Entscheidungsdatum
09.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W195 2233593-1/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsident Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2020, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.08.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 55, § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 3 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG, § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch stellte über die österreichische Botschaft in Delhi, Indien, einen Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ in Österreich, welcher positiv beschieden wurde. Dem BF wurde ein vom 05.11.2014 bis 04.03.2015 gültiges Visum erteilt.
Der BF reiste rechtmäßig in Österreich ein und meldete sich am 25.11.2014 in Wien behördlich an. Die Aufenthaltsbewilligung wurde zweimal, zuletzt bis 30.11.2016, verlängert. Ein neuerlicher Verlängerungsantrag wurde mangels Leistungsnachweises nicht bewilligt, eine dagegen eingebrachte Beschwerde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 26.06.2019, XXXX , als unbegründet abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung am 03.07.2019 in Rechtskraft.
2. Mit Schreiben vom 30.10.2019, dem BF am 07.11.2019 zugestellt, teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem BF unter Einräumung einer 14-tägigen Stellungnahmefrist mit, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt sei.
3. Am 14.11.2019 teilte der BF durch seinen Rechtsvertreter mit, dass er aufgrund des Familienlebens in Österreich einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet anstrebe.
4. Der BF stellte am 11.11.2019 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG – „Aufenthaltsberechtigung plus“ aus Gründen des Art. 8 EMRK. Er begründete diesen Antrag damit, dass er seit November 2014 in Österreich aufhältig und seit 06.11.2019 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei. Der BF habe bereits während seines Studiums gearbeitet, habe eine Einstellungszusage für den Fall des Erhalts der erforderlichen Beschäftigungsbewilligung, sei privat krankenversichert, spreche gut Deutsch und sei ausgezeichnet in Österreich integriert.
5. In der Einvernahme vor dem BFA am 23.06.2020 führte der BF aus, dass er den gegenständlichen Antrag gestellt habe, weil er die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als Studierender nicht mehr erfülle. Zu seinem Privat- und Familienleben befragt verwies der BF auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, seine private Krankenversicherung und sein Einkommen als Zeitungszusteller, seine Deutschkenntnisse und seine Integration in Österreich. In Bangladesch sei seine Familie aufhältig, diese gehöre der finanziellen Mittelklasse an und er stehe in Kontakt mit ihnen.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 25.06.2020, XXXX , wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).
Das BFA führte darin aus, dass nicht erkennbar sei, dass private Gründe des BF höher zu werten wären als die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen. Eine eingetretene Integration des BF sei nicht erkennbar und sei der BF nicht gewillt, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt aus eigenem zu beenden und sich an geltende Rechtsbestimmungen zu halten.
7. Mit der vorliegenden Beschwerde vom 23.07.2020 wendet sich der BF gegen den Bescheid des BFA und begründete diese mit dem mehrjährigen Aufenthalt des BF in Österreich, seinem Familienleben in Österreich sowie seiner Selbsterhaltungsfähigkeit und Integration. Zudem drohe dem BF im Falle einer Erkrankung an COVID-19 aufgrund des schlechten Gesundheitssystems in Bangladesch eine existenzbedrohende Situation.
8. Nach Durchführung eines schriftlichen Beweisverfahrens wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 16.11.2020, XXXX , die Beschwerde ab.
9. Der Verwaltungsgerichtshof behob mit Erkenntnis vom 18.03.2021, XXXX , diese Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Zusammengefasst bemängelte der VwGH im vorliegenden Fall, dass das Verwaltungsgericht von der ständigen Judikatur des VwGH zur Verhandlungspflicht abgewichen sei. In Anbetracht der individuellen Umstände hätte das Verwaltungsgericht eine nähere Klärung der Umstände und der Dauer des Zusammenlebens in einer Lebensgemeinschaft herbeizuführen gehabt. Es hätte auch einer Gesamtbetrachtung trotz der Auswirkungen des unsicheren Aufenthaltes auf das Recht auf Achtung des Familienlebens sowie der Integration bedurft.
10. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.05.2021 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung W 195 neu zugewiesen.
11. Mit der Ladung zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde der aktuelle Länderbericht zu Bangladesch dem BF zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt.
12. Am 06.08.2021 erfolgte die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF, seines Rechtsanwaltes, eines Dolmetschers für die Sprache Bangla sowie seiner Ehefrau als Zeugin hinsichtlich seines Familienlebens und seiner Integration. Die ebenfalls zur Verhandlung geladene Schwiegermutter erschien unentschuldigt nicht.
13. Im Zuge der Verhandlung gab der BF – zusammengefasst - an:
Der BF habe neben seinem „Studium“ (der BF legte keine einzige Fachprüfung ab) von 2015 bis 2018 in einem Restaurant gearbeitet. Seitdem lebe er von gelegentlicher „Zeitungstätigkeit“ und verdiene ca € 450 pro Monat.
Der BF ist gesund und unbescholten. Er hat – überwiegend - ausländische Freunde. Der BF spricht Deutsch auf dem Niveau B1 (zertifiziert) und stellte dies in der Verhandlung vor dem BVwG unter Beweis. Der BF besitzt ein eigenes Automobil.
Der BF sei im Sommer 2016 von einem Gast des Restaurants, in welchem er damals arbeitete, – seiner späteren Ehefrau (geboren auf den Philippinen, seit 2001 österreichische Staatsbürgerin) - angesprochen und wegen seiner Shushi besonders gelobt worden. Sie hätten sich in weiterer Folge öfters getroffen, im März 2019 seien sie zusammen in eine Wohnung gezogen. Der BF habe 2019 seiner späteren Ehefrau einen Heiratsantrag gemacht und haben sie am 06.11.2019 in Wien standesamtlich geheiratet. Da zuvor das Verwaltungsgericht Wien mit Entscheidung vom 26.06.2019 einer Verlängerung des Aufenthaltstitels des BF nicht zustimmte, heiratete der BF im vollem Bewusstsein über seinen unsicheren Aufenthalt im Bundesgebiet. Auch seine Ehefrau habe vor der Hochzeit vollkommene Kenntnis über den unsicheren Aufenthaltsstatus des BF gehabt. Am 11.11.2019 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen Antrag.
Der BF möchte eine Ausbildung als Pfleger machen. Eine Rückkehr, gemeinsam mit seiner Ehefrau, nach Bangladesch käme für ihn nicht in Frage. Er möchte aber nach Bangladesch fahren, um traditionell zu heiraten oder um Urlaub zu machen. Begründend dazu, dass der BF nicht in Bangladesch leben möchte, führte der BF aus, dass es für sie beide keine Sicherheit in Bangladesch gäbe. Zu seiner im Herkunftsland lebenden Familie (Eltern, Geschwister) habe er regelmäßig und öfters (pro Woche) Kontakt.
Die als Zeugin einvernommene Ehefrau des BF bestätigte im Wesentlichen die Aussagen des BF. Sie selbst sei gerade in Ausbildung als Pflegefachkraft, verdiene jedoch unterschiedlich (ursprünglich ca € 1.000,-, derzeit arbeitslos und in Ausbildung). Sie würden seit März 2019 gemeinsam in einer Wohnung leben.
An Kosten hätte das Ehepaar ca € 790 für die Wohnung, zusätzlich Betriebskosten von ca € 70; für Versicherungen werden ca € 60 monatlich fällig, der BF habe auch ein Auto (mit monatlichen Kosten von zusammen ca € 150). Ihre Unterhaltung führen die Eheleute überwiegend in deutscher oder englischer Sprache, die Ehefrau könne nur bruchstückhaft und rudimentär die bengalische Sprache. Den Haushalt führen die Eheleute gemeinsam, wobei der BF eher die Küchenarbeit mache und seine Ehefrau den sonstigen Haushalt führe.
Ebenfalls übereinstimmend gaben die Ehepartner an, dass sie sich nicht trennen, sondern gemeinsam leben wollen. Die Ehefrau des BF gab an, dass sie unbedingt ihre Ausbildung in Österreich zu Ende bringen wolle, ihren Ehemann, sollte er nach Bangladesch zurückkehren müssen, jederzeit unterstützen würde und alles unternehmen werde, damit er mit gültigen Papieren wieder nach Österreich gelangen könne.
Schon vor der Eheschließung sei der Zeugin bewusst gewesen, dass der BF einen unsicheren Aufenthaltsstatus habe. Sie haben sich deswegen jedoch keine großen Gedanken gemacht, sondern habe sie ihm gesagt, dass dies für sie „keine Rolle spiele“. Sie habe nur einen vernünftigen Mann gesucht, für den sie sich nicht schämen müsse. Ein dauerhaftes Leben in Bangladesch käme für sie ebensowenig in Frage wie auf den Philippinen, wo sie geboren sei. Die Ehefrau des BF sei im Jahr 2020 für ca. vier Wochen auf die Philippinen gefahren, ihr Ehemann verblieb in dieser Zeit im Bundesgebiet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt dem erkennenden Einzelrichter zugewiesen, woraus sich dessen Zuständigkeit ergibt.
2. Feststellungen (Sachverhalt):
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und führt den Namen XXXX . Seine Identität steht fest.
Er reiste nach Erteilung eines gültigen Visums rechtmäßig in Österreich ein und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf.
Dem BF wurde von 09.12.2014 – 09.12.2015 eine Aufenthaltsbewilligung „Student“ erteilt, welche zweimal – zuletzt bis 30.11.2016 – verlängert wurde. Der Verlängerungsantrag des BF vom 11.11.2016 wurde mit Bescheid der MA 35 des Amtes der Wiener Landesregierung vom 18.03.2019 abgewiesen. Diese Entscheidung der MA 35 wurde im Rechtsmittelweg mit Erkennntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 26.06.2019, XXXX , bestätigt und erwuchs am 03.07.2019 in Rechtskraft. Ab diesem Zeitpunkt ist der Aufenthalt des BF nicht rechtmäßig.
Am 11.11.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG – „Aufenthaltsberechtigung plus“ aus Gründen des Art. 8 EMRK.
Der BF hat sich bis zu seinem 24. Lebensjahr in seinem Heimatland aufgehalten. Er hat dort die Schule besucht, die Matura abgelegt und ein Studium mit Bachelor abgeschlossen. In Bangladesch sind Verwandte des BF (Eltern und Geschwister) aufhältig. Der Vater ist Landwirt, der Bruder führt einen Handel. Die Familie besitzt Grundstücke und Teiche und gehört der finanziellen Mittelschicht an. Der BF steht in regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie.
Der BF ist seit 06.11.2019 mit einer österreichischen Staatsangehörigen (mit ursprünglich philippinischer Staatsangehörigkeit) verheiratet. Im Bundesgebiet leben – mit Ausnahme seiner Ehefrau - keine Angehörigen des BF.
Der BF ist seit 25.11.2014 durchgehend mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet, seit 19.03.2019 ist er an der Wohnadresse seiner Ehefrau gemeldet. Er wohnt mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter in einem gemeinsamen Haushalt in einer Mietwohnung.
Neben den Kosten für die Wohnung (ca € 850 inkl Betriebskosten) sowie das KFZ des BF (ca € 150,- monatlich) fallen noch Versicherungen und Handykosten an Fixkosten an. Der BF bringt ca € 450,- ins verdienen, die – in Ausbildung befindliche - Ehefrau ca € 1.000,-. Bei Bedarf unterstützt der Bruder des BF diesen aus Bangladesch.
Für das Bundesverwaltungsgericht war in Folge der mündlichen Verhandlung ersichtlich, dass der BF mit der als Zeugin (und damit soweit auch unter Wahrheitspflicht stehenden,) einvernommenen Ehefrau keine Scheinehe führt.
Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf dem Niveau B1.
Der Beschwerdeführer war von 08.04.2015 – 31.03.2016 als geringfügig beschäftigter Arbeiter und von 01.04.2016 – 07.06.2018 als Arbeiter bei der Sozialversicherung angemeldet. Seit Jänner 2019 verfügt der BF über eine private Krankenversicherung. Für den Fall einer Beschäftigungsbewilligung liegt eine Einstellungszusage für den Beschwerdeführer vom 08.08.2019 vor. Er erhält als Zeitungszusteller EUR 450,00 monatlich. Für diese Tätigkeit ist der BF nicht zur Sozialversicherung angemeldet und hat dafür auch keine Gewerbeberechtigung vorgelegt.
Er ist in Österreich (Gründungs-)Mitglied beim XXXX .
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, er ist strafrechtlich unbescholten.
Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Bangladesch einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden, und hat er solches auch nicht vorgebracht.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Bangladesch in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.
Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.
3. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF. Einsicht genommen wurde zudem in die vom BFA in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF, die dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen und in der aktuellen Version vorliegen.
Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht am 06.08.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, den BF in seiner Muttersprache einvernommen und auch seine Ehefrau als Zeugin befragt.
3.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3.2. Zur Person des BF
Schon das BFA stellte die Identität des BF aufgrund der vorgelegten Dokumente (Reisepass und Geburtsurkunde) fest und es besteht für das erkennende Gericht kein Grund, daran zu zweifeln.
Die Feststellungen hinsichtlich der Einreise und der Aufenthaltsdauer des BF in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt bzw. aus den Angaben des BF. Zur Aufenthaltsdauer ist weiter auszuführen, dass sich der BF nunmehr sechseinhalb Jahren in Österreich aufhält, wobei der BF bis 30.11.2016 über befristete Aufenthaltsbewilligungen „Student“ verfügte. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der BF während dieser Zeit keinen Nachweis über eine einzige positiv absolvierte Prüfung erbracht hat, weshalb auch sein Verlängerungsantrag vom 11.11.2016 wegen mangelnden Studienerfolges abgewiesen und – nach Beschwerdeerhebung – diese Entscheidung vom Verwaltungsgericht Wien rechtskräftg bestätigt wurde.
Die Feststellungen zu den familiären und privaten Verhältnissen im Herkunftsland und in Österreich sowie zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus dem Akteninhalt bzw. aus den Angaben des BF sowie seiner zeugenschaftlich befragten Ehefrau in Zusammenschau mit dem aktuellen Auszug aus dem Melderegister und der vorgelegten Heiratsurkunde.
Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen und dass der BF gegenwärtig bei seiner Ehefrau wohnt, die auch für die Kosten der Miete aufkommt, ergibt sich aus dem aktuellen Auszug aus dem zentralen Melderegister und den Angaben des BF im behördlichen Verfahren (AS 30).
Dass der BF während seines Aufenthaltes in Österreich von 08.04.2016 – 07.06.2018 als Arbeiter bzw. geringfügig Beschäftigter Arbeiter erwerbstätig war, ergibt sich aus dem aktuellen Versicherungsdatenauszug, die private Krankenversicherung aus seinen Angaben im behördlichen Verfahren und der Versicherungsbestätigung vom 31.01.2019.
Dass der BF über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 verfügt, ergibt sich aus dem vorgelegten Nachweis der am 05.09.2019 abgelegten ÖIF-Integrationsprüfung zur Sprachkompetenz auf dem Niveau B1.
Die Vereinszugehörigkeit des BF ergibt sich aus der Bestätigung vom 16.09.2019, wonach der BF Gründungsmitglied des Vereins für XXXX (Ewige Lehre des Hinduismus) ist.
Die festgestellte Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem erstellten aktuellen Strafregisterauszug.
Zu der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18.03.2021 aufgeworfenen Frage (RZ 10) wird festgehalten, dass auf Grund der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG (in Erfüllung des VwGH-Erkenntnisses, Rz 8) und der übereinstimmenden Aussagen des BF und der als Zeugin befragten Ehefrau belegt ist, dass der BF erst seit März 2019 in einer festen Lebensgemeinschaft mit seiner späteren Ehefrau eingetreten ist (Aussage BF: „Davor war es ein Kommen und Gehen“).
Festgehalten wird zum VwGH-Erkenntnis, Rz 11, ferner, dass den beiden Eheleuten, insbesondere auch der Ehefrau des BF, nach übereinstimmender und glaubhafter Aussage der unsichere Aufenthaltsstatus des BF bewusst war (Zeugin: „Ja, ich habe alles gewusst“). Mit dieser Frage wollten sich die Eheleute offensichtlich nicht umfassend auseinandersetzen (Zeugin: „ich habe ihm gesagt, dass das für mich keine Rolle spielt“; BF: „Wir haben nicht einmal wirklich darüber nachgedacht.“). Der Integrationsgrad des BF, der Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 vorzuweisen hat, unbescholten ist und selbständig arbeitet, kann dahingehend beschrieben werden, dass er einen Beitrag zum gemeinsamen Eheleben leistet, eine (weitergehende) Verwurzelung in die österreichische Gesellschaft jedoch nicht erkennbar wurde (so benannte der BF etwa nur einen einzigen Österreicher als Freund). Seine Tätigkeit für einen hinduistischen Verein blieb von Seite des BF während der Beschwerdeverhandlung komplett unbeleuchtet, seine gelegentlichen Tätigkeiten in einen – offensichtlich indisch orientierten - Cricketverein wurden nur nebenbei erwähnt.
Nachgefragt über die Konsequenzen der Versagung des beantragten Aufenthaltstitels bzw. der Erlassung einer Rückkehrentscheidung hinsichtlich des Familienlebens des BF und seiner Ehefrau (iSd Erkenntnisses des VwGH, Rz 12) ergab sich, dass beide Ehepartner jedenfalls an ihrer Ehe festhalten und zukünftig gemeinsam leben wollen. Dem BVwG erscheinen diese Aussagen auf Grund der in der Verhandlung wahrgenommenen Eindrücke durchaus glaubhaft und ehrlich gemeint.
Während der BF einen eher dramatischen Blick auf eine derartige Situation zu projizieren versuchte, zeichnete seine Ehefrau einen realistischen und kühleren Zugang zu dieser Situation. Es sei ihr wichtiger, ihre Ausbildung nicht zu zerstören und würde sie diese jedenfalls zu Ende bringen wollen. Sie wäre zwar sehr traurig, wenn der BF nicht hierbleiben könne, aber sie habe dem BF von Anfang an gesagt, dass sie versuchen werde ihn wieder zurückzuholen. Sie würde ihre Ausbildung fertigmachen und ihm von Österreich aus helfen, seine Papiere zu erlangen, damit er wieder einreisen dürfe. Sie persönlich sei jedoch nicht bereit in Bangladesch zu leben, genauso wenig wie auf den Philippinen. Aber sie würden gemeinsam nach Bangladesch reisen, um dort traditionell zu heiraten und Urlaub zu machen. Die Familie des BF kenne sie über Internet, der sprachliche Kontakt sei aber extrem eingeschränkt.
Der BF, der vermeinte, sie hätten gemeinsam in Bangladesch kein sicheres Leben, unterstrich, dass er mit seiner Ehefrau nach Bangladesch reisen würde, um traditionell zu heiraten und Urlaub zu machen. Ein gemeinsames Leben in Bangladesch auf Dauer strebe er aber nicht an.
Zwar geht das BVwG davon aus, dass eine (vorübergehende) Trennung der Ehepartner eine Belastungsprobe darstellen würde, welche aber bereits auch bestand, als die Ehefrau des BF (ohne den BF) für einige Wochen auf die Philippinen reiste. Auch wenn der BF – unbestrittenermaßen – keinerlei grobe Straffälligkeit aufweist ist aus Gründen der Generalprävention erforderlich, dass eine Eheschließung zwischen einer österreichischen Staatsbürgerin und einem Drittstaatsangehörigen nicht von vornherein zu einem Aufenthaltstitel führen kann, insbesondere dann, wenn sich die Ehepartner des unsicheren Aufenthaltsstatus des BF bewusst war und diesen bzw. die Konsequenz daraus offensichtlich in Kauf genommen hat.
Gegenständlich war dies der Fall: Nach Begründung einer Lebensgemeinschaft im März 2019, einer negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien im Juni 2019 hinsichtlich der Verlängerung des Aufenthaltstitels, der Mitteilung des BFA hinsichtlich der in Aussicht genommenen Rückkehrentscheidung im Oktober 2019 sowie der erfolgten Eheschließung im November 2019 und drei Tage danach erfolgten Antragstellung auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann gesamthaft betrachtet nicht von einer „geordneten Zuwanderung iSd Familiennachzuges“ gesprochen werden, sondern eher von einem (untauglichen) Versuch der Umgehung von Regelungen über eine geordnete Zuwanderung.
3.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, welche dem BF vom BFA und vom BVwG zur Kenntnis gebracht wurden. Es wurden dabei die aktuellen Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Auch ist auszuführen, dass die dem BF zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann, weshalb gemäß hg. Ansicht nicht von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation des Beschwerdeführers unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, ausgegangen werden kann. (dazu auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, RZ 65 zu § 52 AVG).
Überdies handelt es sich bei den seitens des BFA dem Verfahren zugrunde gelegten Quellen um Berichte staatlicher oder staatsnaher Institutionen, denen aufgrund ihrer Verpflichtung zu Objektivität und Unparteilichkeit keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann.
Die unstrittigen Feststellungen zu aktuell vorliegenden Zahlen in Verbindung mit der Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den notorischen unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen, wie etwa der Johns Hopkins Universität, Corona Resource Center, in Baltimore, Maryland (darauf ua verweisend: https://www.ages.at).
4. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
4.1. Zur Abweisung der Beschwerde
4.1.1. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen lauten:
§ 55 AsylG: Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
„§ 55 (1): Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1.-dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2.-der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.“
§ 9 BFA-VG: Schutz des Privat- und Familienlebens
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
[…]“
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
„(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“
4.1.2.1. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).
Bei der Betrachtung des Einzelfalles ist auch zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört wird, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat sind, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gibt, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben. Dazu hat der EGMR auch wiederholt festgehalten, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt (VfGH 29.09.2007, B 1150/07, VwGH 19.03.2009, 2008/18/0736).
Der Bindung eines Fremden an einen österreichischen Ehepartner kommt im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 MRK große Bedeutung zu, was auch in der Bestimmung des § 9 Abs. 2 letzter Satz BFA-VG 2014 Ausdruck findet. In einem solchen Fall müssen nähere Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des Fremden und seines Ehepartners, insbesondere zu den Wohnverhältnissen, der Art ihrer Beschäftigungen und den erzielten Einkommen, aber etwa auch zur Frage der Deutschkenntnisse sowie zu den Bindungen zum Heimatstaat und zur Möglichkeit und Zumutbarkeit der Führung eines Familienlebens außerhalb Österreichs getroffen werden (VwGH Ra 2015/19/0247 mit Hinweis auf VwGH 11.06.2014, 2012/22/0142 und 17.04.2013, 2012/22/0235, jeweils mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Auch der Verfassungsgerichtshof verweist darauf, dass ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken könne. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH vom 12.06.2010, U614/10 = VfSlg. 19.086/2010 mwH).
Dem Umstand, dass der Aufenthaltsstatus des Fremden ein unsicherer war, kommt zwar Bedeutung zu, er hat aber nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249, vergleiche auch das im gegenständlichen Fall bezughabende Erkenntnis vom 18.03.2021).
Allerdings ist der Umstand zu berücksichtigen, dass der Inlandsaufenthalt überwiegend unrechtmäßig war (VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0165; 11.11.2013, 2013/22/0072; VwGH Ro 2016/22/0005, Rn. 15, mwN). So hat der Verwaltungsgerichtshof auch wiederholt ausgesprochen, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in einem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (VwGH Ra 2016/22/0056).
4.1.2.2. Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Gemäß § 52 FPG iVm 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nur verfügt werden, wenn es dadurch zu keiner Verletzung des Privat- und Familienlebens kommt
4.1.3.1. Im vorliegenden Fall spricht zunächst gegen die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels und gegen den weiteren Verbleib des BF in Österreich der Umstand, dass der BF während seines rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich, welcher ihm zu Studienzwecken bewilligt worden war, keinen einzigen Nachweis einer positiv absolvierten Prüfung erbracht hat. Dem BF musste bewusst gewesen sein, dass sein Aufenthalt in Österreich befristet war und - im Falle der Nichterbringung eines Studienerfolges – beendet werden würde, sein Aufenthaltsstatus in Österreich somit ein unsicherer war. Hinzu kommt, dass ab rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 26.06.2019, mit der sein Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels abgewiesen worden war, seit Eintritt der Rechtskraft am 03.07.2019 sein Aufenthalt in Österreich auch unrechtmäßig war und der BF dennoch im Bundesgebiet verblieb.
In diesem Zusammenhang ist auf die rezente einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach im Falle eines zunächst rechtmäßigen befristeten Aufenthaltes zu Ausbildungszwecken durch Aneinanderreihung befristeter Aufenthaltstitel als Schülerin bzw. Studierende in der Höhe von 12 Jahren die öffentlichen Interessen trotz langem Aufenthaltes überwiegen, zumal die Aufenthaltszwecke nicht einmal annähernd erfüllt wurden und diesem Umstand Bedeutung zuzumessen ist (VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0243 bis 0244).
Gegenständliche Judikatur ist auch auf den Fall des BF umlegbar, hat dieser doch während seines fünfjährigen Aufenthaltes als Studierender in Österreich keinen Studienerfolg nachzuweisen vermocht.
4.1.3.2. Dem gegenüber steht, dass der BF in Österreich mittlerweile über ein Familienleben verfügt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht. Diese Kriterien sind u.a.: die Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen; die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen; die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und wenn ja, welches Alter sie haben, und das Maß an Schwierigkeiten, denen der Ehegatte in dem Land unter Umständen begegnet, in das der Beschwerdeführer auszuweisen ist (VfGH 22.06.2009, U1031/09). Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist auch, ob ein allfälliges Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes bzw. der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen ist (vgl. EGMR 11.04.2006, Useinov vs. the Netherlands, Appl. 61292/00). Erfolgt die Eheschließung nach der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages, musste dem Fremden von Anfang an sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst sein (VwGH 21.01.2010, 2009/18/0429; VwGH 30.04.2010, 2008/18/0487). Auch nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Vgl. dazu auch VwGH vom 10.12.2008, 2008/22/0125, wonach unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK nicht zwangsläufig akzeptiert werden muss, dass die Fremde mit ihrem Verhalten (unrechtmäßiger Verbleib im Bundesgebiet nach Ablauf ihres Visums) versucht, vollendete Tatsachen ("fait accompli") zu schaffen. Das Gewicht ihrer Interessen wird auch dadurch gemindert, dass nahezu alle integrationsbegründenden Umstände vorwiegend in einer Zeit entstanden sind, in der sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus hätte bewusst sein müssen.
Im Zusammenhang mit seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen ist vor allem zu berücksichtigen, dass diese zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich der BF des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, hielt er sich doch zu diesem Zeitpunkt bereits unrechtmäßig in Österreich auf. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirken sich persönliche Interessen, die aus der Eheschließung und der Beschäftigung resultieren und zu einer Zeit geschaffen wurden, als sich der/die Fremde unrechtmäßig in Österreich aufhielt und mangels Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung auch nicht mit einem Verbleib im Bundesgebiet rechnen durfte, in Hinblick auf die Integration des/der Fremden nur unwesentlich zu Gunsten des/der Fremden aus (vgl. VwGH 13.03.1997, 96/18/0151).
Unter diesen Gesichtspunkten relativiert sich das Familienleben des BF. Die Eheleute lernten sich – ihren eigenen Aussagen zufolge – im Jahr 2016 kennen, somit zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt des BF zwar legal, aber befristet war und der BF dem Zweck seines Aufenthaltes, nämlich zu (erfolgreiche) Studienzwecke, nicht erfüllte. Eine Lebensgemeinschaft ist erst ab März 2019 feststellbar (BF: „Davor war es ein Kommen und Gehen“). Dies musste dem BF bewusst gewesen sein. Darüber hinaus heirateten die Eheleute am 06.11.2019; zu diesem Zeitpunkt war der BF bereits unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Das Paar musste – und war es auch - sich daher von Anbeginn an der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus des BF bewusst gewesen sein und konnte daher nie auf die Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechts des BF und damit auf die Fortführung ihrer Beziehung in Österreich vertrauen.
Auch wenn der VwGH in diesem Zusammenhang wiederholt darauf hinwies, dass der Bindung eines Fremden an einen österreichischen Ehepartner im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 MRK große Bedeutung zukommt, so kommt im gegenständlichen Fall der erkennende Richter zum Schluss, dass eine Verwehrung des begehrten Aufenthaltstitels und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF zwar einen Eingriff in sein Familienleben darstellt, dieser aber - angesichts des Umstandes, dass die Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als sich alle Beteiligten des unsicheren Aufenthaltes bewusst sein mussten - verhältnismäßig ist.
Hervorzuheben ist des Weiteren die Zurückweisung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof im Falle eines über zehn Jahre in Österreich aufhältigen ghanesischen Staatsangehörigen, welcher zwei negative Vorentscheidungen erhalten und die daraus resultierende Ausreiseverpflichtung über Jahre unbeachtet gelassen hatte (VwGH Ra 2016/21/0340, 23.02.2017) sowie die Revisionszurückweisung durch den VwGH bei einer Rückkehrentscheidung trotz mehrjähriger Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen und außergewöhnlichen Integrationsbemühungen (VwGH Ra 2017/21/0009, 22.02.2017).
Auch stünde es dem BF frei, sich um eine Niederlassungsbewilligung bzw. einen Aufenthaltstitel als „Familienangehöriger“ zu bemühen entsprechend dem im NAG gesetzlich geforderten Voraussetzungen. Keinesfalls dient der Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG dem Unterlaufen der Bestimmungen des NAG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des gegenständlichen Verfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf. Auch wenn der BF strafrechtlich unbescholten ist, ist eine Umgehung des NAG durch Antragstellung für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen vom Gesetzgeber offensichtlich nicht erwünscht und vorgesehen.
4.1.3.3. Auch in Hinblick auf das Privatleben des BF in Österreich ist festzuhalten, dass die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet dadurch relativiert wird, dass der Aufenthalt als „Studierender“ zwar zunächst legal war, der BF aber keinen Studienerfolg nachgewiesen und sich letztendlich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.
Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf die rezente höchstgerichtliche Judikatur zur Zurückweisung einer Revision im Falle eines Asylwerbers mit mehr als siebenjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet, abgeschlossener Lehre und Berufstätigkeit als Koch, Deutschkenntnissen auf dem Niveau B2, einem sozialen Netz an Freunden, 10monatiger eheähnliche Beziehung, keinen Kontakten zur Familie im Herkunftsstaat, Unbescholtenheit sowie Selbsterhaltungsfähigkeit während des Großteils des Verfahrens.
Der VwGH hob besonders hervor, dass maßgeblich relativierend einzubeziehen sei, dass sich der Asylwerber seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein müsse und verneinte auch angesichts der obzitierten integrationsbegründenden Faktoren die Existenz von ‚außergewöhnlichen Umständen‘ (VwGH 04.02.2020, Ra 2020/14/0026-5 mit Verweis auf VwGH 12.12.2019, Ra 2019/14/0242; 25.06.2019, Ra 2019/14/0260, VwGH 02.12.2019, Ra 2019/14/0408).
In diesem Sinn auch VwGH 03.07.2007, 2007/17/0361, wonach die Ausweisung trotz fünfjährigem Aufenthalt für zulässig erachtet wurde, da sich der „der Beschwerdeführer, der illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, jedenfalls seit Ablehnung der Behandlung der gegen den negativen Asylbescheid erhobenen Beschwerde im Jänner 2006 unrechtmäßig hier aufhält. Der unrechtmäßige Aufenthalt über einen solchen Zeitraum stellt eine schwere Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 13. März 2007, Zl. 2007/18/0068), dar. Unter gehöriger Abwägung aller dieser Umstände kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, somit zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten und demnach im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden“ (VwGH 03.07.2007, 2007/17/0361).
Auf die strengen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG zuletzt verweisend: VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0133.
4.1.3.4. Auch kann keine besonders fortgeschrittene Integration des BF während seines Aufenthaltes in Österreich erkannt werden.
Der BF übt in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus. Zwar gibt der BF ein Einkommen von monatlich EUR 450,00 für die Mithilfe bei der Zeitungszustellung an, doch ist dazu weder eine Anmeldung zur Sozialversicherung noch eine Gewerbeberechtigung ersichtlich. Auch wenn in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist, dass der BF von 08.04.2015 – 07.05.2018 als Arbeiter bzw. als geringfügig beschäftigter Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet war, er über eine private Krankenversicherung und eine Einstellungszusage verfügt, seine Ehefrau ein Einkommen in Höhe von etwa EUR 1.000,00 (aus einem Ausbildungsverhältnis) hat und für die gesamten Wohnungskosten aufkommt, so ist dennoch nicht von seiner derzeitigen Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen, zumal er auf die Unterstützung durch seine Ehefrau angewiesen ist, wenngleich er zur Zeit keine Leistungen des Staates Österreich in Anspruch nimmt. Auch kann einer Arbeitsplatzzusage in einem Verfahren betreffend Aufenthaltsbeendigung mangels Aufenthaltsberechtigung und mangels Arbeitserlaubnis keine wesentliche Bedeutung zukommen (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323). Dass der BF über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 verfügt, ist zwar zu berücksichtigen, stellt aber in Anbetracht des nunmehr knapp über sechsjährigen Aufenthalts des BF und seiner akademischen Vorbildung ebenfalls keine außergewöhnliche Integrationsleistung dar. Auch in der Vereinsmitgliedschaft des BF kann keine besonders berücksichtigungswürdige Integration des BF in die österreichische Gesellschaft erkannt werden.
Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur aufgrund von befristeten Aufenthaltsbewilligungen, deren Zweck (nämlich den Studienerfolg) er letztlich nicht erbrachte und weshalb ihm auch eine weitere Verlängerung nicht erteilt wurde, er aber dennoch im österreichischen Bundesgebiet verblieb, nur im geringen Maße gegeben.
Hingegen kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine Entwurzelung des BF vom Herkunftsstaat stattgefunden hat und es bestehen nach wie vor Bindungen des BF zu Bangladesch. Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in Bangladesch, wurde dort sozialisiert, besuchte die Schule und schloss ein Studium ab. Er spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Im Herkunftsland des BF befinden sich nach wie vor seine Eltern und Geschwister und der BF steht mit ihnen in Kontakt. Es deutet daher letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
4.1.3.5. Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
4.1.3.6. Im gegenständlichen Verfahren waren keine unverhältnismäßig langen Verfahrensgänge festzustellen, die den zuständigen Behörden zur Last zu legen wären.
4.1.4. Den privaten/familiären Interessen des BF an einem weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, welche darauf abzielen, eine unkontrollierte Zuwanderung von Fremden und ein Unterlaufen der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen zu unterbinden. Der weitere Verbleib des BF nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung mit Rechtskraft 03.07.2019 zeigt, dass der BF die Intention hat, dauerhaft in Österreich zu bleiben und – trotz rechtskräftiger Entscheidung - nicht gewillt ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren.
Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (mehr) verfügen und unrechtmäßig in diesem verbleiben. Das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hätte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremden- und Asylwesen ist daher im gegebenen Fall besonders schwer zu gewichten.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK nicht geboten ist, die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet geringeres Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten.
Das BFA wies daher zu Recht den begehrten Antrag eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ab. Es war auch der Eingriff ins Familienleben, wie dargelegt, jedenfalls verhältnismäßig und die Verfügung der Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.
Abschließend ist anzuführen, dass vom BF keine konkreten Umstände vorgebracht wurden, die ein Familienleben in seinem Herkunftsstaat unmöglich machen würden. Die Aufrechterhaltung des Familienlebens ist grundsätzlich auch durch gegenseitige Besuche (vgl. z.B. EGMR im Fall Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) möglich und zumutbar, unabhängig davon, ob es der Ehegattin des BF möglich und zumutbar wäre, diesen nach Bangladesch zu begleiten, um das Familienleben dort fortzusetzen, kann der Kontakt zwischen den Eheleuten jedenfalls durch gegenseitige Besuche aufrecht erhalten werden (vgl. EGMR 11.04.2006, Fall USEINOV, Appl. 61.292/00). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem BF - zumal über ihn (soweit ersichtlich) auch kein Einreiseverbot verhängt wurde - bei der Rückkehrentscheidung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN).
In diesem Zusammenhang sei auch bemerkt, dass die beiden Eheleute beabsichtigen, gemeinsam nach Bangladesch zu reisen, um dort traditionell zu heiraten und auch beide Ehepartner ausgesagt haben, dass sie sich gemeinsame Urlaube in Bangladesch vorstellen können.
Im Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31.1.2006, 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt.
4.1.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
4.1.5.1. Was die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat betrifft, ist zunächst darauf zu verweisen, dass den diesbezüglichen Ausführungen des BFA in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegnet wurde. Auch aus der Beachtung der aktuellen Quellenlage (vgl. Punkt 3.3.) ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat unzulässig wäre.
4.1.5.2. Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Bei dem BF handelt es sich um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann, zumal er auch kein Vorbringen erstattet hat, weshalb ihm eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Es sind jedenfalls keine Gründe ersichtlich, warum er als Erwachsener in Bangladesch selbst keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte. Er ist in Bangladesch aufgewachsen, ist dort zur Schule gegangen und hat ein Universitätsstudium mit „Bachelor“ abgeschlossen. Er hat dort die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht. Der BF wurde in Bangladesch sozialisiert und verfügt dort über Familienangehörige, mit denen er in Kontakt steht. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ihm im Fall seiner Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes – Eltern und Geschwister des BF leben in Bangladesch und die Familie gehört der finanziellen Mittelschicht an - eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird.
Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF den ihm zur Kenntnis gebrachten und der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Bangladesch nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.
Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers ergibt sich – entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde und der Stellungnahme vom 28.10.2020 sowie vom 07.11.2020 - unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen auch im Herkunftsland keine Rückkehrgefährdung des BF im Sinne eines realen Risikos. Die Feststellungen zur Lage in Bangladesch in Bezug auf den Coronavirus COVID-19 werden aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen in einer Vielzahl von öffentlich zugänglichen Quellen als notorisch bekannt vorausgesetzt.
Aufgrund des Alters und Gesundheitszustandes des BF ist nicht davon auszugehen, dass dieser einer Risikogruppe angehört.
Bei COVID 19 handelt es sich um keine wahrscheinlich tödlich verlaufende, die Schwelle des Art 3 EMRK tangierende, Krankheit und hat der BF auch kein Vorbringen erstattet, aus dem sich in diesem Zusammenhang ein reales Risiko im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat ergeben würde (vgl. dazu auch VwGH vom 23.06.2020, Ra 2020/20/0183-3, Rz 17 – 19 hinsichtlich der Ausführungen zur aktuell