMS) einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für die am XXXX geborene iranische Staatsangehörige XXXX (im Folgenden: beantragte Ausländerin) für die berufliche Tätigkeit „Zahnarztassistentin/Zahnarzthelferin“. Die Arbeitszeit wurde mit 20 Wochenstunden und die Entlohnung mit € 900,00 angegeben. Eine Vermittlung von Ersatzkräften wurde nicht gewünscht und dies damit begründet, dass eine solche nicht notwendig sei, weil der Beschwerdeführer auf die AssistentInnenbörse der Zahnärztekammer schaue, wenn er eine neue Arbeitskraft brauche. Außerdem habe er keinen großen Turn Over. Dem Antrag angeschlossen waren eine beglaubigte Übersetzung einer Bestätigung einer Fachärztin für Zahnheilkunde in Maschhad (Iran), wonach die beantragte Ausländerin mit Erfolg eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin absolviert und für einen Zeitraum von 5 Jahren in der Ordination gearbeitet habe, sowie die Kopie einer Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 der beantragten Ausländerin, ausgestellt am 18.11.2015.

2. Mit Parteiengehör vom 07.04.2021 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass die beantragte Ausländerin nur im Besitz einer Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 sei und für diesen Personenkreis Beschäftigungsbewilligungen nur im Rahmen von Kontingenten in der Land- und Forstwirtschaft oder im Fremdenverkehr erteilt werden könnten.

3. Am 19.04.2021 nahm der Beschwerdeführer schriftlich dazu Stellung und führte zusammengefasst aus, dass die auf Erlässen aus dem Jahr 2004 und 2018 beruhende Einschränkung der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs nicht zulässig sei. Der Erlass aus 2018 sehe – in Verbindung mit jenem aus dem Jahr 2004 –vor, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber nur bei befristeten Beschäftigungen als Saisonarbeiter oder Erntehelfer erteilt werden dürfen. Der Gerichtshof sei vorläufig der Ansicht, dass sich diese Erlässe nicht in einer bloßen Information über die geltende Rechtslage erschöpfen, sondern darüber hinaus verbindliche (einschränkende) Regelungen über die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber enthalten. Sollte sich diese Annahme bestätigen, wären diese Erlässe als Verordnungen im Bundesgesetzblatt kundzumachen gewesen. Um diese Frage zu klären, sei ein Vorverfahren eingeleitet worden. Folglich sei die Einschränkung durch die Erlässe kein rechtmäßiger Ablehnungsgrund für die Beschäftigungsbewilligung.

4. Mit Bescheid vom 22.04.2021 wies das AMS den verfahrensgegenständlichen Antrag mit der Begründung ab, dass derzeit Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber im laufenden Verfahren nur im Rahmen von Kontingenten in der Land- und Forstwirtschaft oder im Fremdenverkehr (Saisonbewilligung) erteilt werden dürften. Der Regionalbeirat, welcher die Bewilligung einhellig befürworten müsse, habe der Bewilligung nicht zugestimmt, weswegen der Antrag abzuweisen sei.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, in der er ergänzend vorbrachte, dass im vorliegenden Fall die Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) zu beachten sei, der zufolge Asylwerberinnen und Asylwerber spätestens neun Monate nach Antragstellung einen „effektiven“ Arbeitsmarktzugang erhalten müssten. Die Einschränkung auf Saisonarbeit, auf welche die Behörde in ihrer Bescheidbegründung verweise, sei daher rechtlich nicht zulässig, zumal durch die Beschränkung auf Saisonarbeit kein effektiver Zugang zum Arbeitsmarkt gewährleistet werde. Die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens, wie es im AuslBG vorgesehen sei, wäre mit der Aufnahmerichtlinie vereinbar. Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens unterlassen habe, stehe der maßgebliche Sachverhalt nicht fest, sodass eine Entscheidung in der Sache selbst nicht zulässig sei. Es werde im fortgesetzten Verfahren der belangten Behörde obliegen, auf der Grundlage des vorliegenden Anforderungsprofils ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen und ihre Entscheidung sodann auf dessen Ergebnis zu stützen.

6. Mit Schreiben vom 31.05.2021 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass die Ausübung der Tätigkeit als Zahnarztassistenz bzw. Prophylaxeassistenz nur nach vorheriger Nostrifizierung durch den Landeshauptmann zulässig sei. Nach der Aktenlage liege keine Bestätigung vor, dass die Ausbildung der beantragten Ausländerin nostrifiziert worden sei, weswegen der Beschwerdeführer aufgefordert werde, eine solche nachzureichen. Weiters wies das AMS den Beschwerdeführer darauf hin, dass keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne, wenn die Vermittlung von Ersatzkräften abgelehnt werde.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.07.2021 wies das AMS die Beschwerde ab und begründete dies nunmehr damit, dass trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt worden seien, denen zufolge die beantragte Ausländerin über die erforderliche Ausbildung zur Zahnarztassistentin verfüge, und kein Ersatzkraftverfahren erwünscht gewesen sei.

8. Aufgrund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages, in welchem der Beschwerdeführer ergänzend ausführte, dass der Verfassungsgerichtshof mittlerweile die in der Beschwerde erwähnten Erlässe als gesetzwidrig aufgehoben habe, und die Nichtdurchführung eines Ersatzkraftverfahrens nicht dem Beschwerdeführer anzulasten sei, weil die beantragte Ausländerin über die geforderte Ausbildung verfüge, legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 06.08.2021 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. In einer beigefügten Stellungnahme führte das AMS zum Vorbringen des Beschwerdeführers aus, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens nicht gegeben seien, weil der gemäß § 4b Abs. 1 letzter Satz AuslBG erforderliche Nachweis über die geforderte Qualifikation nicht erbracht worden sei. Es seien keine weiteren Unterlagen über die erforderliche Qualifikation als Zahnarztassistentin vorgelegt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Am 01.04.2021 stellte der Beschwerdeführer, ein in Wien freiberuflich tätiger Zahnarzt, beim AMS einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin für die berufliche Tätigkeit „Zahnarztassistentin/Zahnarzthelferin“.

Die beantragte Ausländerin hat im Iran eine fünfjährige Ausbildung als Zahnarztassistentin absolviert.

Eine Anerkennung dieser Ausbildung durch Nostrifikation iSd § 78 Abs. 4 Zahnärztegesetz (ZÄG), BGBl. I Nr. 126/2005, idgF ist bislang nicht erfolgt.

2. Beweiswürdigung:

Die Antragstellung steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

Die Feststellung, dass die beantragte Ausländerin im Iran eine fünfjährige Ausbildung als Zahnarztassistentin absolviert hat, gründet auf den Angaben des Beschwerdeführers, die ungeprüft zum festgestellten Sachverhalt erhoben wurden.

Ein Bescheid des Landeshauptmannes, mit welchem die Ausbildung iSd § 78 Abs. 4 ZÄG als gleichwertig anerkannt wurde, wurde bis dato trotz Aufforderung seitens des AMS an den rechtfreundlich vertretenen Beschwerdeführer nicht nachgereicht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendende maßgebende Bestimmung des AuslBG lautet (auszugweise):

§ 4 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018:

„Abschnitt II

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. bis 11. …

(2) bis (7) …“

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Den Feststellungen folgend verfügt die beantragte Ausländerin über eine im Iran abgeschlossene fünfjährige Ausbildung als Zahnarztassistentin.

Gemäß § 76 Abs. 1 Z 4 ZÄG sind nur Personen zur Ausübung der Zahnärztlichen Assistenz berechtigt, die einen Qualifikationsnachweis gemäß §§ 77 f. ZÄG besitzen.

Gemäß § 78 Abs. 4 ZÄG hat der/die Landeshauptmann/Landeshauptfrau außerhalb Österreichs ausgestellte Qualifikationsnachweise über eine erfolgreich absolvierte Ausbildung in der Zahnärztlichen Assistenz, die nicht von einem EWR-Vertragsstaat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausgestellt wurden, durch Nostrifikation anzuerkennen.

Ein Bescheid des Landeshauptmannes, mit welchem die Ausbildung iSd § 78 Abs. 4 ZÄG als gleichwertig anerkannt wurde, liegt gegenständlich nicht vor.

Die Erteilung einer Bewilligung nach dem AuslBG ist jedoch nur für einen Arbeitsplatz zulässig, für welchen die beantragte ausländische Arbeitskraft auch die geltenden rechtlichen Qualifikationserfordernisse erfüllt. Dies ergibt sich schon aus § 4 Abs. 1 AuslBG, wonach eine Beschäftigungsbewilligung nur dann erteilt werden darf, wenn wichtige öffentliche Interessen dem nicht entgegenstehen. Die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften auf dem Arbeitsplatz der beantragten Arbeitskraft muss als solches öffentliche Interesse im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden (vgl. VwGH 30.05.2011, 2008/09/0060).

Die mangelnde Anerkennung der Ausbildung steht somit als wichtiges öffentliches Interesse der Bewilligung entgegen, weswegen das AMS im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht vorliegen.

Dementsprechend war auf die übrigen Beschwerdepunkte nicht mehr einzugehen und die Beschwerde bereits auf Grund des der Beschäftigungsbewilligung entgegenstehenden wichtigen öffentlichen Interesses gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG als unbegründet abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Beschwerdeführer hat einen solchen Antrag gestellt. Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Berufsausbildung Beschäftigungsbewilligung Gleichwertigkeit Nachweismangel öffentliche Interessen Zulassungsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2245129.1.00

Im RIS seit

25.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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