Entscheidungsdatum
05.08.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G307 2244819-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Polen, vertreten durch RA Mag. Stefan AUNER in 8700 Leoben, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2021, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig z u r ü c k g e w i e s e n .
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 28.01.2021, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 01.04.2021, wurde dieser über die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt, aufgefordert, seine persönlichen, familiären wie finanziellen Verhältnisse darzulegen und hiezu binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens dazu Stellung zu nehmen.
Hierauf antwortete der BF nicht.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, dem BF persönlich zugestellt am 19.04.2021, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein auf 8 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. (Spruchpunkt III.).
3. Mit Schriftsatz vom 12.05.2021 beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch den im Spruch angeführten Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, den Bescheid der belangten Behörde ersatzlos zu beheben und das Verfahren gegen den Betroffenen einzustellen, das über den BF verhängte Ausmaß an Aufenthaltsverbot (gemeint wohl: dessen Dauer) wesentlich herabzusetzen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Erstbehörde zurückzuverweisen, der gegenständlichen Beschwerde jedenfalls aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung unter Vorladung des BF und Aufnahme der beantragten Beweise anzuberaumen. Ferner wurde die Einholung eines Gutachtens eines kriminalpsychologischen Gutachtens zu dem Zwecke beantragt, um dadurch zu Tage zu fördern, der BF habe aus den Fehlern in der Vergangenheit gelernt und somit kein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot nötig sei.
4. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA am 27.07.2021 dem BVwG vorgelegt und langten am 29.07.2021 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist polnischer Staatsbürger, geschieden und Vater eines 15jährigen Sohnes, welcher sich bei der Exfrau in Polen aufhält.
1.2. In Polen besuche der BF 8 Jahre lang die Grund- und danach für 2 Jahre eine Bauschule.
1.3. Erstmalig war der BF am 18.06.1999 im Bundesgebiet gemeldet und verfügte vom 30.09.1999 bis 30.09.2000 über einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“. Er wohnte ab dem Zeitpunkt seiner Einreise bis Jänner 2001 zusammen mit seiner Mutter, XXXX und seinem Stiefvater XXXX im gemeinsamen Haushalt. Danach verließ er Österreich und hielt sich zumindest bis Juli 2011 in Polen auf. Dort schloss er eine Ehe und zeugte ein Kind. Abgesehen von seinen Aufenthalten in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren vom XXXX .2011 bis XXXX .2012, XXXX .2013 bis XXXX .2014, XXXX .2018 bis XXXX .2018, XXXX 2018 bis XXXX .2018 und seit 06.01.2021 war er lediglich vom 23.05.2012 bis 08.09.2014 und 26.09.2017 bis 08.06.2018 privat seiner Mutter gemeldet, wobei er sich während der Haftzeiträume nicht bei seiner Mutter aufgehalten hat bzw. haben kann.
1.4. Zu den fremdenrechtlichen Verfahren und Vorgängen betreffend die Person des BF:
1.4.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX (im Folgenden: BPD XXXX ) vom XXXX 2001 wurde gegen den BF zu Zahl XXXX ein 10jähriges Aufenthaltsverbot erlassen.
1.4.2. Mit Bescheid des BFA vom 15.04.2014, zu Zahl XXXX wurde gegen den BF ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 7 Jahren erlassen. Nachdem diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen war, reiste der BF am XXXX .2014 selbständig aus dem Bundesgebiet aus.
1.4.3. Mit Bescheid des BFA vom 06.06.2018, Zahl XXXX , wurde gegen den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung erlassen. Nachdem diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen war, wurde der BF am XXXX .2018 in seine Heimat abgeschoben.
1.4.4. Am XXXX .2018 wurde der BF durch Beamte der Landespolizeidirektion XXXX (LPD XXXX ) einer Personenkontrolle unterzogen, festgenommen, am selben Tag die Schubhaft gegen ihn verhängt und am XXXX .2028 auf dem Landweg nach Polen abgeschoben.
1.4.5. Weitere Abschiebungen nach Polen wegen rechtswidriger Einreisen des BF erfolgten am XXXX .2018, XXXX .2019, XXXX .2020 sowie XXXX .2020.
1.5. Der BF war vom 03.07.2000 bis 13.07.2000 als Arbeiter bei der XXXX sowie vom 21.07.2000 bis 07.09.2000 bei der XXXX beschäftigt. Abgesehen davon ging er im Bundesgebiet keinen weiteren Erwerbstätigkeiten nach.
1.6. Zu den Verurteilungen des BF:
1.6.1. Der BF wurde vom Jugendgerichtshof XXXX am XXXX .2000 zu Zahl XXXX wegen teils versuchten, schweren, gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls sowie Urkundenunterdrückung gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, 4. Fall, 15 § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
1.6.2. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX (LG XXXX ) wurde der BF zu Zahl XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2013, wegen teils versuchten, gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls gemäß §§ 127, 129 Z 1, 130 4. Fall, 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.
1.6.3. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX (BG XXXX ) wurde der BF zu Zahl XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2018, wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 2 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
1.6.4. Mit Urteil des LG XXXX wurde der BF zu Zahl XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX 2021, wurde der BF wegen Diebstahls und Nötigung gemäß §§ 127, 105 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.
Dem BF wurde im Zuge dieser Verurteilung angelastet, er habe einem Verfügungsberechtigten der XXXX Gesellschaft mbH, fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Flasche Gin im Wert von € 6,99, ein Schopfsteak im Wert von € 3,99 sowie Spareribs im Wert von € 3,02 mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er die genannten Gegenstände eingesteckt und damit, ohne zu bezahlen, das Geschäft verlassen habe.
Des Weiteren wurde er im im Rahmen dieser Verurteilung für schuldig befunden, er habe XXXX K. H. durch Versetzen mehrerer Faustschläge gegen die linke Seite seines Halses und heftiges Losreißen aus dessen Griff, sohin mit Gewalt, zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme der Anhaltung genötigt.
Als erschwerend wurden hiebei das Zusammentreffen zweier Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das umfassende Geständnis gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF das beschriebene Verhalten gesetzt und die erwähnten Taten begangen hat. Derzeit verbüßt der BF die diesbezügliche Strafhaft in der Justizanstalt XXXX .
Des Weiteren liegen dem BF zumindest zwei weitere einschlägige Verurteilungen in Polen zur Last,
1.7. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.
1.8. Es konnte weder festgestellt werden, dass der BF zu seiner Schwester und seiner Mutter über eine über das verwandtschaftliche Verhältnis hinausgehende, besonders enge Bindung verfügt, noch, dass er im Bundesgebiet andere, starke Beziehungen zu im Inland lebenden Personen pflegt.
1.9. Der BF ist gesund und konnte nicht festgestellt werden, dass er aktuell an irgendwelchen Krankheiten leidet.
1.10. Der BF kann auf keine ausreichenden Barmittel und kein regelmäßiges Einkommen zurückgreifen. Seinen Lebensunterhalt sicherte er – zumindest vor seiner Einreise im Jahr 2018 – durch die Ausübung von Bauarbeiten in Tschechien.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund des vorliegenden Aktes durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Familienstand, vormals erteiltem Aufenthaltstitel, erstmaliger Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet in den Jahren 1999/2000, Existenz eines 15jährigen Sohnes, dessen Verbleib bei der Kindesmutter und zugleich Exfrau in Polen, geringen Barmitteln und fehlendem regelmäßigem Einkommen sowie den verwandtschaftlichen Bezügen in Österreich getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem Bescheidinhalt, den Angaben des BF in seinen Einvernahmen vom XXXX .2018, XXXX 2014 und XXXX .2000 (AS 70ff, 163 ff und 257 ff), dem Bericht des Wachzimmers XXXX vom XXXX .2000, Zahl XXXX (AS 103) und dem Vorbringen in der Beschwerde.
Der BF legte zum Beweis seiner Identität einen auf seinen Namen ausgestellten polnischen Personalausweis und Reisepass vor, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.
Dass der BF hierorts bis dato nur kurzen und danach gar keinen Beschäftigungen mehr nachging, ist auf AS 73 wiedergegeben und deckt sich mit dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges. Dass der BF vor rund 3 Jahren in Tschechien auf Baustellen gearbeitet hat, hat er im Zuge seiner Einvernahme am XXXX .2018 (AS 297 ff) angegeben.
Die fremdenrechtlichen Verfahren und deren Ausgang folgen dem Inhalt des Auszuges aus dem zentralen Fremdenregister (IZR) sowie der Schilderung des Verfahrensganges im angefochtenen Bescheid.
Die Verurteilungen des BF in Österreich samt den näheren Ausführungen zu den begangenen Straftaten sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die jeweiligen Verhaltensweisen gesetzt hat, folgen dem Amtswissen des Verwaltungsgerichts durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie der Verständigung über Verurteilung auf AS 83. Dass der BF in Polen zumindest zwei einschlägige Vorstrafen zu vertreten hat, ist auf AS 156 auf der dortigen Urteilsausfertigung wiedergegeben.
Der derzeitige Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX ergibt sich aus dem ZMR.
Die bisherigen Meldungen samt Aufenthalten in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren sind aus dem Inhalt des auf den BF lautenden ZMR-Auszuges ersichtlich.
Der BF hat im Zuge der jüngsten Einvernahme vor dem BFA erwähnt, gesund zu sein. Anhaltspunkte für das aktuelle Vorliegen von Krankheiten ergaben sich nicht.
Da der BF immer wieder unter Beiziehung eines Dolmetschers der Sprache Polnisch einvernommen wurde und auch keine Belege über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus vorgelegt hat, konnte er dahingehend nichts bescheinigen.
Der Besuch der Grund- und Bauschule in Polen ergibt sich aus der Einvernahme des BF auf AS 70 (Niederschrift der BPD XXXX vom XXXX .2000).
2.3. Zum Beschwerdevorbringen:
2.3.2. Wenn im Rechtsmittel vermeint wird, bei fehlenden Vorstrafen wäre im Zuge des jüngsten Strafverfahrens die Rechtswohltat einer diversionellen Erledigung denkbar gewesen, ist dem zu entgegnen, dass dies aufgrund des strafrechtlichen Verhaltens des BF in der Vergangenheit eben nicht möglich war und die angedachte Vorgangsweise eben nur theoretisch ist. Daran anknüpfend ist das weiters im Rechtsmittel vorgebrachte Argument, der BF sehe ein, in der Vergangenheit nicht korrekt gehandelt zu haben, nicht nachvollziehbar. Dem BF liegen zwischen den Jahren 2000 bis 2021 zumindest 6 Verurteilungen zur Last und hätte er während dieser über mehr als zwei Jahrzehnte gehenden Zeitspanne genügend Zeit gehabt, über sein Verhalten nachzudenken. Dass sich dieser Umstand nunmehr schlagartig geändert haben soll, widerspräche der Lebenserfahrung. Daraus folgt auch, dass nicht plausibel ist, der BF sehe nunmehr das Unrecht seiner Taten ein (Beschwerde Seite 4 oben).
Die Einholung eines kriminalpsychologischen Gutachtens zum Beweis dessen, dass der BF tatsächlich aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt habe und deshalb die Verhängung eines 8jährigen Aufenthaltsverbots nicht nötig sei, kann die – hier erforderliche – anzustellende Zukunftsprognose nicht ersetzen, abgesehen davon, dass es sich bei der Festlegung der Aufenthaltsverbotsdauer um eine Rechtsfrage handelt. Die Kriminalpsychologie beschäftigt sich im Übrigen zwar mit dem inneren Erleben und Verhalten von Menschen, die Gesetze übertreten. Sie ist das Studium der Ansichten, Gedanken, Absichten, Handlungen, Reaktionen und all dem, was am (kriminellen) Verhalten beteiligt ist (wikipedia). Die Einholung eines Gutachtens, selbst wenn es zu Gunsten des BF ausfiele, böte jedoch im Falle des BF keine sichere Aussage darüber, dass er in Zukunft nicht wieder straffällig werden würde, zumal es sich um eine Momentaufnahme handelt, weshalb die Einholung eines solchen Gutachtens abgelehnt wird.
Dem erkennenden Gericht erschließt sich ferner nicht, wie das Rechtsmittel zum Schluss gelangt, dass das LG XXXX im Zuge der aktuellsten Verurteilung des BF offenkundig davon ausgegangen sei, es sei keine neuerliche Delinquenz des BF anzunehmen. Dies ist dem Inhalt der besagten Urteilsausfertigung nicht zu entnehmen. Dass hier eine andere Einschätzung des Strafgerichts möglich gewesen wäre, kann daher hingestellt bleiben.
Die beiden Verurteilungen vor der jüngsten strafrechtlichen Konsequenz als „lediglich solche vor einem BG“ zu bezeichnen (angemerkt wird, dass der BF lediglich 1 BG-Delikt zu verantworten hat) bagadellisiert das inkriminierte Handeln des BF und lässt dessen Gesamtverhalten völlig außer Acht. Entgegen der Beschwerdeansicht wurden die vom BF gesetzten Tathandlungen in ihrer Gesamtheit sehr wohl von der belangten Behörde entsprechend gewürdigt, wie den AS 434 und 437 bis 441 zu entnehmen ist.
Der Bestand der Möglichkeit, Unterstützung durch seine Familie bzw. von Bekannten oder Freunden bei der Erlangung eines Arbeitsplatzes zu erhalten, besteht für den BF zwar hypothetisch, doch ist anhand dieser im Rechtsmittel auf Seite 5 unten getätigten Aussage nicht erkennbar, wie dies in die Realität umsetzbar sein sollte, war der BF vor rund 20 Jahren das letzte Mal in Österreich beschäftigt und ließ er diesbezüglich eine Eigeninitiative vermissen.
Dass der BF schließlich die österreichischen Strafrechtsvorschriften wertschätze und das nunmehr verspürte Haftübel erzieherisch auf ihn wirke, kann – wie bereits zuvor erwähnt – nicht nachvollzogen werden, weil er in der Vergangenheit bereits mehrmals strafrechtliche Sanktionen zu spüren bekam, daraus jedoch augenscheinlich nichts gelernt hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF ist auf Grund seiner deutschen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:
„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
3.1.2. Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen, dies aus folgenden Gründen:
Der BF war zuletzt zwar vom 26.09.2017 bis 08.06.2018 in der Wohnung seiner Mutter gemeldet, verfügte jedoch – selbst wenn er sich dort aufgehalten hat – während dieser Zeitspanne über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet.
Da der BF, der aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzungen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit fünf noch seit zehn Jahren erfüllt, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß §§ 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet ist. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
3.1.3. Der BF wurde zuletzt unbestritten vom LG XXXX wegen Nötigung und versuchten Diebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, die er derzeit in der Justizanstalt XXXX verbüßt.
Das, durch eine Vielzahl an teils wiederholten, teils einschlägigen Verstößen gegen gültige Rechtsnormen geprägte Verhalten des BF lässt erkennen, dass es diesem an einer Verbundenheit zu rechtsstaatlichen Normen mangelt. Der seit der letzten Verurteilung des BF verstrichene straffreie Zeitraum erweist sich insbesondere vor dem Hintergrund der zumindest 5 Vorverurteilungen und des zeitweiligen Zubringens desselben in Strafhaft, als zu kurz, um allein daraus auf ein Wohlverhalten in Zukunft schließen zu können (vgl. VwGH 21.02.2013, 2011/23/0192; 22.11.2012, 2011/23/0332: wonach es für die Beurteilung einer zukünftigen Rechtsreue, eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit bedarf).
Hinzu tritt, dass das Rechtsmittel das bereits in sehr jungen Jahren erstmals gesetzte strafbare Verhalten außer Acht lässt, welches er in Polen und sodann wieder in Österreich fortgesetzt hat. Von einer Einsicht in sein Fehlverhalten kann beim BF nicht gesprochen werden. Abgesehen davon ist der BF – bestehenden Aufenthaltsverboten zum Trotz – immer wieder nach Österreich eingereist und hat die gegen ihn erlassenen fremdenrechtlichen Sanktionen damit beharrlich missachtet. Er konnte weder im Berufs- noch Privatleben in Österreich Fuß fassen und sind in seiner Person auch sonst keine nennenswerten Integrationsschritte erkennbar.
Der belangten Behörde ist sohin nicht entgegenzutreten, wenn diese im konkreten Verhalten des BF eine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennt. Angesichts der vom BF gezeigten wiederkehrenden Missachtung gültiger Bestimmungen und einer erkennbaren Neigung zu Vermögensdelikten, liegt es nahe bzw. kann es nicht ausgeschlossen werden, dass der BF weiterhin Rechtsverstöße begehen wird, sodass von auch von einer gegenwärtigen Gefahr seitens des BF auszugehen ist.
Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbots nicht rechtfertigen.
So leben zwar Mutter und der Stiefvater wie die Schwester des BF in Österreich. Das letzte Mal war der BF jedoch vor 3 Jahren bei seiner Mutter gemeldet, hätte sich dort gar nicht aufhalten dürfen, ist ein erwachsener Mann, führte in Polen über mehrere Jahre hinweg ein eigenes Familienleben, war bei seiner Schwester nie gemeldet und ist das Familienleben in Österreich nicht nur dadurch, sondern durch seine begangenen Delikte als stark relativiert anzusehen.
Letztlich lässt das vom BF gezeigte Verhalten in seiner Gesamtheit nicht erkennen, dass dieser einen tatsächlichen und nachhaltigen Integrationswillen hegt.
Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens ist davon auszugehen, dass das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den BF) geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.
Es ist davon auszugehen, dass der BF seine in Österreich gelegenen Kontakte auch nach seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet weiterhin durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten kann.
Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den BF als erforderlich, um der von diesem ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.
3.1.4. Auch erweist sich die vom BFA gewählte, die mit 8 Jahren höchstzulässige Dauer von 10 Jahren nicht ausschöpfende Befristung des Aufenthaltsverbotes als angemessen.
Eine sich am Verhalten des BF unter Einbeziehung seiner Rechtsverstöße, deren Anzahl, deren Unrechtsgehalt, deren Wiederholung und der gerichtlichen Vorverurteilungen sowie Rückfallgefährlichkeit des BF orientierende Gefährlichkeitsprognose lässt eine Reduktion der Befristungsdauer nicht zu. Er reiste ferner – zweier Aufenthaltsverbote zuwider – mehrere Male nach Österreich und hielt sich nicht an die dahingehenden Bescheide.
Sohin war die Beschwerde in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“
3.2.2. Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativen Zukunftsprognose, welche einen Rückfall des BF befürchten lässt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Ausreise des BF als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet. Der BF hat unter Beweis gestellt, zu strafbaren Verhaltensweisen, insbesondere zu Diebstahlsdelikten zu neigen, woraus sich wiederum auf eine Rückfallneigung schließen lässt. Insofern erweist sich eine unverzügliche Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet zum Schutze öffentlicher Interessen als unabdinglich.
Demzufolge ist die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:
„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“
3.3.2. Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet. Vor dem Hintergrund des vom BF wiederholt gezeigten rechtsverletzenden Verhaltens kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser abermals in die gezeigten Verhaltensmuster zurückfällt, sodass sich eine Effektuierung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte nahelegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar.
Sohin lässt sich verfahrensgegenständlich ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen und ist im Ergebnis die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zu Spruchteil A II.
Was die Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung betrifft, so kommt dem BF auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP) - kein Antragsrecht zu, sondern hätte das Verwaltungsgericht vielmehr - amtswegig - das Wiederzuerkennen einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwH auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).
Im Ergebnis war der in der Beschwerde gestellte, besagte Antrag sohin als unzulässig zurückzuweisen.
3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot EU-Bürger individuelle Verhältnisse Interessenabwägung öffentliche Interessen strafrechtliche Verurteilung UnionsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2244819.1.00Im RIS seit
17.11.2021Zuletzt aktualisiert am
17.11.2021